Der Iran und die Tauschbörse der EU 28.09.2018 20:28
Mit einem Aufruf, den Iran weltweit zu isolieren, hat Präsident Trump
jüngste Bemühungen der EU um die Weiterführung des Handels mit dem
Land beantwortet. Die von Washington neu gestarteten Sanktionen gegen Teheran,
müßten weltweit umgesetzt werden, forderte Trump am 25. 9. 18 vor
Vollversammlung der Vereinten Nationen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini,
schreibt ›German Foreign Policy‹, hatte am Vorabend die Gründung einer Zweckgesellschaft
angekündigt, die nach Art einer Tauschbörse funktionieren und sowohl iranische
Erdölexporte als auch europäische Lieferungen in den Iran ermöglichen soll. Mit
der neuen Institution, die grundsätzlich auch nichteuropäischen Teilnehmern
offenstehen wird, soll ein Mindestmaß an Handelstätigkeiten bewahrt werden. Das
Vorhaben gilt als Testfall
für die Berliner Bemühungen um eine eigenständige Weltpolitik. Trumps Aufruf
zur weltweiten Isolierung des Irans erfolgte nur wenige Tage nach dem
Terroranschlag vom 22. 9. in der südwestiranischen Großstadt Ahwaz, bei dem 29
Menschen ihr Leben verloren haben. Zu dem Anschlag hatten sich
arabischsprachige Separatisten, die unter dem Namen ›Movement for the Liberation of Ahwaz‹ in der
iranischen Provinz Khuzestan operieren, bekannt. Teheran beschuldigt nun
Golfstaaten um Saudi-Arabien - enge Verbündete nicht zuletzt auch der deutschen
Außenpolitik im Mittleren Osten - die
Terroristen unterstützt zu haben.
Selbst westliche Beobachter schließen das nicht aus. So weist etwa
eine Expertin von der ›School of Foreign
Service‹ an der renommierten Georgetown University darauf hin, dass ein bis heute sehr
einflußreicher einstiger Berater der Staatsführung der Vereinigten Arabischen
Emirate es dezidiert abgelehnt habe, den Anschlag als Terrorismus zu
verurteilen: »Wir hatten den Iran gewarnt.« Zudem habe der saudische Kronprinz Muhammad bin Salman
angekündigt, den Krieg in den Iran hineintragen zu wollen; es sei tatsächlich
denkbar, dass Riad seine Finger im Spiel habe. Saudi-Arabien und Ägypten hätten
schon zuvor arabischsprachige Separatisten im Iran unterstützt, um Teheran zu
schwächen, wenngleich sie dies bislang nur auf politischer Ebene getan hätten.
Der ehemalige irakische Außenminister Tariq Aziz habe die Zerschlagung des
Irans einst gar offen als Ziel ausgegeben: »Fünf kleine Irans sind
besser als ein großer Iran.« [1]
Der aktuelle Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik liegt gegenwärtig
darauf, das Nuklearabkommen mit Teheran zu bewahren und deshalb die Geschäftstätigkeit
westlicher Firmen im Iran gegen den US-Sanktionsdruck aufrechtzuerhalten. Erste
Vorstöße Deutschlands und der EU haben sich dabei als gänzlich erfolglos
erwiesen. So hatte Brüssel eine EU-Verordnung in Kraft gesetzt, die es
Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten untersagt, US-Sanktionen Folge zu leisten
und ihre Iran-Aktivitäten auf Grund von Druck aus Washington zu beenden. Da
jedoch eine überwiegende Mehrheit der im Iran tätigen EU-Firmen umfangreichere
Geschäftsinteressen in den USA hat, ist die Verordnung ohne jede Wirkung
geblieben: Vor allem große Konzerne haben sich, um US-Strafen zu vermeiden,
bereits aus dem Iran zurückgezogen oder jedenfalls angekündigt, dies in Kürze zu tun.
