Palästina - Der »Tag des Bodens«

d.a. Bekanntlich hatte der UNO-Menschenrechtsrat in Genf am 22. März eine Resolution eingebracht, die sich kritisch mit Israels Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten beschäftigt.

Mit 36 Ja-Stimmen bei 1 Gegenstimme der USA und 10 Enthaltungen war festgelegt worden, die Auswirkungen der international umstrittenen Siedlungspolitik Israels auf die Palästinenser im Westjordanland und im arabischen Ostteil Jerusalems zu untersuchen. Im Gegensatz zu früher war dieses Mal eine Fact Finding Mission beschlossen worden, die Israel vehement ablehnt. Israel hatte bereits am 25. 3. angekündigt, den Mitgliedern der Untersuchungskommission die Einreise zu verweigern; man muss sich hier vor Augen halten, dass Israel hingegen fordert, dass der Iran seine Atomanlagen von internationalen Experten untersuchen lässt. Auf Grund des Stimmverhaltens Österreichs, dessen Vertreter für die Resolution stimmte, war der österreichische Botschafter in Israel, Franz-Josef Kuglitsch, Anfang der Woche vom 26. März  vorgeladen worden und bekam so die Verärgerung der israelischen Regierung über Österreichs Haltung zu spüren. Wie Die Presse berichtete [1], ist Israels Botschafter in Österreich, Aviv Shir-On, tief enttäuscht. Es schmerzt sehr, dass Österreich da mitmacht. Österreich nehme in letzter Zeit gegenüber Israel keine ausgewogene Position mehr ein. Das habe sich schon im Herbst gezeigt, als Wien der Vollmitgliedschaft der Palästinenser in der UNESCO zugestimmt habe, sagte Shir-On der Presse. Es sei ihm völlig unverständlich, warum Österreich im Gegensatz zu Deutschland keine Solidarität mit Israel zeige. Er betrachtet die Resolution als anti-israelisch und rein politisch motiviert. Lediglich zwei EU-Länder stimmten für die Resolution, nämlich Belgien und Österreich, womit sie sich laut Shir-On außerhalb des europäischen Konsenses stellten. Mit Ja stimmten ferner die Schweiz und Norwegen. Auch deren Botschafter wurden einbestellt. Der Stimme enthalten hatten sich Italien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Polen und Rumänien. Zu den Ländern, die die Resolution gemeinsam mit arabischen und islamischen Staaten eingebracht haben, zählen Griechenland, Portugal, Malta, Luxemburg, Irland, Finnland und Schweden. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, seinerseits kritisierte  Österreichs Stimmverhalten als unerhört: Er wünscht sich ein neutrales Vorgehen Wiens bei Nahost-Themen. [2]  Nun ist die Siedlungspolitik Israels ein seit langem debattierter Punkt. Gäbe man einer regelrechten Forderung wie die eines neutralen Verhaltens statt, müsste man sich aus dem Gremium zurückziehen, denn dies käme dem Verbot des Aussprechens der eigenen Meinung gleich. »Deutsch, seit Februar 2012 im Amt, sieht«, ähnlich wie Shir-On, »eine unheilvolle Kontinuität am Werk, da Wien schon für die Aufnahme der Palästinenser, die noch kein Staat sind, in die UNESCO gestimmt hat.«

 

Inzwischen hat Israel die Kooperation mit der Genfer Organisation eingestellt. Der Sprecher des Aussenministeriums in Jerusalem bestätigte diese Entscheidung am 26. 3. Israel habe beschlossen, »alle Arbeitsbeziehungen zum UNO-Menschenrechtsrat abzubrechen, weil der Rat keine konstruktiven Verbindungen mit dem Land unterhält« und Aussenminister Avigdor Lieberman bestätigte das verhängte Einreiseverbot wurde. Was nun den Fakt betrifft, dass die Palästinenser noch keinen Staat bilden, so gilt der Ausbau von israelischen Siedlungen in den 1967 im Sechs-Tage-Krieg besetzten Palästinensergebieten beispielsweise aus Sicht der EU als eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung. Hingegen haben die Palästinenser die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen unter anderem von einem Siedlungsstopp abhängig gemacht. Israel lehnt jedoch alle Vorbedingungen ab und will strittige Fragen wie die Siedlungen nur in direkten Verhandlungen erörtern. Berichten zufolge [3] erwägt Israel auch »Strafmassnahmen« gegen die Palästinenser. Zur Diskussion stehe, »Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe erneut einzubehalten und nicht an die Autonomiebehörde in Ramallah weiterzuleiten.« Wie nun am 20. 3. bekannt wurde, stellt die EU den Palästinensern jetzt 35 Millionen Euro zur Verfügung, die ein Teil der 300 Millionen Euro starken Hilfsgelder sind, welche die EU Palästina für 2012 zugesagt hat. Das Geld soll in eine Wasseraufbereitungsanlage in der West Bank und in die Modernisierung eines Grenzübergangs zwischen Israel und dem Gazastreifen fliessen. »Mit dieser Investition wird die EU erheblich zur Verbesserung der Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung beitragen«, erklärte die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton.

