Helvetische Waffendeals

Die Schweiz will alte 180 Schützpanzer, M113, bestückt mit 20-mm-Kanonen und Maschinengewehren nach dem Irak exportieren, statt sie zu verschrotten. 736 Occasions Schützenpanzer möchte der Bund Pakistan verkaufen. Im Irak sollen die Schützenpanzer beim Aufbau wirksamer Polizei-, Grenz- und Objektschutzdienste zum Einsatz kommen, wie dies die bestehende UNO-Resolution vorsieht. Pakistan will die 736 Panzer im Rahmen von UNO Einsätzen im Ausland verwenden. Gemäss der US-amerikanischen Rüstungsagentur DID (Defense Industry Daily) sollen jedoch die M113 aus der Schweiz im Irak zur Ausrüstung einer Panzerdivision verwendet werden, wie die "Basler Zeitung" (13.08.2005) informierte. Auch ein Bericht des Pentagons an den US-Kongress mit dem Titel "Bemessung der Sicherheit und Stabilität im Irak" vom 21. Juli zeigt, dass sich die irakische Armee, aber nicht die Polizei mit M113 ausrüsten will, laut Recherchen der SonntagsZeitung (14.08.2005). Damit ergeben sich für die ohnehin umstrittene Ausfuhrbewilligung für die Panzer zusätzliche Probleme. Laut Othmar Wyss, dem Verantwortlichen im Staatsekretariat für Wirtschaft, muss die noch ausstehende Endbenutzungserklärung der Iraker den Einsatz der Panzerfahrzeuge gemäss UNO-Resolution für Polizeizwecke sicherstellen. Ohne diese Garantie werde der Panzerdeal nicht bewilligt, sagte er.

Verletzung des Kriegsmaterialgesetzes durch weitere aktuelle Deals
Die meisten heutigen Rüstungsexporte der Schweiz verletzen das Kriegsmaterialgesetz. Dies ist unter anderem auch bei folgenden Geschäften der Fall:
- den Rüstungsgeschäften der bundeseigenen Firma Ruag mit Südkorea. Das sind Unterhaltsarbeiten von Gefechtsköpfen von Luft-Luft Lenkwaffen des Typ „Sidewider“ durch die bundeseigene Firma Ruag
- dem Export von Bauteilen und Lizenzen für Fliegerabwehrkanonen der Firma Oerlikon Contraves nach Indien. Ein Geschäft von 300 Millionen Franken. Die Firma Oerlikon Contraves ist heute im Besitze der deutschen Firma Rheinmetall.
 
Schützenpanzer für den Irak?
Der Krieg im Irak ist noch nicht zu Ende. Immer noch fliegen die amerikanische und die britische Luftwaffe Einsätze im Irak, um so genannte Terroristennester auszurotten. Opfer sind jedoch meist am Konflikt unbeteiligte Frauen, Kinder und Männer. Das heutige US-Vasallenregime im Irak lässt Gefangene foltern, wie früher Saddam Hussein. Die Orgie der Gewalt im Irak wird sicher nicht durch die Lieferung von 180 Schützenpanzern aus der Schweiz gestoppt, auch wenn sie wirklich nur von der Polizei benutzt würden. Im Gegenteil: Es ist zu befürchten: dass das irakische US-Regime durch Rüstungslieferungen nur noch bestärkt wird Probleme mit militärischen Mitteln zu lösen. „Die Situation im Innern des Bestimmungslandes, namentlich bezüglich der Menschen­rechte;“ (Art. 5 b der Kriegsmaterialverordnung) wird durch Rüstungslieferungen nach dem Irak verschlechtert, nicht verbessert wie der Bundesrat meint. 
 
DECLARATION OF THE JURY OF CONSCIENCE
WORLD
TRIBUNAL ON IRAQ - ISTANBUL 23rd - 27th JUNE 2005
http://www.worldtribunal.org/
Das Irak Tribunal, das vom 23. bis am 27. Juni 2005 in Istanbul tagte, deklarierte unter Punkt 10 seiner Empfehlungen: „Die Völker der Erde sollten sich mit aller Kraft gegen die Unterstützung der Besetzung des Iraks durch ihre Regierungen widersetzen, der Lieferung von Material, des Nachschubs und der moralischen Unterstützung.“
 
