Diktatur auf leisen Sohlen - Von Prof. Wilhelm Hankel

Den im Oktober von einem britischen Lord gestifteten Preis für den schmerzfreien Ausstieg aus dem Euro wird keiner der noch lebenden

Europa-Visionäre gewinnen, aber auch keiner aus der Gilde der europäischen Staatsschauspieler. Erstere gehören laut Helmut Schmidt (er zählt selber dazu) ohnehin zum Psychiater, letztere müssen sich demnächst mit Plänen zur Schließung ihres absurden Euro-Rettungstheaters befassen. Das Stück wird spätestens dann abgesetzt, wenn sich die zusammengehebelte Euro-Rettungsfonds-Billion als unzureichend erweist, um aus den Schulden der Krisenländer in letzter Instanz deutsche zu machen.  …….  Das Publikum mag noch so sehr (und zu Recht) über die Folgen entsetzt sein. Überrascht ist es nicht. Es weiß längst, daß Angela Merkels alternativlose Realpolitik nichts weiter ist als der Mitternachtstraum blind und verwirrt herumtappender politischer Spukgeister.  [1]

 

Prof. Dieter Spethmann, ehemaliger Generaldirektor der Thyssen AG, hat das nachfolgende Schreiben an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags gerichtet. Der beigefügte Überblick über den Verlauf der Euro-Einführung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zeigt in aller Schärfe auf, was hier zu erwarten steht:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Dieses ist die deutsche Zukunft, wenn Sie den Weg EU/Euro weitergehen, zumal in der

neuesten Ausprägung durch die Italiener Monti und Draghi. Bringen Sie also Deutschland zurück unter die Herrschaft des Grundgesetzes. Das ist auch Ihre Verantwortung vor der Geschichte, von der Sie ohnehin niemand befreien kann, schon gar nicht EU und Euro. EFSF und ESM führen uns nur zum Staatskapitalismus. Glauben Sie mir. Wie Deutschland endet, wenn Sie untätig bleiben, zeigt die Anlage.

 

Mit freundlichen Grüßen Ihr Dieter Spethmann

 

Der Euro plündert Deutschland - Von Dieter Spethmann

 

Am Anfang des Euro standen Versprechungen über Versprechungen. Sie sollten und mußten den Geburtsfehler des Euro überdecken, dass er uns Deutschen durch ein politisches Ultimatum aufgezwungen wurde: Wiedervereinigung plus Fortführung der D-Mark waren gewissen Nachbarn eine Horrorvorstellung gewesen.

 

Geblieben ist heute, 20 Jahre später, nur ein Katzenjammer. Hatte der Lebensstandard des Bürgers  der Bonner Republik 1989/90 noch in der Weltspitze gelegen, liegt derjenige des Bürgers der Berliner Republik heute nur noch auf Platz 19 der Weltrangliste, und dies mit weiter abwärts weisender Tendenz. Ursächlich hierfür ist das Eurosystem, das Deutschland seit dessen Einführung 1999 unablässig Schäden zufügt, die aber den Bürgern von den Politikern mit größten Mühen verborgen gehalten werden.

 

Rettungsmaßnahmen für den Euro

Am 24. März 2011 beschlossen die 27 EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfeltreffen in Brüssel die Einrichtung eines permanenten Mechanismus zur Absicherung des Euro, den sogenannten European Stability Mechanism (ESM). Er soll Mitte 2013 den gegenwärtigen Krisenfonds EFSF, die European Financial Stability Facility, ablösen. Das Rettungskonzept sieht Hilfen für in Not geratene Staaten vor, sofern sich diese unter Aufsicht der Euro-Partner einem strengen Sparkurs unterziehen. Bereits im Mai 2010 hatten sich die Euro-Länder mit dem Internationalen Währungsfonds auf einen Rettungsschirm im Umfang von bis zu 750 Milliarden zum Schutz des Euro geeinigt. Die EU wollte mit diesem Schutzschirm für hoch verschuldete Euro-Länder die Währungsunion vor dem Zerfall bewahren. Welches Land wieviel von diesen Bürgschaften zu übernehmen hatte, richtete sich nach dem Anteil am Kapitalschlüssel der EZB, der Europäischen Zentralbank. Deutschland hatte damals den höchsten Anteil zu tragen. Dabei  sah der Eurozonen-Schutzschirm keine direkten Zahlungen aus den Staatskassen vor. Es handelte sich vielmehr um staatliche Bürgschaften für Kredite, die mit Zinsen zurückgezahlt werden  müssen.

 

In den im März 2011 beschlossenen neuen Fonds muß Deutschland neben 168 Milliarden Euro an Bürgschaften 22 Milliarden € als Bareinlage einzahlen. Insgesamt werden mit dem Krisenfonds 500 Milliarden € für mögliche Pleitestaaten bereitgestellt. Ein Wettbewerbspakt soll dafür sorgen, dass abgehängte Volkswirtschaften mit Strukturreformen wieder fit gemacht werden, und schärfere Regeln für den Stabilitätspakt sollen die Regierungen zum soliden Haushalten zwingen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den neuen Euro-Rettungsschirm als unabdingbar. Mit diesem Paket werde die Gemeinschaftswährung dauerhaft krisenfest gemacht.

 

Kernproblem nicht gelöst

Tatsächlich kann jedoch das Kernproblem des Euroraums auch durch die dauerhafte Krisenhilfe nicht gelöst werden. Bei der Einführung des Euro versprach man, dass er die  Wirtschaftsstrukturen im Euroraum harmonisieren würde. Doch das krasse Gegenteil ist eingetroffen. Es gibt nur eine Währung mit einem Notenbankzins für 17 Länder, deren Wirtschaftsentwicklung auseinander strebt und deren externe Wettbewerbsfähigkeit erheblich divergiert. Vor allem unterschiedliche Entwicklungen in den Lohnkosten wirken sich aus, indem sie zu mitunter sehr hohen Leistungsbilanzdefiziten in einzelnen Euroländern geführt haben und weiter führen. So stiegen vom Beginn der Währungsunion bis zum Ausbruch der momentanen Krise die Lohnstückkosten in Paris siebenmal so stark wie in Berlin. Besonders starke Lohnanstiege gab es in Griechenland, Irland und Spanien. Die Lohnstückkosten kletterten hier sogar neun- bis elfmal so stark wie hierzulande. In  der Vergangenheit stand Ländern mit stark wachsenden Löhnen der nominelle Wechselkurs zur Verfügung, um die entstandenen Unterschiede in den Lohnstückkosten über den Wechselkurs auszugleichen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Italien hatte bis 1997 dieses Instrument erfolgreich eingesetzt und die Lira kontinuierlich abgewertet. Mit der Einführung des Euro ist der Wechselkurs als Anpassungsmechanismus jedoch keine Option mehr. Die Mitgliedstaaten gaben die Wechselkursflexibilität auf und verzichteten darauf, ihre Zinssätze unabhängig voneinander festzulegen. Besonders Irland, aber auch Spanien, Italien, Portugal und Griechenland haben seit dem Jahr 2000 und bis zur Wirtschaftskrise eine starke Aufwertung des realen Wechselkurses erfahren, wogegen Deutschland und Österreich dank einer rigiden Lohnpolitik die realen Lohnstückkosten senken bzw. nahezu konstant halten konnten.