 

Die Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern sowie die zahllosen damit verbundenen Zerstörungen haben den EU-Steuerzahler bislang Milliarden gekostet. Dies ist nicht der einzige Fall, der uns zwingt, unausgesetzt für den Wiederaufbau sinnloser Destruktionen zu arbeiten, was zur Zementierung der Verschuldung beiträgt, ohne dass die Möglichkeit gegeben ist, sich gegen diese Zahlungen zu wehren.

 

»Der jetzt anläßlich des Tags des Bodens am 30. März unternommene globale Marsch nach Jerusalem erinnert an den Tag, an dem sich die Palästinenser im Kernland Israel gegen die Enteignung und Beraubung ihres Landes erhoben haben. Er wird sei 1976 als Tag der Verteidigung ihres Landes gegen Landraub und Enteignung durch den israelischen Staat begangen. Dadurch soll darauf aufmerksam gemacht werden, was sich zur Zeit in Jerusalem abspielt. Die Palästinenser werden aus ihren Häusern und von ihren Ländereien vertrieben. Die Enteignung und Judaisierung von Jerusalem hat Methode. Es soll kein Palästinenser mehr verbleiben, es werden alle möglichen Maßnahmen ergriffen, die dazu führen, alle Palästinenser aus ihrer Hauptstadt zu verjagen. Um der Welt die Mißachtung der Menschenrechte seitens des israelischen Staats zu zeigen, um das Gewissen der Menschen auf dieser unser aller Erde wachzurütteln, um Druck auf Israel auszuüben, um ein Ende der Besatzung herbeizuführen, haben die Initiatoren des Globalen Marsches nach Jerusalem alle Menschen dazu aufgerufen, nach Palästina, Kairo, Beirut oder Amman zu fliegen, um durch ihre Solidarität den Kampf des palästinensischen Volkes für seine Freiheit zu unterstützen und auf die rechtswidrigen Machenschaften des israelischen Machtapparates aufmerksam zu  machen. Evelyn Hecht-Galinski, die Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, hat hierzu folgendes erklärt: Als deutsche Jüdin unterstütze ich den Globalen Marsch nach Jerusalem aus Solidarität mit dem besetzten und unterdrückten palästinensischen Volk. Seit über 60 Jahren hat Israel als jüdischer Staat die Rechte der Palästinenser mit Füßen getreten, sie vertrieben, enteignet und ihre Existenz vernichtet, die Nakba verleugnet und das Rückkehrrecht der Vertriebenen nicht anerkannt. Als Staat ohne Grenzen und Verfassung wird Jerusalem systematisch judaisiert. Daher sollte es unser aller Pflicht sein, diesen Marsch zu unterstützen, als moralischer Akt gegen das von Israel unter den Augen der Weltgemeinschaft begangenen Unrechts. Diese ethnische Säuberung muß gestoppt werden. Das Leid der Palästinenser darf nicht vergessen werden. Ebenso müssen wir die Eingeschlossenen und Unterdrückten in Gaza in diesen Marsch einbeziehen. Nur gemeinsam sind wir stark.«  [4] 

 

Der nachfolgende Auszug aus einem der Kommentare vom Hochblauen im hinteren Kandertal von Frau Hecht-Galinski trägt die Überschrift »Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision!«

 

