Kommentar vom Fuße des Blauen

Terroristen und Antisemiten - Von Evelyn Hecht-Galinski

Hatte schon der Goldstone-Report viel von seinem Glanz verloren, nachdem der Namensgeber Richter Richard Goldstone vieles aus seinem Report relativierte und reumütig als Zionist in den Schoß seiner israelischen Familie zurückkehrte, so konnte man von der Palmer/Uribe-Kommission erst recht auf die Palme gebracht werden. Schon nach Einsetzung dieser Kommission durch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, ging ein Raunen durch die Welt, als man da unter anderem den Namen Alvaro Uribe sah, der als ehemaliger kolumbianischer Staatschef nicht eben für eine Tätigkeit in dieser Kommission geeignet erschien. Wie Uribe zeigte auch der frühere neuseeländische Premier Geoffrey Palmer eine große Nähe zu Israel, und so heißt es im Bericht ihrer Kommission wie nicht anders zu erwarten, daß die Seeblockade des Gazastreifens durch Israel rechtmäßig sei und als Akt der Selbstverteidigung bewertet werden müsse. Dieser ›ausgewogene‹ Bericht tadelt zwar auch Israels ›exzessive und unangemessene‹ Gewaltanwendung: eine gewagte Formulierung angesichts der Tatsache, daß immerhin neun türkische Friedensaktivisten von Israel ermordet wurden und daß die 9 Ermordeten teilweise Einschüsse aus nächster Nähe aufwiesen, wofür Israel bis heute keine Erklärung liefern konnte. Das zeigt doch, wie brutal die ›Israelische Verteidigungsarmee‹ gegen unbewaffnete und wehrlose Aktivisten vorging, was auch wiederholt von mitreisenden Passagieren und Aktivisten bestätigt wurde.

Von Beginn an hatte man die türkische Hilfsorganisation IHH im Visier - nicht nur von Seiten der israelischen Propaganda, sondern auch in den deutschen Medien. Von FAZ bis taz wurde die auch in Deutschland aktive Internationale Humanitäre Hilfsorganisation IHH als Terroristen und Hamas nahestehend gebrandmarkt. Und weil Israel sich wie immer auch heute von Terroristen und Antisemiten umgeben sieht, braucht sich seine Regierung für die Morde bei der Türkei nicht zu entschuldigen. Allenfalls bedauert man den Verlust von Menschenleben, mehr sei nicht drin, und Ultimaten werde man sich erst recht nicht beugen.

Die traurige Konsequenz: man läßt Israel so weitermachen und drängt auf Versöhnung zwischen Israel und der Türkei. Die Türkei tat das einzig Richtige: sie stufte die diplomatischen Beziehungen auf niedrigstes Niveau, wies den israelischen Botschafter aus und will die bisher gültigen gemeinsamen Verteidigungsabkommen annullieren. Des Weiteren sieht Plan B als Steigerung einen Besuch von Regierungschef Erdogan im Gazastreifen vor, worauf sich viele Medien schon mal vorsorglich eingestimmt und Erdogan zum Islamisten erklärt haben.

Ich hoffe sehr, daß die Türkei dieses Mal trotz US-amerikanischem, israelischem und europäischem Druck standhaft bleibt. Denn auch in der Frage der Unterstützung der Anerkennung und Ausrufung eines Palästinenserstaates vor der UN im September halten sich die Europäer bedeckt. An Israels Seite, natürlich an vorderster Front, sind Deutschland zusammen mit der USA, den Niederlanden und der Tschechischen Republik dagegen, und man diskutiert stattdessen die Möglichkeit, den Palästinensern einen Beobachterstatus einzuräumen. Den hat die PLO zwar schon längst - nur ohne jede Wirkung.

Natürlich müssen die Palästinenser selbst bestimmen, ob sie denn zwei Staaten oder einen Staat in Palästina/Israel wollen. Aber wo ist die gewählte, handlungsfähige palästinensische Vertretung? Sicher nicht in Ramallah, in Gestalt dieser ›Vichy-Regierung‹, ohne Mandat und abhängig von Israels und der USA Gnaden. Sind die ›Palestine Papers‹ wirklich schon vergessen? Zeigten diese nicht in erschreckender Weise, wie das palästinensische Volk von einer ›Kollaborateuren-Clique‹ aus Ramallah verraten und verkauft wird? Da frage ich mich schon: Wieso wehren sich Israel, Deutschland und die USA so vehement gegen diese Ausrufung eines ›Farce-Staates‹? Würde nicht gerade diese Anerkennung eines sogenannten Staates die Möglichkeiten, zu einem wirklich unabhängigen Staat Palästina zu kommen, enorm schwächen?

