Irans Atomprogramm

politonline d.a. Nach all den Lügen, die dem Irak- aber auch dem Afghanistankrieg vorausgingen, scheinen Behauptungen, für die keine wirklichen Beweise vorliegen, erneut Hochkonjunktur zu haben. So veröffentlichte das deutsche Blatt »Bild am Sonntag« am 9. November den folgenden Kommentar [1]: »Nach Überzeugung der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, müssen der Westen und Israel das Atomprogramm des Irans notfalls mit militärischer Gewalt stoppen.

Atombomben in den Händen eines Irren wie Ahmadinedschadseien… eine große Gefahr für Millionen von Menschen in ganz Europa, die er opfern würde. Daran muß man ihn mit allen Mitteln hindern.« Am 22.11.08 war in bild.de online 2 folgendes  zu lesen: »Knobloch - Notfalls militärische Gewalt gegen Iran. [….] Knobloch äußerte zugleich Zweifel daran, daß der gewählte US-Präsident Barack Obama dem Iran genauso energisch gegenübertreten wird wie Amtsinhaber George W. Bush: Ich bin da etwas skeptisch. Sein Mitbewerber John McCain hätte vermutlich eine härtere Gangart gegenüber dem Iran gezeigt, sagte Knobloch Bild am Sonntag. Obamas Geschichtsbewußtsein entspricht aufgrund seines Alters nicht dem von John McCain. 
 
Folgt  man den Darlegungen von Peter Symonds, so scheinen die Zweifel Knoblochs widerlegt 3. Am Vorabend der US-Wahlen hatte nämlich die New York Times vorsichtig darauf hingewiesen, daß sich zwischen der Republikanischen und der Demokratischen Partei in Washington eine gemeinsame Haltung zu einer neuen aggressiven Strategie gegen den Iran herauskristallisiere. Während im Wahlkampf praktisch nichts dazu gesagt wurde, verabredeten Spitzenberater von Obama und McCain hinter den Kulissen die schnelle Eskalation von mit harten Strafmaßnahmen gegen den Iran verbundenem diplomatischem Druck. Unterstützt werden diese Maßnahmen durch Vorbereitungen auf Militärschläge. In dem Artikel Neue Beltway-Debatte: Was tun mit dem Iran? heißt es: »Es ist ein erschreckender Gedanke, aber es ist nicht nur die schießwütige Bush-Administration, die, wenn auch nur theoretisch, die Möglichkeit eines Militäreinsatzes diskutiert, um das Kernwaffenprogramm des Irans zu stoppen. …... Vernünftige (!) Leute beider Parteien prüfen neben diplomatischen Initiativen auch die sogenannte militärische Option.« Hinter dem Rücken der amerikanischen Wähler haben Spitzenberater des designierten Präsidenten Barack Obama die Voraussetzungen für eine drastische Eskalation der Konfrontation mit dem Iran geschaffen, sobald die neue Regierung das Amt übernimmt. Ein im September veröffentlichter Bericht vom Bipartisan Policy Center, einer in Washington ansässigen Denkfabrik beider Parteien, argumentiert, daß ein kernwaffenfähiger Iran strategisch nicht akzeptabel sei und beschrieb eine robuste Vorgehensweise aus einem Guß mit neuen diplomatischen, ökonomischen und militärischen Werkzeugen.
 
Der Bericht des Bipartisan Policy Centerbetonte, daß die Zeit knapp sei und erklärte: »Teherans Fortschritte bedeuten, daß die nächste Regierung wenig Zeit hat und weniger Möglichkeiten, mit der Bedrohung umzugehen.« Er wies nicht nur Teherans Behauptung, daß seine Atomprogramme friedliche Zwecke verfolgten, von vornherein zurück, sondern auch die Einschätzung der US-Nachrichtendienste aus dem Jahr 2007, die befand, daß der Iran sein Atomwaffenprogramm 2003 beendet habe. Russland, China und die europäischen Mächte werden darauf hingewiesen, daß ihre Weigerung, harten Sanktionen bis hin zu einer provozierenden Blockade iranischer Ölexporte zuzustimmen, nur die Wahrscheinlichkeit eines Krieges erhöht. Um diese Warnungen zu unterstreichen, schlug der Bericht vor, die USA sollten ihre militärische Anwesenheit im Persischen Golf sofort erhöhen. »Damit sollte am ersten Tag begonnen werden, an dem der neue Präsident sein Büro betritt, besonders da die Islamische Republik und ihre Verbündeten versuchen könnten, die neue Regierung zu testen. Dazu könnte gehören, amerikanische und alliierten Streitkräfte schon einmal in Stellung zu bringen, zusätzliche Flugzeugträgerkampfgruppen und Minensuchboote zu entsenden und anderes Kriegmaterials in die Region zu schicken«. In ähnlichen Worten wie George W. Bushs Ausspruch, daß alle Optionen auf dem Tischbleiben, erklärte der Bericht: »Wir glauben, daß ein Militärschlag eine machbare Option ist und als letzter Ausweg bleiben muß, um das Atomprogramm des Irans zu verhindern.« Solch ein Militärschlag »würde nicht nur auf die atomare Infrastruktur, sondern auch auf seine herkömmliche Militärinfrastruktur zielen müssen, um eine iranische Antwort unmöglich zu machen.«
 
