Nachtrag zum »Annan-Plan« 29.04.2012 22:39
d.a. Wie bereits dargelegt, bildet der Sechs-Punkte-Plan der UNO offenbar keine echte Voraussetzung für das Erreichen einer friedlichen Lösung des Syrien-Konflikts [1].
Wie einem
Bericht von Strategic Alert zu
entnehmen ist [2], gehen die Briten und die Regierung
Obama zu einer neuen Phase ihrer Doktrin eines Regimewechsels über. Offiziell
als ›Plan
B‹
bezeichnet, geht dieser davon aus, dass der Friedensplan der UNO und der Arabischen
Liga unter dem früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan scheitert. Während der
UN-Sicherheitsrat über die Entsendung von 300 Blauhelmen zur Überwachung des zerbrechlichen
Waffenstillstands im Land verhandelte, hatten sich die von der NATO geführten ›Freunde
Syriens‹ bekanntlich am 21. April in Paris getroffen, um
über neue Kriegspläne gegen das Land zu diskutieren. In ›The Cable‹, dem Blog der Zeitschrift ›Foreign Policy‹, schrieb Josh
Rogin am 19. April unter der Überschrift ›Regierung Obama sucht einen ›Plan B‹ in Syrien‹: »Das Weisse Haus ist mit den Optionen, die es für Syrien erhalten
hat, nicht zufrieden und hält Ausschau nach einer neuen Strategie zur Absetzung
von Präsident Baschar al-ASSAD«, während der Syrien-Experte
Josh Landis folgendes darlegte: »Die Regierung Obama bekräftigt, dass sie
bald einige wichtige Veränderungen in ihrer Syrienpolitik vornehmen wird. Alle
gehen davon aus, dass sie mehr Führung übernehmen wird, indem sie hilft, die Opposition zu bewaffnen.« Die anderen Länder, so Landis, besonders die Türkei,
Saudi-Arabien und Frankreich, warteten auf ein entschlosseneres Eintreten der
USA, bevor sie selbst handeln. Für diesen ›Plan B‹ müsste die Türkei praktisch geopfert werden, weil der ›humanitäre‹ Krieg von türkischem Gebiet aus über
die Grenze nach Syrien gekämpft werden müsste. Dadurch befände sich die Türkei praktisch
im Krieg mit Syrien, was für vehementen Widerstand im Land sorgt, nicht nur von
den Oppositionsparteien, sondern auch aus der Regierungspartei AKP. Can Atakli
von der Tageszeitung ›Vatan‹ griff die Regierungspolitik in einem Kommentar vom 14. 4. scharf
an. Unterstützung für eine Militärintervention gegen Syrien »würde einen Krieg bedeuten - mit
iranischen und russischen Truppen an den Nordgrenzen der Türkei.« Er warnt eindringlich: »Ich weiss nicht, ob wir
es erkennen oder nicht: Eine türkische Militärintervention wird zum Dritten
Weltkrieg führen. Die Türkei würde zum Brennpunkt des Krieges, und ich will mir
erst gar nicht vorstellen, welchen Schaden das der Türkei zufügen würde.«
»Immer
deutlicher«, berichtet
Werner Pirker [3], »stellt sich heraus, daß die ›Friedensmission‹ des
UN-Sondervermittlers Kofi Annan der Vorbereitung eines Krieges
dient. Zwar fordert Annan in seinem Sechs-Punkte-Plan
beide Bürgerkriegsparteien zum Gewaltverzicht auf, in der Praxis aber macht er
allein die Regierungsseite für die Umsetzung seines Planes verantwortlich. Das
ermöglicht es den Aufständischen, ihre Aggressionshandlungen nach Belieben
fortzusetzen und die zur Durchführung von Gegenmaßnahmen provozierte reguläre
Armee des Bruchs des Waffenstillstandsabkommens zu bezichtigen. ›Die Waffenruhe ist extrem labil, und wir rufen die syrische
Regierung dazu auf, endlich ihren Verpflichtungen nachzukommen‹, ließ Annan über seinen engen Vertrauten Ahmad Fawzi ausrichten.