Das Rüstungsgeschäft mit Südkorea
In Südkorea beschützen tausende von Panzern die Demarkationslinie zwischen Süd- und Nordkorea. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zwischen Nord und Süd zu Zwischenfällen mit Todesopfern. Die Schweiz hat als neutraler Staat ein Uno-Mandat zur Überwachung der Grenze und des Waffenstillstandes zwischen den beiden Staaten. Nordkorea besitzt Atombomben, wie die Führer dieses Landes auf jeden Fall behaupten. Die US-Armee verfügt in Südkorea auch über Atomwaffen. „Die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität“ (Art. 5 a der Kriegsmaterialverordnung) würden klar keine Rüstungsgeschäfte der bundeseigenen Firma Ruag mit Südkorea erlauben. Die Unterhaltsarbeiten von Gefechtsköpfen von Luft-Luft Lenkwaffen des Typ „Sidewider“ durch die Ruag verletzen zu dem klar das Neutralitätsrecht.
 
Krass verletzt wurde das Kriegsmaterialgesetz im Falle von Südkorea schon früher. Die Firma Maag Gear AG hatte für Südkoreas Zerstörer Getriebe geliefert, mit dem Segen der Bundesbehörden, wie Bruno Vanoni in seinem Artikel „Getriebe für Zerstörer“ im Tagesanzeiger vom 2. März 2005 schrieb.
 
Waffenexporte nach Pakistan und Indien
Indien und Pakistan haben seit ihrer Trennung dreimal Krieg gegeneinander geführt. Auch heute bedroht der ungelöste Kaschmir Konflikt die regionale Stabilität. Die Menschenrechtslage in Pakistan ist laut Berichten von Amnesty International schlecht. Wiederholt haben hohe indische wie pakistanische Politiker mit dem Einsatz von Atombomben gedroht. Auf Grund der sehr unstabilen Lage in Pakistan kann daher niemand garantieren, dass die Schweizer Schützenpanzer in Pakistan „ausschliesslich nur für UNO-Einsätze“ verwendet werden, wie dies versprochen wurde. „Die Aufrechterhaltung des Friedens, der internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität“ (Art. 5.a der Kriegsmaterialverordnung), wird durch Rüstungslieferungen nach Indien und Pakistan eindeutig gefährdet.

Wie neuerdings bekannt wurde, wurde der Panzerdeal mit Pakistan von einer vorbestraften Person eingefädelt die gute Kontakte zum pakistanischen Regime hat. Dieser Trafikant war früher in illegale Lieferungen von Atomtechnologie nach Pakistan verstrickt. Er half damit die erste islamische Atombombe zu bauen.
 
Schon unter Saddam Hussein lieferte die Schweiz dem Irak Rüstungsgüter
Schon einmal lieferte die Schweiz, wie die USA, der damalige Ostblock und viele europäische Staaten dem Irak Kriegsmaterial, und zwar vor und während dem Krieg des Iraks gegen das fundamentalistische Regime Khomeinis des Irans, einem Blutbad das von 1980 bis 1988 dauerte. Am 16. März 1988 bombardierte die irakische Luftwaffe die Stadt Halabdja mit Giftgas. 5000 Menschen starben. Saddam Hussein setzte für diese Giftgaseinsätze Propellerflugzeuge ein, auch Pilatus Flugzeuge aus Stans. (siehe auch Tribune de Genève 14.9.92: Un pilote kurde de Saddam dénonce l'utilisation des Pilatus) Nach der Aussenhandelsstatistik lieferte die Firma Pilatus in Stans dem Irak in den achtziger Jahren 53 PC-7 und 22 PC-9 Flugzeuge, neben den kleineren Bravo Maschinen der Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein. Der Schweizer C-Waffen Spezialist des Bundes, Oberst Imobersteg, forderte damals, nach den Giftgas-Bombardierungen von Halabdja, der Stadt Oshnaviyeh und anderer Ortschaften der Kurden, ein Ausfuhrverbot von PC-7 und PC-9 in Spannungsgebiete. Die Schweiz stellte die Flugzeuglieferungen nach dem Irak jedoch erst später, auf amerikanischen Druck hin, ein.
 
Schweizer Firma unterstützen schon Saddam Hussein
Schweizer Firmen unterstützten vor dem zweiten Golfkrieg zudem mit ihren Lieferungen massgeblich das atomare, chemische und bakteriologische Aufrüstungsprogramm des Iraks, was UNO-Inspektionen an Ort nach dem Golfkrieg später bestätigten. Der Irak wäre in dieser Zeit bald einmal in der Lage gewesen eine Atombombe zu bauen. Wie Überprüfungen im Irak der Internationalen Atomenergieagentur, im Auftrag der UNO, ergaben, war die Schweiz nach Deutschland der zweitwichtigste Lieferant für Saddam Husseins Bombe. 24 Schweizer Firmen waren am Aufbau des irakischen Atomprogrammes beteiligt. Sämtliche Verfahren gegen diese Schweizer Firmen wurden jedoch eingestellt.
 