Durch diesen Schachzug der Ramallah-Clique werden im Gegenteil die Rechte und der Handlungsspielraum der Palästinenser auf Null gesetzt. Man verzichtet damit auf das verbriefte Rückkehrrecht der vertriebenen Palästinenser und läßt sich auf einen Bantustaat unter Luft- und sonstiger militärischer Hoheit und weiterer Unterdrückung seitens Israel ein. Die Ausrufung eines solchen Staates läge in Wahrheit voll im Interesse Israels, im Gegensatz zu einem einzigen wirklich demokratischen Israel/Palästina in einem Staat. Gleiches Recht für alle, das wäre eine normale Staatsbildung, die keine Bedrohung, sondern Sicherheit und Frieden für den Nahen Osten bringen würde. Natürlich möchte auch ›Vichy-Ramallah‹ das nicht, weil sie genau wissen, daß sie in diesem demokratischen Staat keine Chance mehr hätten. Interessanterweise klammern sich auch viele ›Alt-linke-jüdisch-israelische, um Hoffnung kämpfende‹ Aktivisten, die sich für die Palästinenser einsetzen und ihr Geld damit verdienen, an die Zwei-Staaten-Lösung als ewiges Mantra, obwohl das doch genau die offizielle Linie der Politik ist, die den Palästinensern ihre Rechte für immer vorenthalten will. So geht es gar nicht mehr um die Frage ›Zwei Staaten oder ein Staat?‹, sondern einzig und allein um die Frage, wie man den Palästinensern zu Gerechtigkeit verhelfen kann, damit sie frei und demokratisch leben können, wie es jedem jüdischen Israeli zugestanden wird. Und das ist nach realistischer Sicht der Dinge nur noch in einem Staat Palästina/Israel möglich - mit Gleichberechtigung für alle Religionen, Rassen und politischen Weltanschauungen.

Die deutsche Regierung und das Außenministerium unter ›der lahmen Ente‹ und Liebermans Trink- und Rauch-Kumpan blieben hinsichtlich der Teilnahme an der Anti-Rassismus-Konferenz ›Durban 3‹ leider nicht standhaft. Nach der Forderung von Zentralratspräsident Dieter Graumann auf Verzicht an der Teilnahme Deutschlands an dieser Konferenz, da diese ›ein organisierter Schauprozeß gegen Israel sei, dem keine Legitimität verliehen werden dürfe‹ verzichteten Merkel und Westerwelle auf die Teilnahme an dieser Konferenz, da sich Deutschland den ›Menschenrechten und dem Antirassismus‹ verbunden fühle. Wir - verbunden mit dem ›Jüdischen Staat Israel‹ - wissen uns den Menschenrechten immer verbunden, wenn sie nicht dem Jüdischen Staat oder unseren Interessen im Wege stehen! So sollten sich auch alle nachdenklichen Deutschen, die sich dem Grundgesetz und seinen Werten verbunden fühlen, fragen, ob dieses Lob des Zentralrats nach der Absage nicht unseren Werten widerspricht!

Die Aussage von Graumann, daß die Bundesregierung klar für eine wertorientierte und vernünftige Politik eintritt, wenn sie ein Zeichen setzt und absagt, sagt alles! Ich für meinen Teil sage ganz klar, die Werte des Zentralrats der Juden in Deutschland und seine Funktion als Sprachrohr der israelischen Unrechtspolitik sind nicht die Werte, denen ich mich als deutsche Jüdin verbunden fühle. Die Bundesregierung muß endlich wieder im Sinne der Werte eines humanistischen Grundgesetzes handeln und nicht im Sinne von sogenannten demokratischen Regimes, als deren Befehlsempfänger sie agiert, ganz im vorauseilendem Gehorsam auf ›der Schleimspur der Unterwürfigkeit, die sich durch alle Parteien zieht‹, wie ich vor einiger Zeit schon mal geschrieben habe. Nicht Boykott gegen ›Durban 3‹, sondern Boykott gegen Israel, BDS!

Wir alle sollten uns an den Aktivisten, die anläßlich des Konzertes ›Last Nights of the Proms‹ den Auftritt des israelischen Orchesters massiv störten und es zum Abbruch brachten, ein Beispiel nehmen. Überlassen wir das ›Boykottfeld‹ nicht allein dem Zentralrat und Israel und seinen Lobbyisten und Diasporabrigaden. Soll Boykott immer nur ein Tabu-Thema sein, wenn es Israel betrifft? Ist das die ›werteorientierte Politik‹, der wir dank Graumann (Dieter mir graut vor Dir) verbunden sein sollen und müssen? Ich sage nein und nochmals nein !!!!

Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16900