Dabei hatte der US-Botschafter in Berlin, Richard
Grenell, persönlich den Druck auf einzelne Konzerne erhöht. »Siemens hat mir mitgeteilt«, twitterte Grenell
etwa Ende August, »dass sie sich aus dem Iran zurückziehen, um
US-Sanktionen zu erfüllen.« »Der Botschafter hat
sich täglich mit seinem Team darum gekümmert, bei den einzelnen Unternehmen
nachzuhaken«, bestätigte eine Sprecherin der US-Botschaft in Deutschland
jetzt.« [2]
›Special Purpose Vehicle‹
Die EU hat nun ihren nächsten Versuch gestartet, um den vollständigen
Kollaps des Irangeschäfts zu verhindern. Dabei geht es zunächst vor allem um
Aktivitäten der relativ wenigen Unternehmen, die keine relevanten Interessen in
den Vereinigten Staaten verfolgen, sowie um die geringen Geschäftstätigkeiten,
die nicht von US-Strafmaßnahmen betroffen sind. So gibt beispielsweise die BASF
an, nur gut die Hälfte ihres Vorjahresumsatzes im Iran falle unter die
Sanktionen; demnach könnten weiterhin rund 40 Millionen Euro jährlich umgesetzt
werden. Auch VW dürfe, heißt es, einige kleinere Geschäfte »auf Grund einer humanitären Ausnahmeregelung weiterführen.« Dazu müssen freilich, weil Washington sämtliche
Finanztransaktionen mit dem Iran bestrafen will, neue Zahlungsmodalitäten
gefunden werden. Auch muß, damit Teheran weiterhin zahlungsfähig bleibt,
zumindest ein Teil des iranischen Erdölexports weitergeführt werden. Beides
will die EU nun, wie die EU-Außenbeauftragte am späten Montagabend, 24. 9., in
New York angekündigt hatte, mit einer eigens zu gründenden Zweckgesellschaft
ermöglichen; diese offiziell als ›Special Purpose Vehicle‹ (›SPV‹) bezeichnete
Einrichtung fungiert faktisch als eine Art Tauschbörse. So sollen iranische
Erdöllieferungen an EU-Staaten bei dem ›SPV‹ als Guthaben notiert werden, mit dem Teheran dann Einkäufe in der
EU tätigen kann. Käufer iranischen Öls würden den Preis beim ›SPV‹ bezahlen, das damit
seinerseits die Warenlieferungen an den Iran beim jeweiligen Hersteller
begleicht. Das ›SPV‹ soll prinzipiell auch von nichteuropäischen Staaten genutzt
werden können. Das Vorhaben, das bei Rußland
und China auf Zustimmung stößt, wird zur Zeit von EU-Experten präzisiert.
Dem Vorhaben kommt in zweierlei Hinsicht besondere Bedeutung zu.
Zum einen wird es sich zeigen, ob Berlin und die EU sich in einem ernsten
weltpolitischen Konflikt gegen die Vereinigten Staaten behaupten können; der
Streit um die Iranpolitik ist diesbezüglich ein Testlauf für die deutsch-europäische
Weltpolitik. Zum anderen weisen Beobachter darauf hin, dass die Bemühungen, die
US-Sanktionen gegen den Iran auszuhebeln, auch im Hinblick auf die Ausweitung
der US-Rußland-Sanktionen zu sehen sind: Gelänge es Washington,
Deutschland und die EU zur Unterordnung unter seine jüngsten Boykottschritte gegen
Moskau zu zwingen, dann müßte die
Bundesrepublik auf strategische Vorhaben in der Erdgasbranche verzichten -
insbesondere auf die Pipeline Nord Stream 2. Während Berlin diese mit allen
Mitteln verteidigt, attackiert die Trump-Administration die Röhre erbittert; nicht
zuletzt deshalb, um den Absatz von US-amerikanischem Flüssiggas in Europa
auszuweiten. [3]
Anmerkung d.a.: Wie schon des öfteren dargelegt, könnten wir uns
den Mammutapparat in Brüssel durchaus sparen und die Regierung der längst als