Damit dürfte kaum noch ein Zweifel daran bestehen, daß es der Sondervermittler
vorzieht, das syrische Bürgerkriegsgeschehen aus der Rebellenperspektive zu
betrachten. …… Die ausländische
Intervention in Syrien findet längst statt. Die Finanzierung des bewaffneten
Aufstands durch die Ölmonarchien erfolgt über offene Kanäle.«
Was
die am 25. April erfolgte Explosion in der Stadt Hama betrifft, so haben sich Regierung
und Oppositionsgruppen am 26. 4. gegenseitig die Schuld an dieser zugewiesen.
Hierzu meldete die syrische Nachrichtenagentur ›Sana‹: Der Vorfall sei Teil »einer systematischen Eskalation durch regionale und internationale Mächte«,
die bewaffnete terroristische Gruppen benutzten, um Annans
Vermittlungsbemühungen zu sabotieren. Die oppositionelle
›Syrische
Beobachterstelle für Menschenrechte‹,
die ihren Sitz in Grossbritannien hat, nannte eine Opferzahl von 16 Toten, erklärte indessen, dass die Ursache der Explosion nicht
klar sei. Wie die syrische Führung erneut erklärte, hat sie der
Forderung entsprochen, ihre Truppen und schweres militärisches Gerät wie Panzer
aus den Städten abzuziehen. Wie der Jungen
Welt zu entnehmen war, hat Kofi Annan dies
jedoch angezweifelt und seinerseits
erklärt, die Lage sei weiterhin inakzeptabel. Derzeit befinden sich erst 15 der
festgelegten 300 Beobachter, für deren rasche Stationierung sich der russische
Aussenminister Sergej Lawrow ausgesprochen hatte, in Syrien. [4] Annan
hatte sich am 24. 4. per Videokonferenz vor dem UN-Sicherheitsrat zur Lage in
Syrien geäussert. Vor der nicht öffentlicher Sitzung letzteren hatte Annans
Sprecher in Genf gesagt, die syrische Regierung habe ihre schweren Waffen nicht
- wie zugesagt - vollständig aus den
umkämpften Städten abgezogen. Das zeigten »Satellitenbilder und glaubwürdige Berichte«.
Die Waffenruhe sei »äusserst fragil«. Nach Angaben des Chefs der
UN-Friedenstruppen, Hervé Ladsous, könnte es noch einen Monat dauern, bis die
ersten 100 Beobachter vor Ort seien. Seinen Angaben zufolge lehnte Damaskus
bereits Vertreter aus Ländern ab, die zur Gruppe der ›Freunde Syriens‹
gehören. Dies sind u.a. die USA, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland,
Saudi-Arabien, Tunesien und Katar. [5]
Und schon
hat Frankreichs Aussenminister Alain Juppé damit gedroht, sich im
UN-Sicherheitsrat für eine Resolution einzusetzen, die den Weg für einen
internationalen Militäreinsatz freimachen könnte, wenn in zwei Wochen immer
noch zu wenige UNO-Beobachter vor Ort seien. Unterdessen hat der Europarat ein
weltweites Waffenembargo gegen Syrien gefordert. Von einer Unterbindung der
Waffenlieferungen an die Opposition war nichts zu hören. Die Forderung,
Waffenexporte nach Syrien zu unterbinden, hatte auch Hillary Clinton einige
Tage zuvor erhoben, konträr zu den oben angeführten Absichten ihrer eigenen
Regierung, die Opposition zu bewaffnen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats
hatte am 26. 4. die »allgemeinen, systematischen und schweren
Menschenrechtsverletzungen« durch die syrische Armee verurteilt. Die
Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, gegebenenfalls vor
dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Das Gleiche gelte für einige
aufständische Gruppen, die Menschenrechtsverletzungen begangen hätten. [XX]
Wann kommt eigentlich der Punkt, an dem es Organisationen dieser Art auffiele,
dass nie davon die Rede ist, die westlichen und
eigentlichen Rädelsführer des arabischen Frühlings und des jetzigen Aufstands
in Syrien nach Den Haag überstellen zu lassen? Unter diesen Umständen lassen
sich die kriegerischen Aggressionen unter dem Deckmantel dieser ungeheuerlichen
Heuchelei ungehindert fortsetzen. [4]
Die Saudis schüren einen
Religionskrieg Seit
die vom Westen und den Saudis unterstützten bewaffneten Rebellen ihre
