FEINDBILD RUSSLAND 08.04.2018 22:31
Während die Weltöffentlichkeit durch den britischen Propagandakrieg
gegen Rußland abgelenkt
ist, schreibt Peter Orzechowski auf »kopp-report.de«, vollzieht sich eine weltpolitisch
bedeutsame Veränderung: Die NATO hat der Ukraine und daneben auch Mazedonien,
Georgien und Bosnien-Herzegowina den
Status des Beitrittskandidaten verliehen. Damit rückt die NATO an Rußlands
Grenzen vor: Und das mit beispielloser Geschwindigkeit. [1]
Unterstützt wird dieser Schritt dadurch,
daß,
wie Karl Müller [2] schreibt, die NATO und die EU das ›Feindbild Rußland‹ eskalieren.
Rußland
soll als bösartiger Aggressor dargestellt werden, dem die ›freie Welt‹ machtvoll entgegenzutreten hat. Sekundiert
werden sie von den meisten Leitmedien und von medienbeflissenen ›Experten‹. Die Dauerpropaganda gegen Rußland
und vor allem gegen den soeben erst wiedergewählten Präsidenten Putin hat
paranoide Züge angenommen. Aber diese Paranoia ist nicht ohne Zweck.
Mit dem Ende des Kalten Krieges, der
Auflösung von Warschauer Pakt und Sowjetunion war die Hoffnung auf ein
künftiges Zusammenleben in Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung aufgekeimt;
die im November 1990 verabschiedete Pariser Erklärung der OSZE, damals noch
unter Beteiligung der Sowjetunion, brachte dies sehr gut zum Ausdruck. Indessen
streben die USA seit 1991 an, die einzige Weltmacht zu sein. Mit dem Zweiten
Golf-Krieg 1991, legt Müller dar, zeigte die politische und militärische
Führung der USA, wonach sie tatsächlich strebt: Nach einer ›neuen Weltordnung‹ nach US-Vorstellungen und nach
dem US-Zugriff auf die zentralen Rohstoffreserven dieser Welt.
Und es ist kein Zufall, da das 1999 in
deutscher Sprache erschienene Buch des ehemaligen US-Sicherheitsberaters Zbigniew
Brzezinski den Titel trägt: › Die
einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft‹. Daß sich dann auch
noch das Projekt der US-Neokonservativen Ende der 90er Jahre ›Project for a New American Century‹ nannte, paßt genau in
diese Linie. Damit waren auch die Nachfolgestaaten der Sowjetunion betroffen, ebenso
wie Rußland
selbst. »Die USA beanspruchten die riesigen
Mengen russischer Rohstoffe, das Land wurde einer marktradikalen ›Schock-Strategie‹ ausgesetzt, US- und andere
westliche NGOs und Medien hoben an, die öffentliche Meinung des Landes
bestimmen zu wollen; gewalttätige islamistische Separatisten wurden unterstützt und es gab sogar US-Teilungspläne
für das Land.« Eines sollte auf
jeden Fall verhindert werden, und dies entsprach angelsächsischen
geopolitischen Plänen aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts: Daß
auf dem eurasischen Kontinent, Europa und Asien, eine eigenständige Gegenmacht
zu den USA und seinen angelsächsischen Mitstreitern entsteht, zum Beispiel in
Form einer engen Zusammenarbeit anderer europäischer Staaten, allen voran
Deutschlands und Frankreichs mit Rußland. Die russische Seite hatte schon
unter dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow von einem ›gemeinsamen europäischen Haus‹ gesprochen, was mit allen Mitteln
verunmöglicht werden sollte.
Rußland selbst mußte
einen sehr hohen Preis zahlen, die 90er Jahre zählen zu den schlimmsten in der
Geschichte des Landes. Dies änderte sich erst mit der Politik von Putin zu
Beginn des neuen Jahrtausends, was auch sehr schnell von Seiten der USA wahrgenommen
wurde. Brzezinski wetterte in Artikeln und Interviews gegen den neuen
russischen Präsidenten und dessen Politik, ›erinnerte‹ Rußland an die ihm
zugedachte Rolle und warnte vor dem russischen Anspruch, als gleichberechtigte
Macht akzeptiert werden zu wollen. In den baltischen Staaten traten
neokonservative Politiker der Regierung Bush Jr. auf und machten Stimmung gegen
Rußland.
Schon zuvor waren die baltischen neben den anderen ehemaligen Staaten des
Warschauer Pakts für NATO und EU verplant worden und wurden nun Schritt für Schritt
›integriert‹. Die NATO-Grenze näherte sich Rußland,
und selbst in ehemaligen europäischen und asiatischen Teilrepubliken der
Sowjetunion sollten von den USA geförderte ›farbige
Revolutionen‹
antirussischen Regimen zur Macht verhelfen.
