Getöteter Hamasführer Jaabari wollte offenbar langfristigen Waffenstillstand

Wie der israelische Friedensaktivist Gershon Baskin am 15. November schrieb,

war der am 14. 11. durch israelische Bomben getötete Hamasführer Ahmed Jaabari die Schlüsselperson für einen langfristigen Waffenstillstand [1]. Baskin, der bereits im August 2011 geholfen hatte, einen Waffenstillstand herbeizuführen, beschrieb seine Bemühungen um eine dauerhafte Vereinbarung während des letzten Jahres: »Die Schlüsselperson auf der Hamas-Seite war Ahmed Jaabari, der Kommandeur von Ezedin al Qassam, dem militärischen Flügel der Hamas. Wenn er davon überzeugt war, daß Israel sich ebenfalls bewegen würde, war er immer bereit, einen Waffenstillstand der anderen Fraktionen und der Hamas durchzusetzen. Vor einigen Wochen versuchte ich es erneut. Mein Gegenüber bei der Hamas und ich begannen Gespräche mit hohen Vertretern beider Seiten. Vor ein paar Tagen traf ich meinen Kontaktmann in Kairo und wir kamen überein, daß er auf der Grundlage unserer gemeinsamen Einschätzung dessen, was nötig wäre, einen neuen Vorschlag entwerfen sollte. Stunden bevor Israel Ahmed Jaabari tötete, hatte mein Kontaktmann Jaabari und anderen Hamasführern den Entwurf vorgestellt. Führende Hamasvertreter von außerhalb hatten den Entwurf bereits gesehen und Jaabari beauftragt, herauszufinden, was die Reaktionen darauf in Gaza sein würden. Ich hätte den Entwurf am Abend des 14. 11. erhalten sollen, um ihn israelischen Regierungsvertretern zu präsentieren, die darauf warteten, ihn von mir zu bekommen. Diese Option ist jetzt vom Tisch. Jaabari ist tot, und damit die Chance für einen beiderseitig vorteilhaften Waffenstillstand.« Die Schlußfolgerung Baskin ist wie folgt: »Jaabaris Tötung war ein präventiver Schlag gegen die Möglichkeit eines langfristigen Waffenstillstands. Netanyahu hat extrem unverantwortlich gehandelt. Er hat die Bevölkerung Israels in Gefahr gebracht und den wenigen wichtigen pragmatischeren Elementen in der Hamas einen wirklichen Schlag versetzt. Er hat erneut denjenigen einen Sieg verschafft, die unsere Zerstörung wollen, statt diejenigen zu stärken, die versuchen, eine Möglichkeit zu finden, um Seite an Seite leben zu können – zwar nicht in Frieden, aber in Ruhe.«  Als Reaktion auf Baskins Beitrag rief der US-Journalist und Sicherheitsanalyst Mark Perry am 17. 11. auf Daily Beast in Erinnerung, wie am 21. Juli 2002 von israelischer Seite genau derselbe modus operandi angewendet wurde. Für eine vereinbarte Waffenruhe ab Mitternacht des 22. 7. 02 habe damals nur noch die formelle Unterschrift von Salah Shehadeh, dem Chef der Militärischen Abteilung der Hamas im Gazastreifen gefehlt, die dieser zugesichert hatte. Perry schreibt: »Als ein Mitglied der Fatah am 21. 7. um 23.50 Uhr zu Shehadehs Haus ging, um die Unterschrift abzuholen, warf eine israelische F-16 eine 1-Tonnen-Bombe auf Shehadeh's Haus in Gaza-Stadt. Die israelische Bombe tötete Shehadeh und 14 weitere Menschen, darunter seine Frau und Tochter. 7 weitere Menschen, die nebenan lebten und unschuldig warne, kamen ebenfalls ums Leben.« Perry hatte als einziger Amerikaner und Nicht-Geheimdienstmann zu einem kleinen Team gehört, das damals vor Ort versuchte, die zweite Intifada zu beenden. Als einziger hatte er einen direkten Draht zu PLO-Chef Yasser Arafat und der Führung der Fatah. Perry beschreibt, daß er am nächsten Tag nach der Ermordung von Shehadeh von einem ihrer israelischen Verbindungsoffiziere lächelnd als der naive Amerikaner begrüßt wurde. Wissen Sie, Mr. Perry, Sie scheinen nicht zu verstehen. Wir wollen keinen Waffenstillstand. Mit diesen Worten ging er .......  Vielleicht hatte er recht: ich war naiv. Aber heute bin ich es nicht mehr.«  [1]

Der kanadische Professor Michel Chossudovsky, von dem wir zahlreiche Artikel auf politonline eingestellt haben, hat jetzt am 20. 11. die Lage wie folgt charakterisiert:

