Gaza - Vorhersehbar

politonline d.a. Eines wird mit tödlicher Sicherheit eintreten: Nach Ende der Verwüstungen wird der Generalsekretär der UNO genau in die Rolle schlüpfen, in der sich praktisch jeder Generalsekretär glanzvoll zu bewähren pflegt: Er wird dafür Sorge tragen, dass die Forderung ergeht, eine Geberkonferenz anzuberaumen.

Und zu dieser werden unsere ergebenen Volksvertreter auch dieses Mal wiederum willfährig pilgern, damit der Weg dafür geebnet wird, unsere Steuerkassen zu erleichtern, wobei hier der Ausdruck »plündern« durchaus angebracht wäre - denn es werden aberwitzig hohe Summen notwendig sein, um die jetzige Zerstörung auch nur annähernd rückgängig zu machen. Erinnern wir uns an den Libanonkrieg, der den sogenannten Gebern Kredithilfen in Höhe von 5.84 Milliarden Euro aufbürdete. Dazu eine kurze Nachbemerkung, wie sie Thierry Meyssan aufgezeichnet hat 1: »In Washington und Tel Aviv frohlockt man über die laufenden Militäroperationen im Mittleren Osten. Die Leiden des Libanons sind nach den Worten von Condoleezza Rice die ›Geburtswehen eines neuen Mittleren Ostens. Für die Theoretiker des konstruktiven Chaos ist es nötig, Blut fließen zu lassen, um eine neue Ordnung in der an Erdöl und Erdgas reichen Region durchzusetzen. Von langer Hand geplant, wird die Offensive von Tsahal der israelischen Armee gegen den Libanon aus dem Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten heraus beaufsichtigt.« Der im August 08 inszenierte Georgienkrieg bürdete uns die auf der Geberkonferenz vereinbarte Summe von 3.4 Milliarden € auf, mehr, als Saakaschwili erwartet hatte. In der Nacht zum 8. August, dem Eröffnungstag der Olympischen Spiele in Peking, hatte der US-Zögling und georgische Präsident Saakaschwili die südossetische Hauptstadt angreifen und zerstören lassen. Dabei wurden, wie die georgische Vize-Aussenministerin Nino Kalandadze zugab, auch die weltweit geächteten Streubomben (aus israelischen Lieferungen) eingesetzt, da »Georgien die Konvention zur Ächtung von Streubomben nicht unterzeichnet hat.« Unsummen stellen auch die den Palästinensern bislang zugeflossenen EU-Finanzmittel dar. Einer Mitteilung der Basler Zeitung vom 19. 11. 07 zufolge erstreckt sich die von den Palästinensern für die Jahre 2008 bis 2010 von der internationalen Gemeinschaft erbetene Hilfe auf 5.5 Milliarden $. Man darf gespannt sein, wie viele Milliarden jetzt neu hinzu zu addieren sein werden, denn, wie Ehud Olmert erklärte: der Luftangriff auf Gaza ist erst das erste Stadium mehrerer Operationen, die darauf abzielen, die militanten Raketenangriffe zu beenden. Es ist derselbe Olmert, der 2008 als erster israelischer Regierungschef dazu aufgerufen hatte, zu den Grenzen von 1967 zurückzukehren und die Hauptstadt Jerusalem zu teilen. Außenministerin Tzipi Livni betonte im israelischen Rundfunk, dass die Militäroperation zeitlich nicht befristet sei: »Die Auseinandersetzung ist eine langwierige.« Der Hamas sei aber bereits eine Lektion erteilt worden. »Schon jetzt nach fünf Tagen versteht die Hamas, dass die Situation, in der sie schiessen und wir nicht reagieren, zu Ende ist.« In die gleiche Richtung geht Ehud Baraks am 29.12.08 vor dem Parlament in Jerusalem geäusserte Aussage, dass die Operation »Gegossenes Blei« ausgeweitet und vertieft werde, soweit es erforderlich ist«. Was den Aufbau und die Entwicklung der Hamas betrifft, so erachten wir die Ausführungen des englischen Journalisten Paul Joseph Watson als durchaus wissenswert. Diese sind in dem nachstehend veröffentlichten Artikel Die Partnerschaft Israels mit der Hamasdargelegt. Zu den palästinensischen Raketenangriffen vermerkt der amerikanische Journalist Van Auken in seinem ebenfalls heute veröffentlichten Artikel Washington trägt Mitschuld an Kriegsverbrechen in Gaza: »Nur wenige machen sich die Mühe, daran zu erinnern, daß nicht ein einziger Israeli von den selbstgebastelten Raketen getötet wurde, die angeblich die [jetzige] israelische Bombardierung des Gazastreifens und die Tötung von 300 Menschen rechtfertigen. Diese unverhältnismäßige Reaktion ist wohl kaum ein Versehen. In den vergangenen acht Jahren sind gerade einmal eine Handvoll Israelis durch Raketen und Mörserbeschuss aus dem Gazastreifen umgekommen. In der gleichen Zeit hat das israelische Militär fast 5.000 Palästinenser umgebracht
 