In seiner Rede vor der Münchner
Sicherheitskonferenz im Februar 2007 machte Putin jedoch in aller Klarheit
deutlich, daß
Rußland
eine Gleichberechtigung in der Staatenwelt anstrebt, die Einhaltung der UNO-Charta
und des Völkerrechts fordert und nicht länger bereit ist, die sich um keinerlei
Rechtsgrundsätze kümmernde Politik von USA und NATO zu akzeptieren. Pro
memoria: Die NATO hatte nach einem Jugoslawien zersetzenden Jahrzehnt 1999
völkerrechtswidrig gegen die verbliebene und mit Rußland verbundene
Bundesrepublik Jugoslawien Krieg geführt, und die USA bauten in der Folge im
Kosovo den gegen Rußland gerichteten Militärstützpunkt Camp Bondsteel auf.
Nach Beginn des NATO-Krieges gegen Afghanistan
im Jahr 2001, in dem Rußland zuerst sogar seine Unterstützung angeboten hatte,
wurde Rußland
mit afghanischem Rauschgift geflutet; im gleichen Jahr kündigten die USA den
ABM-Vertrag, weil sie ihr Raketenabwehrsystem, das sich von Beginn an gegen
russische Raketen richtete, im Osten Europas aufbauen wollten. Im selben Jahr
verkündete die US-Regierung auch ihren Endloskrieg ›gegen
den Terrorismus‹
und gegen eine vermeintliche ›Achse
des Bösen‹.
2003 hatte eine ›Koalition
der Willigen‹
unter der Führung der USA einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak
begonnen und schon 2004 gab es einen ersten Putschversuch in der Ukraine, die orangene
Revolution, und so weiter und so fort.
USA, NATO und EU haben die Warnung des
russischen Präsidenten aus dem Jahr 2007 nicht ernstgenommen; im Gegenteil: USA
und NATO - mit der EU im Schlepptau
- hielten an ihrem Ziel der Schwächung und
Ausgrenzung Rußlands
fest, trotz aller guten Geschäfte, die man selbstverständlich gerne machte. Es
folgten weitere von NATO- und EU-Staaten maßgeblich
verursachte Brandherde: Georgien, Libyen, Syrien, Jemen, Ukraine … Kaum etwas
stimmt von dem, was unsere politischen ›Eliten‹ öffentlich zu diesen Ländern
sagen. Immer geht es um etwas ganz anderes, und noch zeichnet sich keine Umkehr
ab; im Gegenteil.
Wie Orzechowski im weiteren ausführt,
erklärte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in einem Interview mit den
Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das am 19. 3. 18 veröffentlicht wurde: »Wir
arbeiten extrem hart an einer NATO-Mitgliedschaft. Unser Ziel ist es, in den
kommenden zehn Jahren Teil des Bündnisses zu sein.« Wie er hinzufügte, »wäre die
NATO mit der Ukraine viel stärker und effizienter als heute.« Die NATO-Staaten
könnten laut Poroschenko von der Ukraine die »Auseinandersetzung mit Rußland«
lernen. Was er damit meint, ist allerdings unklar. Denn Kiew kämpft seit 2014
erfolglos im Osten des Landes gegen prorussische Rebellen. Die Propaganda, daß
die Separatisten vom Kreml unterstützt würden, versucht, diese militärische
Niederlage zu übertönen. Mehr als 10 000 Menschen sind in dem Konflikt bislang
getötet worden. Mit Blick auf die Krim-Krise erklärte Poroschenko: »Rußland
hat das internationale Ordnungssystem nach dem Zweiten Weltkrieg ruiniert. Es
gibt für die globale Sicherheit keine Alternative zu einer starken NATO… Jetzt
brauchen wir einen Plan zur NATO-Mitgliedschaft. Den streben wir bis zum
Jahresende 2019 an.«
Die NATO kurz vor ihrem Ziel Die Zusammenarbeit zwischen der NATO und
der Ukraine hatte nach dem Ende des Kalten Krieges begonnen. 1991 war die
Ukraine dem Nordatlantischen Kooperationsrat und drei Jahre später der ›Partnerschaft für den Frieden‹ beigetreten. Die Beziehungen waren
1997 durch die Unterzeichnung der Charta für eine besondere Partnerschaft
gestärkt worden. Es wurde die NATO Ukraine-Kommission (NUC) gegründet. Die
Deklaration zur Ergänzung der Charta im Jahr 2009 beauftragte die NUC, Reformen
zur Umsetzung euro-atlantischer Standards voranzutreiben. Als Reaktion auf den
Rußland-Ukraine-Konflikt
baut die NATO seit 2014 kontinuierlich Stützpunkte in der Ukraine auf und
rüstete die ukrainischen Streitkräfte mit westlichen Waffen aus. Mittlerweile
betreibt die US Navy einen Stützpunkt im Schwarzmeerhafen von Otschakiw, gut
100 km nördlich der Krim. Nach Angaben der NATO sind im Westen der Ukraine derzeit
300 US-Soldaten als Ausbilder tätig. Sie trainieren alle 55 Tage ein neues
Bataillon der ukrainischen Streitkräfte. Am Ende der 55 Trainingstage finden
Feldübungen statt. Die Aufgabe der Ausbilder sei es, eine Ausbildungsstruktur
aufzubauen, damit sich die ukrainischen Soldaten selbstständig trainieren
können, so die NATO.