Nach den schrecklichen Anschlägen eines Einzeltäters in Toulouse kommen die durch nichts zu belegenden Aussagen israelischer und jüdischer Organisationen. Immerhin einmal hörte ich im DLF von dessen dort wiedergegebenen Äußerung der Polizei gegenüber, daß er die jüdische Schule nur aus Versehen angegriffen habe, es aber eigentlich nur auf Soldaten und Polizisten abgesehen hätte, die den französischen Staat repräsentieren, der am Afghanistan-Einsatz beteiligt ist. Also darf man sehr infrage stellen, ob der Täter tatsächlich antisemitische Motive hatte. Als die ersten drei Opfer, Soldaten, deren Familien aus Nordafrika stammen, ermordet wurden, hielt sich die Erregung noch in Grenzen. Als aber die jüdischen Kinder und der jüdische Lehrer ermordet wurden, war die Trauer grenzenlos. Nicht, daß Sie mich falsch verstehen: diese Morde, besonders an den Kindern, sind grausam und schrecklich und durch nichts zu rechtfertigen. Aber wenn Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte, in einer öffentlichen Rede in Brüssel eine Verbindung zu dem Sterben unschuldiger Kinder - auch an anderen Orten, wie in Gaza -  zieht, dann kommt sofort die Antwort der israelischen Regierung. Ministerpräsident Netanjahu und Verteidigungsminister Barak  - gerade in Deutschland wegen Iran-Angriff, U-Booten und Waffeneinkauf, sowie auf Verkaufstour -  nannten den Vergleich empörend. Warum eigentlich? Empörend ist es, wenn Netanjahu die Geschehnisse in Toulouse als Massaker bezeichnet, die Militäraktionen in Gaza aber als Verteidigung gegen Terroristen, die sich hinter Kindern versteckten, unwahr beschönigt. Beides sind Massaker, es gibt nur einen Unterschied: die israelischen Massaker an Kindern finden unter Billigung der Weltöffentlichkeit statt! Und Kriegsminister Barak ergänzte noch, die israelische Armee handele in Gaza mit großer Vorsicht und Präzision. Die Wortschöpfungen der israelischen Propaganda-Industrie sind immer wieder bewundernswert. Empörend ist es auch, wenn der Grünen-Abgeordnete des deutschen Bundestags, Volker Beck, der es sich übrigens auch nicht nehmen ließ, auf dem Israel-Kongreß (ILI) 2010 zu sprechen und dort die israelische Siedlungspolitik schönredete, Catherine Ashton antisemitischer Reflexe bezichtigt, weil sie angesichts der toten jüdischen Kinder von Toulouse auch daran dachte und daran erinnerte, daß Kinder in Gaza sterben. SPD-Chef Gabriel hingegen wurde sofort angegriffen, als er nach seinem Hebron-Besuch die Situation der Palästinenser als rechtsfreien Raum bezeichnete und den Satz sagte: »Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.« Die Angriffe gegen ihn kamen von allen Seiten und den üblichen Protagonisten, von Graumann bis zum Jüdischen Weltkongreß und von Maram Stern, der schon in einer Außenansicht der Süddeutschen Zeitung die Palästinenser als selbst schuld an ihrem Unglück bezeichnet hatte. Oder vom American Jewish Commmittee und Direktorin Deidre Berger, die Israel delegitimitiert sieht und als den Friedensprozeß nicht voranbringend bezeichnet (welchen Friedensprozeß?). Neben Philipp Mißfelder, der der SPD empfahl, ihre Außenpolitik gegenüber Israel zu überdenken, forderte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe Gabriel auf, sich »für seinen verbalen Totalausfall schnellstmöglich zu entschuldigen«. Dieser wird nach solcher Kritik seine Aussagen sicher relativieren, vor allem angesichts der Bedrohung des jüdischen Staates und als treuer Freund Israels. Hatte er doch gegenüber Netanjahu noch eine ganz gewählte Wortwahl betrieben und die Siedlungspolitik nur »mit Befremden aufgenommen«.

 