 

Die gemeinsame Geldpolitik verstärkt also die Tendenz zu wachsenden Ungleichgewichten im Euro-Raum, mit hohen Überschüssen in sehr wettbewerbsfähigen Mitgliedsländern wie Deutschland einerseits und zunehmender (hauptsächlich privater) Verschuldung in den südlichen Euroländern andererseits. Die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Euro-Ländern stürzen die gemeinsame Währung jetzt in eine tiefe Krise. Darauf hatten Kritiker, zu denen auch ich gehöre, schon früh hingewiesen.

 

Griechenland – der Euro und realwirtschaftliche Entwicklung

Der Euro schadet in den Ländern mit schwächerer Volkswirtschaft der realwirtschaftlichen Entwicklung – dies zeigt ein Vergleich der wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Ländern vor und nach der Einführung des Euro sowie die Betrachtung der fatalen Auswirkungen der Euro- Rettungspakete auf die Wirtschaftsentwicklung der betroffenen Länder. Dass der Euro gerade in Ländern mit schwächerer Volkswirtschaft der realwirtschaftlichen Entwicklung schadet, beweist die Tatsache, dass sowohl Griechenland als auch andere Sorgenkinder der Eurozone seit der Euro- Einführung auf Schuldenkurs sind. Aus den Daten des Statistikamtes der Europäischen Union geht hervor, dass Griechenland bis zur Euro-Einführung noch relativ solide wirtschaftete und sowohl in der Tarifpolitik als auch bei der Verschuldung Zurückhaltung geübt hatte. Griechenland hatte damals sogar eine positive Leistungsbilanz gegenüber Deutschland. Erst mit der Einführung  des Euro am 1. Januar 2002 betrieben Griechenland und Portugal eine expansive Haushalts- und Wirtschaftspolitik, die eine der Ursachen für die heutigen Probleme beider Länder ist. Mit der Einführung des Euro explodierten vor allem die Arbeitskosten. Im Jahr vor der Euro-Einführung waren die Arbeitskosten in Griechenland um 1,5 % in der gewerblichen Wirtschaft, um 2,6 % in der Industrie und um 4,7 % in der öffentlichen Verwaltung gestiegen. Nach der Euro-Einführung im Jahr 2002 gingen diese Werte aber steil nach oben: um 11,7 % im Gewerbe, 13 % in der Industrie und 15,1 % in der öffentlichen Verwaltung. Auch 2003 und 2004 gab es Anhebungen, die deutlich  über dem EU-Durchschnitt lagen. Hingegen waren die Investitionen nach 2001 - mit Ausnahme von  2003 -  jedes Jahr gegenüber dem Wert vor der Euro-Einführung zurückgegangen. Gleichzeitig stieg die Staatsverschuldung von rund 152 Milliarden € im Jahr 2001 auf 224 Milliarden € im Jahr 2006.

 

2008 lag der Schuldenstand bei fast 95 %, 2009 stieg er auf 120 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist doppelt soviel wie der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubt. 2010 drohte schließlich der Staatsbankrott. Um diesen abzuwenden, einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs im Frühjahr 2011 auf ein Rettungspaket für Griechenland. Die Euro-Länder und der IWF räumten dem Land eine Drei-Jahres-Kreditlinie von 110 Milliarden € ein. Deutschlands Anteil daran umfasste rund 22,4 Milliarden Euro. Doch während der Staat mit den Hilfskrediten der Euro-Länder und des IWF über Wasser gehalten wird, droht die Realwirtschaft abzusaufen. Seit dem politisch motivierten Beitritt zum Euro ist dessen Außenkurs für Griechenland zu hoch geworden, so dass es am Weltmarkt in vielen Produkten nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Ohne Wiederherstellung dieser Wettbewerbsfähigkeit haben jedoch alle Rettungsschirme keinen Sinn. 2009 kam es in Griechenland im Zuge der globalen Rezession in allen wirtschaftlichen Bereichen zu einem massiven Umsatzeinbruch. Vor allem die beiden Sektoren, auf denen die griechische Konjunktur basiert, die Handelsschifffahrt und der Tourismus, waren betroffen. Das Minus von 14 % in der Tourismusindustrie schlug auf die Bauwirtschaft durch. 2009 war das BIP bereits um 2,3 % zurückgegangen, auch 2010 schrumpfte es weiter. So lag z. B. der Rückgang der Umsätze des Einzelhandels Ende 2009 bereits bei 15 %. Die verbleibenden Einzelhändler meldeten dann für das vergangene Weihnachtsgeschäft ein Minus von über 13 % im Vergleich zum Vorjahr. 2010 gingen jeden Monat rund 4.000 Unternehmen in die Insolvenz. Auch viele Ladengeschäfte, vor allem in Athen, mußten schließen. 2010 war jedes dritte Geschäft betroffen. Aus dem Handelssektor verschwanden 50.000 Arbeitgeber, mit ihnen 82.500 Beschäftigte. Handelskammern und Unternehmerverbände warnen, 2011 könnten Zehntausende weiterer Unternehmen schließen. Daneben führten auch Kürzungen im Gesundheitswesen zu vielen Firmenpleiten. Letztlich war zwischen 2007 und 2010 ein Rückgang der Wirtschaftsleistung in Griechenland um fast 10 % zu verzeichnen. Die Arbeitslosigkeit lag 2010 auf dem höchsten Stand seit 13 Jahren. Besonders hoch ist sie bei der jungen Generation. Unter  den bis zu 29jährigen Jobsuchenden ist jeder Dritte arbeitslos. Hier sammelt sich erheblicher  sozialer Sprengstoff an, wie die schweren Ausschreitungen, von denen viele Protestkundgebungen in Athen begleitet waren, gezeigt haben. Die griechische Wirtschaft steckt derzeit in ihrer schwersten Rezession seit fast 40 Jahren. Höhere Mehrwertsteuern und andere indirekte Steuern sowie Kürzungen bei den Löhnen und Gehältern im öffentlichen Dienst belasten das Wachstum. Der Zustand der öffentlichen Finanzen läßt jedoch keine staatlichen Konjunkturprogramme zu, um die Realwirtschaft zu stützen und somit auch die Arbeitslosigkeit zu senken. Schließlich hat die  griechische Regierung den EU-Partnern zugesagt, das Haushaltsdefizit bis 2012 auf weniger als 3% des BIP zu senken. Das von der griechischen Regierung hierfür eingeleitete rigorose Sparprogramm, das unter anderem die Erhöhung der Umsatzsteuer und Pensionskürzungen  beinhaltet, ist die Bedingung für die Bewilligung der Hilfskredite von insgesamt 110 Milliarden €, die die EU und der IWF in vierteljährlichen Raten bis zum Frühjahr 2013 auszahlen wollen. Die Haushaltskonsolidierung, die der griechischen Regierung deshalb von der EU-Kommission, der EZB und von den Märkten abgefordert wird, verhindert allerdings eine Belebung der Realwirtschaft. Unter diesen Bedingungen leiden vor allem Investitionen und der private Konsum. Eine hohe Arbeitslosenrate und niedrige Löhne lähmen die Binnenwirtschaft - wer kein Geld hat, kann auch nichts kaufen. Schließlich machen in der griechischen Wirtschaft die Konsumausgaben über 70 % des BIP aus (der höchste Anteil in der Eurozone); schon deshalb kann sich das Land das schrumpfende Masseneinkommen gar nicht leisten. So wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, durch die die Realwirtschaft weiter an Substanz verliert. Dabei ist die griechische Realwirtschaft letztlich diejenige, die am Ende alles bezahlen muß, was sie aber mit Sicherheit nicht kann, wenn sie immer weiter schrumpft. Tatsächlich sind die Aussichten düster. Das BIP war im 3. Quartal 2010 um 1,7 % zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sank das BIP um 6,6 %. Jüngste Zahlen lassen befürchten, dass die griechische Wirtschaft zum dritten Mal in  Folge in ihrer Leistung zurückgehen wird – mit verheerenden Folgen für die Staatsfinanzen. So sanken die Steuereinnahmen im Januar und Februar um 9 %. Die Arbeitslosigkeit verharrt bei knapp 14 %, und außerdem hat Griechenland mit 4,2 % eine der höchsten Inflationsraten innerhalb der EU. Dieser realwirtschaftliche Schrumpfkurs wird die Eurokrise weiter verschärfen. Daneben wächst trotz eisernen Sparens der Schuldenberg weiter an. Schon Ende 2010 erreichte der Schuldenstand den Rekord von 340 Milliarden €, das sind 148 % der Wirtschaftsleistung. Nach Berechnungen des IWF werden die Staatsschulden Ende 2011 über 150 % der jährlichen Wirtschaftsleistung betragen. Schon 2013 dürften sie auf 160 % klettern. Das Wachstum des Landes lag 2010 bei minus 4,5 %, für das laufende Jahr prognostiziert die OECD minus 3 %. Anfang Juni war bekannt geworden, dass die fünfte, 12 Milliarden € umfassende Tranche des bereits vereinbarten ersten Hilfspakets an Griechenland in Kürze ausgezahlt werden soll. Die

