Die US-Hochfinanz treibt die Welt systematisch in die Zinsknechtschaft - Eine neue Form des Imperialismus - Von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Manches, was an der Euro-Krise und der Weltfinanzkrise widersinnig erscheint, könnte dennoch


strategisch sinn- und planvoll sein:

- Warum mußten die US-Bürger die Staatshaftung für die schiefgelaufenen Spekulationen der Hochfinanz-Banken übernehmen?

- Und warum mußten auch die EU-Staaten die Haftung für die Verluste der internationalen Zockerbanken übernehmen?

- Warum hat die der Hochfinanz gehörende Federal Reserve Bank, die FED, den Zinssatz für ihre Eigentümerbanken auf null gesetzt?

- Warum haben die internationalen Zockerbanken den Ländern mehr Kredite aufgedrückt, als diese bei normalem Zins bedienen, geschweige denn zurückzahlen könnten?
- Und warum haben die in die Politik gewechselten Bankster-Kollegen Sarkozy, Trichet, Strauss-Kahn und Obama die Regierungen der soliden Euro-Länder gezwungen, als Gesamtschuldner für die Schulden der überschuldeten Staaten mit einzutreten und die EU gegen alle Satzungen und Verträge zur Transferunion umzudrehen?

- Und warum mußte die Europäische Zentralbank, die EZB, entgegen ihrer Satzung mehr faule Kredite der Zockerbanken für verschuldete Staaten (Griechenland, Portugal) übernehmen, als sie Eigenkapital hat?

- Und warum dürfen die internationalen Banken, welche die faulen Kredite an die Pleitestaaten vergeben haben, nicht an der Haftung für diese Kredite beteiligt werden?

- Warum darf nach privatisierten Supergewinnen an den faulen Finanzprodukten nur noch über sozialisierte Haftung und Rückzahlung diskutiert werden?

- Und warum weigern sich die Weltfinanzindustrie und die ihr untertänigen Regierungen so beharrlich, längst vorhandene Zahlungsunfähigkeit von Schuldnerländern (Griechenland, Portugal, Irland u.a.) zuzugeben?

- Und warum dürfen die überschuldeten Pleiteländer wie Griechenland oder Portugal keinen Staatsbankrott erklären und sich darüber wieder sanieren?

Zu all diesen Einzelfragen gibt es Tausende von politischen und wirtschaftlichen Erklärungen oder Lösungsvorschlägen, deren Nachteil aber darin liegt, daß sie selektiv erklären oder lösen, aber keine Gesamtschau und noch weniger eine Gesamtstrategie hinter diesen Fragen vermuten. Die offizielle Presse sekundiert sie damit, daß man an keine ›Verschwörungstheorien‹ gegen die US-Hochfinanz denken dürfe. Tatsächlich aber ergeben all diese Einzelfragen einen gemeinsamen Sinn, wenn man in ihnen Auswüchse eines dahinterstehenden strategischen Planes sieht. Das gilt insbesondere für die Tatsache, daß die Überschuldungskrise einzelner europäischer Länder und der USA nicht kurzfristig und damit weniger schmerzhaft gelöst wird, sondern in die Länge gezogen wird.

