Werte statt Euro

Die Medien feiern abend- und seitenfüllend den tiefen Fall von Silvio Berlusconi, als ob mit dessen Sturz

die bedrohliche Überschuldungskrise im Euro-Raum beseitigt wäre. Breit ausgewalzte Schadenfreude muss offensichtlich darüber hinwegtäuschen, dass über die für die Menschen echt schicksalhaften, weil zutiefst bedrohlichen Folgen der Überschuldungskrise insbesondere im Euro-Raum nahezu nichts berichtet wird, eine unverzeihliche Unterlassungssünde nahezu aller Medien. Nicht berichtet wird, dass die Inflation, die unentrinnbare Folge des skrupellosen Anwerfens der Notenpresse durch die Europäische Zentralbank (EZB), längst Tatsache ist: Die im gesamten Euro-Raum explodierenden Rohstoff- und Konsumgüterpreise zeugen davon. Nicht berichtet wird, dass die «Unabhängigkeit der Notenbanken» bedrohlich rasch zur Fiktion verkommen ist. Die Staatslenker wollen die von der Politik verschuldete Überschuldungskrise der Euro-Staaten offensichtlich durch Inflation, im Klartext: durch eine ebenso massive wie verantwortungslose kalte Enteignung der soliden Sparer beseitigen. Die Notenbanken, sich auf dem Papier noch als «unabhängige Wächterinnen» über die Geldwertstabilität preisend, spielen bei der Währungs-Zerrüttung mit: Indem sie die Zinsen trotz Inflation künstlich tief halten. Damit betreiben sie statt der versprochenen Werterhaltung die gezielte Entwertung der ihnen anvertrauten Währung namens Euro. Ihr Verrat an ihrem Auftrag ist Verrat an den Völkern. Doch die Medien schweigen. Verschwiegen wird – dieser Vorwurf trifft die Schweizer Medien – auch beharrlich, dass «unsere» Nationalbank sich in die politisch gewollte Inflationsanheizung einbinden liess: Dies, indem sie die engere Anbindung des Frankens an den schlingernden Euro durchzieht und indem sich der Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand durch ein extra für ihn erfundenes Amt in die internationale, im Gleichschritt mit der Politik auf Inflation getrimmte «Finanzarchitektur» einbinden lässt. Seine Ernennung zum Vizepräsidenten des International Stability Board ist doch keine Ehrbezeugung. Damit will die Internationale der Schuldenmacher doch bloss an die Substanz herankommen, die in der Schweiz noch vorhanden ist – sie wollen damit die gähnenden Schuldenlöcher im Euro-Raum stopfen.

 

Werterhaltung müsste das Ziel sein

Nähme die Nationalbank ihren zentralen Auftrag, die Werterhaltung des Schweizer Frankens, ernst, müsste sie, statt vermeintlichen Glanz auf dem internationalen Parkett der Geldwertzerstörer zu suchen, in allererster Linie ihre Reserven - sie sind Volksvermögen! - erhalten. Will sie angesichts des derzeit hohen Preises nicht direkt Gold kaufen, dann muss sie jetzt – die schlauen Chinesen machen es derzeit vor – in erstklassige Aktien gut aufgestellter Konzerne investieren. Nestlé (und andere) blühen trotz der Überschuldung der Staaten! Wenn die Nationalbank den Auftrag der Werterhaltung des schweizerischen Volksvermögens als ihr oberstes Ziel verfolgen würde, dürfte sie keinesfalls der Entwertung preisgegebene Euros in dreistelliger Milliardenhöhe erwerben, dann müsste sie – sei es direkt, sei es durch Schaffung eines Staatsfonds – werthaltige Anteile an gesunden Konzernen erwerben. «Werte statt Euro» müsste die Losung heissen. So, wie die kürzlich gestartete Gold-Initiative die Nationalbank auf Werterhaltung verpflichtet, so würde auch der Erwerb erstklassiger Wertpapiere das der Nationalbank anvertraute Volksvermögen absichern und erhalten. [1]

 