Der amerikanisch-israelische Angriff auf Gaza 
Die westlichen Medien haben den israelischen Angriff auf Gaza einhellig als eine aus dem Stegreif begonnene Antiterror-Operation der israelischen Streitkräfte dargestellt, die im Rahmen der »Selbstverteidigung« als Reaktion auf palästinensische Raketenangriffe auf Israel erfolgt sei. Berichten zufolge gab Präsident Obama Tel Aviv nach den Präsidentschaftswahlen am 6. Oktober zwar »grünes Licht«, aber die entscheidende Frage betrifft weniger die Unterstützung Washingtons als die direkte Beteiligung der amerikanischen Regierung und des US-Militärs an der Planung und der Umsetzung der Angriffe auf Gaza. Es gibt deutliche Hinweise darauf, daß die Operation Wolkensäule im Zusammenhang mit umfassenderen alliierten Militärplanungen in enger Absprache mit Washington erfolgte. Hochrangige amerikanische Militärvertreter hielten sich in den Tagen vor Beginn der Angriffe in Israel auf. Die Operation begann am 14. 11., genau eine Woche nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Ihr Termin stand unabhängig vom Wahlausgang in der USA fest. Als erster Schlag erfolgte die gezielte Ermordung des militärischen Führers der Hamas, Ahmed Dschabari. Seitdem hat sich die Operation zu anhaltenden Luftangriffen und Artilleriefeuer ausgeweitet. Darüber hinaus bereitet sich Israel auf eine Invasion mit Bodentruppen vor, für die 75.000 Soldaten mobilisiert wurden.

Amerikanisch-israelische Manöver 
Bei der Bewertung der amerikanischen Beteiligung an der Operation Wolkensäule ist vor allem hervorzuheben, daß die USA und Israel nur einen Monat vor den Angriffen die bisher größten gemeinsamen Manöver in der israelischen Geschichte durchführten. Ziel der Manöver war es, die Fähigkeiten der israelischen Raketenabwehr bei Angriffen aus der Nähe oder aus weiteren Entfernungen insbesondere seitens des Irans, der Hisbollah und der Hamas zu erproben. US-Verteidigungsminister Leon Panetta und sein israelischer Amtskollege Ehud Barak stehen in enger Absprache miteinander. Panetta hielt sich bereits Anfang August in Israel auf und besuchte das Land am 3. Oktober, zwei Wochen vor Beginn der gemeinsamen Manöver, die den Namen »Harte Herausforderung« trugen und aus 12 einzelnen Übungen bestanden, erneut. Am 18. Oktober begannen diese Manöver dann in Israel mit ihrer ersten Phase. Sie dauerten insgesamt vier Wochen, überlappten sich mit den amerikanischen Präsidentschaftswahlen am 6. November und gingen praktisch nahtlos in die Angriffe auf Gaza am 14. November über. In gewisser Hinsicht gingen die gemeinsamen Manöver der USA und Israels mit Beginn der Operation Wolkensäule aus dem Zustand fiktiver Übungen in die praktische Wirklichkeit über. Dabei muß man sich klar machen, daß diese gemeinsamen Manöver bewußt darauf angelegt waren, in einer tatsächlichen Militäroperation zu münden. Operation Wolkensäule wurde sorgfältig und umfassend vorbereitet und war in die Strukturen der gemeinsamen amerikanisch-israelischen Manöver »eingebettet«. An den Manövern »Harte Herausforderung« nahmen 3.500 amerikanische und 1.000 israelische Soldaten teil. Das amerikanische Truppenkontingent bestand aus 1.000 in Israel stationierten Soldaten sowie Militärberatern und Angehörigen von Spezialeinheiten und weiteren 2.500 Soldaten, die unter dem Kommando der 6. US-Flotte im östlichen Mittelmeer und dem US-Regionalkommando US-European Command (EUCOM) standen (siehe dazu: UPI). Koordiniert wurden die gemeinsamen Übungen durch den US-Luftwaffen-Generalleutnant Craig Franklin und den israelischen Brigadegeneral Schachar Schohat. Das erklärte Ziel dieser Übungen bestand darin, »Stresssituationen« im israelischen Luftraum und der Mittelmeerküste zu simulieren, um die Fähigkeiten beider Länder zu erproben, gegen Angriffe aus der Nähe [Hamas und Hisbollah] sowie aus größerer Entfernung [Iran] vorzugehen. Die Leitung der Manöver hatte EUCOM-Kommandeur Admiral James G. Stavridis. Verschiedene Berichte verweisen in diesem Zusammenhang darauf, daß damit innerhalb Israels amerikanische Kommandoposten und Leitzentralen errichtet wurden, die unter der Befehlsgewalt von EUCOM standen. Admiral Stavridis erklärte dazu, daß »beide Seiten hart daran gearbeitet haben, während dieser Übungen reale nachrichtendienstliche und informationstechnische Fähigkeiten aufzubauen. Diese Manöver sollen einen ausgedehnten Krieg in der Nahmittelost-Region simulieren, in dem die USA gezwungen wäre, einzugreifen und Israel mit weiteren Verteidigungsmöglichkeiten gegen Raketen zu versorgen«. (Siehe dazu: Haaretz, 24. Oktober 2012)  