John Perkins ist ein mutiger Mann. Er lebt noch - wenn auch unter neuer Identität. Er war jahrelang einer der Spitzenagenten der US-Hochfinanz und hat die von ihm und seinen ›Economic Hit Men (EHM)‹-Kollegen inszenierten kriminellen Machenschaften beschrieben. Sein atemberaubendes Buch ›Bekenntnisse eines Economic Hit Man‹ [München 2007, ISBN 978-3-442-15424-1] zeigt die Machenschaften der US-Hochfinanz und der von ihr abhängigen US-Administration und gibt auch für die heutige Finanzkrise Antworten: »›Economic Hit Men‹ sind hochbezahlte Experten, die Länder auf der ganzen Welt um Millionen von Dollars betrügen. Sie schleusen Geld von der Weltbank, der US Agency for International Development (USAID) und anderen ausländischen ›Hilfsorganisationen‹ auf die Konten großer Konzerne und in die Taschen weniger reicher Familien, die die natürlichen Rohstoffe unseres Planeten kontrollieren. Die Mittel der EHM sind betrügerische Finanzanalysen, Wahlmanipulationen, Bestechung, Erpressung, Sex und Mord. Ihr Spiel ist so alt wie die Macht. Doch heute, im Zeitalter der Globalisierung, hat es neue und erschreckende Dimensionen angenommen. (Seite 9)« »Das ist die eigentliche Kompetenz der EHM: Wir bauen ein Weltreich auf. Wir sind eine Elite aus Frauen und Männern, die internationale Finanzorganisationen dazu benutzen, jene Bedingungen zu schaffen, mit denen andere Länder der Korporatokratie unterworfen werden sollen. Und diese Korporatokratie beherrscht unsere größten Konzerne, unsere Regierung und unsere Banken. Wie unsere Pendants in der Mafia bieten wir, die EHM, einen Dienst oder eine Gefälligkeit an. Das kann z.B. ein Kredit zur Entwicklung der Infrastruktur sein, Stromkraftwerke, Schnellstraßen, Häfen, Flughäfen oder Gewerbeparks. An den Kredit ist die Bedingung geknüpft, daß Ingenieurfirmen und Bauunternehmer aus unserem Land all diese Projekte bauen. Im Prinzip verläßt ein Großteil des Geldes nie die USA. Es wird einfach von Banken in Washington an die Ingenieurbüros in New York, Houston oder San Francisco überwiesen. Obwohl das Geld fast umgehend an Unternehmen zurückfließt, die zur Korporatokratie (dem Geldgeber) gehören, muß das Empfängerland alles zurückzahlen, die Schuldsumme plus Zinsen. Wenn ein EHM richtig erfolgreich ist, dann sind die Kredite so hoch, daß der Schuldner nach einigen Jahren seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Dann verlangen wir, wie die Mafia, unseren Anteil. Dazu gehört vor allem: Die Kontrolle über Stimmen in der UNO, die Errichtung von Militärstützpunkten oder der Zugang zu wichtigen Ressourcen wie Öl, oder die Kontrolle über den Panama-Kanal. Natürlich erlassen wir dem Schuldner dafür nicht die Schulden - und haben uns so wieder ein Land dauerhaft unterworfen. (Seite 22/23)«

Das unbegrenzte Geld für solche Machenschaften hat die US-Hochfinanz durch die ihr gehörende FED. Es wird einfach neu gedruckt. In den letzten 35 Jahren hat sich die Dollarmenge auf diese Weise vervierzigfacht (bei nur vervierfachtem Güterwachstum). Dieses Geld ist die Macht, mit welcher die US-Hochfinanz die gesamte Welt beherrscht, sich dienstbar macht und diejenigen, welche ihr Geld angenommen haben, zu Zinssklaven macht. Perkins beschreibt, wie mit gefälschten Gutachten übermäßige Kredite in die Länder (und wieder zurück in die USA) gedrückt werden, wie die Regierungen mit Bestechungen oder Drohungen kreditgeneigt gemacht werden. Wer gar zu widerspenstig ist, erleidet Unfälle wie die Präsidenten Torrijos (Panama), Roldos (Ecuador), Allende (Chile) u.a. »Wer das Geld hat, der beherrscht die Welt«, wird S. Rothschild zitiert, und wer die FED besitzt, hat eine Gelddruckmaschine, die ihm unbegrenzte Geldmittel zur Welt-Geld-Herrschaft liefert. Die neue Form der Weltherrschaft liegt nur darin, daß sie Völker nicht mehr militärisch unterjocht, sondern den Völkern zuerst übermäßige Kredite andient, um mit Hilfe von deren Verzinsung die finanzielle und wirtschaftliche Herrschaft über dieses Volk zu erringen (Schuld-Zins-Knechtschaft).