US-und NATO-Truppen haben seit 2014 dazu
beigetragen, die ukrainische Armee von mehr als 100 000 auf 250 000 Soldaten zu
vergrößern. Aber die Aufrüstung hat gerade erst begonnen: Ende 2017 gab das
US-Außenministerium bekannt, daß die Bereitstellung »verstärkter
Verteidigungsfähigkeiten« für die Ukraine genehmigt worden sei. Diese ›Verteidigungswaffen‹ sind zum Beispiel das Barrett
M107A1-Scharfschützengewehr für große Distanzen oder die FGM-148
Javelin-Panzerabwehrrakete von Lockheed Martin.
Moskau hatte daraufhin mit Blick auf die
Kämpfe im Osten der Ukraine erklärt, das geplante Rüstungsgeschäft werde ›zu neuem Blutvergießen‹ führen.
Die NATO holt noch weiter aus Aber es geht der NATO um weitaus mehr als
nur um die Ukraine. Am 2. März schlossen die Ukraine, Moldawien und Georgien
ein Verteidigungsbündnis gegen Rußland. Der Bund erneuert die am 10. Oktober
1997 geschlossene Sicherheitsallianz, die ihren Namen aus den Anfangsbuchstaben
der 4 Staaten ableitet: GUAM - Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien.
Jeder der 4 GUAM Staaten bietet Konfliktmöglichkeiten, denn jeder grenzt an Rußland
bzw. an dessen Verbündete. Gerade der südwestliche Nachbar der Ukraine, Moldawien, will mit aller Macht in die NATO.
Das Land kündigte größere Waffenkäufe beim Bündnis an und räumte den US-Marines
bereits den Stützpunkt Bulboaca ein. Von dort sind es nur etwa 10 km bis zur
Grenze zu Transnistrien, jener kleinen abgespaltenen Teilrepublik, die unter
dem Schutz Moskaus steht. Sollte es von anderen NATO-Mitgliedstaaten Bedenken
gegen den Beitritt dieses von Korruption gebeutelten Landes geben, könnte
Moldawien dennoch - sozusagen durch die
Hintertür - beitreten, indem es sein
Militär in das Rumäniens integriert. Georgien hat seit dem Fünf-Tage-Krieg im
August 2008 gegen Rußland nicht aufgehört, an die NATO-Tür zu klopfen.
Auch die Bald-NATO-Mitglieder Mazedonien
und Bosnien-Herzegowina nehmen eine wichtige geopolitische Rolle ein: Mit ihrem
Beitritt ist der Ring um das mit Rußland
befreundete Serbien geschlossen. Umgeben von Ungarn im Norden, Rumänien im
Osten, Bosnien-Herzegowina im Westen und Montenegro, Kosovo und Mazedonien im
Süden bleibt Belgrad auf die Dauer keine andere Wahl, als selbst dem
Militärbund beizutreten.
Was heißen nun diese Entwicklungen für
einen möglichen Krieg des Westens gegen Rußland? Die
Möglichkeiten, einen NATO-Bündnisfall auslösen zu können, erhöhen sich mit
einer Mitgliedschaft der Ukraine, Bosnien-Herzegowina, Moldawiens und
Georgiens.
Quelle:
http://www.kopp-exklusiv.de/
[1]
https://kopp-report.de/die-nato-rueckt-nach-osten-vor/ 7. 4. 18
Die NATO rückt nach Osten vor - Von Peter Orzechowski -
auszugsweise -
[2]
https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2018/nr-7-27-maerz-2018/nato-und-eu-eskalieren-feindbild-russland.html 27. 2. 18 Die Nato und die EU eskalieren das »Feindbild Russland« - Von Karl Müller
- auszugsweise -
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