Anläßlich des Begräbnisses der jüdischen Opfer von Toulouse, die interessanterweise direkt nach Jerusalem geflogen wurden, weil gläubige Juden nur im Heiligen Landbeerdigt werden möchten, um als erste den noch zu erwartenden Messias zu erleben, ließ es sich Außenminister Juppé nicht nehmen, die Särge in der El Al Maschine zu begleiten und auf der Beerdigung zu sprechen. Ist jemals ein europäischer Politiker nach Gaza, oder in die besetzten Gebiete geflogen, um ermordete Palästinenser zu betrauern? Zentralrats-Präsident Graumann zeigte sich zutiefst schockiert und konnte seine Trauer über die getöteten Kinder kaum in Worte fassen. Worte des Verständnisses hingegen findet er immer, wenn die israelische Armee sich und den jüdischen Staat verteidigt und dabei unschuldige palästinensische Kinder getötet werden. Auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, weinte wie alle Juden auf der Welt und bezeichnete den Angriff von Toulouse als einen Angriff gegen Juden in aller Welt. Auch ihn habe ich niemals ein Wort des Bedauerns sagen hören, wenn die israelische Armee unschuldige palästinensische Kinder tötete. Und wer regt sich schon auf, wenn in Afghanistan, oder Pakistan, oder in anderen Kriegsgebieten – zum Teil auch mit unserer Mithilfe – Massaker unter der Zivilbevölkerung angerichtet werden und unschuldige Menschen, Frauen und Kinder sterben? Wann sind deutsche Politiker schon einmal auch wegen durch deutsche Soldaten verursachten Massakern nach Afghanistan zur Beerdigung der Opfer geflogen? Nein, wir besuchen zwar die Truppen, um sie zum Durchhalten und Weitermachen zu motivieren, und wir setzen israelische, geleaste Heron-Drohnen in Afghanistan ein, aber Morde werden immer nur untersucht und das war’s dann. Amokschützen haben Gedächtnislücken und werden schnell außer Landes gebracht. Siehe Oberst Klein, der ja nach seinem Massaker-Befehl noch von oberster deutscher Stelle gestützt wurde.

 

Interessant war es, daß bestimmte Medien und der Korrespondent der ARD, die jede Empathie gegenüber ermordeten palästinensischen Kindern vermissen lassen, die Worte des Knesset-Parlamentspräsidenten Reuven Rivlin so selbstverständlich wiedergaben. Zitat: »Das jüdische Volk in Israel und der Diaspora sieht sich wilden Tieren gegenüber, die unersättlich von Haß getrieben werden.« Dazu passen Sätze von Theodor Herzl aus seinem Buch Der Judenstaat, Kapitel Der Plan: »Kämen wir beispielsweise in die Lage, ein Land voll wilder Tiere zu säubern, würden wir es nicht in der Art der Europäer aus dem 5. Jahrhundert tun. Wir würden nicht einzeln mit Speer und Lanze gegen Bären ausziehen, sondern eine große fröhliche Jagd veranstalten, die Bestien zusammentreiben und eine Melinit-Bombe unter sie werfen«. Soviel zu zionistischen Vorläufern des jüdischen Staates und wilden Tieren. Merke: Der jüdische Staat mordet »chirurgisch präzise um sich zu verteidigen«. Im Umkehrschluß morden die wilden Tiere - wen meint Rivlin damit wohl? Palästinenser, Muslime (?) -  nur aus blindem Haß. In israelischen Medien las man nach dem Bekanntwerden des Massakers von Toulouse sofort, die Antisemiten in Europa, der Kontinent des Holocaust, haben nichts aus ihrer Vergangenheit gelernt. Solche Aussagen plus die Aufforderungen israelischer Politiker an Diaspora-Juden, in das Heilige Land zurückzukehren, sollen natürlich die Auswanderungswellen beflügeln. Haben doch amerikanische Millionärs- und Milliardärsjuden schon viele Luxuswohnungen in Jerusalem aufgekauft, um damit den Anspruch des jüdischen Staates auf das ungeteilte Jerusalem für immer zu zementieren.  [5]

 

In einem Interview mit dem im Muslim Markterschienenen Interview erklärt die Autorin u.a.:

