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vom Hochblauen

Bibi N. zündelt und Barack O. schwächelt  -  Von Evelyn Hecht-Galinski

Eigentlich war es voraussehbar, welches Schmierentheater uns von Bibi vor der UNO vorgesetzt würde, aber solch ein Comic Strip mit einer Sprechblase, das war schon ein starkes Stück, welches an die vergangene Bush-Ära und an Collin Powell mit seinen fingierten Beweisen für einen so übernötigen Irak-Krieg und Sturz Saddam Husseins erinnerte. Glaubte Bibi selbst nicht einmal an die Macht seiner Worte, brauchte er diesmal zur Bekräftigung einen dicken roten Filzstift und eine Zeichnung einer Bombe, die so aussah, als ob seine Jeladim (Kinder) sie gezeichnet hätten. Beim letzten UNO-Auftritt von Netanjahu waren es noch die Auschwitz-Pläne, die zu seiner Inszenierung der Gefahren, die dem armen kleinen jüdischen Staat drohen, instrumentalisiert wurden. Damals wurde Irans Präsident Ahmadineschad als Holocaustleugner fälschlich verunglimpf  - er drohe, Israel zu vernichten -  jetzt war es die gefährliche iranische Bombe, die als Zeitbombe ticke, um Israel zu vernichten. Bibi malte dann mit dem besagten roten Filzstift die rote Linie und wollte damit die Grenzen aufzeigen. Ja welche Grenzen eigentlich? Die Grenzen, die er Barack O., dem amerikanischen Präsidenten zieht, oder die rote Linie eines erträumten Angriffs gegen den Iran? Ist Bibi mit seinen Kriegsträumen inzwischen nicht ganz allein zuhause? Weiß nicht inzwischen auch das bis an die Zähne aufgerüstete Israel, daß es diesen Angriff nicht ohne US-Hilfe bewerkstelligen kann? Hat Bibi mit seinen Kriegstrommeln nicht auch den Wahlkampf schon so laut beeinflußt, daß Barack O. von diesem Geräusch nichts mehr hören wollte?

Auch wenn Obama nach dem ersten Rededuell mit Mitt Romney schwächelte, obwohl er sich doch zum briefing nach Nevada in das Zentrum der Drohnen Zentrale zurückgezogen hatte, sollte sich Netanjahu nicht zu früh freuen und voll auf Romney, Adelson und andere Israel-Krakeler setzen.   Der Wahlkampf ist in vollem Gange; auch wenn die AIPAC mit allen Mitteln interveniert, hat sich Netanjahu dennoch vollständig isoliert. Nur ein Besatzer- und Annexionsstaat wie der jüdische kann so viel Chuzpe haben, sich so in US-Belange einzumischen und sich so massiv in amerikanischen Wahlen zu positionieren. Israel sollte den Bogen nicht überspannen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein interessantes Papier hinweisen, daß vor kurzem die Runde machte. Demzufolge stimmen sechzehn amerikanische Nachrichtendienste und Henry Kissinger darin überein, daß es in zehn Jahren kein Israel mehr gibt. In diesem interessanten 82seitigen Paper der sogenannten Intelligence Community (IC), die über ein Budget von 70 Milliarden $ verfügt, wird dargelegt, daß siebenhunderttausend Siedler auf geraubten Land leben, das 1967 von den Palästinensern gestohlen wurde, ferner, daß die Apartheidmauer, der Apartheidstaat Israel, die Checkpoints, die Gewalt und Gesetzlosigkeit von dieser rassistisch-faschistischen Regierung zugelassen werden, und daß dies den amerikanischen Grundwerten widerspricht. Da kann man sich natürlich lächelnd zurück lehnen und sich fragen, welche amerikanischen Grundwerte sind hier eigentlich gemeint? Die der Drohnen der Demokratie, die von der USA in alle Welt gebombt und gedrohnt werden? Es gibt eine kleine Hoffnung: sollte sich die katastrophale wirtschaftliche Lage in der USA für die Bevölkerung erneut verschlechtern, könnte diese anfangen, darüber nachzudenken, wohin ihre Gelder denn so fließen. Sind Israel und seine Repräsentanten nicht dabei, die Hand, die sie füttert, zu beißen? Meint Netanjahu wirklich, daß man einen US Präsidenten ständig vorführen und spüren lassen kann, wie unwichtig er ist und wie mächtig der jüdische Staat und seine Lobbys sind? Meint Netanjahu wirklich, daß  - weil er dem US Präsidenten jetzt signalisierte, daß er aufatmen könne und keinen israelischen Angriff gegen den Iran befürchten müsse -  er diesem richtig gezeigt hat, wo der Hammer hängt? Ist es nicht eher so, daß auch der jüdische Staat (glücklicherweise) feststellen mußte, daß er seinen Mund viel zu voll genommen hatte und gar nicht fähig ist den Iran anzugreifen?