Ein wichtige Rolle bei den Übungen spielte der Einsatz des Luftabwehrsystems Patriot 3 PAC, das in ganz Israel stationiert ist. Ein amerikanischer Raketenkreuzer, der mit dem elektronischen Warn- und Feuerleitsystem AEGIS ausgestattet ist, »ankerte vor der Küste und war in die Manöver einbezogen«. »Die Übungen zur Raketen- und Flugabwehr bilden einen integrierten Bestandteil des allgemeinen Manövers. Die israelischen und amerikanischen Truppen werden üben, Ziele, die sich Israel nähern, zu identifizieren und dann zu entscheiden, mit welchem System sie abgefangen werden, sowie das Verteidigungssystem so rasch wie möglich zu aktivieren, bevor die hereinkommenden Raketen oder Flugkörper israelisches Territorium erreichen.« (Ebenda.) Israels Verteidigungsminister Ehud Barak unterstrich, »die gemeinsamen Manöver spiegeln die intensive und tiefgreifende Zusammenarbeit mit den Amerikanern« wider, die als Mittel gesehen werde, gegen die anhaltende Bedrohung durch die Hamas vorzugehen. Diese Erklärung wurde am 12. November, also zwei Tage vor Beginn der Angriffe auf Gaza, abgegeben: »In diesen Zeiten ist es für uns besonders wichtig, die Koordination unserer Raketenabwehr angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen sowie vor dem Hintergrund des anhaltenden Vorgehens gegen die Hamas und die Terrorgruppen in Gaza zu verbessern, wobei damit zu rechnen ist, daß diese ihre Aktivitäten ausweiten und verschlimmern werden……. Der Gazastreifen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. In seinen Zentren ist die Feuerkraft und insbesondere die von den Raketen ausgehende Gefahr, in deren Reichweite die Dan-Region liegt, konzentriert (Siehe dazu: Haaretz, 12. November 2012, Hervorhebungen von M.C.)  Im Zusammenhang mit den Manövern wurden die Hamas und die Hisbollah als »nahe Feinde« eingestuft: »Die gemeinsamen Manöver simulieren umfassende und groß angelegte Raketenangriffe auf Israel sowohl aus der Nähe als auch aus größerer Entfernung, sowie einen Krieg gegen den Iran und die Hisbollah. Darüber hinaus bestätigte Verteidigungsminister Barak: »Nach den Abschussübungen wird der Verteidigungsbereich weitere Tests veranstalten, in denen die Möglichkeit simuliert wird, noch moderne und fortschrittlichere Verteidigungssysteme wie die Flug- und Raketenabwehrsysteme Arrow 3 und Magic Wand (auch Davids Schleuder), die bisher noch nicht in Gefechten eingesetzt wurden, in die Abwehr einer Vielzahl gleichzeitig angreifender Raketen einzubeziehen.« (Ebenda)

Die heimtückische Rolle Katars  
18. Oktober: Die gemeinsamen Manöver der USA und Israels beginnen.

23. Oktober: Der Emir Katars, Scheich Hamad ibn Khalifa Al Thani, besucht den Gazastreifen. Er trifft dort mit der Hamas-Regierung zusammen und verspricht finanzielle Hilfe.

24. Oktober: Der israelische Präsident Schimon Peres unterstellt, Katar, ein enger Verbündeter der USA, unterstütze die Hamas nicht nur militärisch, sondern ermutige die Hamas dazu, die Raketenangriffe auf Israel zu verstärken: »Er (der Emir von Katar) hatte Gaza kaum verlassen, als die islamistische Gruppe, die in Gaza herrscht, damit begann, ganze Raketensalven gegen Israel abzufeuern…..