Die Befugnisse über den Einsatz unserer Steuern anlässlich der Geberkonferenzen haben sich, wie wir wiederholt darlegten, zu einer Verfahrensweise entwickelt, die es praktisch jedem beliebigen Aggressor ermöglicht, seine Kriegszüge zu inszenieren, um danach unmittelbar auf die internationale Gemeinschaft zurückzugreifen, wenn es darum geht, die Milliarden zu erarbeiten, die im Gefolge von an Hirnlosigkeit und Terror kaum mehr zu überbietenden Kriegen verpulvert werden, ein Fakt, der ganz offensichtlich keinen der Entscheidungsträger bewegt. Auch der Realitätssinn dafür, was eine Milliarde in Wirklichkeit bedeutet, scheint  vollständig abhanden gekommen zu sein. Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir unserer Auffassung, dass unsere Arbeitskraft dadurch einem uneingeschränkten Missbrauch unterliegt, Ausdruck verleihen. Als geradezu makaber empfinden wir es, dass diese AderlässeSchritt um Schritt dazu beitragen, uns zu verarmen, ohne dass dies bei den Abgeordneten tiefere Bedenken auslösen würde. Der Sichtweise, dass die Verschuldung der Nationen inzwischen zu einem Sondersport der Regierenden herangereift ist, ist schwerlich etwas entgegenzusetzen. Wir, die internationale Gemeinschaft, werden jeweils ohne die geringsten Skrupel dazu aufgerufen, in Aktion zu treten, jedoch ausschliesslich zum Zahlen. Im Gegensatz hierzu haben wir bei der Durchsetzung unserer eigenen Forderungen, Kriege erst gar nicht zu beginnen resp. jeweils sofort zu beenden, Krisen nicht länger gezielt anzuzetteln sowie von der Entwicklung weiterer tödlicher Waffen abzusehen, keine Stimme, was in unseren Augen als klare Entrechtung gesehen werden muss. Selbst wenn wir dies beabsichtigten, wäre es uns insofern verwehrt, dem Aufruf der arabischen Bürger Israels, als internationale Gemeinschaft unsere moralische  Verantwortung wahrzunehmen, um Sanktionen und Boykottmassnahmen gegen Israel zu beschliessen, Folge zu leisten. Die furchtbaren Kriegsfolgen im Irak, die fortgesetzten Angriffe in Afghanistan und die Gewaltwellen im Nahen Osten sind mit einer erschütternd verantwortungslosen Verwüstung unseres Planten gleichzusetzen und schliessen, wie erklärt, den Raub an der Arbeitskraft des Bürgers ein.
 
Leider sind die Worte des israelischen Regierungssprechers Mark Regev, dass er in Paris, London oder Berlin nicht viele Tränen über die Luftangriffe gesehen habe und Israel sich durch die Reaktionen aus Europa daher darin bestätigt fühle, die Militäroperation fortzusetzen, nicht in Abrede zu stellen. »Dies zeige«, so Regev gegenüber der New York Times, »dass sich Israel politisch wie moralisch im Recht befinde.« 2005 hatte George W. Bush in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation am 3. Februar erklärt, dass ein Frieden zwischen Israelis und Palästinensern »in Reichweite« sei. Diese scheint allerdings auf einen abartig langen Zeitraum hin angelegt zu sein, denn im Mai 2008 lief seine Erklärung vor der Knesset darauf hinaus, dass in sechzig (!) Jahren Frieden im Mittleren Osten herrschen soll. Die Palästinenser hätten dann die Heimat, von der sie lange geträumt hätten. Wie wir bereits einmal schrieben, muss man nicht unbedingt ein Zyniker sein, um sich zu fragen, ob es - sollten sich die Verhältnisse auf die jetzige Art und Weise fortsetzen - zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch Palästinenser geben wird, zumal wenn man in Betracht zieht, dass der oberste Gerichtshof in Jerusalem der Armee zubilligt, Palästinenser jederzeit gezielt zu töten. Damit wurde die seit Jahren übliche Praxis der israelischen Streitkräfte, in den palästinensischen Gebieten ausgewählte Aktivisten oder Funktionäre der Palästinenser ohne Vorwarnung quasi hinzurichten, grundsätzlich gebilligt. Nach Angaben von B’Tselem, der israelischen Menschenrechtsorganisation, wurden auf diese Weise seit Beginn der zweiten Intifada vor sechs Jahren 210 palästinensische Kämpfer sowie 129 unbeteiligte Zivilisten von israelischen Spezialtrupps umgebracht.  
 