Auch in der Euro-Krise kann man das gleiche Muster wiederentdecken:
Griechenland war eigentlich schon pleite, als es mit von Goldman Sachs gefälschten Bilanzen und Bonitäten in die Euro-Zone gezogen wurde. In diesem neuen Verbund haben die internationalen Banken nun Griechenland noch hemmungsloser kreditiert, bis Griechenland nicht nur überschuldet, sondern eigentlich auch zahlungsunfähig war. Statt nun in Griechenland einen sauberen Staatsbankrott und danach eine Sanierung zuzulassen, haben die internationalen Banken von den übrigen Euro-Ländern ›alternativlos‹ einen ›Rettungsschirm‹ - angeblich für Griechenland, in Wirklichkeit aber für die Bankenschulden - verlangt und bekommen, so daß die internationalen Banken nicht nur Griechenland allein als Schuldner hatten, sondern die Einzelschulden zu Gesamtschulden aller europäischen Länder wurden und die EU im Europäischen Stabilitätsmechanismus, dem ESM, zur Transferunion. Nicht nur für die Länder, sondern auch für die internationalen Banken wurde der Rettungsschirm zum Netz, mit dem sie ihre gesamten unsoliden Finanzprodukte erst an die einzelnen Länder und damit an die Gemeinschaft abladen konnten - eine so gewaltige Schuldensumme (Europa: 6.000 Milliarden €), daß nicht nur die Schuldnerländer, sondern auch die freiwillig in die Gesamthaftung eingetretenen soliden Länder aus dieser Last nicht mehr herauskommen werden, sondern endgültig in die Schuldknechtschaft und Zinsknechtschaft der US-Hochfinanz fallen. In den nächsten 50 Jahren wird also in Europa weniger für den eigenen Wohlstand als für die Zinsen der Hochfinanzkredite gearbeitet.

Wenn man John Perkins gelesen hat, versteht man auch, weshalb man die Verschuldung Deutschlands für fremde Banken und fremde Länder als ›ohne Alternative‹ durchsetzen mußte. Es ging nicht um den Euro und nicht einmal um Europa, sondern um die Erhaltung der Kredite der Hochfinanz und darum, daß diese Kredite und die damit verbundene Zinsknechtschaft nicht im Zusammenbruch eines Landes aufgelöst würden. Aus diesem Grunde darf es auch keine ›private Beteiligung‹ an den Schulden geben, dürfen die Täterbanken zur Entschuldung der Staaten - etwa durch Schuldenschnitt - nicht mit herangezogen werden. Die Schulden sollen nicht mehr das Problem der Gläubiger sein, sondern allein des Schuldnerstaates und der mit ihm in Gesamthaftung verbundenen Euro-Länder, insbesondere Deutschlands.

Die Weltherrschaft der US-Hochfinanz mit Hilfe von hemmungslos gedrucktem Geld, Krediten und Zinsen ist eine neue Form des Imperialismus, die nicht mehr auf Bajonette, sondern auf Schulden baut. Die Verschuldung der Welt gegenüber der US-Hochfinanz hat zudem den Vorteil, daß sie auch die wohl kommende Abwertung des Dollars in anderen Währungen überdauert, sogar relativ gleich bleibt. Das System ist so klug konstruiert, daß die einzelnen Bürger und Länder glauben, das geschähe in ihrem Interesse oder im Interesse ›europäischer Solidarität‹, während es in Wirklichkeit allein dem Finanzimperialismus dient. Würden allerdings die Schuldnerländer, wie vor Jahren Argentinien, abwerten und die Zinszahlungen einstellen, hätte die Hochfinanz größte Probleme, weil damals die Mobilisierung ihrer Welthilfstruppen wie IWF, Weltbank, EMF, o.a., nicht geholfen hat. Argentinien hat sich durchgesetzt und sich sogar saniert. Die Hochfinanz muß also alles daran setzen, daß sich solche Beispiele - z.B. in Griechenland? - nicht wiederholen, damit ihr die Steine nicht aus der Mauer brechen. Aber sie hat ja willige Helfer im Brüsseler Politbüro, bei der EZB, im IWF u.a., die gerade mit dem ESM daran arbeiten, die Verschuldung zumindest noch längerfristig zu erhalten.