24. Oktober: Israel tötet bei Luftangriffen auf Gaza 4 Zivilisten als Vergeltung für Raketenangriffe aus Gaza, bei denen 4 ausländische Arbeiter verwundet wurden. In Presseberichten wird auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen den israelischen Luftangriffen und dem Beginn der gemeinsamen amerikanisch-israelischen Manöver hingewiesen: »Die militärischen Scheinmanöver und computergestützten Kriegssimulationen … fielen zeitlich mit realen israelischen Luftangriffen 70 Kilometer weiter südlich im Gazastreifen als Vergeltung für palästinensische Raketenangriffe zusammen. 4 Bewohner Gazas wurden bei den israelischen Angriffen getötet. Zuvor hatten militante Palästinensergruppen mindestens 75 Raketen gegen Israel abgefeuert, die nach Polizeiangaben drei ausländische Arbeiter verwundeten, darunter zwei schwer, und Sachschäden anrichteten(Siehe dazu: Bloomberg, 25. Oktober 2012.) Diese Berichte deuten an, daß die Luftangriffe vom 24. Oktober auf Gaza im Rahmen der gemeinsamen Manöver der USA und Israels stattfanden. Alles weist darauf hin, dass die Angriffe auf Gaza, die am 14. November begannen, als Fortsetzung der gemeinsamen Manöver, die tatsächlich bereits Ende Oktober militärische Wirklichkeit geworden waren, zu betrachten sind.   

Ein Besuch mit Hintergedanken? 
Vieles deutet bei dem Besuch des Emirs von Katar in Gaza so kurz vor Beginn des gemeinsamen Manövers der USA und Israels in die Richtung, daß es sich dabei um eine verdeckte amerikanische Operation handelt. Katar ist ein von der USA unterstütztes Marionettenregime und unterhält in nachrichtendienstlichen und militärischen Belangen enge Beziehungen sowohl zur USA als auch zur NATO, während das Land andererseits die Hamas finanziell unterstützt. In einem Bericht heißt es: »Der Emir von Katar lieferte den Israelis Informationen, die dann beim Angriff auf wichtige Gebäude der Hamas benutzt wurden.« (Siehe dazu: Fars News, 17. November 2012.) Auf die tiefergehenden Auswirkungen des Kriegs gegen Gaza im Zusammenhang mit den anhaltenden militärischen und geheimdienstlichen Operationen der USA und der NATO in der Nahmittelost-Region einzugehen, würde den Umfang dieses Artikels sprengen.  [2]   

Ein umfassender Krieg in der Nahmittelostregion 
Der Angriff auf Gaza muss im Zusammenhang mit dem umfassenderen Krieg in der Nahmittelostregion gesehen werden. Die israelischen Angriffe wurden von Präsident Obama gebilligt und stehen in direktem Zusammenhang mit Kriegsplänen der USA, der NATO und Israels gegen den Libanon, Syrien und den Iran. Die Wahl des Zeitpunkts – eine Woche nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen – ist dabei von ausschlaggebender Bedeutung. Operation Feuersäule ist als bewusste Provokation zu werten, die darauf abzielt, eine militärische Eskalation herbeizuführen. Die israelische Öffentlichkeit lehnt einen umfassenderen Krieg in Nahmittelost und auch sogenannte »chirurgische Schläge« gegen iranische Nukleareinrichtungen ab. Soll der Angriff auf Gaza als Auslöser dienen, der die Welt in einen umfassenden Krieg im Nahen und Mittleren Osten führen könnte? Wir haben es hier nicht mit einem isolierten Ereignis zu tun. Der Einmarsch in Gaza ist Teil der umfassenden militärischen Agenda der USA, der NATO und Israels.

 

[1]  http://www.thedailybeast.com/articles/2012/11/15/assassinating-the-chance-for-calm.html
5. 11. 12  Assassinating The Chance For Calm  by Gershon Baskin resp. 
http://www.bueso.de/node/6164
   19. 11. 12  Getöteter Hamasführer Jaabari wollte offenbar langfristigen Waffenstillstand   
[2]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/prof-michel-chossudovsky/der-amerikanisch-israelische-angriff-auf-gaza.html;jsessionid=621E8BA87DBE46EB85A88CFA6C02112F   21. 11. 12 Der amerikanisch-israelische Angriff auf Gaza  -  Prof. Michel Chossudovsky
Der Originalartikel ist auf  http://www.globalresearch.ca/the-us-israeli-attack-on-gaza/5312383  einsehbar: The US-Israeli Attack on Gaza - By Prof Michel Chossudovsky  20. 11. 12
[3] 
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/prof-michel-chossudovsky/die-invasion-von-gaza-ist-teil-einer-umfassenderen-militaerischen-agenda-von-usa-nato-und-israel-w.html;jsessionid=17C6492107FFB36C39391E8F22BC8DD6
Die Invasion von Gaza ist Teil einer umfassenderen militärischen Agenda von USA, NATO und Israel. Wird hier eine militärische Eskalation vorbereitet?  -  Prof. Michel Chossudovsky