Aber der beschnittene Bibi hat eines geschafft, er hat durch seine Bomben-Show das Palästinenser-Problem als nicht existent von der Tagesordnung genommen. Israel, ein Meister der Propaganda, des Täuschens und des Verdrehens. Während Netanjahu den Iran als größte Bedrohung der Menschheit sieht, stimme ich Günter Grass voll und ganz zu: Israel stellt eine Bedrohung für den Weltfrieden dar. Solange Israel über Atomwaffen verfügt, die es schon mehrmals einsetzen wollte, müssen wir alle vor dieser Bedrohung Angst haben. Auch deshalb finde ich das neue Buch von Günter Grass so wichtig, in dem er den israelischen Nukleartechniker  Mordechai Vanunu, den der israelische Geheimdienst Mossad kidnappte und der in einem Spionageprozeß zu einer 18jährigen Haftstrafe verurteilt wurde, als Held und Vorbildbezeichnet. Ich zitiere aus dem Buch: »So heißt der Held, der seinem Land zu dienen hoffte, indem er half, die Wahrheit an den Tag zu bringen.« Für solche Aussagen wird Grass natürlich von allen jüdischen Lobby-Seiten, unter anderem auch vom israelischen Schriftstellerverband, auf unterstem Niveau angegriffen, natürlich immer mit dem dezenten Hinweis auf seine Vergangenheit. Noch wichtiger in diesem Zusammenhang ist für mich aber die Tatsache, daß sich Grass gezielt zwischen den Zeilen äußert, aber auch ganz konsequent, so mit Blick auf die Kieler Werft HDW, die die U-Boote für Israel baut, und dazu aufruft, militärischen Geheimnisverrat zu begehen - überall dort auf der Welt, wo Vernichtungswaffen hergestellt werden. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer einem Dank an Günter Grass für diese klaren Worte, die sich so wohltuend von anderen Intellektuellen und Politikern unterscheiden. 

Um noch einmal auf Ahmadineschad zurückzukommen, der dieses Mal erneut eine bemerkenswerte Rede hielt - ohne die erhofften und zu verdrehenden Aussagen: Er bezeichnete die Israelis als unkultivierte Zionisten - in meinen Augen eine fast poetische Umschreibung für die Nakba-Leugner – oder? Er sagte auch vollkommen richtig, daß die Finanzkrise ein Verbrechen gegen die Menschheit wäre und der jüdische Staat sich in einer strategischen Sackgasse befände. Das war alles in allem eine interessante und detailreiche Rede. In der Jüdischen Allgemeinen zeigte man geschmackvollen jüdischen Humor, indem man über eine Aktion der New York Post berichtete. Weil Ahmadineschad gerade am Yom Kippur (dem jüdischen Versöhnungstag) seine Rede hielt (paßt doch, oder?), habe man ihm einen opulenten Präsentkorb mit jüdischen Spezialitäten, wie H&H Bagels, Gefilte Fisch von Manischewitz, Karten für die Off-Broadway-Show, Old Jews telling Jokes, und  - weil nach deren Meinung Ahmadineschads Körperhygiene und Modebewußtsein zu wünschen übrig ließen -  auch noch Deo-Stifte und Unterwäsche mit dem Aufdruck I love New York ins Warwick Hotel an der Sixth Avenue schicken lassen. Unter diesen Gaben befanden sich auch noch ein Comic Strip, der auf dem 9/11-Report basiert, und eine Broschüre des Museum of Jewish Heritage über den Holocaust, damit Irans Präsident nicht ahnungslos sterben muß. Dieser geschmackvolle jüdische Humor spricht für sich selbst. Da fehlte nur noch der geschmackvollste, auf dem BR Blog des Israel- Korrespondenten Richard Chaim Schneider weitergegebene Witz des Jahres; das wäre dann das Cremeschnittchen des jüdischem Humors gewesen. Stellen wir uns in umgekehrter Form vor, daß versucht worden wäre, Geschenke mit diesem Humorhintergrund an Netanjahu zu liefern. Hätte es dann nicht einen weltweiten Medienaufschrei wegen dieser antisemitischen Untat gegeben?  