griechische Regierung plant in diesem Zusammenhang bereits neue Sparmaßnahmen, die wiederum einer wirtschaftlichen Erholung im Wege stehen werden. Es handelt sich um die alten Rezepte: Senkung von Steuerfreibeträgen, Erhöhung der Mehrwertsteuer für Restaurants von 13 auf 23 % sowie weitere Steigerungen der Abgaben auf Gas, Heizöl und Tabak. (…) Im Wesentlichen geht es also nur um die Feinjustierung der Daumenschrauben. Der Aufschwung der griechischen Wirtschaft wird so nicht kommen.Martin Knapp von der deutsch-griechischen Industrie- und Handelskammer bekommt die Rezession täglich zu spüren. Das mit Abstand wichtigste Problem ist derzeit die gewaltige Kreditklemme im Land. Acht von zehn Kreditanträgen werden abgelehnt.Mit anderen Worten: Selbst viele Unternehmen, die investieren wollen, können das derzeit nicht. Fazit: Obwohl Griechenland seit mehr als einem Jahr Milliarden an Euro von der Gemeinschaft erhalten hat und die Griechen große Opfer bringen, kommt das Land nicht auf die Beine. Der Rettungskredit von insgesamt 110 Milliarden € , der bis 2013 in mehreren Tranchen ausgezahlt werden soll, scheint bisher nicht zu helfen. Seit Beginn der Kreditzahlungen durch die EU und den IWF und dem damit verbundenen Sanierungsprogramm hat sich der Zustand der griechischen  Staatsfinanzen sogar weiter verschlechtert, die Rezession hat sich verschärft, die Arbeitslosigkeit erhöht. Eine wirtschaftliche Gesundung ist nicht in Sicht. Mit den herkömmlichen Mitteln kann  Griechenland die Krise also nicht überwinden. Ob Schuldenschnitt, Austritt aus der Eurozone, Verlängerung der Rückzahlungsfristen - im Ergebnis ist es für den Mann auf der Straße immer dasselbe: Griechenland hat eine lange Durststrecke vor sich, der Lebensstandard der Griechen wird weiter zurückgehen.

 

2012 muß Griechenland mehr als 50 Milliarden Euro aufwenden, um fällige Staatsanleihen zu bedienen und Zinsen zu zahlen, im Jahr 2013 werden es 44 Milliarden sein. Eine griechische Zeitung führt diese Zahlen zu einer einfachen Rechnung zusammen: Griechenland benötigt allein für die Zeit zwischen 2012 und 2013 mehr als 84 Milliarden Euro und die eigentliche Bewährungsprobe wird erst 2014 folgen, wenn die Belastung durch die in den vergangenen Jahren angehäuften Schulden nochmals steigen wird. Für den boulevardesken Teil der griechischen Medien trägt indessen Deutschland die Hauptschuld an der Krise des Landes. Es wird hier argumentiert,  dass die Griechen und ihr Staat in den vergangenen Jahrzehnten schließlich (…) deutsche Autos, Kühlschränke, Maschinen, Panzer oder Unterseeboote gekauft, den Deutschen also viele Milliarden D-Mark und später Euro beschert haben. Nachdem sich die Deutschen eine goldene Nase an den Griechen verdient haben sei es demnach nur recht und billig, wenn Berlin jetzt (…) ein paar Dutzend Milliarden € nach Athen zurücküberweise. Auch die Verhandlungen über das neueste, milliardenschwere Hilfspaket für Griechenland werden von manch einem Kommentator in diesem Licht dargestellt. Tatsächlich gehen jedoch nur 0,6 % der deutschen Exporte nach Griechenland, Rüstungsgüter nicht mitgerechnet. Selbst wenn man die Rüstungsexporte in die Rechnung einbezöge, würde das kaum ein wesentlich anderes Bild ergeben. Denn wenn es Deutschland nicht gäbe, hätten die Griechen ihre Autos und Spülmaschinen eben aus anderen Ländern bezogen. Das Handelbilanzdefizit wäre dasselbe.

 