Vormachtstellung in verschiedenen Städten verloren haben, gibt es vermehrt Al-Kaida-artige
Anschläge auf Zivilisten und Regierungsstellen. Kurz vor den jüngsten
Anschlägen hatten Saudi-Arabien, andere Golfstaaten und einige EU-Länder in
Absprache zwischen den Saudis und der britischen EU-Aussenkommissarin
Catherine Ashton ihre Botschaften in Damaskus geschlossen. Während christliche
Würdenträger in Syrien und im Libanon die Unterstützung des Westens für die
islamistischen Rebellen in Syrien verurteilen, schürt der engste Verbündete der
USA und Europas, Saudi-Arabien, durch pseudoreligiöse Aufrufe von Salafisten-Wahhabiten
einen Religionskrieg. Der saudische Grossmufti, Scheich Abdul-Asis Al-Ascheich,
sagte bei einem Treffen mit kuwaitischen Studenten am 12. März, ›auf der Arabischen Halbinsel sollten alle Kirchen zerstört werden‹; gleichzeitig forderte er seine Anhänger dazu auf, den Rebellen
in Syrien für ihren Dschihad Geld und Unterstützung zu schicken. Nicht, dass
Aufrufe dieser Art auch nur den geringsten Widerhall bei unseren Regierungen auslösen
würden. Drohungen dieser Art haben permanent grünes Licht! [6]
»Syrien«, legte Roland Etzel [7] schon
letzten November dar, »ist in der Region seit langem völlig isoliert. Mit der
Menschenrechtssituation in dem Land hat dies allerdings wenig zu tun. Den
konservativ-sunnitischen Golfmonarchien ist Syrien als relativ säkular
geführter Staat, der noch dazu von der alewitischen Minderheit beherrscht wird,
stets verhasst gewesen. Doch konnten sie wenig ausrichten, solange die Assads über potente Bündnispartner
verfügten, was inzwischen nicht mehr der Fall ist. Als letzter bekam Nachbar
Erdogan kalte Füße und setzte sich von Damaskus ab. Nun ist es schon grotesk,
wenn sich ausgerechnet Staaten wie Saudi-Arabien oder die Emirate, in denen
weder Parteien noch Gewerkschaften erlaubt sind, geschweige denn Wahlen, die
diesen Namen verdienen würden, über die Menschenrechtslage in Syrien mokieren.
Auch das türkische Diktum, Assad müsse aufhören, gegen die eigene
Zivilbevölkerung vorzugehen, ist eine ziemliche Unverfrorenheit angesichts des
jahrzehntelangen Kriegs gegen die Kurden im eigenen Land.« Was die seit vier Jahrzehnten
anhaltende säkuläre Politik Assads angeht, legt Etzel ferner dar, so ist diese
mit einer starken militärischen Anlehnung an Moskau verbunden. »Da
entstehen Klüfte. Aus der bisher gepflegten stillen Feindschaft der Könige und
Emire gegenüber Damaskus ist nun eine offene Konfrontation geworden. Vor allem
der exklusive Klub der Ölmonarchien namens Golfkooperationsrat tadelte Assad
direkt und forderte von ihm »rasche Reformen«. Daß
Saudi-Arabiens König Abdullah am lautesten von Syrien Reformen einklagte, ist
die Dreistigkeit schlechthin. Der König läßt
bei sich weder Parteien noch Gewerkschaften zu, geschweige denn ein Parlament,
und hat gerade die Einführung des Wahlrechts für Frauen um weitere fünf Jahre
verschoben. Doch er darf wohl auch dieses Mal darauf vertrauen, daß seine westlichen Verbündeten das großzügig
übersehen.« [8] Was Katar angeht, so ist das Scheichtum neben Saudi-Arabien
in der Arabischen Liga der Scharfmacher gegen Assad. Katar
möchte den Einfluss des sunnitischen Islams in der Region vergrössern und damit
auch seinen eigenen. Das laizistische Baath-Regime mit den schiitischen Alewiten
an der Spitze gilt den strenggläubigen Wahhabiten als gottlos. Insofern
unterstützt Katars Emir Hamad Ibn Khalifa die syrischen Rebellen, vor allem
deren immer stärker werdenden islamistischen Flügel, der im wesentlichen aus
den fundamentalistischen Muslimbrüdern und den noch konservativeren Salafisten
besteht. Ob nur mit Millionen Petrodollars oder auch direkt mit Waffen, ist
umstritten. [9] Der Ausgang des Konflikts ist daher vor
allem für die Alewiten, die einen Grossteil der gegenwärtigen Machteliten
stellen, zu einer Frage auf Leben oder Tod geworden.