»Meinem Vater wäre es als deutscher Jude und Ehrenbürger von Berlin niemals in den Sinn gekommen, in Israel beerdigt zu werden. Er brauchte auch nicht ständig zu betonen, daß er ein deutscher Jude sei, er war es! Er war als säkularer Jude, in guter deutsch/jüdischer Tradition ein gut in das Berliner Leben integrierter Mensch, gerade auch in diesem Sinne wuchs ich auf. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin war sein Leben und er leitete sie 43 Jahre lang, bis zu dem Tag, als er zu einer Bypass-Operation ins Krankenhaus ging und dort fünf Wochen später verstarb. Gut, daß er es nicht mehr erleben mußte, was seine vielen Nachfolger aus dieser Gemeinde gemacht haben. Ein Skandal reiht sich an den anderen, es ist eine Schande! Wir lebten nie auf gepackten Koffern, wie viele, gerade auch Ostjuden, die nach ihrer Befreiung in Berlin oder Deutschland mehr oder minder gestrandet waren. Mein Vater hatte es sich nach seiner Befreiung aus den Konzentrationslagern als Lebensaufgabe gestellt, wieder jüdisches Leben in Berlin und Deutschland aufzubauen. Dies ist ihm auch gelungen, ohne ständig das Sprachrohr der israelischen Regierung zu sein, oder deren deutsche Vertretung zu spielen. Im Gegenteil, der spätere Ministerpräsident Begin (ehemals Irgun) wollte ihm, als in Deutschland lebendem Juden, nicht einmal die Hand geben. Daraufhin zeigte ihm mein Vater wortlos seine tätowierte KZ Nummer. Andere israelische Politiker nahmen es meinem Vater übel, daß er die russischen Kontingent-Flüchtlinge mit einem unter Altkanzler Kohl mit der damaligen Regierung geschlossenen Abkommen nach Deutschland holte, da er der Meinung war, daß jeder verfolgte Jude sich dort niederlassen sollte, wo und wie er es möchte. Israel aber wollte, wie heute auch wieder, daß alle Juden nach Israel heimkehrensollten. Vielleicht hat der damalige Kanzler Kohl bei dem Staatsbegräbnis für meinen Vater 1992, diesen deshalb als deutschen Patrioten bezeichnet. In diesem Jahr würde mein Vater 100 Jahre alt werden, ich bin gespannt, was sich Berlin und der deutsche Staat für seinen Ehrenbürger einfallen lassen«. Auf die Frage, welches Argument am wirkungsvollsten sei, um in Deutschland zu erklären, daß Antizionismus nicht gleich Antisemitismus ist, antwortete Frau Hecht-Galinski: »Für mich, da ich mich als Anti-Zionistin bezeichne, ist Zionismus seit der Gründung des israelischen Staates ein Landraub und Vertreibung und Mißachtung der nativen Ureinwohner. Man muß sich nur mit der Geschichte des Zionismus und seiner Ur-Väter und Schriften befassen - Theodor  Herzl (der Judenstaat), Ben Gurion, Golda Meir und allen anderen folgenden Politikern. Ich empfehle dazu immer das Buch von Prof. Ilan Pappe: Die ethnische Säuberung Palästinas. Zionismus heißt eigentlich, daß man im Land Israel wohnt. Aber interessanterweise haben wir die glühenden Zionisten in der Diaspora, die andere Juden dafür bezahlen, daß sie im jüdischen Staat siedeln und die Stellung halten. Gleichfalls die christlichen Zionisten: diese sind die Steigerung und unterstützen die Verbrechen, die Israel gegenüber den Palästinensern begeht, gnadenlos. Ein Beispiel: Einer der US-Präsidentschaftskandidaten, nämlich Newt Gingrich, bezeichnet die Palästinenser als erfundenesVolk. Ich frage mich, wer hat dann die US-Amerikaner erfunden, die Indianer etwa? Sehr gefährlich in diesem Zusammenhang ist auch die immer stärker werdende Stimme der Siedler und Fanatiker-Rabbiner, die die Palästinenser töten wollen, auch ihr Vieh und ihre Babys. Das alles im mißbrauchten Namen des von Gott auserwählten Volkes Israel. Zionismus heißt auch ein Staat, der bis heute keine Grenzen hat und der auch noch keine Verfassung hat. Das ist Zionismus wie er sich heute auswirkt, ein System des Unrechts.  Antisemitismus ist eine schlimme Sache und zeugt von großer Dummheit und Rassismus. Durch die ständige Vermischung der Begriffe Antisemitismus und Antizionismus versucht die Israel-Lobby die Kritik an der israelischen Politik unmöglich zu machen. In Deutschland gelingt es leider wegen der unsäglichen Vergangenheit, diese auch gerade in der Öffentlichkeit zu unterbinden. Das halte ich für falsch und gefährlich, da damit der wirkliche Antisemitismus zu einer Floskel wird und durch den inflationären Gebrauch gegen alles und jeden schon fast lächerlich wirkt. Ich lasse mich durch diese unlautere Vermischung nicht einschüchtern und hoffe durch meine Artikel auch anderen deutschen Bürgern mehr Mut für ihre Zivilcourage mitzugeben.«  

 

