Der Euro - eine griechische Tragödie - Von Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz 25.09.2011 22:43
Das Thema Euro beherrscht die Medien und die Börsen landauf, landab. Keine zehn Jahre nach ihrer Einführung befindet sich die neue Währung
in Dauerturbulenzen. In zahlreichen Ländern der EU
sind die Schulden außer Kontrolle. Die gemeinsam vereinbarten Regeln zur
Stabilisierung des Euro wurden von fast allen Mitgliedern gebrochen. Mal mehr,
mal weniger. Insbesondere im Süden der EU gab man die neue Währung bei
niedrigen Zinsen mit vollen Händen aus. Mit Zahlen nahm man es dort eh nie so
genau. Die Folgen sind, wie sich nun zeigt, jedoch weit dramatischer als zu
Zeiten der Drachme, der Lira oder der Pesete. Griechenland wird, nicht
unerwartet, als erstes Land von der Welle der aufgehäuften Schulden eingeholt.
Ein durch Schlamperei und Mißwirtschaft erzeugter Finanz-Tsunami droht die
Griechen zu überrollen. Die Regierung in Athen kann nicht mal mehr die Gehälter
ihrer Staatsdiener berappen. Die Sparauflagen der EU reißen zudem die ohnehin
schwache Wirtschaft in der Ägäis völlig aus der Bahn. Anderen Ländern geht es
lediglich graduell besser. Denn für die neue Währung stehen alle EU-Staaten
gleichermaßen ein. So hatte man sich die Euro-Zeit nicht vorgestellt. Eine
Krisensitzung jagt derweil die andere. Die Politiker versuchen verzweifelt, die
Gemeinschaftswährung zu retten. Doch das ist eine Sisyphos-Arbeit. Immer, wenn
es scheint, man habe das Problem im Griff, kommt die nächste Welle. Jetzt tritt
ein, was Finanzexperten wie Prof. Hankel schon vor 15 Jahren prophezeiten: Der
Euro schmiert ab. Die Vision von einer Einheitswährung für alle EU-Staaten
erweist sich zunehmend als Trugschluß, bzw. Tragödie.
Es ist nicht leicht, das komplexe
Problem des Euro-Umfeldes in ein Bild zu fassen
Am ehesten noch kann man die aktuelle Situation der
EU mit einem Boot und seiner Mannschaft vergleichen. Präzise einem Ruderboot,
das von 27 Ruderern - Volkswirtschaften - angetrieben wird. Und zwar von
Athleten ebenso wie von Pyknikern. Auf Form und Fitness der Ruderer legte man
nämlich weniger Wert als auf die schlichte Zahl. Das alles wäre noch
einigermaßen überschaubar, wenn es auf dem Euro-Boot nicht auch noch 27
Kapitäne - Regierungen/Parlamente - gäbe. Mit den unterschiedlichsten
Vorstellungen vom Kurs und von der Geschwindigkeit. Nun wissen wir spätestens
durch den FDP-Ex-Oberstrategen Guido Westerwelle, daß auf jedem Schiff, das
dampft und segelt, und selbstverständlich auch auf jedem, das gerudert wird,
nur einer das Sagen haben kann. Untiefen - Krisen - lauern schließlich überall.
Denen entkommt man nur mit einem eindeutigen und klaren Kurs. Erschwert wird
die Lage noch durch die Tatsache, daß sich das EU-Boot in einem Rennen
befindet. Einem Rennen mit anderen Booten - Staaten - weltweit. Die haben jedoch
jeweils nur einen Kapitän. Das Boots-Rennen wird durch Wettbüros – Banken, die
eine Menge Geld - Kredite - auf Sieg und Platz setzen, begleitet. Natürlich
wissen die schon lange, daß das EU-Boot eines Tages abschmiert - man ist ja
nicht blöd. Ihr Wetteinsatz war indes von Anfang an sicher. Das garantieren die
27 Kapitäne. Mit öffentlichen Mitteln - Steuern. Ein Kampfgericht - Rating-Agenturen
- begutachtet das Rennen, den Kurs der Boote und die Form der Besatzungen stets
im Blick.
Das Problem des EU-Bootes besteht nun, schlicht und
einfach darin, sowohl die 27 Ruderer zu synchronisieren, als auch die 27
Kapitäne auf einen einheitlichen Kurs einzuschwören. Hankel und seine Kollegen
hatten schon vor dem Stapellauf postuliert, eine Einheitswährung funktioniere
nur auf einem Boot mit zentraler politischer Führung. Doch davon ist das
EU-Boot meilenweit entfernt. Ein Boot gerät bekanntlich bereits ins Schlingern,
wenn auch nur ein Ruderer aus dem Takt kommt, ›einen Krebs fängt‹. Um das zu verhindern braucht es einen Oberkapitän -
EU-Zentralregierung / EU-Parlament - der das absolute Sagen hat. Die 27
Kapitäne müßten mithin alle Macht dem Oberkapitän übertragen. Das will/kann
derzeit keiner. Und so dümpelt das EU-Boot quasi steuerlos durch die
aufgewühlte Finanzsee. Angela Merkel und ihre 26 Kollegen sind in Seenot.
Vorgänger Schröder hatte die siechen Griechen hastig ins Boot geholt.
CDU-Übervater Kohl, der das EU-Boot einst zu Wasser ließ, gibt derweil schlaue
Ratschläge. Doch guter Rat ist teuer - im wahrsten Sinne des Wortes. Soll man
nun die Griechen rauswerfen? Müssen die Italiener raus, oder die Spanier?
Soll man in ein Rettungsboot - Nord-Euro -
umsteigen? Jede Entscheidung auf dem Euro-Boot hat dramatische Folgen. Damit
ist auch das typische Grundmuster einer jeden klassischen griechischen Tragödie
erfüllt: Egal, was der Held bzw. die Heldin auch immer tut, es ist immer
verkehrt!
Peine, den 21. September 2011
Prof. Selenz ist 1.Vorsitzender von CLEANSTATE e.V. www.hans-joachim-selenz.de
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