Bleiben wir im Judentum. Wir erleben im Augenblick ein leider gar nicht humorvolles Schauspiel, in dem man Recht zu Unrecht justiert. Die deutsche Regierung legte einen Gesetzentwurf zur Beschneidung vor, der Körperverletzung legalisiert. Nicht umsonst verlegte man das Gesetz in das Familienrecht, weil doch in Familien immer wieder geschlagen, gequält, oder Schlimmeres vollzogen wird. Wie kann sich eine Familienministerin, selbst junge Mutter, mit so einem Gesetz zufrieden geben? Da wird zwar von angemessener Betäubung gesprochen und der Wille des Kindes berücksichtigt, aber wie soll der ohne konkrete Vorgaben aussehen? Medizinisch fachgerecht dürfen diesen Eingriff der Beschneidung auch dazu vorgesehene Personen der Religionsgemeinschaften vornehmen. Wie aber kann ein Nicht-Mediziner fachgerecht arbeiten? Wie kann ein Baby dagegen protestieren? Weinen und Traumata sind zwar Proteste, diese aber verhallen ungehört. Die Kinderbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Marlene Rupprecht, zeigte sich erschüttert, auch die kinderpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, meinte, dem Papier könne sie nicht zustimmen. Auch die Kinderhilfe lehnte es ab, aber interessanterweise hieß der Kinderschutzbund das Gesetz gut, weil es den Willen des Kindes berücksichtige! Wie wird denn der berücksichtigt? Politischer und Religionsdruck haben auf skandalöse Art und Weise das Wohl des Kindes mit den Füßen, besser gesagt, mit dem Messer getreten! Hier wird im eilfertigen Schnellverfahren ein falsches Signal gegeben: Juden dürfen das! Klar daß sich die Muslime gern mit diesem Vorgehen solidarisieren! Hier wird im Namen der Religion eine Körperverletzung legalisiert, die auch nicht durch die deutsche Vergangenheitsbewältigung zu rechtfertigen ist. Klar daß Präsident Graumann (Dieter mir graut vor Dir) es begrüßt, ebenso Charlotte Knobloch, die schon auf gepackten Koffern saß, aber uns auch dank Neven DuMont weiter in Deutschland erhalten bleibt. [1]  Wenn jüdisches Leben in Deutschland oder anderswo in der heutigen Zeit von der Beschneidung abhängt, dann sollte man diese Form des jüdischen Lebens hinterfragen und diese gewollte Abgrenzung als Parallelgesellschaft nicht kritiklos hinnehmen. Wäre das nicht wirklich eine Verfassungsklage wert? Wie ich hörte, wurde die auch schon von verschiedenen Personen und Organisationen angekündigt. Denn diese jüdische Beschneidung ist als Pakt mit Gott absolut keine zu rechtfertigende medizinische Maßnahme. Wenn man sich einmal mit der Beschneidung jüdischer Knaben beschäftigt, sieht man, daß diese Beschneidung durch nichts zu rechtfertigen ist. Es geht keineswegs um Hygiene, ganz im Gegenteil: orthodoxe Beschneider nahmen dazu ein Messer aus Feuerstein (Izmel), das keinerlei blutstillende und keimtötende Wirkung hat und saugten das Blut beschnittener Babys mit dem Mund aus. Diese blutsaugende Methode namens Metzitza b`Peh wird heute noch durch verschiedene Orthodoxe zelebriert und führte und führt zu Tod und Krankheit. Gerade wurde auch wieder einmal aufgedeckt, daß es in New York zu solchen Beschneidungen kam. [2]  Wer kennt die Dunkelziffer dieser Beschneidungen? Kann man diese Körperverletzung der schlimmsten Art legalisieren? Nein, wir haben das Jahr 2012, und Beschneidung sollte, wenn schon, dann nur ausdrücklich mit fachgerechter Betäubung und nur von einem Arzt ausgeführt werden. Das muß in das Gesetz geschrieben werden, ohne Wenn und Aber, ohne Kompromisse und Ausnahmen. Das ist kein Antisemitismus, sondern Pragmatismus zum Wohle des Kindes und gegen die Mißachtung seiner Rechte und seiner Würde. Ich allerdings bin strikt gegen jegliche Art von Beschneidung, da sie eine Körperverletzung darstellt, die durch nichts rückgängig zu machen ist. Auch kann sich das Kind eben nicht, wie immer suggeriert wird, dagegen entscheiden! Das wäre im Sinne einer modernen menschlichen Religion, soweit das überhaupt möglich ist! Das sollte der Zukunftssicherung des Judentums in Deutschland dienen. Es läuft mir auch kalt den Rücken runter, wenn ich einen Rabbiner in Deutschland in einer ARD-Sendung höre, der zwischen jüdischen und deutschen Kindern unterscheidet. Macht das ein normales Zusammenleben verschiedener Religionen möglich, oder zeigt das in erschreckender Weise die gewollte Andersartigkeit?