»Das im Palmyra Verlag erschienene Buch von Frau Hecht-Galinski Das elfte Gebot, Israel darf alles - dieses hat die Autorien vor wenigen Tagen auf der Leipziger Messe vorgestellt -  wirft die Frage auf, warum Deutschland so uneingeschränkt jedes Verbrechen Israels sowohl moralisch als auch durch massive Waffenverkäufe und zuweilen Waffengeschenke mitträgt.« Die Antwort: »In der Tat, das ist schon erstaunlich, weil es sich in den letzten Jahren in noch schlimmerer Weise entwickelt hat, als ich es mir je vorstellen können hätte. Der Austausch und die uneingeschränkte Solidarität mit Israel war ja seit eh und je sehr eng und zog sich durch Parteien, Verbände, Gewerkschaften, Kirchen und Politik. Im Falle Israels wurde im Namen der Vergangenheit jedes Unrecht an den Palästinensern kritiklos hingenommen. Das beschreiben die vielen Kommentare in meinem Buch. Es wird die traurige Wirklichkeit beschrieben. Diese Gehirnwäsche trägt jetzt auch insofern Früchte, als daß die heutige Jugend gegenüber der israelischen Politik fast noch kritikloser ist. Aber eine ganz neue Dimension hat die Rede von Kanzlerin Merkel vor der Knesset eröffnet. Da hat sie sich nämlich über alles hinweggesetzt, was unser Grundgesetz uns lehrt, und hat die Sicherheit Israels eben einmal, so nebenbei, zur deutschen Staatsräson erklärt. Dafür bekommt Israel dann mit Atomwaffen bestückbare U-Boote, oder andere schöne Waffen, die wir eigentlich gar nicht in Krisengebiete liefern dürfen. Aber Israel ist kein Krisengebiet, es bedroht andere Länder nur zum Zwecke der Selbstverteidigung! Nach diesem Versprechen und Aushöhlung des Grundgesetzes, bleibt den deutschen Politikern nur die Hoffnung, und die stirbt ja bekanntlich zuletzt, daß Israel nicht den Iran angreift, damit dieser keine Atomwaffen bauen kann, die Israel ja schon hat und mit keinem anderen teilen will. Denn dann, ja dann, sind wir in der Klemme, dann müssen wir laut unserer Staatsräson dem armen, kleinen (von wem eigentlich) bedrohten Israel bei seiner Selbstverteidigung helfen, um es vor einem neuen Holocaust zu bewahren. Die Wahrheit ist, nicht der Iran bedroht Israel, sondern umgekehrt. Der Iran hat schon seit Jahrhunderten keinen Krieg begonnen, wurde aber selbst angegriffen. Kann man es da nicht verstehen, daß er dann auch nach Atomwaffen strebt, um sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen? Lassen Sie mich ganz klar feststellen, ich bin prinzipiell gegen Atomwaffen und gegen Aufrüstung, aber entweder gleiches Recht für alle, also daß auch der Iran Atom nutzen darf, oder aber Dimona und Israels Atomwaffen müssen auch weg! Ich sehe die große Gefahr, daß Israel durch seine Drohungen, auch mit Hilfe der USA, einen Flächenbrand anrichten würde. Käme es denn zu einem israelischen Präventivschlag. Was nun Frau Merkel?«  [6]  

 