Die Presse - der
bewährte Mitspieler
im Falle
Syriens wird von Ekkard Spoo durchaus treffend charakterisiert: »Jede
Inszenierung braucht Gute und Böse. In einem derzeit vielgespielten
Propagandastück ist Assad der Böse oder, wie die Bild-Zeitung ihn nennt, ›der Irre‹. So hat das auflagenstärkste deutsche Tagblatt zuvor schon
Miloševi?, Saddam, Gaddafi tituliert. Als besonders wirkungsvoll hat sich auch
die Bezeichnung ›der Schlächter‹ erwiesen. Die bösen Männer schlachten
nämlich die eigenen Völker, die wir deshalb vor ihnen schützen müssen, und zwar
dringend. An der Seite unserer guten Freunde in Washington, London und Paris
müssen wir – durch unser hochentwickeltes Verantwortungsbewusstsein legitimiert
– den Völkern helfen, sich aus der bösen Gewalt ihrer Präsidenten zu befreien – mittels unserer eigenen
hochentwickelten guten Gewalt. Das völkerrechtliche Verbot der Nichteinmischung
in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten gilt selbstverständlich nicht
für uns, die wir doch immer nur den Guten beistehen. Von der Propaganda
angeleitet, mit der uns die dominierenden Medien reichlich bedenken, leiden wir
mit den Opfern der bösen Gewalt; von Opfern der guten Gewalt wissen wir
nichts. Was nicht in die Inszenierung passt, sollen wir möglichst gar
nicht erfahren. So hindern uns die sorgsam auswählenden Propaganda-Medien an
störenden, womöglich verstörenden Gedanken. Ganz fern bleibt uns etwa die
Überlegung, dass die angeblichen Schurken, Irren, Schlächter, vielleicht doch
nicht so irrational und brutal handeln, wie sie dargestellt werden, sondern
ihre Sicherheitskräfte einsetzen, um Souveränität und Selbstbestimmung ihrer
Völker zu verteidigen, wie es gemeinhin die Aufgabe von
Staatspräsidenten ist.« [10]
»In
Syrien wird nicht nur mit Waffen gekämpft, sondern auch mit Bildern und Worten.
