Zum Thema Goldman Sachs

Zu der des Wertpapierbetrugs angeklagten Bank schreibt die Bürgerrechtsbewegung Solidarität:

»Besonders drohend klang es noch nicht, als Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zu Beginn der Woche verlauten ließ, man werde die weitere Entwicklung des Betrugsfalls Goldman Sachs beobachten, die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin stehe bereits im Kontakt mit der amerikanischen SEC. Auch der Rückzieher der Bayern LB, die zunächst Pressemeldungen lancierte, man werde alle Geschäftskontakte zu Goldman Sachs aufkündigen, dann aber nur noch von einem Einzelkontrakt sprach und ansonsten die Fortführung der Zusammenarbeit mit der Skandalbank betonte, läßt nicht darauf schließen, daß Goldman-Sachs in Deutschland jetzt unter Druck kommt. Dabei wäre es längst überfällig, das Verhalten der Bank auf deutschem Boden über die letzten 20 Jahre, in denen das Gemeinwohl durch die Politik systematisch ausverkauft wurde, erneut zu durchleuchten - vor allem bei den großen Privatisierungen. Im großen Stil stieg die Bank in Deutschland ein, als in der Breuel-Ära der Treuhand zu Beginn der 90er Jahre die chemische Industrie der ehemaligen DDR mit ihrem Kernstück Leuna verhökert wurde. In den Jahren darauf beauftragten deutsche Regierungen Goldman Sachs mit der Plazierung der Telekom-Aktie, ließen sie den Verkauf von Mannesmann an die britische Vodafone handhaben. Der Berliner Finanzsenator Sarrazin verscherbelte 66 000 Wohnungen der GSW an Goldman Sachs, und NRW-Ministerpräsident Rüttgers verkaufte 93 000 Wohnungen der LEG an die Skandalbank. Im Falle der GSW nötigte der Deutschland-Chef von Goldman Sachs, Alexander Dibelius, sogar die Berliner Landesregierung zur Erlaubnis, den Börsengang nicht erst 2014, wie ursprünglich im Kaufvertrag von 2004 festgelegt, sondern bereits in diesen Wochen vorzunehmen, um Kasse zu machen. Überdies erhielt Goldman Sachs den Zuschlag, als eine von fünf oder sechs Großbanken das Monopol auf den Handel mit deutschen Staatsanleihen zu halten. Nebenher kam Goldman Sachs bekanntermaßen in die Schlagzeilen, als es um die Frisierung der Staatsbilanzen mehrerer griechischer Regierungen ging, Vorgänge, die den deutschen Steuerzahler im Rahmen der geplanten Griechen-Hilfe der EU möglicherweise mit 30 Milliarden € bis Ende 2012 belasten könnte. Und dann ist da noch die Rolle von Goldman Sachs beim  Konkursfall IKB, die deutsche Mittelstandbank, die im Frühjahr 2007 um 150 Millionen erleichtert wurde. Die IKB-Pleite allein hat den deutschen Steuerzahler 10 Milliarden Euro gekostet. Alles gute Gründe also, auch in Deutschland die Aktivitäten von Goldman Sachs genauer unter die Lupe zu nehmen.« 1
 
»Finanzreform« ist für Goldman Sachs kein Problem
Die Klage der US-Wertpapieraufsicht SEC wegen Milliardenbetruges gegen das Bankhaus Goldman Sachs, die derzeit weltweit die Aktienbörsen erschüttert, schreibt Strategic Alert, ist in Hinsicht auf den Insiderhandel nur die Spitze des Eisbergs. Hier wird offenbart, was alle Banken und Hedgefonds vor, während und nach der Krise 2007 getan haben: Sie spekulierten gegen die Finanzprodukte, die sie ihren eigenen Kunden verkauften. Dennoch könnte die Untersuchung nützlich sein. Der Druck auf Goldman Sachs nimmt zu, und am 27. April soll der Vorstandsvorsitzende Lloyd Blankfein bei den Anhörungen über kriminelle Machenschaften der globalen Finanzwelt vor dem Ständigen Untersuchungsausschuß des US-Senats aussagen. Gleichzeitig kommt die von Präsident Barack Obama unterstützte Gesetzesvorlage zur Finanzreform vor den Senat. In seiner Radioansprache am 17.4. behauptete der Präsident, das Gesetz würde »die Fahrlässigkeit und Verantwortungslosigkeit, die wir gesehen haben, abstellen« und warnte, »wenn wir das, was zur Krise führte, nicht ändern, dann werden wir dazu verdammt sein, sie zu wiederholen.«
 
Allerdings ist das nur reine Rhetorik. Während Obama mit den Republikanern, die sein Gesetz blockieren, herumstritt, agierte sein Finanzminister Timothy Geithner gegen die einzige ernstzunehmende Gesetzesvorlage im Senat, die von der demokratischen Senatorin Blanche Lincoln aus Arizona stammt. Ihr Gesetzesentwurf sieht vor, daß Banken, die riskante Swapgeschäfte betreiben, ihre Abteilungen für Swap-Handel ausgliedern müssen oder von jeglicher Bundeshilfe abgeschnitten werden. Auch wenn das noch lange keine Reform wie der benötigte Glass-Steagall-Standard ist, war es für Geithner schon zu viel. Am 15.4. drückte er in einem Brief an Lincoln seine Skepsis gegenüber ihrer Gesetzesinitiative aus. Allen anderslautenden Beteuerungen Obamas entgegen zeigt dieser Brief, daß das Weiße Haus nichts wünscht, das auch nur entfernt einer wirklichen Reform ähnelt, welche die Kasinowirtschaft beenden würde. er Sprecher der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, übermittelte Mehrheitsführer Harry Reid einen von allen 41 Republikanern unterzeichneten Brief, in dem ihre gemeinsame Ablehnung der Finanzreform angekündigt wird. Darin heißt es, das Gesetz ermögliche »nicht endende Rettungsaktionen der Steuerzahler für die Wall Street und schafft neue, unbegrenzte regulatorische Vollmachten, die den Mittelstand und die lokalen Banken ersticken.« Zusammen mit dem Skandal um Goldman Sachs wird dieses Gesetz die Wut der Steuerzahler gegen die Regierung wegen der Rettungsaktionen für die Wall Street nur noch weiter anheizen. 2
 
 
1 http://www.bueso.de/news/verteidigt-gemeinwohl-untersuchung-von-goldman-sachs-deutschland-notwendig   23. 4. 10 Verteidigt das Gemeinwohl - Untersuchung von Goldman Sachs in Deutschland notwendig!
2 Strategic Alert, Jahrgang 24, Nr. 16 vom 21. April 2010