Zum Schluß noch einmal die Jüdische Allgemeine. Dort konnte Philipp der Mißfelder wieder einmal sein Lieblingsfeld bearbeiten, indem er sich dafür aussprach, nach der Hamas endlich auch die Hisbollah als Terrororganisation anzuerkennen. Ganz anders unsere amerikanischen Freunde, die soeben die iranische Oppositionsgruppe der Volksmudschahedin von der Liste der Terrororganisationen nahmen. Diese, in der früheren Terminologie der USA, Terroristen, werden jetzt in den Schoß der Vereinigten Staaten zurückgeholt und werden dort ihre neue Heimstätte finden, um ihr Gnadenbrot zu essen und über ein neues Spannungsfeld im Iran nachzudenken und/oder eins zu erzeugen. Reichen Syrien, Libyen, der Irak und demnächst Mali noch nicht? Merke: heute Terrorist, morgen Freund, heute befreundeter Staat, morgen Schurkenstaat! So schnell geht das in der freien globalisierten Welt. Wie wir es gerade brauchen, bis uns diese Politik einmal um die Ohren fliegt, den Anfang dieser unabsehbaren Folgen haben wir bereits vor Augen!

 

[1]  http://www.fr-online.de/politik/alfred-neven-dumont-von-der-pflicht--wachsam-zu-sein,1472596,17189732.html  
[2]  http://www.ksta.de/debatte/charlotte-knobloch-antwortet--ihre-worte-machen-mir-hoffnung-,15188012,17240368.html 
Damit Frau Knobloch erfährt, was Alfred Neven DuMont in diesem FR-Artikel für sie und die Juden in Deutschland über die Beteiligung seiner Familie an der "Bombe" verschweigt, empfehlen wir ihr, diese schon etwas länger zurückliegenden Artikel über die Haltung der DuMonts in der Nazizeit zu lesen:

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=1087

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10244

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13666