Die Propagandamaschine läuft auf beiden Seiten auf Hochtouren. Der Libanese Ali
Hashem arbeitete bis vor kurzem als
Kriegsreporter für Al-Dschasira und berichtete vom Libanon aus über den
bewaffneten Aufstand im Nachbarland. Nun hat er schwere Vorwürfe gegen den
Kanal erhoben. Mitte März kündigte er seinen Job, weil er die einseitige
Berichterstattung zugunsten der Rebellen nicht mehr mittragen wollte. Zwei
weitere Kollegen des Beiruter Büros taten es ihm gleich. Der Sender begehe
gerade »journalistischen Selbstmord«, weil er zu einer »Medien-Kriegsmaschine«
verkomme, kritisiert Hashem. In der libanesischen Tageszeitung ›As-Safir‹ erklärte er zudem, Al-Dschasira
bezahle den syrischen Rebellen Handys und Satellitentelefone, damit sie immer
und von überall Bilder liefern und den Nachrichtensendungen zugeschaltet werden
können. Die Geräte kämen über die grüne Grenze illegal ins Land. Einige der
Freischärler würden praktisch als Korrespondenten geführt. Schon ganz am Anfang
der Proteste in Syrien habe Al-Dschasira gewußt, so Hashem in der britischen
Tageszeitung The Guardian, daß
Kämpfer vom Libanon aus nach Syrien eindrangen. ›Im Mai letzten Jahres sah ich Dutzende von Bewaffneten die Grenze
überschreiten: Ein klares Indiz dafür, daß sich die syrische Revolution
militarisierte.‹ Er habe das schon
einen Monat vorher beobachtet, aber es habe davon keine Bilder gegeben. ›Im Mai jedoch hatten wir die
Aufnahmen, aber niemand wollte sie zeigen.‹
Der Sender habe unter allen Umständen das Bild von einen friedlichen Aufstand
bewahren wollen, der von einem brutalen Regime zusammengeschossen werde. ›Meine Vorgesetzten sagten mir, ich
solle die Bewaffneten vergessen‹.« [9] Wenig
bekannt dürfte der Fakt sein, dass Al-Dschasira resp. Al Jazeera, wohl das bekannteste
arabische Medium, ausgerechnet am Tropf von Hamad Ibn Khalifa, dem Emir von
Katar, hängt, wo die Hauptredaktion ihren Sitz hat. Der Fernsehsender war von
Anfang an ein Sprachrohr der Rebellen und Unterstützer des französischen
Kurses. Allerdings gäbe es innerhalb des Senders auch kritische Stimmen, die dessen
Unabhängigkeit fordern. Schon in Tunesien, Libyen und Ägypten hatte
Al-Dschasira den islamischen Kräften deutlich mehr Raum gegeben als anderen
Oppositionellen.
Der Schrei nach Hilfe Wie
nicht anders zu erwarten, hatte Ban Ki Moon bei einem Treffen mit Vertretern der EU am 17. April die
Frage nach einer Unterstützung durch die EU aufgeworfen, wobei es um den
Einsatz von Hubschraubern und Flugzeugen ging, woraufhin Catherine Ashton - auch wie zu erwarten - sofort ihre
Unterstützung zusagte. Die Mitgliedsstaaten würden ›jegliche angeforderte Hilfe‹
leisten, erklärte sie vor dem Europaparlament.« Wie
gewöhnlich sind ihre im tiefsten Schuldensumpf steckenden Mitbürger machtlos. Werden
sie doch nicht gefragt. Inzwischen hat Syrien Schritte dieser Art umgehend zurückgewiesen. Bei seinem
Besuch am 18. 4. in Peking sagte der syrische Aussenminister Walid Muallem,
dass weder mehr Beobachter nötig seien, noch bräuchten diese Flugzeuge oder
Hubschrauber; sie könnten syrische Hubschrauber zur Überwachung der Waffenruhe
verwenden. Die Sprecherin der BRD-Fraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, legte
sehr richtig dar, dass eine Ausstattung mit Flugzeugen und Helikoptern der Mission
den Charakter einer militärischen Intervention verleihen könnte. Sie wandte sich
auch gegen eine EU-Beteiligung. Die Union sei keineswegs neutral: Während sie
mehrfach den Rücktritt von Assad gefordert und Sanktionen gegen die syrische
Regierung verhängt habe, wurde die Unterstützung und Bewaffnung der Opposition
durch einzelne Mitgliedsstaaten der EU zu keinem Zeitpunkt moniert, so
Dagdelen.