»Zum ersten Mal«, schreibt Dr. Bruno Bandulet in seinem DeutschlandBrief, »machten deutsche und französische Ökonomen gemeinsam Front gegen den Euro und berieten am 7. Oktober über ein besseres Währungssystem für den Europa. Zum Schluss herrschte weitgehende Übereinstimmung, dass die Einheitswährung scheitern wird und durch ein neues europäisches Währungssystem mit Rückkehr zu den nationalen Währungen ersetzt werden sollte. Aus Deutschland war Ex-Bundesbanker Wilhelm Nölling angereist; er nannte die Währungsunion, die Ursache unlösbarer Probleme und zeigte sich zu hundert Prozent sicher, dass die vom  Bundestag abgegebenen Milliardengarantien eingelöst werden müssen. Das jüngste Euro-Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe die Erpressbarkeit Deutschlands erhöht. Denn Karlsruhe habe für die deutschen Zahlungen keine klare Obergrenze gezogen. Nölling sieht folgendes kommen:  Sinkende Lebensstandards in der EU, Gelddrucken der Zentralbank, Kapitalflucht,  Schwarzarbeit und Steuerverweigerung. Joachim Starbatty, wie Nölling einer der Kläger in Karlsruhe, befasste sich kritisch mit der Geldpolitik der EZB. Als dritter deutsche Referent behandelte Bandulet das Thema Europa nach dem Euro. Jean-Jacques Rosa (Paris) stellte die Frage, warum die in der EU herrschenden Eliten den Euro überhaupt eingeführt hätten. Antwort: Weil ihre ldeen aus einer anderen Zeit stammen, aus der Zeit des Kalten Krieges. Ein europäischer Zentralismus werde nicht durchsetzbar sein, auch weil der äußere Feind fehle. Eine seriöse Prognose, wie lange der Euro überlebt und was danach kommt, sei nicht möglich, weil es mit 17 Partnern unzählige Kombinationsmöglichkeiten gebe. Der Abzug des Kapitals aus der Euro-Zone hat bereits begonnen. Wenn sich an der an der offiziellen Euro-Politik nichts ändert, drohen Aufstände und Revolutionen, meinte Rosa. Gérard Lafay Paris plädierte für ein neues europäisches Währungssystem mit nationalen Währungen und für den Anfang für eine Umstellung eins zu eins. Beispiel: 1 Euro gleich 1 Neuen Deutschen Mark. Danach würden die einzelnen Währungen auseinanderdriften, bis sie auf der Basis realer Wechselkurse fixiert würden. Jean-Pierre Vesperini (Rouen) erinnerte daran, dass nicht Deutschland, sondern Frankreich – nämlich Mitterrand und die französischen Bankiers - den Euro gefordert und durchgesetzt hätten. Er beziffert die Wachstumseinbussen, die Frankreich wegen des Euros erlitten hat, auf jährlich 0,7 % des Bruttoinlandprodukts. Allein dadurch habe sich das französische Haushaltsdefizit erhöht. Sein Kollege Gabriel Colletis Toulouse meinte, der Euro werde von sehr mächtigen Interessenverteidigt, deswegen bricht das Kartenhaus nicht so schnell zusammen.‹ ›Kartelle sind keine nachhaltigen Organisationen, sagte dazu Professor Rosa, in einem Kartell ist derjenige der Böse, der das Kartell bricht und erklärte damit sehr schön den Unwillen der deutschen Regierung, den ersten Schritt zu tun. Roland Hureaux Toulouse, früher im Kabinett des Ministerpräsidenten und zusammen mit Michel Robatel aus Lyon Organisator der Konferenz, warf der offiziellen Euro-Politik Unkenntnis des kulturellen Faktors in der Wirtschaft vor, erwähnte das deutsche Inflationstrauma, das in Frankreich fehle, und bekräftigte die gemeinsame Absicht, die in Lyon begonnene deutsch-französisch Kooperation fortzusetzen, zunächst mit einer Tagung in Deutschland.

 

Dass die europäischen Banken 3 Jahre nach dem letzten Crash schon wieder wackeln, hat einen einfachen Grund. Sie sitzen – nach dem Stand vom Juni 11 – auf Staatsanleihen Griechenlands, Irlands, Portugals, Italiens und Spaniens im Volumen von 556 Milliarden €. Genau das aber haben die Politiker von ihnen erwartet. Es ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, jetzt die Banken zu alleinigen Sündenböcken zu machen. Noch vor einem Jahr forderte Schäuble die deutschen Geldinstitute dazu auf, ihre Mittelmeer-Anleihen nicht zu verkaufen. Ohne die Banken hätte der Euro nicht gegründet werden können. Und er hätte nicht so lange überlebt. Dasselbe gilt für die Verscherungskonzerne, die von den Regierungen gezwungen werden, zum Schaden der Versicherten in Staatsanleihen zu investieren. Jörg Asmussen (SPD) hatte im Finanzministerium unter Peer Steinbrück die Voraussetzungen dafür  geschaffen, dass die deutschen Banken massiv in minderwertige US-Immobilienpapiere einsteigen  konnten, was den Steuerzahler zwecks Bankenrettung bisher 39 Milliarden Euro gekostet hat. Nun  darf er künftig in der EZB den Euro retten helfen. Vor dem EU-Parlament empfahl er sich als pragmatisch und fügte hinzu: Das ist etwas, was die Deutschen noch lernen müssen. Nach Axel Weber und Jürgen Stark haben sie endlich einen Deutschen bei der EZB, der keinen Ärger macht. Allein seine üble Rolle im Aufsichtsrat der Mittelstandsbank IKB, an deren Ruin er keinen geringen Anteil hatte, hätte ausreichen müssen, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen.«  [2]

 

 

[1]  http://www.gesunde-waehrung.ch/downloads/111115-goldstueck.pdf   15. 11. 11 Bulletin der Bürgeraktion «Gesunde Währung»  Gesunde Währung, Postfach 23, 8416 Flaach

www.gesunde-waehrung.ch  info@gesunde-waehrung.ch

[2]  Quelle: eigentümlich frei  Nr. 11 / 2011

Der Verleger, Journalist und Buchautor Dr. Bruno Bandulet war unter anderem Chef vom Dienst bei der «Welt» und Mitglied der Chefredaktion der «Quick». Er ist Herausgeber des Informationsdienstes «Gold & Money Intelligence (G&M)». Von 1995 bis Ende 2008 war er Herausgeber des Hintergrunddienstes «DeutschlandBrief», der seit Anfang 2009 als Kolumne in «eigentümlich frei» weitergeführt wird.

 

Einer, der unentwegt Widerstand gegen den EU-Zentralismus, den Euro-Wahn und den

Ökologismus leistet, ist der tschechische Präsident Václav Klaus - und das auf hohem intellektuellen Niveau. Erfreulich, dass jetzt eine Auswahl seiner Artikel und Reden als Buch  vorliegt. Zum Beispiel konstatierte er im April 2010 nüchtern, dass die Kosten der Erhaltung der Euro-Zone, die deren Funktionieren mit sich bringt, die Erträge übersteigen. Weil aber soviel politisches Kapital in den Euro investiert wurde, werde er in absehbarer Zukunft nicht verschwinden. Nur werde die Bevölkerung in der Euro-Zone den Preis, der dafür bezahlt wird, nie erfahren. Václav Klaus Europa? Context Verlag Augsburg