Irland in der Krise

Ähnlich dramatisch ist die Lage in Irland. Hier gab es zwischen 1991 bis 2001, also vor Einführung des Euro, ein Wachstum des Bruttosozialprodukts von 6,4 %. Dies verdankte das Land zu einem großen Teil den Direktinvestitionen der ausländischen Hightech Industrie. Die Integration Irlands in  das Eurosystem erschien auf den ersten Blick von Vorteil. So war der Euro für Zinssenkungseffekte in Irland verantwortlich, die für eine Stimulierung der Wirtschaftsaktivität sorgten. Frisches Kapital kostete weniger. Gleichzeitig trugen die Zinssenkungen aber auch die Verantwortung für den spekulativen Immobilienboom in Irland. Außerdem bedeutete der steigende Wechselkurs des  Euro für Irland eine zunehmende Erschwerung des Handels und des Wettbewerbs um Direktinvestitionen, da sich irische Waren außerhalb der EU verteuerten. Zunächst aber fielen in Irland durch die Einführung des Euro die Kapitalmarktzinsen, und die Banken begannen - von den Aufsichtsbehörden unbehelligt - den Markt mit billigen Hypothekenkrediten zu überschwemmen. Der Staat, dem der Immobiliensektor wachsende Einnahmen bescherte, heizte den Bauboom noch an. Irland hätte seine überhitzte Wirtschaft theoretisch mit einer Zinserhöhung bremsen können, doch die Entscheidung hierfür konnte nicht mehr in Dublin getroffen werden, sondern das Land mußte sich der Zinspolitik der EZB unterwerfen. Schließlich wird die Geldpolitik seit 1999 einheitlich von der Europäischen Zentralbank gemacht, deren erklärtes Ziel die Wahrung der  Preisstabilität im Euroraum insgesamt ist. Dabei nimmt sie keine Rücksichten auf Entwicklungen in einzelnen Ländern. Damit ist eine geldpolitische Flankierung der realwirtschaftlichen  Anpassungsprozesse, die bei Divergenzen im Euroraum zwischen den einzelnen Ländern hilfreich ist, ausgeschlossen. Inzwischen ist die Immobilienblase geplatzt, die Hauspreise fielen um mehr als ein Drittel, die irische Wirtschaft ist um 20 % geschrumpft. Die Banken wurden von der Regierung gerettet, indem sie ihnen faule Hypothekenkredite im Nominalvolumen von 80 Milliarden € abnahm, eine Summe halb so hoch wie die gesamte irische Wirtschaftsleistung. Ende 2010 mußte das inzwischen hoch verschuldete Land schließlich um Finanzhilfen bei der EU nachsuchen. Im November 2010 sagten die EU und der IWF Irland Finanzhilfen in Höhe von 85 Milliarden Euro zu. Doch das Hilfspaket kommt Irland teuer zu stehen. So muß das Land für die Hilfsgelder aus Brüssel 5,8 % Zinsen berappen, das ist ein höherer Satz als bisher jener Griechenlands. Denn bei der Aushandlung des Hilfspakets wurde auf Druck der Regierung Merkel nicht nur durchgesetzt, dass Irland Strafzinsen auf die Stützungskredite aus dem Krisenfonds bezahlt, es wurde zudem, gegen den ausdrücklichen Rat der Experten des IWF, beschlossen, dass der irische Staat alle Gläubiger der überschuldeten Banken in vollem Umfang auszahlt. Damit aber droht Irland nach jüngsten Berechnungen eine zusätzliche Last von bis zu 25 Milliarden €. Auch in Irland flossen die Milliardenhilfen also größtenteils in die Bankenbranche, deren Krise Irland die schwerwiegenden Haushaltsprobleme erst beschert hatte. Der Rest des Geldes war zur Sanierung des irischen Staatshaushaltes vorgesehen. Doch die Konditionen, mit denen die Hilfen verknüpft wurden, sind wirtschaftlich unsinnig. Irland soll in den kommenden vier Jahren Einsparungen von 15 Milliarden € im Staatshaushalt durchführen. Damit soll das Defizit, das derzeit bei 32 % des Bruttoinlandsprodukts liegt, mittelfristig wieder auf die in Europa vorgeschriebenen 3 % gesenkt werden. Die Last der Staatsschulden droht jedoch trotz aller Einsparmaßnahmen nach Kalkulation des IWF bis 2014 auf mehr als 120 % des BIP anzuwachsen.

 

Das Spardiktat aus Brüssel und das Fehlen einer Abwertungsmöglichkeit für die Währung - all dies ist Gift für die irische Wirtschaft. 70 % der irischen Wirtschaft hängen von der Inlandsnachfrage ab, da ist es fatal, dass die Bürger ihre Konsumausgaben auf Grund drastischer Lohnkürzungen und Steuererhöhungen radikal senken. Die Arbeitslosenquote erreichte 2010 mit 13 % den höchsten Stand seit 15 Jahren. Irland ist nun neben Griechenland und Portugal einer der größten Krisenherde in der Währungsunion. Und die wirtschaftliche Sanierung wird nicht gelingen, wenn der irische Staat noch einmal zusätzlich Milliarden Euro in die maroden Banken leiten muß und die Staatskasse die hohen Zinsen auf ihre Schulden zahlen soll. Tatsächlich werden ja nicht etwa die Iren gerettet, sondern die Banken und deren vermögende Kundschaft in den anderen Eurostaaten. Die Liste der Gläubiger ist lang und reicht vom Allianz Konzern über die Deutsche Bank-Fondsgesellschaft DWS und die Landesbank Baden-Württemberg bis zur Union Investmentgesellschaft der Raiffeisenbanken – all jene also, die auch schon von der Bankenrettung im Herbst 2008 profitierten. Sie alle haben mit ihren Investitionen bei Irlands Banken erheblich zur Vergrößerung der irischen Immobilienblase beigetragen, die dann später in sich zusammenfiel. Doch für die Verluste sollen allein die Steuerzahler eintreten. Ebenso wie die griechische schrumpfte auch die irische Wirtschaft im 4. Quartal 2010 erneut. Das BIP fiel um 1,6 %. Die Verbraucherausgaben gingen um 0,4 % zurück, die Exporte um 1,4 % und die Investitionen sogar um 2,3 %. Im Gesamtjahr 2010 schrumpfte die Wirtschaft um 1,0 %. 2010 war das dritte Jahr mit einem Wachstumsrückgang in Folge. Statt die Banken als Verursacher der Tragödie zu retten, wäre es wesentlich zielführender gewesen, sie in den Konkurs gehen zu lassen und stattdessen die Realwirtschaft zu stützen.

 

Portugal und Spanien im Strudel

Auch Portugal geriet nach Einführung des Euro immer tiefer in den Strudel aus steigenden Schulden und sinkender Wirtschaftskraft. Die Staatsverschuldung stieg zwischen 2001 und 2006 um 50 %. 2010 lag das Haushaltsdefizit mit 9,3 % mehr als dreimal über der zulässigen Quote von 3 %. Die Höhe der Staatsverschuldung Portugals betrug geschätzte 142 Milliarden €. Angesichts  der angespannten Haushaltslage wurde ein Sparpaket beschlossen, das u.a. mehrjährige  Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst, das Einfrieren der Pensionen und Sozialleistungen sowie Verschiebungen großer Infrastrukturprojekte beinhaltet. Die Mehrwertsteuer wurde um einen Prozentpunkt auf 21 % erhöht. Außerdem wurde eine neue Einkommenssteuer mit einem Aufschlag von bis zu 1,5 % eingeführt. Unternehmen mit Gewinnen von mehr als 2 Millionen € sollten eine zusätzliche Krisensteuer von 2,5 % zahlen. Doch das Sparpaket ist gescheitert, und am 6. April 2011 verkündete der portugiesische Ministerpräsident, dass man die EU um Finanzhilfe  bitten wolle. Vorausgegangen waren neue Herabstufungen der Bonität des Landes durch internationale Ratingagenturen und in der Folge neue kräftige Zinsschübe bei dem Verkauf von  Staatsanleihen. Kurz zuvor hatte sich der Schuldendienst Portugals abermals dramatisch erhöht, als für fünfjährige Anleihen nun schon 9,75 % Zinsen geboten werden mußten. Am 16. Mai 2011 beschlossen die EU-Finanzminister ein 78 Milliarden € Hilfspaket für Portugal, das vom IWF und dem Rettungsfonds der EU zur Verfügung gestellt wurde. Von den zugesagten 78 Milliarden € waren 12 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung der portugiesischen Banken zu verwenden. Das Hauptziel des Abkommens mit EU und IWF ist die Verringerung des Haushaltsdefizits, das im Vorjahr bei 9,1 % des BIP lag. Mit Portugal hängt mittlerweile also bereits das dritte Land am EU-Finanztropf. Europas Rettungsroutine, die sich mittlerweile eingeschliffen hat, wird die Staatsschuldenkrise jedoch nicht beenden, wie die griechische Tragödie und das irische Debakel gezeigt haben, denn die Rettungsschirme bewirken bei den betroffenen Volkswirtschaften, die allesamt durch den für sie überhöhten Außenkurs des Euro partiell wettbewerbsunfähig geworden sind, keine Besserung der Wettbewerbsfähigkeit, sondern schonen nur fremde Gläubiger fremder Staaten.