Vergeblich warnten lange vor dem Golfkrieg in- und ausländische Wissenschafter davor, in der Schweiz unter anderen der Physiker Konradin Kreuzer und der Historiker Peter Hug, militärisch relevante "zivile" Atom-Technologie nach dem Irak und nach anderen Staaten zu exportieren.
 
Die Bundespolizei liess die Kritiker der Schweizer Waffenexportpolitik bespitzeln, wie später aus den Fichen ersichtlich war. Die Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot (ARW) stand jahrelang im Visier der Geheimpolizei. Offensichtlich beunruhigten Rüstungsexporte an Staaten die Kriege führten und die Atomexporte nach dem Irak, nach Pakistan und die Lieferung einer Anlage für die Produktion von Schwerwasser durch die Firma Sulzer an die Diktatur in Argentinien die Organe des Bundes weniger als die Kritik an diesen Deals.
 
Panzerverkauf: auch weil Schweiz krass überrüstet ist
Wie kommt es überhaupt dazu, dass die Schweiz plötzlich soviel Rüstungsmaterial verkaufen will, 736 alte Schützenpanzern nach Pakistan und 180 Occasions-Schützenpanzer nach dem Irak? Die Schweiz besitzt so viel altes Kriegsmaterial weil unser Land sich in den letzen Jahrzehnten krass überrüstet hat. Wie der Historiker Peter Hug bereits vor 15 Jahren dokumentierte, besass die Schweiz 1990 820 Kampfpanzer, während das Grossbritannien das etwa achtmal mehr Einwohner als die Schweiz hat 1'170 Panzer hatte. Pro Tausend Quadratkilometer hatte die Schweiz 1990 33 Schützenpanzer, während Österreich nur über 6 Schützenpanzer verfügte. Es erstaunt nicht, dass die Militärausgaben unseres Landes damals, und auch heute noch, pro Kopf der Bevölkerung zu den höchsten der Welt gehörten.
 
Bundesrat foutierte sich schon früher um das Kriegsmaterialgesetz und das Neutralitätsrecht
Nicht erst heute foutiert sich der schweizerische Bundesrat um festgeschriebene Bestimmungen die Kriegsmaterialexporte einschränken würden. Er verletzte auch immer wieder das Neutralitätsrecht, denn die meisten Rüstungsexporte der letzten Jahrzehnte waren mit dem neutralen Status der Schweiz nicht vereinbar. Die schweizerischen Waffenexporte nahmen von 2002 auf 2003 um 36 Prozent zu, von 277,6 Mio. Fr. auf 370.0 Mio. Fr., und von 2003 auf 2004 vergrösserten sie sich um 6,2 Prozent. 2004 wurden für 402,4 Mio. Fr. Kriegsmaterial exportiert. Die Rüstungsexporte des „neutralen“ Helvetiens haben damit 2004 einen Höchststand erreicht, wie seit 16 Jahren nicht mehr.
 
Kriegsmaterialexporte: Unvereinbar mit Engagement für den Frieden, für das Rote Kreuz und die Entwicklungshilfe
Die Gelder die für Schweizer Waffenexporte vergeudet werden, fehlen in armen wie auch in reichen Ländern für Schulen, Gesundheitsversorgung, Wasser-, Elektrizitätsversorgung, dem Bau von Strassen, Eisenbahnen usw. Diese Verschwendung der Mittel für den Krieg bezahlen viele Menschen oft mit ihrem Leben. Jede Chance der Armut zu entfliehen wird dadurch vielerorts verunmöglicht. Tag für Tag leben Millionen von Frauen, Männern und Kinder in Angst vor dem Krieg. In jeder Minute wird jemand getötet.
 
Von 1975-2004 exportierte die Schweiz für 10,850 Milliarden Franken Kriegsmaterial, zu einem grossen Teil an Staaten die Krieg führten, nach Ländern die in Spannungsgebieten liegen, an Staaten die Menschenrechte verletzten und nach Gebieten in denen Menschen verhungern. Unser Land, engagiert für den Frieden, politisch neutral und Sitz des Komitees vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz müsste auf alle Kriegsmaterialexporte verzichten um glaubwürdig zu bleiben.
 
H. Frei