Ein Rückblick auf die
Wühlarbeit der Geheimdienste
»Psychologische
Kriegsführung und »praktische Aktionen«: Die Geheimdienste von USA und Großbritannien
arbeiteten schon vor mehr als 50 Jahren an dem Umsturz in Damaskus, führt Rainer
Rupp aus. »Um
die Wirkung freiheitlicher Kräfte zu fördern (…) sollten besondere
Anstrengungen unternommen werden, um bestimmte Schlüsselpersonen bereits in der
Anfangsphase des Aufstands und der Intervention zu eliminieren.« Das ist ein
Auszug aus einem einst streng geheimen Dokument des US-Geheimdienstes CIA und
des britischen SIS, der Vorläufer des MI6, in dem minutiös ein Umsturz in
Syrien geplant wurde. »Wenn erst einmal die politische Entscheidung für interne
Unruhen in Syrien gefallen ist, dann stehen CIA und SIS bereit, kleinere
Sabotageanschläge und andere hilfreiche Vorfälle in Syrien in
Zusammenarbeit mit anderen Personen durchzuführen«, heißt es in dem über 50
Jahre alten, derzeit jedoch topaktuellen Dokument, in dem die beiden führenden
imperialistischen Staaten USA und Großbritannien seinerzeit gemeinsam die
Übernahme Syriens planten. An anderer Stelle wird empfohlen, daß die
Herbeiführung von »einem ausreichenden Grad von Verunsicherung und Angst«, z.B.
durch »Vorfälle an der Grenze und inszenierte Zusammenstöße, den Vorwand für
eine Intervention liefern könnte«, und zwar durch prowestliche arabische
Nachbarn Syriens. Deshalb sollten CIA und SIS möglichst schnell »ihre
Fähigkeiten sowohl in der psychologischen Kriegsführung als auch in den ›praktischen
Aktionen‹ verbessern, um die Spannungen zu erhöhen«. Das Umsturzpapier wurde
erst im Jahr 2003 in britischen Regierungsarchiven von Matthew Jones, Professor
für Internationale Geschichte am Londoner Royal Holloway College, bei
Recherchen über die Hintergründe des damals gerade begonnenen
US-amerikanisch-britischen Angriffskriegs gegen Syriens Nachbarn Irak entdeckt.
Das »erschreckend freimütige« Dokument aus dem Jahr 1957, so Jones, trägt die
Unterschriften des damaligen US-Präsidenten Dwight Eisenhower und des
britischen Premiers Harold Macmillan. Beide unterstützen damit
Geheimdienstpläne, Syrien mit Hilfe einer aufgestachelten
Muslimbruderschaft zu destabilisieren, Unruhe zu säen und mit
inszenierten Grenzverletzungen den prowestlichen Nachbarn Syriens den Vorwand
für eine bewaffnete Intervention zu liefern. 2003, während der Überfall auf den
Irak die Nachrichten bestimmte, fand Jones’ Entdeckung nur wenig Beachtung. Der
für London und Washington unangenehme Bericht verschwand schnell im medialen
Gedächtnisloch, aus dem ihn erst jetzt wieder Felicity Arbuthnot mit
ihrer Veröffentlichung auf der investigativen kanadischen website »Global
Research« ans Licht gebracht hat. Dagegen scheint das
Eisenhower-Macmillan-Projekt in den geheimen Planungszentren von CIA und MI6
nie in Vergessenheit geraten zu sein. Zu auffällig sind die Parallelen mit den
aktuellen Vorkommnissen in und um Syrien. Dazu gehört auch, daß autokratische,
besonders prowestliche, arabische Staaten wie Saudi-Arabien und Katar, eine
militärische Intervention der Arabischen Liga fordern – zur Verteidigung von
Demokratie und Menschenrechten in Syrien. Teil des Plans von 1957 war auch die
Ermordung von hochrangigen Persönlichkeiten aus Politik und Militär,
die hinter dem damaligen syrischen Präsidenten Schukri Al-Quwatli standen. Auf
der Mordliste notiert waren u.a. Abd Al-Hamid Sarraj, Chef des militärischen
Nachrichtendienstes, Afif Al-Bisri, Chef des syrischen Generalstabs, und Khalid
Bakdasch, Chef der Kommunistischen Partei Syriens. Mit der Ermordung eines
Generals am Wochenende in Damaskus durch vom Westen gesponserte
»Democracy«-Terroristen scheint auch dieser Teil des amerikanisch-britischen
Geheimplans realisiert zu werden. Im Dezember 2011 verkündete der exil-oppositionelle
»Syrischer Nationalrat« nach einem Treffen mit US-Außenministerin Hillary
Clinton, »das Land zu befreien«. Zugleich unterstützte die USA einen »Syrischen
Revolutionsrat«. Auch der Eisenhower-Macmillan-Plan sah vor, einem » Komitee Freies
Syrien« finanziell zu helfen und »politische Gruppen zu bewaffnen«.