Damit ist uns ein blutiger Beginn des neuen Jahres beschert worden. Am Abend des 1. Januars hätten, wie der Südwestrundfunk berichtete, zahlreiche Einwohner aus Beit Hanon und Bei Lahia im Norden des Gazastreifens ihre Häuser aus Angst vor einer drohenden Bodenoffensive der israelischen Armee verlassen und zu fliehen versucht, jedoch angesichts der ständigen Präsenz von Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Drohnen kaum eine Möglichkeit gesehen, sich ausserhalb des komplett abgeriegelten Küstenstreifens in Sicherheit zu bringen. Man kann sich, was die üblichen Neujahrswünsche angeht, angesichts der Gegebenheiten auf diesem Globus - der Kongo eingeschlossen - allenfalls die Kraft erhoffen, die jeglichen Menschenrechten Hohn sprechenden Situationen, welche die an der Spitze stehenden Regierenden heraufbeschwören resp. nicht verhindern, zu überstehen. Wenigstens waren in mehreren arabischen Ländern die Silvesterfeiern abgesagt worden. Allein aus Gründen des Mitgefühls mit den Opfern in Gaza hätte man eigentlich erwarten sollen, dass hier bei uns auf jedes Feuerwerk zum Jahreswechsel verzichtet worden wäre.
 
Die bekannte Publizistin Evelyn Hecht-Galinski hat den Überfall Israels am 29. 12. wie folgt kommentiert 3: Gegossenes Blei - vergossenes Blut
Andauernde Blockade, andauernde Strangulierung, andauernde Abriegelung, ständige Lufthoheit, tägliche Drohnenüberwachung und ein Aufklärungszeppelin, das war der sogenannte Abzug Israels aus dem Gazastreifen. Die Hamas, die klare Gewinnerin aus den palästinensischen Parlamentswahlen im Januar 2006, sollte, weil es den USA und Israel nicht genehm war, mit der aufgerüsteten Fatah ihres Sieges beraubt werden. Als dies mißlang und die Hamas im Juli 2007 die alleinige Kontrolle über Gaza übernahm, schlossen Israel und Ägypten daraufhin die Grenzen zum Gazastreifen. Im September 2007 erklärte Israel den Gazastreifen zum feindlichen Gebiet. Das Kabinett beschloß eine Kürzung der Strom- und Treibstofflieferung an die Zivilbevölkerung. Im Januar 2008 ermordete die israelische Armee bei einem Militäreinsatz 19 Palästinenser. Drei Tage später, nach Raketenbeschuß aus dem Gazastreifen, riegelte Israel den Gazastreifen vollkommen ab. Die Stromversorgung für 800.000 Einwohner brach zusammen. Fünf Tage später stürmten Hunderttausende Palästinenser über die Grenze nach Ägypten, nachdem Kämpfer der Hamas die Grenzübergänge zerbombt hatten. Eine Woche lang deckte die Bevölkerung sich dort mit Grundnahrungsmitteln ein. Im März 2008 ermordete Israel 125 Palästinenser und die Operation ›Heißer Winter‹ forderte die höchsten Opferzahlen seit dem Sechstagekrieg von 1967. Im April werden fünf Palästinenser ermordet. Am 19. Juni vereinbart Israel mit 12 Palästinenserfraktionen im Gazastreifen eine sechsmonatige Waffenruhe. Sie läuft am 19. Dezember aus. Am 5. November kommt der erste gezielte israelische Militäreinsatz im Gazastreifen seit der Waffenruhe wegen eines 250 Meter langen Tunnels bis zum Grenzzaun. Sechs Palästinenser werden bei Gefechten ermordet. In den darauf folgenden Tagen werden nochmals acht Palästinenser ermordet. (…) Nicht die gewählte Hamas-Regierung, sondern die brutalen Besatzer, nämlich die Regierung eines radikal-jüdischen Staates gehören vor das Haager Kriegstribunal.
 