US-Kolonie eingestuften EU in Washingtons Hände legen. Man fragt sich ferner,
inwieweit die Konzernwelt bedenkt, was die planmässige US-Sabotierung der
wirtschaftlichen Beziehungen der EU zum Iran auf die Dauer an Verlusten
zeitigen wird, selbst wenn man dagegen hält, dass gerade die deutschen Konzerne
in den Vereinigten Staaten wesentlich mehr Arbeitsplätze schaffen als
umgekehrt. Wie
die ›AmCham Germany‹, die
amerikanische Handelskammer in Deutschland, am 27. 9. mitteilte, erzielen die
50 grössten in den USA engagierten deutschen Unternehmen, die dort ungefähr
650.000 Mitarbeiter beschäftigen, einen Umsatz in Höhe von 366 Milliarden €. Daimler
und BMW betreiben in den Vereinigten Staaten grosse Fabriken, wobei BMW sogar
mehr Autos als die amerikanischen Hersteller Ford und General Motors aus dem
Land exportiert. Der Gesundheitskonzern Fresenius beschäftigt mit 60.000
Angestellten mehr Menschen als jedes andere deutsche Unternehmen in den
Staaten. [4]
Nun hat der US-Präsident in seiner Rede vor den Vereinten Nationen nicht
nur globalistischen Bestrebungen eine Absage erteilt, sondern auch erklärt,
dass Amerika keinem Land vorschreiben werde, wie es zu leben habe: »Wir
bitten euch im Gegenzug nur um eines, unsere Souveränität zu respektieren.« Im Prinzip hätte es an den UNO-Mitgliedern gelegen,
ihm unmittelbar nach seinen Parolen aufzuzeigen, dass die von seinem Land
willkürlich verhängten Sanktionen die Souveränität jeder davon betroffenen
Nation im Kern treffen. Durch die mit diesen Repressalien
einhergehenden folgenschweren Einschränkungen schreibt er den davon betroffenen
Nationen direkt vor, unter welchen Umständen die Bevölkerung zu leben hat. Gänzlich
im Gegensatz zu Trumps beschworener Respektierung der Souveränität stehen
ferner die von Washington beständig angestrebten Regimewechsel globlistischer Färbung. So
beliebte der US-Aussenminister Mike Pomopeo Ende Juli gar darüber zu
referieren, wie Amerika ›Gottes
Arbeit‹ tue, indem es sich dem
iranischen Volk zuwende, um es zu ermutigen, ihr - wörtlich- ›Mafia-Regime‹ zu stürzen. »Unseren iranischen
Amerikanern und iranischen Freunden erkläre ich heute abend, dass die
Administration von Präsident Trump für das iranische Volk die gleichen Träume
träumt wie ihr. Und kraft unserer Anstrengungen und Gottes Vorsehung wird
dieser Tag kommen, wobei er Irans Regierende als heuchlerische heilige Männer zu bezeichnen
wusste.« Eine schwere Verblendung, wie sie hier vorliegt, darf ungestraft als akute geistige Erkrankung betrachtet
werden. [5]
Dieselbe Verblendung zeigt sich auch in den
Aussagen der Vertreterin
der Vereinigten Staaten im UN-Sicherheitsrat, Nikki Haley, vom 5. September: »Die iranische Regierung benutzt
den Atomdeal, um die Welt als Geisel ihrer Handlungen zu halten.« »Wir müssen ehrlich sein, um uns
selbst die Frage zu stellen: Was passiert, wenn 10 Jahre vergehen, aber der
Iran seine Verpflichtungen nicht erfüllt und dies zu einem Atomkrieg führen
wird?«
ergänzte sie. Dies angesichts des Berichts des stellvertretenden
UNO-Generalsekretärs Jeffrey Feltman vom Ende Juni, dass die UNO über keine
Beweise für Verstöße gegen den Atomdeal verfügt, was auch anderweitig
wiederholt bestätigt worden ist. [6]
Die Attacken, denen der Iran von Seiten