Nun zeigt sich, daß es für die Finanzknechtschaftspolitik der Hochfinanz Sinn macht, vorerst noch am Schrecken ohne Ende festzuhalten, anstatt an einem Ende mit Schrecken, weil die Transferunion und zum Beispiel die endgültige Schuldenübernahme Deutschlands erst noch festgezurrt werden müssen, bevor es eine Lösung geben darf.


Hierzu weitere Ausführungen in Zeit-Fragen:
Keim für weitere krisenhafte Entwicklungen
Leider gibt es aber doch eine ganze Reihe von Faktoren, die zu einer vorsichtigeren Einschätzung mahnen. Eine zweite Große Depression konnte zwar abgewendet werden, aber die Kosten der Krisenbekämpfung waren außerordentlich hoch und könnten den Keim für weitere krisenhafte Entwicklungen in sich tragen. Da sind zunächst einmal die offensichtlichen Kosten für die staatlichen Haushalte zu nennen. Zahlreiche Länder hat die Kombination aus krisenbedingt einbrechenden Staatseinnahmen und massiven Ausgabenerhöhungen zur Krisenbekämpfung an den Rand des Staatsbankrotts gebracht. Die europäische Schuldenkrise ist nur die offensichtlichste Folge dieser Entwicklung. Die Tatsache, daß im Mai 2011 die Sorge um eine kaum vermeidbar scheinende Umschuldung Griechenlands bereits wieder die Schlagzeilen dominierte, zeigt, daß diese Krise noch nicht ausgestanden ist. Aber auch die finanzielle Situation in der USA auf Bundes- und Einzelstaatenebene ist so besorgniserregend, daß hier ohne weiteres der nächste große Krisenherd entstehen könnte. Es wird jedenfalls noch Jahre dauern, bis sich die Staatshaushalte erholt haben werden und sich die Lage normalisiert hat.

Der ehemaliger Ministerpräsident Erwin Teufel zur EU: »Die Staatschefs brechen das Recht«
zf. In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 31. Juli nahm der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, sehr kritisch zu den Euro-Plänen der Staats-und Regierungschefs der EU-Staaten Stellung. Teufel, so die Zeitung, »sieht das Vertrauen in die europäischen Staats-und Regierungschefs erschüttert, weil diese sich selbst nicht mehr an Recht und Gesetz hielten.« Teufel wörtlich: »Das Vertrauen in die handelnden Staatsmänner in Europa ist verlorengegangen. Wenn Staats-und Regierungschefs in einer Nacht wesentliche Stabilitätskriterien, die in Verträgen festgehalten, also geltendes Recht sind, wegputzen, geht Vertrauen verloren. Vom Bürger erwartet man, daß er sich an Normen, an Recht und Gesetz hält […] - und Staats-und Regierungschefs tun es nicht.«

Aymo Brunetti. Wirtschaftskrise ohne Ende?
thk. Das 2011 erschienene Buch von Aymo Brunetti ›Wirtschaftskrise ohne Ende‹ ist eine lohnenswerte Lektüre, die die Hintergründe und Zusammenhänge der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise darlegt. Für den Autor, der die Direktion für Wirtschaftspolitik im Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements leitet und zudem als Titularprofessor an der Universität Basel und als Honorarprofessor an der Universität Bern lehrt, sind die Folgen der Krise noch nicht überstanden, und er sieht beträchtlichen Handlungsbedarf. Aymo Brunetti zeigt in leicht verständlicher Sprache und sachlicher Art und Weise auf, wie die globale Wirtschaftskrise entstanden ist, wie Regierungen und Zentralbanken darauf reagiert haben und wie die europäische Währungsunion ins Wanken geraten ist. Das Buch bietet eine leicht lesbare Orientierungshilfe, die es erlaubt, in kurzer Zeit einen Überblick über die komplexen Zusammenhänge der aktuellen Krise zu gewinnen.


Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=327
Zeit-Fragen Nr. 31 vom 2. 8. 2011 - Alle Hervorhebungen durch politonline