Das Euro-Desaster nimmt seinen beschleunigten Lauf - Von Univ.-Prof. Dr. E. Dauenhauer

Soeben ist der babylonische Rettungsschirm, der bis zu 780 Milliarden Euro auftürmen wollte und auf über eine Billion luftig gehebelt werden sollte,

krachend eingestürzt. Hatte schon letzte Woche das Bundesverfassungsgericht den Bundestag schallend damit geohrfeigt, daß es das Sondergremium für EFSF-Angelegenheiten (es sollte aus nur 9 Abgeordneten bestehen) verbot (Az. 2 BvE8/11); war es schon demütigend für die selbsternannten Euroretter, China und andere ostasiatische Staaten zu bitten, sich an der Europleite zu beteiligen, so ließ das Erdbeben vom 31. Oktober 2011, das von der Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten ausgeht, die beschlossenen Sparmaßnahmen und damit den Rettungsschirm einer Volksabstimmung zu unterziehen, den EFSF wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Die Börsen schlugen seismografisch stark aus – mit Verlusten. «Rette ich, wer kann«, lautet die Devise besonders der professionellen Aktienanleger und Fonds. »Euroland ist abgebrannt«. Denn höchstwahrscheinlich lehnt das griechische Volk den Rettungsschirm ab, womit dem gesamten Euro-Kunstbau schon jetzt das Fundament entzogen wird [die Abstimmung der Griechen wurde wie bekannt inzwischen ausgehebelt; Anmerk. politonline]. In der Ökonomie zählen Erwartungen soviel wie Fakten. Der Politik wird, wieder einmal, eine grausame Lektion erteilt. Ihr Euro-Wahnbau (er wird in diesem WALTHARI-Portal seit 1998 demaskiert) kommt dem Parteienstaat teuer zu stehen, am teuersten aber den Bürgern Europas und am allerteuersten den Deutschen.

 

In ihrer letzten Verzweiflung werden die Euroretter zu noch abenteuerlicheren Aktionen schreiten. Es ist unschwer vorherzusagen, daß noch mehr makroökonomische Planwirtschaft einkehrt, als Notmaßnahmen und sogenannte systemische Risiken getarnt. Das größte Risiko sind aber die überforderten und kopflosen Retter selber. Sie werden die EZB noch mehr politisch instrumentalisieren, die Banken unter staatliche Kuratel stellen und andere Reißleinen ziehen. Das Ende aber ist gewiß: Diese Politik zapft das Privatvermögen der Bürger an, einmal durch eine Geldentwertung (5 % Inflation halbieren innerhalb von 8 Jahren das Geldvermögen), noch tolldreister mit einer hohen (Grund-)Vermögenssteuer und mit Zwangshypotheken (sie gab es schon nach 1945 als Lastenausgleich). Wer daran zweifelt, unterschätzt den Ernst der Faktenlage und die wild entschlossenen Euroretter. Welch ein Desaster für die parteienstaatlich verfaßten repräsentativen Demokratien! Lassen sie einmal ausnahmsweise den Verfassungssouverän (das Volk) selber zu Wort kommen, genügt schon die bloße Ankündigung (wie in Athen), um ein Erdbeben auszulösen. Parteienpolitiker haben panische Angst vor Volkes Stimme und sehen sich darin von den Medien und auch von der Justiz weitgehend unterstützt. Stimmenabgaben an weit auseinander liegenden Wahltagen: auf diesem niedrigen Niveau halten sie die Demokratie. Kein Wunder, daß den volksfernen Parteienstaaten immer stärker der Wind ins Gesicht bläst. Hätte man in Deutschland über den Euro vor dessen Einführung im Volk abstimmen lassen, wäre uns der derzeitige Wirrwarr mit schlimmen Folgen erspart geblieben.

 

Statt Wohlstand- und Friedenssicherung hat uns das Euro-Abenteuer Völkerhaß (man lese die Schilder der Demonstranten nicht nur in Griechenland), eine veritable Demokratiekrise, (fiskalische) Entmündigungen ganzer Staaten usw., eingebrockt. Man faßt es kaum: Die in keiner Weise legitimierte Troika (aus IWF-, EZB- und EU-Vertretern) will über Sparzwänge die Souveränität eines Staates aushebeln. Eine bürokratische (Finanz-)Diktatur! Man greift sich an den Kopf: Europolitiker brechen massiv das Recht und kommen ungeschoren davon! Im Gegenteil, sie werden in den Medien als Rettungsschirm-Akteure noch gefeiert.

 

»Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muß man ihr Geldwesen verwüsten.« Diesen Satz Lenins zitierte 1952 Walter Eucken, einer der Väter der (sozialen) Marktwirtschaft (in: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Seite 255 in meinem Handexemplar, das mein Studium an der LMU in München begleitete). Das ist für Parteienkartelle in den Wind gesprochen, man kann ja im geschützten Experimentierraum auf historische Erfahrungen verzichten. Auch bei der EZB ist die Eurokrise nichts weiter als »Finanzmarktspannungen« (vgl. deren Monatsbericht 9/2011, S. 46 ff.) – ein skandalöser Text, weil er den Ankauf von staatlichen Schrottpapieren rechtfertigt.

 

Wer zu spät kommt….. und es ist eindeutig zu spät. Die Bürger haben zu lange gelähmt und ängstlich zugeschaut, statt zu protestieren und das politische Heft in die eigenen Hände zu nehmen. Plötzlich kann Zuschauen keinen Spaß mehr machen. Wie sagte die derzeitige Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen dieser Tage: »Wir brauchen mehr Europa  und nicht weniger. Dabei müssen wir die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen« - als unmündige, unaufgeklärte Zeitgenossen.

 

 

Quelle: © WALTHARI®   

http://www.walthari.com/   1. 11. 11

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