 

Und ob es bei der Rettung Portugals bleibt, ist fraglich. In der EU herrscht die Sorge, dass auch Spanien in den Strudel der EU-Schuldenkrise geraten könnte. Auch in Spanien lief die Verschuldung mit dem Euro aus dem Ruder. Bis zur Euro-Einführung hatte das Land solide gewirtschaftet, und bis zur Finanzkrise erlebte es, ebenso wie Irland, sogar einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung. Industriesparten wie die Autobranche boomten, und bis 2008 gab es sogar einen Budgetüberschuss. Doch stand dieser Aufschwung auf tönernen Füßen, denn in  Spanien wuchs das BIP vor allem deshalb, weil nach der Euro-Einführung die Zinsen auf Kredite drastisch sanken und ein gewaltiger Bauboom einsetzte. So wurde ein großer Teil des Aufschwungs auf dem Bausektor erzielt. Appartementanlagen schossen aus dem Boden. Ende 2008 platzte dann die Immobilienblase, und die Arbeitslosigkeit stieg seither auf mehr als 20 %. Bei jüngeren Arbeitnehmern liegt sie sogar bei mehr als 40 %. Die daraus resultierenden hohen Sozialausgaben schlugen schnell aufs Budget durch, so dass das Defizit 11 % erreichte. Nach der Euro-Einführung stiegen außerdem auch in Spanien die Arbeitskosten an – sie lagen jährlich im Schnitt um 1 % über dem EU-Durchschnitt. Und auch Spanien befindet sich durch den Euro in dem Dilemma, dass es die Wettbewerbsfähigkeit seiner Industriezweige im In- und Ausland nicht einfach durch eine Währungsabwertung gegenüber den wichtigsten Handelspartnern erhöhen kann. Wenn der Euro stark ist, muß die Anpassung mühsam über die Realwirtschaft erfolgen, über Rezession, Entlassungen und Neuverhandlungen von  Tarifverträgen, durch die die Löhne nach unten korrigiert werden. Eine reale Abwertung durch sinkende Löhne und Staatsausgaben ist jedoch keine Lösung,  da der Staat dann nicht in Bildung und Infrastruktur investieren kann, was für ein künftiges  Wachstum unabdingbar ist. Und niedrigere Löhne hemmen das Wachstum ebenfalls. 2010 stufte der New Misery Index der Ratingagentur Moody’s, der Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung und Wirtschaftsleistung bewertet, Spanien noch schlechter als Griechenland ein.

 

Deutschland fehlt Kapital für Investitionen in die Realwirtschaft

Für Deutschland wird der Pakt für den Euro teuer. Der Rettungsfonds schlägt mit 700 Milliarden Euro (80 Milliarden als Bareinlage und 620 als Garantie oder abrufbares Kapital) zu Buche. Die BRD  bürgt für 168 Milliarden € und zahlt fast 22 Milliarden € als Bareinlage. Geld, das man leihen muß und das dann einfach für soziale Zwecke oder anderes wie Investitionen in die Realwirtschaft nicht zur Verfügung steht. Dabei ist es eine bittere, aber immer wieder verschwiegene Erkenntnis, dass bisher noch in keinem Land der Euro-Zone staatliche Schulden an die Gläubiger zurückgezahlt worden sind, d.h. in absoluten Größen verringert wurden. So werden die deutschen Bürger um ihren in der Vergangenheit erarbeiteten Wohlstand gebracht! 2010 war der Eurokurs wegen der Schuldenkrise in der Währungsunion  zeitweise auf den tiefsten Stand seit 4 Jahren abgerutscht. Ein schwacher Euro hilft den Exporteuren, verteuert aber die Importe. Die deutsche Industrie beklagte deshalb 2010 den stärksten Kostenanstieg seit fast 2 Jahren. Daraus folgten Erhöhungen der Verkaufspreise, vor allem die Benzin- und Dieselpreise stiegen exorbitant. Weil die Einkommen 2010 wegen Kurzarbeit und schwacher Lohnerhöhungen kaum stiegen, wiegt eine höhere Teuerungsrate doppelt schwer.  Sie belastet die Realeinkommen und damit den Konsum. Hinzu kommt, dass durch den  Zinsaufschlag, den die EU-Kommission für ihre Gemeinschaftsanleihe zahlen muß, die  Kreditaufnahme für den Staat, aber auch für Bürger und Betriebe in Deutschland teurer wird. Und da mit EFSF- und ESM-Milliarden nun auch die Anleihen überschuldeter Staaten gekauft werden können, kämen gesamtschuldnerische Euro-Bonds quasi durch die Hintertür. Dann wäre der Umbau der Währungsunion zur Schuldengemeinschaft besiegelt. In Deutschland nimmt die  Staatsverschuldung, verursacht durch die Bankenrettungs-Pakete und die Euro-Rettungsschirme, rasant zu. So stieg die Neuverschuldung im vergangenen Jahr allein aufgrund der Bankenhilfe um 0,4 % des BIP. Die staatliche Gesamtverschuldung nahm um 9,5 Prozentpunkte zu. Aktuelle Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat belegen, dass die Bankenhilfen die öffentlichen  Haushalte Deutschlands im Saldo mit 9,8 Milliarden € belastet haben. Zusammen mit dem Aufwand von 2008 und 2009 ergibt sich ein Minus von 16,6 Milliarden €. Und Eurostat hat dabei noch nicht die sogenannten Opportunitätskosten berechnet, die aus Ökonomensicht dadurch entstehen, dass der Staat das Geld für eine andere Verwendung ausgeben können hätte. In den Medien wird über diese Zusammenhänge nicht berichtet. Der Gesamtschuldenstand der öffentlichen Haushalte in Abgrenzung des Maastricht-Kriteriums lag im Jahr 2010 bei 75,7 % des BIP. 2011 liegt er voraussichtlich bei 75,9 %. Mitte 2010 war der Staat mit etwa 470 Milliarden Euro bei Kreditinstituten und mit rund 894 Milliarden Euro im Ausland verschuldet. Zudem haben Privatleute, Bausparkassen, Sozialversicherungen und

Versicherungen dem Staat Kapital in Höhe von rund 320 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Gegenwärtig muss der Staat jeden achten Euro, den er durch Steuern einnimmt, für Schuldzinsen ausgeben. Dieses Geld fehlt dann natürlich an anderer Stelle, um die eigentlichen Aufgaben des Staates zu erfüllen. Außerdem wird dadurch der Spielraum für dringend notwendige Entlastungen auf der Steuer- und Abgabenseite erheblich eingeschränkt

 