Wie einem Bericht der Basler Zeitung zum Tag des Bodens, an dem Zehntausende von Palästinensern und Sympathisanten aus dem Ausland friedlich gegen die israelische Siedlungspolitik demonstriert haben, zu entnehmen ist, hat die israelische Tageszeitung Haaretz ausgerechnet am Tag der Kundgebung neue Erkenntnisse zur israelischen Siedlungspolitik veröffentlicht, denen zufolge Kartenmaterial des israelischen Verteidigungsministeriums neues Licht auf die Siedlungspolitik wirft. Auf diesem sollen Siedlungen eingezeichnet sein, die es noch gar nicht gibt. Wie Haaretz schreibt, »musste das Verteidigungsministerium bisher geheim gehaltene Karten veröffentlichen, auf denen freies Land im Westjordanland kartografiert wurde. Insgesamt seien 569 Parzellen mit einer Gesamtfläche von knapp 630 m2 markiert. Auf den Karten seien auf palästinensischem Boden zahlreiche jüdische Siedlungen vermerkt, die noch gar nicht existierten. Deren Benennung lasse darauf schliessen, dass Israels Regierung die Parzellen vorgemerkt habe, um bestehende Siedlungen auszubauen. 90 % des betreffenden Gebietes liege östlich der Mauer und damit ausserhalb des hauptsächlichen israelischen Siedlungsgebietes. Zudem wirft das Kartenmaterial auch ein neues Licht auf die Grenzmauer, mit der sich Israel vor gewalttätigen Palästinensern schützt. Der Mauerbau steht international in der Kritik, weil er das Westjordanland nach und nach in unzusammenhängende Landflecken teilt. Bisher lautete die Argumentation der Regierung, etwa vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, der Verlauf der Mauer orientiere sich an den Sicherheitsbedürfnissen Israels. Die veröffentlichten Karten zeigten aber nun, dass die Mauer streckenweise mit den vorgemerkten Landstücken übereinstimme. Zudem seien seit Ende der 90er Jahre 23 illegale Siedlungen auf Landstücken errichtet worden, die in der Karte markiert seien. Die Regierung versucht, einige dieser Siedlungen zu legalisieren. Ein israelischer Anti-Siedlungs-Aktivist, der die Herausgabe des Kartenmaterials erwirkt hatte, äusserte gegenüber Haaretz den Verdacht, Siedler hätten von der Administration Informationen über verfügbares Land erhalten. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre die Regierung weit stärker in den international umstrittenen Siedlungsbau involviert als bisher bekannt. Die Behörden erklärten gegenüber Haaretz, es handle sich bei dem Kartenmaterial lediglich um eine Datenbank. Im Westjordanland und in Ost-Jerusalem leben rund eine halbe Million jüdischer Siedler inmitten von gut 2,5 Millionen Palästinensern. Die Palästinenser wollen den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt, für die Juden ist Jerusalem unteilbar.  [7]

 

Haneen Zoabi, die 2009 als erste Palästinenserin auf einer arabischen Liste in das israelische Parlament gewählt wurde, legt in einem Interview mit der jungen Welt dar, dass die Frage des Eigentums am Grundbesitz noch immer das Hauptthema des Streits mit dem israelischen Staat sei. »Es ist nach wie vor ein Hauptanliegen des zionistischen Projekts, palästinensisches Land zu beschlagnahmen und israelischen Juden zu überschreiben. Dazu gehört, daß Plätze, Kreuzungen, Dörfer, Straßen oder gleich ganze Landstriche umbenannt werden. Auch das ist ein Mittel, um unsere historischen Bindungen zu unserer Heimat zu zerstören. Genau das war auch mit dem Ausspruch des früheren Ministerpräsidenten Ariel Sharon gemeint, der 2002 im Parlament gesagt hatte, die in Israel lebenden Palästinenser hätten lediglich ein zeitweiliges Nutzungsrecht für das noch nicht beschlagnahmte Land – alle Besitzrechte auf israelisches Territorium lägen aber in jüdischer Hand. In den 63 Jahren seit 1948 hat Israel 85 % unseres Landes konfisziert. Es wurden dort rund 1000 Städte und Dörfer gebaut, exklusiv für Juden. Wir müssen heute auf 2 % der Fläche leben, die wir ursprünglich hatten. Uns ist es nicht einmal erlaubt, auf eigenem Grund und Boden ein Haus zu bauen – das heißt also, daß wir nicht einmal über das Land verfügen können, das noch nicht beschlagnahmt ist. Der Staat erklärt mich zu einer Ausländerin in diesem Land, obwohl ich genau das Gegenteil bin: Ich wurde hier geboren! Nicht ich bin in Israel eingewandert, sondern Israel kam zu mir. Der Staat behauptet zwar, er sei jüdisch und demokratisch zugleich – als ob es zwischen beiden Attributen keinen Widerspruch gäbe. Jede Debatte darüber wird als »strategische Bedrohung« gebrandmarkt. Wenn wir keine Juden sind und uns weigern, auf unsere Rechte zu verzichten, dann fühlt dieser Staat gleich seine ganze Legitimation in Frage gestellt: den Zionismus. Unser Kampf hat zwei Komponenten: Bürgerrechte und Nationalität. Im Unterschied zum Staat können wir nicht erkennen, wieso Staatsangehörigkeit und Nationalität nicht vereinbar sein sollten. Meine Bürgerrechte werden jedoch durch die Privilegien der jüdischen Mitbürger beeinträchtigt sowie durch die Forderung, diese zu akzeptieren. Man kann daher nicht für Gleichheit und volle Bürgerrechte streiten, ohne das Konzept des »Jüdischen Staates« in Frage zu stellen: In Israel ist der Kampf für Demokratie zugleich auch der Kampf gegen den Zionismus. Das ist es, was uns mit den anderen, nichtisraelischen Palästinensern verbindet. In Israel selbst leiden wir unter Rassismus, Apartheid und Unterdrückung – in der Westbank und im Gaza-Streifen ebenso. Hinzu kommt, daß es vertriebenen Palästinensern verwehrt wird, in ihre Heimat zurückzukehren. All diese Maßnahmen dienen demselben ideologischen Projekt: »Zionismus«.  [8]