Bezeichnenderweise wurde der Report von Michael Rubin vom neokonservativen American Enterprise Institute verfaßt, welches erheblich daran beteiligt war, die Invasion 2003 im Irak voranzutreiben. Mehrere von Obamas wichtigsten Demokratischen Beratern »befürworteten das Dokument einmütig«, einschließlich Dennis Ross, der ehemalige Senator Charles Robb, der die Task Force mit leitete, und Ashton Carter, stellvertretender Verteidigungsminister unter Clinton. Carter und Ross arbeiteten auch an einem Bericht des überparteilichen Center for a New American Securitymit. Der Bericht wurde im September veröffentlicht und stellte fest, daß ein Militäreinsatz gegen den Iran »ein reale Alternative« sein müsse. Während Ross die diplomatischen Optionen im Detail überprüfte, entwickelte Carter die militärischen Elemente, die sie untermauern sollten, einschließlich einer Kosten/Nutzen-Analyse für eine US-Luftbombardierung des Iran. 
 
Andere hohe außen- und verteidigungspolitische Berater Obamas waren eng in diese Diskussionen einbezogen. Ein Arbeitsstab des Washington-Institute für Nah-Ost-Politik verfaßte im Juni eine Erklärung mit dem Titel »Die Partnerschaft verstärken: Wie man die amerikanisch-israelische Zusammenarbeit gegen die nukleare Herausforderung des Irans vertieft«. Er empfahl der nächsten Regierung, mit Israel Diskussionen über alle politischen Optionen zu führen, einschließlich »eines vorbeugenden Militäreinsatzes«. Ross war einer der Leiter der Task Force; Obamas Top-Berater Anthony Lake, Susan Rice und Richard Clarke, setzten alle ihre Namen unter das Dokument. Wie die New York Times ferner erwähnte, nahm Obamas verteidigungspolitischer Berater Richard Danzig, ehemaliger Marineminister unter Clinton, an einer Konferenz zum Nahen Osten teil, die im September von der gleichen pro-israelischen Denkfabrik veranstaltet wurde. Er erklärte der Zuhörerschaft, daß Obama glaube, ein Militärangriff gegen den Iran wäre eine »schreckliche Alternative«, aber »es kann sein, daß wir in dieser schrecklichen Welt mit solch einer schrecklichen Entscheidung zurecht kommen müssen«. Der ebenfalls anwesende Richard Clarke erklärte, Obama sei der Ansicht, daß »Teherans wachsender Einfluß zurückgedrängt werden muß und Atomwaffen in der Hand des Irans nicht inakzeptabel sind.« Obwohl »Obama nicht ständig mit dem Finger am Abzug herumläuft«, stellte Clarke fest, werde »er nicht zögern, wenn die Umstände den Einsatz militärischer Macht erforderten.« Die aufkommende Einigkeit in außenpolitischen Kreisen der USA über den Iran unterstreicht erneut die Tatsache, daß die Unterschiede zwischen Obama und McCain lediglich taktischer Art sind. Während Millionen Amerikaner den Demokratischen Kandidaten in dem Glauben gewählt haben, dieser werde den Krieg im Irak beenden und sich um ihre dringenden ökonomischen Bedürfnisse kümmern, stellten sich mächtige Teile der amerikanischen Elite hinter ihn, weil sie hofften, er werde die ökonomischen und strategischen Interessen der Vereinigten Staaten im Mittleren Osten und Zentralasien besser vertreten - einschließlich des Gebrauchs militärischer Gewalt gegen den Iran.
 
Anmerkung: Dem Vorantreiben von Krieg und Zerstörung ist mit den gegenwärtig regierenden Kräften offensichtlich kein Einhalt zu bieten. 
   
1 http://www.arbeiterfotografie.com/iran/index-iran-0000.html
2 http://www.bild.de/BILD/news/politik/2008/11/08/charlotte-knobloch/notfalls-militaerische-gewalt-gegen-iran.html
3 http://www.wsws.org/de/2008/nov2008/obam-n22.shtml  22.11.08 Obamas Berater diskutieren Vorbereitungen für Krieg gegen den Iran - Von Peter Symonds - auszugsweise
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