Wie gefährlich eine hohe Staatsverschuldung für die wirtschaftliche Entwicklung ist, hat erst jüngst der Ökonom Nouriel Roubini, der schon mit seinen Vorhersagen zur Finanzkrise als Dr. Untergang bekannt geworden ist, herausgestellt. Er warnt, dass die hohen Schulden der Industriestaaten weltweit die wirtschaftliche Entwicklung bedrohen. Er sieht die Weltwirtschaft deshalb in einem Abschwung und befürchtet einen Einbruch der globalen Konjunktur. Einige Länder in der Eurozone seien nicht nur illiquide, sondern faktisch insolvent. Seine Prognose: Ein gravierender Konjunkturrückgang würde die Regierungen vor ein ernsthaftes Problem stellen. Im Gegensatz zur Finanzkrise zwischen 2007 und 2010, die mit staatlichen Maßnahmen bekämpft werden konnte, ginge den politischen Entscheidungsträgern nun die Munition aus. Die öffentlichen Schulden sind hoch und viele Staatsanleihen in arger Bedrängnis, so dass die Fähigkeit der  Regierungen, ihre Banken durch weitere Rettungspakete zu unterstützen, massiv beeinträchtigt ist. 2009 gewährte Deutschland allein für die Bankenrettung für 1,889 Billionen € Bankgarantien. Dem gegenüber steht die geradezu lächerliche Summe von 81 bis 84 Milliarden €, die der Staat für Konjunkturprogramme aufbrachte. Auf Grund der zunehmenden Verschuldung durch den Euro-Rettungsschirm wird auch in Zukunft kaum Geld zur Förderung der Realwirtschaft vorhanden sein. Dabei sind Konjunkturprogramme in den Arbeitsmarkt der Realwirtschaft die einzige Chance, über die die deutsche Wirtschaft verfügt, um etwas anzuschieben. Die  Rettungsbillionen für das marode Bank- und Versicherungssystem werden dagegen verpuffen. Die abgeschöpften Mittel durch den Dauer-Fonds zur Euro-Rettung sind nicht nur nutzlos zur Förderung der Volkswirtschaft in den Nehmerländern, sondern sie fehlen Deutschland bei der Finanzierung von Investitionen und bei der Nachfrage an den Gütermärkten. Durch die zur Rettung des Euro eingeleiteten Maßnahmen verliert Deutschland Kapital für die Weiterentwicklung der Realwirtschaft, und zwar irreversibel, endgültig. Aber nicht nur dadurch. Schon seit seiner Einführung schadet der Euro der deutschen Realwirtschaft. Vor der Einführung des Euro war Deutschland das europäische Land mit der niedrigsten Inflationsrate und dem stabilsten Wechselkurs und hatte – verglichen mit den anderen europäischen Staaten – stets ein besonders niedriges Zinsniveau. Das war ohne Frage ein Vorteil gegenüber anderen Ländern, denn deutsche Unternehmen konnten günstiger an Kapital kommen. Dies änderte sich schlagartig durch den Beitritt zur Währungsunion und dem damit zum 1. Januar 1999 für alle Euro-Staaten verfügten einheitlichen Notenbank-Zinssatz, durch den die Zinsdifferenz zum deutschen Kapitalmarkt verschwand. Für die Staaten mit den bis dahin hochverzinsten

weicheren Währungen ergab sich aus dem mit Einführung der Währungsunion für alle Euro-Staaten verfügten einheitlichen Notenbank-Zinssatz eine große Erleichterung. Der Zinsrückgang wirkte, wie das Beispiel Irlands zeigt, wie ein gewaltiges Konjunkturprogramm. Und genau das war ja ein erklärtes Ziel des Euro: All diesen Minderleistern die Kapitalkosten zu senken, damit sie per Zinssubvention, also Verbesserung ihrer Produktivität, zu den Kernländern‹ (Deutschland und einige Nachbarn) aufschließen konnten. Was keiner von ihnen tat – die Zinssubventionen erwiesen sich als reiner Kaufkrafttransfer, also als ›Konsumhilfe‹. Ich erinnere an den Fall Italien, das mit einer Staatsschuld von mehr als 100 % seines BIP in den Euro ging (erlaubt waren 60 %). Sein Zinssatz hierfür sank per Januar 1999 von 11 auf 5 %. Die Einsparung von 6 % betrug angesichts der Höhe der Staatsschuld schon im ersten Jahr 70 Mrd. € – und seither alle Jahre wieder.

 

In Deutschland gab es durch den einheitlichen Notenbank-Zinssatz keinen Konjunktur-Schub, da die deutschen Kreditnehmer seither höhere Zinsen als in der DM-Zeit zahlen. Dies mußte vergleichsweise negative Auswirkungen auf das deutsche Wirtschaftswachstum haben, und so blieben dann auch seine Wachstumsraten hinter den eigenen der DM-Zeit und hinter denen der meisten anderen europäischen Länder zurück. Seit Herbst 2000 verharrt die deutsche Volkswirtschaft in Stagnation. Die Volkswirtschaft hatte ihr Wachstum praktisch eingestellt. 2003 war das Wachstum bei minus 0,2 % angekommen. Im Durchschnitt der Jahre 1999 – 2010 liegt es bei nur 1,2 %. Für die deutsche Volkswirtschaft war die Auswirkung des einheitlichen Zinssatzes eine quasi über Nacht eintretende Belastung. Für Banken, die sich in größerem Umfang durch Ausgabe von Schuldverschreibungen am deutschen Kapitalmarkt refinanzieren, stieg 1999 der Zinsfuss um bis zu 2 % pro Jahr an, was viele von ihnen in Schwierigkeiten brachte, die sich ab 2007 im Rahmen der Weltfinanzkrise auswirkten. Makroökonomisch gesehen machte die plötzliche Mehrbelastung der deutschen Volkswirtschaft mit Zinsen sicherlich jährlich bis zu 4 % des  Sozialprodukts aus. Bei einem Sozialprodukt von 2.500 Milliarden € sind das 100 Milliarden € pro Jahr. Natürlich waren die Einsparungen der Euro-Weichwährungsländer unvergleichlich größer. Aber der Finanzmarkt, also die Verhaltensweise der kreditgebenden Banken, pendelte sich mit der ihm eigenen Gesetzmäßigkeit auf diesen für deutsche Kreditnehmer deutlich höheren Zinsfuß ein. Seit ich Anlass habe, das Kreditvolumen der deutschen Volkswirtschaft bei 5.000 Milliarden zu sehen, muss ich die Mehrbelastung (nominal rund 2 %) mit rund 4 % des BIP pro Jahr annehmen. Das ist aber nicht unsere einzige verdeckte Leistung an das Eurosystem. Einen weiteren Nachteil brachte die Einführung des Euro für die Realwirtschaft: Durch die Überschußabführungen an die EU erleidet Deutschland seit 1999 erhebliche Einbußen. 2008 erzielte Deutschland einen Außenhandelsüberschuss von 176,2 Milliarden €. Im gleichen Jahr wurde an die EU die Summe von 18,9 Milliarden € überwiesen. Zwar erhielt Deutschland im Rahmen des EU-Budgets auch wieder Geld aus Brüssel zurück, doch es versickerten immer noch Milliarden im Haushalt der EU. Die Überschüsse kommen deshalb nicht wie zu DM-Zeiten dem deutschen Staat beziehungsweise  seiner Volkswirtschaft zugute, sondern sie werden heute mit den Negativsalden der EU-Partnerländer verrechnet. Somit schenkt Deutschland seine im Außenhandel erzielten Überschüsse den Ländern, die es bis heute nicht geschafft haben, Überschüsse im Außenhandel zu erzielen. Deutschland bezahlt ihnen über die EZB ihre ungedeckten Importe, was jährlich nochmals 6 % unseres BIP oder 150 Milliarden € ausmacht. Somit findet ein Wohlstandstransfer in Milliardenhöhe zu unseren Ungunsten statt. Im Budget hat Deutschland von 2000 bis 2010 netto bereits rund 70 Milliarden € an Brüssel überwiesen. Und es werden weiterhin Steuergelder nach Brüssel transferiert – trotz der desolaten Lage der öffentlichen Haushalte. Die europäische Gemeinschaftswährung hat Deutschland bislang mehr als 2.500 Milliarden gekostet.  Zum Vergleich: Die Kosten für  den Wiederaufbau nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe in Japan könnten nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor’s bei ca. 400 Milliarden Euro liegen. Während die Medien jedoch täglich über Fukushima berichteten, liest man wenig über den Super-Gau Euro, obwohl dessen Schaden für uns Deutsche ein Vielfaches von Fukushima  beträgt. Zwar werden die Rettungsschirme, die seit einem Jahr Blitze über Europa werfen, als Schaden wahrgenommen. Aber niemand erwähnt die eigentlichen Euro-Schäden für Deutschland, die sich seit dessen Einführung ereignen – alle Jahre wieder.