 

Für mich nicht nachvollziehbar

Diese Siedlungspolitik trägt bekanntlich auch das Merkmal der Vernichtung von lebenswichtigen Gütern. So riss die israelische Armee am 4. Oktober letzten Jahres in dem nordwestlich von Hebron gelegenen palästinensischen Dorf Beit Ula  - ein palästinensisches Autonomiegebiet -  500 Pfirsich- und 10 Olivenbäume aus. Gleichzeitig zerstörte sie ein ebenso lebensnotwendiges Element: 2 Brunnen. Als Begründung hierfür wurde erklärt, dass in den Brunnen illegal Grundwasser angezapft worden sei. Am Wochenende 1. 10. 11 hatte es bereits Übergriffe israelischer Siedler auf Olivenhaine bei Nablus und Hebron gegeben. Trotz internationaler Proteste haben sich im Westjordanland rund 310.000 israelische Bürger angesiedelt.  [9]  Schon Ende September 2011 hatte sich eine alarmierende Zerstörung von Wasserzugängen abgezeichnet. Wie die Neue Zürcher Zeitung vom 27. 9. 11 schrieb, hatte Israel seit Jahresbeginn mindestens 20 Zisternen und 12 Brunnen zerstört, mit Folgen für den Wasserzugang von Zehntausenden von Palästinensern. Die Zerstörung von landwirtschaftlichen Gebäuden verschärft zudem die Ernährungsunsicherheit der Palästinenser im Westjordanland.  [10]

 

Man sollte meinen, dass der Zeitpunkt gekommen ist, dass die verantwortlichen Politiker diesen Tatbeständen endlich ins Auge sehen.

 

 

 

Siehe auch  http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1390   

»Es ist schlimmer denn je« Der Publizist Alfred Grosser über israelische Siedlungspolitik, den Zentralrat der Juden in Deutschland und das Gedenken an den Holocaust  

 

[1]  http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/744160/Israel-tief-enttaeuscht-von-Oesterreich?_vl_backlink=/home/index.do  27. 3. 12  Wiens Vertreter stimmte bei der UNO in Genf für eine Israel-kritische Resolution

[2]  http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/744493/IKG_Stimmverhalten-Oesterreichs-ist-unerhoert?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do   28. 3. 12  IKG: Stimmverhalten Österreichs ist unerhört  

[3]  http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Israel-bricht-Beziehungen-zum-UNOMenschenrechtsrat-ab-/story/20045901   26. 3. 12 

[4]  www.jerusalem-marsch.de   kontakt@jerusalem-marsch.de

[5]  http://www.politaia.org/israel/israel-mordet-mit-groser-vorsicht-und-prazision-von-evelyn-hecht-galinski/   24. 3. 12   Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision! — Von Evelyn Hecht-Galinski – auszugsweise; alle Hervorhebungen durch politonline

[6]  http://www.muslim-markt.de/interview/2012/hecht-galinski.htm  25. 3. 12

Muslim-Markt interviewt Evelyn Hecht-Galinski  -  auszugsweise

[7]  http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Brisante-Erkenntnisse-am-Tag-des-Bodens/story/18959063  30. 3. 12  Brisante Erkenntnisse am «Tag des Bodens» 

[8]  http://www.jungewelt.de/2012/03-31/050.php

»Wir leben heute auf zwei Prozent unserer Fläche« Interview: Elsa Rassbach; auszugsweise; alle Hervorhebungen durch politonline

[9] http://www.jungewelt.de/2011/10-05/059.php Israels Armee zerstört Bäume und Brunnen

[10]  http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/nahost_uno_1.12687620.html

27. 9. 11   Scharfe Kritik an Israel  - Regierung lässt laut Uno-Experten immer mehr Häuser von Palästinensern zerstören