der USA unverändert ausgesetzt ist, spielen sich auf allen Ebenen ab. So kritisierte der Sondergesandte der USA für den Iran, Brian
Hook, Ende August das Hilfspaket für die Islamische Republik, das die EU auf
den Weg gebracht hatte, scharf, mit folgender Begründung: Die Unterstützung
sende »die falsche Botschaft zur falschen
Zeit.« »Ausländische Hilfe der europäischen Steuerzahler verlängert die
Fähigkeit des Regimes, die Bedürfnisse des Volkes zu vernachlässigen und
bedeutsame politische Veränderungen« - also einen regime change nach US-Art - »zu unterdrücken.« [7]
»Auch der Iran«, schrieb der US-Professor James
Petras diesen April, »soll mit militärischen
Drohungen dazu gebracht werden, auf die nur zu seiner Verteidigung vorgesehenen
Raketen zu verzichten und seine guten Beziehungen zu regionalen Verbündeten zu
kappen. Wenn sich Teheran entwaffnen und isolieren ließe, könnten die
Oligarchen der USA, Israels und Saudi-Arabiens die 80 Millionen Iraner mit
einem für die Angreifer gefahrlosen Überfall leichter unterwerfen. Und China
soll mit einem Handelskrieg sowie mit einer in der Luft und auf See vom
US-Militär vorgenommenen Umzingelung in die Knie gezwungen werden. Damit will
man den Chinesen ihre wirtschaftliche Souveränität, ihren Einfluß auf die
Finanzmärkte und ihre industrielle Wettbewerbsfähigkeit nehmen, um das Wachstum
der chinesischen Wirtschaft und den technischen Fortschritt des Landes zu
stoppen. Ins Visier genommene Staaten sollen Schritt für Schritt unterjocht
werden: Schon US-Präsident Harry Truman wollte den Einfluß des asiatischen
Riesen reduzieren, und die Chinesen so arm machen, ›dass
sie mit einer verrosteten Schüssel um Reis betteln müssen‹.« [8]
Zu bedenken ist jedenfalls, dass sich mit
einer totalen Wirtschaftsblockade auch ein Krieg provozieren lässt.
Fürs erste bleibt jetzt abzuwarten, ob
es Brüssel mit dem als Tauschbörse vorgesehenen ›Special Purpose Vehicle‹
gelingen wird, die Auswirkungen der US-Sanktionen abzumildern.
[1] Shireen T. Hunter:
Ahwaz Attacks: Is Saudi Arabia Taking the War Inside Iran? lobelog.com 24. 9. 2018 [2] Grenell irritiert
mit angeblichem VW-Rückzug n-tv.de 20. 9. 18
[3] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7734/ 26. 9. 18 Die Tauschbörse der EU
[4] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/deutsche-konzerne-beschaeftigen-650-000-mitarbeiter-in-amerika-15810199.html 27.9. 18 Deutsche Konzerne beschäftigen 650.000 Mitarbeiter
in Amerika [5] https://www.rt.com/op-ed/434240-iran-regime-change-us/ 25. 7. 18 [6] https://de.sputniknews.com/politik/20170905317320888-usa-im-sicherheitsrat-iran-haelt-welt-in-geiselhaft/ 5. 9. 17 [7] https://www.epochtimes.de/politik/welt/usa-kritisieren-eu-wegen-iran-hilfspaket-mehr-geld-in-haenden-des-ajatollahs-bedeutet-mehr-geld-fuer-attentate-in-europa-a2613086.html 25. 8. 18 [8] http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP06618_200518.pdf Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion
Kaiserslautern/Ramstein LP 066/18 –
20.05.18 Original
auf https://www.globalresearch.ca/an-empire-built-on-fear-at-home-and-abroad/5636226 15. 4. 18
An Empire Built on Fear at Home and Abroad. War Fever is Everywhere – By
Prof. James Petras
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