 

Im Übrigen habe ich erstmals diesen Vergleich gezogen. Schnell wurde er Mitte des Jahres 2011 von den Medien aufgenommen, weil er so wunderbar anschaulich ist und weil wir mit Blick auf den Euro in der Tat von einemSuper-Gau sprechen müssen. Das Geld, das an die EU überwiesen wird, fehlt natürlich für öffentliche und private Investitionen in Deutschland. Deshalb mehren sich die Schlaglöcher in unseren Straßen, mindern sich die kommunalen Dienstleistungen und verteuert sich das Reisen mit der Staatsbahn. Wie ein Blick in die Statistik beweist, sind seit Mitte der 1990er Jahre die Investitionsanteile am BIP tendenziell rückläufig. Bei den öffentlichen Investitionen ist die Nettoinvestitionsquote sogar negativ. Deutschland hat unter allen Euroländern seit Einführung des Euro die schwächste Nettoinvestitionsquote und das zweitniedrigste Wachstum. Und auch der Produktionsindex zur Messung der monatlichen Leistung des produzierenden Gewerbes in Deutschland, der als zeitnaher und wichtiger Indikator für die konjunkturelle Entwicklung dient,  zeugt von Stagnation. Die schwache Investitionsquote ist auch ein Ergebnis des durch den Euro geschaffenen gemeinsamen Kapitalmarkts, in dessen Folge seit 2002 zwei Drittel der deutschen Ersparnisse ins Ausland gebracht wurden und zu Hause für Investitionen nicht mehr zur Verfügung standen. Ich sagte schon: So wird das Guthaben aus unseren Export-Überschüssen (derzeit rund 6 % unseres BIP) an die EZB verschenkt, damit diese die Defizite anderer Euro-Länder daraus bezahlen kann. Allein dies macht jenseits aller Rettungsschirme jährlich rund 150 Milliarden € aus. Letztlich bezahlen immer die Realwirtschaft und die Bürger die Zeche derartiger Währungs- und Finanzabenteuer. Während Angela Merkel den Rettungsschirm preist, üben die Berater des Finanzministers in einem Brief scharfe Kritik an dem neuen  dauerhaften Rettungsschirm ab 2013. Die Vereinbarungen seien besorgniserregend, zitiert Der Spiegel aus dem Schreiben des Wissenschaftlichen Beirats im Finanzministerium. Für die 31 Ökonomen verfestigt der europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) die Fehlsteuerung in der Finanzpolitik und auf den Kapitalmärkten, weil Pleiteländer Hilfe von finanziell gesunden bekommen. Das nehme der Politik Anreize, Verschuldungs- und Finanzkrisen vorzubeugen. Der EMS drohe die Entwicklung der Eurozone zu beeinträchtigen und Deutschland sowie andere Geberländer zu überfordern.

 

Die deutsche Politik ficht diese warnenden Worte indes nicht an: Außenminister

Westerwelle kann keine Krise des Euro erkennen. Er mahnte stattdessen zur dauerhaften

Stabilisierung des Euro eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitglieder an. Jedes europäische Land müsse sich bemühen, seine Realwirtschaft so wettbewerbsfähig zu erhalten, dass der Euro nicht leidet. Doch der Euro verhindert ja gerade die Wettbewerbsfähigkeit der Euroländer. [Man muss sich hier zwangsläufig fragen, ob Westerwelle von den gesamten Vorgängen überhaupt etwas begriffen hat; Anmerk. von politonline]

 

Deshalb ist eine Rückkehr zum Vor-Euro-Status des Europäischen Währungssystems notwendig. Deutschland muss eine Revision der EU fordern. Für den deutschen Bürger liegt die ultimative Verantwortung beim gewählten Bundestag, und dieser muß aufhören, sich ihr zu entziehen. Schließlich ist die deutsche Volkswirtschaft bereits durch die ersten 12 Euro-Jahre schwer geschädigt – in der Summe sind es mittlerweile sicher 2.500 Milliarden € oder das deutsche BIP eines Jahres. Jetzt kommen die Leistungen aus den verschiedenen Rettungsschirmen dazu. Die deutsche Politik steht umso stärker unter Handlungszwang, als sie uns Bürgern mit Atomausstieg und Klimaschutz-Strategien weitere schwere Lasten aufbürdet.

 

Finanzsektor wächst

Während man für die Realwirtschaft der Eurozone nicht von einem nennenswerten Wachstum sprechen kann, ist der Finanzsektor in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen. Die Gewinne der Unternehmen dieser Branche haben stark zugenommen, so dass sie ihren Managern riesige Boni ausschütten konnten. Möglich wurden die enormen Gewinne des Finanzsektors vor allem durch das Versagen der staatlichen Aufsicht. Darüber hinaus hat sich das Wachstum der Finanzmärkte aber auch durch den mit der Einführung des Euro verbundenen Wegfall von Währungsbarrieren verstärkt. Durch den Euro entstand einer der größten Finanzmärkte der Welt, der umfassendere Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten bietet, als es die nationalen Märkte könnten. Das Zusammenwachsen der Märkte im Rahmen der Deregulierung hat zu einer Veränderung der Finanzströme geführt. In der Vergangenheit waren die Anlage- und Finanzmärkte weitgehend national segmentiert; nun ermöglicht die Deregulierung eine Konzentration der Geschäfte auf die profitabelsten und kostengünstigsten Märkte. Die zur Verfügung stehenden Mittel fließen nun dorthin, wo sie den effizientesten Einsatz versprechen. Dabei ermöglicht die größere Liquidität des europäischen Marktes Finanzierungen in Größenordnungen, die früher undenkbar waren.