Der Unterschied zwischen damals und heute besteht lediglich darin, daß der
Sturz der syrischen Regierung 1957 die anglo-amerikanische Kontrolle über das
irakischen Öl sichern sollte. Irak stand seinerzeit unter dem Mandat Ihrer
Majestät in London, und Aufständische kämpften mit Unterstützung aus Syrien mit
zunehmendem Erfolg gegen den britischen Würgegriff. Heute ist der energiereiche
Iran Objekt der Begierde, wobei wiederum Syrien als Schlüssel zum Erfolg
gesehen wird. Mit einer prowestlichen Regierung in Damaskus wäre Irans Position
in der Region entscheidend geschwächt.« [11]
Die Mission in Syrien die
zunächst auf drei Monate festgelegt wurde, sei »positiv«, sagte Lawrow bei
einer Pressekonferenz in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe am 25. April.
Er hoffe, dass die Versuche, »die Arbeit der UN-Beobachtermission zum Scheitern
zu bringen, keinen Erfolg haben werden«. »Diejenigen,
die den Bürgerkrieg begonnen haben und Sorge dafür tragen, daß er so schnell
nicht zu Ende ist, ergehen sich in herzzerreißendem Wehklagen über den von der
Regierungsseite verübten ›Völkermord‹. Daß eine Regierung eine bewaffnete Rebellion mit
Waffengewalt niederzuschlagen versucht und dabei auch Häuserzeilen, in denen
sich Aufständische verschanzt haben, beschießt, erscheint als
Ungeheuerlichkeit. Daß die humanitären Krieger bisher ihrer ›Schutzverpflichtung‹ noch
nicht nachgekommen sind, liegt allein an der Angst vor einem ›Stellvertreterkrieg‹,
womit Westerwelle einen militärischen Zusammenstoß mit Rußland gemeint haben
dürfte. Was Westerwelle und seinesgleichen vor allem zu vermeiden suchen, ist
eine friedliche Lösung des syrischen Konflikts. Die sture Weigerung der
Opposition, sich auf eine Verfassungsdebatte mit dem Regime einzulassen, ist
allein aus der politischen und militärischen Unterstützung, die ihr von seiten
der NATO-Länder und der reaktionären Golfmonarchien zuteil wird, zu erklären. [12]
[1] http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1937 23. 4. 12
Syrien - Der Annan-Plan
[2] Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 17 vom 25. April 2012
[3] http://www.jungewelt.de/2012/04-26/032.php Aggressorenbund - Kofi Annan ergreift Bürgerkriegspartei - Von Werner Pirker
[4] http://www.jungewelt.de/2012/04-27/049.php Schuldzuweisungen in Syrien
[5] http://www.jungewelt.de/2012/04-26/048.php Fragile Waffenruhe - Von
Karin Leukefeld
[6] Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 12 vom 21. März 2012
[7]
http://www.neues-deutschland.de/artikel/211330.assad-isoliert.html
17. 11. 11 Assad isoliert -
Kommentar von Roland Etzel
[8] http://www.neues-deutschland.de/artikel/204005.saudischer-tadel.html 9. 8. 11
Saudischer Tadel - Kommentar von Roland Etzel
[9] http://www.jungewelt.de/2012/04-13/031.php »Journalistischer Selbstmord« - Reporter
protestieren gegen Syrien-Berichterstattung von Al-Dschasira - Von
Gerrit Hoekman
[10] http://www.hintergrund.de/201204122017/hintergrund/medien/sorgsame-nachrichtenauswahl.html 15. 4. 12
Sorgsame Nachrichtenauswahl - Von Ekkard Spoo
[11] http://www.jungewelt.de/2012/02-13/002.php Komplott gegen Syrien - Von Rainer Rupp
[12] http://www.jungewelt.de/2012/02-27/025.php The war must go on - Syriens
Opposition sabotiert Demokratie - Von Werner Pirker
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