Anmerkung politonline: In einer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienenen Stellungnahme 4 schrieb die Autorin: »Die zionistische Ideologie und später die israelische Politik haben 1948 zum Untergang der Palästinenser beigetragen. Seit die zionistische Bewegung im späten 19. Jahrhundert nach Palästina kam, träumte sie davon, soviel Land wie möglich zu erobern, um darauf einen jüdischen Staat zu gründen. Ein wichtiges Ziel war es, in diesem Staat so wenig Palästinenser wie möglich zu belassen. Diese Vision wurde zur Realität, als die israelische Armee in weniger als einem Jahr, zwischen Februar und Oktober 1948, systematisch 500 palästinensische Dörfer zerstörte. Die Hälfte der einheimischen  Bevölkerung wurde in dieser Zeit vertrieben, ihr Besitz beschlagnahmt, um palästinensische Spuren zu verwischen. So ist der Staat Israel eine Ethnokratie, also eine Demokratie nur für Juden geworden. ….. In welchen Grenzen sollen denn die Palästinenser den Staat Israel anerkennen? Tatsache ist, daß es die israelische Führung bei der Staatsgründung absichtlich  unterließ, die Staatsgrenzen zu definieren. Seither hat Israel das, was es als sein Staatsgebiet betrachtet, kontinuierlich und mit Gewalt ausgeweitet *. Israel glaubt, es könne mit diesen Maßnahmen die Zeit verrinnen lassen und einen lebensfähigen Palästinenserstaat verhindern. »Die gegenwärtige illegale militärische Kontrolle der 1967 besetzten Gebiete - von Rabbi Bush koscher gemacht«, schrieb Haim Bresheeth im April 2004, »vermacht Israel mehr als 90 % von Palästina. In diesem Gebiet leben knapp über 5 Millionen israelische Juden, während 4 Millionen Palästinenser in ein Ghetto gesperrt werden, das weniger als 10 % ihres eigenen Landes umfasst. Doch dies genügt Sharon noch nicht. Das nächste Stadium ist derTransfer  - die ethnische Säuberung -  der Palästinenser. [….]Sharon war derjenige, der die Kollektivstrafe und den Massenmord in den frühen 50er Jahren als Schöpfer und Kommandeur von Israels erster berüchtigter Todesschwadron, der Einheit 101, einführte. Seine frühe militärische Karriere verbrachte er mit Töten: nicht feindliche Soldaten, sondern Zivilisten in den Dörfern wie Kibya. In Gaza  übte er während der frühen 70er Jahre eine Schreckensherrschaft aus, um den palästinensischen Widerstand  gegen die Besatzung zu brechen. In seinem lebenslangen Kampf war es wirklich eine andere Phase, möglichst viele Palästinenser zur Flucht aus ihrer Heimat zu veranlassen. Er zerstörte große Teile von Beirut, tötete Zehntausende in seinem Libanonkrieg 1982, während er  davon besessen war, Arafat und die PLO zu jagen. Wie allgemein bekannt ist, verlief diese Kampagne nicht so erfolgreich. Gaza ist zum Zentrum des palästinensischen Widerstandes geworden, und dank des Oslo-Abkommens  kehrte Arafat  nach Palästina zurück.«
 
1 http://www.voltairenet.org/article142815.html  4. 8. 06 Der Libanon Als Neues Ziel -
Die Neokonservativen und die Politik des «Konstruktiven Chaos» von Thierry Meyssan 2 Interinfo Linz, Folge 359 vom November 2008
3http://www.jungewelt.de/2008/12-31/034.php; Vollständiger Text: www.arendt-art.de
4 http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=992
Israels unterschiedliche Maßstäbe - Von Evelyn Hecht-Galinski, 02.08.2008
5 http://weekly.ahram.org.eg/2004/688/op8.htm 29 April - 5 May 2004 Issue No. 688
Sharon's willing accomplices - Bush and Blair will share in the historic guilt Israel will bear for the crimes of Sharon, writes Haim Bresheeth
* Der Landverlust der Palästinenser ist auf http://www.wahrheitssuche.org/israel-hamas.html einsehbar