 

Die Geldvermögensanlage wächst deshalb in Europa schneller als die Rate der Realinvestitionen. Es ist zu einer Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Finanz- und Realwirtschaft gekommen. Die Finanzwirtschaft hat sich im vermeintlichen Interesse der Anleger in den vergangenen Jahren fast vollständig von der Realwirtschaft abgekoppelt. Inzwischen gibt es zu viele und zu große Banken – Wertpapierhandelsfabriken, die die Realwirtschaft nicht unterstützen. Zwar brauchen moderne Volkswirtschaften entwickelte Kapitalmärkte, um das Geld der Sparer zu bündeln und denen zukommen zu lassen, die Investitionsideen haben. Banken sind Finanzintermediäre – die Brücke zwischen Kapitalangebot und Realwirtschaft. Die Krise hat aber gezeigt, dass die Brücke ins Nichts führen kann, wenn sich der Finanzsektor von der Realwirtschaft  entkoppelt. Die Profitziele der Finanzinstitute sind durch die Entwicklung der realen Wirtschaft nicht mehr gedeckt. Die Investitionsanreize für Anleger in die Realwirtschaft werden gemindert, woraus eine starke Instabilität des gesamten Wirtschaftssystems resultiert. Während die Profite bei ca. 15 % und im Fall der Deutschen Bank gar bei 25 % lagen, stürzte die Realwirtschaft ab – 2009 war hier ein Minus von ca. 6 % zu verzeichnen. In Deutschland und in anderen Industrienationen wurden die wachsenden Profite in die Spekulation gepumpt, zu sagenhaften Reichtümern auf dem Papier aufgeblasen. Grundsätzlich gibt es viel zuviel Papiergeld auf dieser Welt. (…), dabei bräuchten wir nur eine begrenzte Menge, die nötig wäre, um die Realwirtschaft zu finanzieren. Eine Folge des Ansteigens der Geldflut: der Verwertungsdruck der Geldmassen nimmt zu. Sie strömen auf der Suche nach möglichst hohen Zinsen und Renditen via Banken und Fonds in schwächere EU-Länder wie Griechenland, Portugal, Irland und Spanien, spekulieren mit Kredit-Ausfallversicherungen wie Credit Default Swaps (CDS) und anderen finanziellen Massenvernichtungswaffen (Warren Buffett) auf die Pleite ganzer Staaten. Sie verdienen dann prächtig an neuen Staatsanleihen, deren Renditen doppelt und dreifach so hoch sind wie bei deutschen Bundesanleihen. Das höhere Risiko lassen sie sich über Rettungsschirme auf Kosten der europäischen Steuerzahler absichern. Und in Deutschland profitieren sie von der rasant zunehmenden Staatsverschuldung, die durch die Bankenrettungs-Pakete und die Euro-Rettungsschirme verursacht wird. Doch die Rettungspakete helfen weder den Menschen noch den Volkswirtschaften der betroffenen Staaten, sondern nur den Banken. »Der Ministerpräsident nimmt das Geld an der Vorderpforte und gibt es an der Hinterpforte den Banken. Und die freuen sich, dass sie den ganzen Wert der Staatsanleihen bekommen, obwohl sie nur 80 % vom Preis bezahlt haben.« Am Ende sind für die meisten Länder nicht etwa enorme Staatsschulden das größte Problem, sondern die Bankschulden.

 

Neben der Neuverschuldung müssen die Euro-Krisenländer Spanien, Irland, Portugal, Italien und Griechenland auch noch einen Teil ihrer vorhandenen Staatsschuld regelmäßig refinanzieren, d. h. auslaufende Staatschuldpapiere auszahlen und dafür frische Kredite aufnehmen. Nach Schätzungen des Informationsdienstes Bloomberg müssen die genannten Länder allein dieses Jahr insgesamt 176 Milliarden € refinanzieren. Für die nächsten 5 Jahre beläuft sich ihr Refinanzierungsbedarf für auslaufende Staatsanleihen und fällige Zinsen auf insgesamt 927 Mrd. €. Die verheerende Staatsschuldenkrise gibt frühen Euro-Kritikern wie Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl A. Schachtschneider und Joachim Starbatty recht: Es sind die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Euro-Ländern, die die gemeinsame Währung jetzt in eine tiefe Krise stürzen. Nun rächt sich, dass Länder wie Griechenland mit schwacher Währung und schwacher Wirtschaft den Euro bekamen. Aus der Währungsunion wurde eine Haftungs- und Schuldengemeinschaft. Wissentlich wird gegen die Maastrichter No bailout-Klausel, nach der ein Mitgliedsland einem anderen nicht finanziell helfen darf, verstoßen. Nach Artikel 125, Absatz 1 AEUV haftet die Europäische Union (Satz 1) und haftet ein Mitgliedstaat (Satz 2) nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt sie/er nicht für derartige Verbindlichkeiten ein. Helfen könnte nur noch der Austritt von Griechenland und den anderen Krisenstaaten aus der Eurozone. Die betroffenen Länder würden die alten Währungen einführen, im Verhältnis eins zu eins zum Euro, dann können sie alle Preislisten und Lohnkontrakte behalten. Gleichzeitig müßte die neue Währung abwerten.

 

Doch EU-Kommissionspräsident Barroso und die deutsche Kanzlerin bestehen weiterhin darauf, dass der Euro in der bisherigen Form erhalten bleiben müsse – koste es was es wolle. Tatsächlich werden diese Kosten sehr hoch sein, jedenfalls für Deutschland, und zwar nicht nur wegen der riesigen Transferzahlungen für Griechenland, Irland und Portugal, sondern auch, weil die Ungleichgewichte bestehen bleiben, was zu immer neuen Krisen führen wird. Die Bemühungen, Griechenland, Irland und nun Portugal aus der Klemme zu helfen wird die Zunahme der Schulden in ganz Europa bewirken – letztlich werden alle Staaten Probleme bekommen. Es ist außerdem abzusehen, dass sich die Menschen in den Krisenstaaten gegen die Sparpolitik immer mehr auflehnen werden und auch die Menschen in Deutschland werden sich bis zur nächsten Bundestagswahl nicht mehr von der Transferunion und Gefährdung der Kaufkraft unserer Währung ablenken lassen. Ließe man heute deutsche, französische oder holländische Wähler darüber abstimmen, was sie von der Griechenlandhilfe, dem Portugal-Rettungsschirm oder der ständigen Transfer-Union ab 2013 halten, wäre das Ganze wohl schon Geschichte: Europa würde abgewählt werden.

 

Auch wenn es Barroso, Merkel & Co. noch nicht wahrhaben wollen: Das Euro-Experiment ist gescheitert, und je länger daran herumgeflickt wird, umso schlimmer wird es! In anderen Worten: Andere Euro-Staaten verzehren das deutsche Saatkorn, Jahr für Jahr. Also ist es nur noch eine Frage der Zeit, dass Deutschland endgültig in die Knie geht – auch politisch. Dann wäre nach der Weimarer Republik (1933) auch der Versuch der zweiten deutschen Republik gescheitert – gescheitert an der politischen Intransigenz gewisser politischer Freunde.

 

 

[1]  http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M573dac2a714.0.html

6. 11. 11   Diktatur auf leisen Sohlen  -  Von Wilhelm Hankel

Alle Hervorhebungen durch politonline

Siehe auch

http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1864   9. 1. 2012

Das Euro-Dogma  -  Von Luz Radtke