Der Freihandelsdeal zwischen der USA und der EU soll die Basis für eine neoliberale globale Wirtschaftsordnung schaffen - Von Dana Gabriel 17.03.2013 21:19
Die USA und die EU beabsichtigen, den größten Freihandelsdeal der Welt miteinander
abzuschließen. Ein derartiges Abkommen wäre die Basis für die Schaffung einer NATO- Wirtschaftsmacht und würde den Handel mit Waren, Dienstleistungen, Investitionen und Rechten an geistigem Eigentum einschließen. Es ist zu befürchten, daß die USA diese Gespräche nutzen wird, um die EU zur Aufhebung der Beschränkungen zu drängen, die in Europa für den Import von genmanipuliertem Getreide und daraus hergestellten Nahrungsmitteln gelten. Außerdem könnte der Deal als Hintertür dienen, um das vom Europa-Parlament im letzten Jahr abgelehnte Urheberrechtsabkommen ACTA doch noch durchzudrücken. [2] Mit einem transatlantischen Handelsabkommen zwischen den USA und der EU will man sich gegen Chinas wachsende Wirtschaftsmacht wehren.
Ein solches Abkommen
könnte das Fundament für eine neue globale Wirtschaftsordnung sein. In seiner
jüngsten Rede zur Lage der Nation gab Präsident Obama offiziell bekannt, daß die Vereinigten Staaten mit der EU Gespräche über
eine umfassende transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft
aufnehmen wird. In einem gemeinsamen Statement erklärten José Manuel Barroso,
der Präsident der EU-Kommission, Herman Van Rompuy, der Präsident des
Europa-Rates, und US-Präsident Obama: »Bei diesen Verhandlungen werden die
USA und die EU die Gelegenheit haben, nicht nur Handel und Investitionen über
den Atlantik auszuweiten, sondern auch zur Entwicklung globaler Regeln
beizutragen, die das internationale Handelssystem stärken können.« In
einer aus diesem Anlaß gehaltenen Rede fügte Barroso
hinzu: »Ein
zukünftiger Deal zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsblöcken der Welt
wird das Zusammenspiel grundlegend verändern. Gemeinsam werden wir die größte
Freihandelszone der Welt bilden. Deshalb
werden diese Verhandlungen nicht nur einen neuen Standard für unseren künftigen
bilateralen Handel, unsere wechselseitigen Investitionen und die dazu
notwendigen Regularien setzen, sondern auch zur Entwicklung von Regeln für den
globalen Handel beitragen.«
Angestoßen
wurde der Freihandelsdeal von der ›High
Level Working Group on Jobs and Growth‹, der Hochrangigen Arbeitsgruppe für
Jobs und Wachstum, die geschaffen wurde, um die wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen der USA und der EU zu vertiefen. In ihrem Abschlußbericht forderte die Arbeitsgruppe beide Seiten
auf, »so
bald wie möglich die formellen Verfahren einzuleiten, die notwendig sind, um
Verhandlungen über ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen in Gang zu setzen.« Nach
Aussagen offizieller Stellen in der USA und der EU könnten die Gespräche
bereits diesen Juni beginnen und bis Ende des Jahres 2014 erfolgreich
abgeschlossen werden. Durch das vorgeschlagene Handelsabkommen sollen die
Importzölle und alle Hürden beseitigt werden, die den Handel mit Waren,
Dienstleistungen und Investitionen behindern; gleichzeitig sollen die auf
beiden Seiten geltenden [unterschiedlichen] Standards und Regulierungen
harmonisiert werden. Auch der Schutz des geistigen Eigentums und entsprechende
Durchsetzungsmaßnahmen würden einbezogen. Dabei könnte durch die Hintertür auch
wieder das ›Anti-Counterfeiting
Trade Agreement‹ ACTA [Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen]
ins Spiel gebracht werden. [3]
Öffentlicher Druck und die Befürchtung, die freie Nutzung des Internets
und die Privatsphäre könnten dadurch bedroht sein, hatten das Europäische Parlament
im Juli 2012 dazu bewogen, das ACTA-Abkommen abzulehnen. Auch bei den
Verhandlungen über den Handel zwischen Kanada und der EU wird wieder versucht, wenigstens
Teile dieses Abkommens durchzusetzen.
Lori
Wallach, die Direktorin von ›Global Trade
Watch‹, einer Unterorganisation von ›Public Citizen‹, die den Welthandel
überwacht, erklärte, die Gespräche zwischen der USA und der EU zielten
darauf ab, »eine ganze Reihe zu unser aller Wohl notwendiger
Vorschriften zum Schutz der Unverfälschtheit der Nahrung, der Gesundheit und
der Umwelt, die von internationalen Konzernen als ›Handelshemmnisse‹
betrachtet werden, zu beseitigen.« Zur Erläuterung dieser Aussage fügte
sie hinzu: »Europäische
Konzerne haben die US-Vorschriften zur Regulierung des Finanzsystems und die strengeren Test- und
Zulassungsbestimmungen für Arzneimittel und medizinisches Gerät im Visier;
US-Konzerne wollen die schärferen europäischen Vorschriften zum Umgang mit
Chemikalien, zur Unverfälschtheit von Nahrungsmitteln und zur Deklarierungspflicht
für genmanipulierte Nahrungsbestandteile beseitigen.« ›Earth Open Source‹ [eine britische Organisation zum Schutz der Nahrung] [4]
warnte: »Der geplante Freihandelsdeal zwischen der USA und der EU
würde EU-Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt aushebeln und den Export von genmanipuliertem Saatgut und
aus genmanipulierten Grundstoffen hergestellten Nahrungsmitteln nach Europa
ermöglichen.«
Die Forschungsdirektorin Claire Robinson gab zu bedenken: »Wenn das Handelsabkommen durchgeht,
wird es der EU gemäß den Regeln der WTO untersagt sein, die Verwendung
genmanipulierter Organismen stärker zu regulieren als die USA.« Das
sollte aufhorchen lassen, denn in der USA sind in vielen Fällen bei der
Beimengung genmanipulierter Organismen in Nahrungsmittel weder Sicherheitstests noch eine
besondere Kennzeichnung vorgeschrieben.
Das
vorgeschlagene Handelsabkommen zwischen der USA und der EU überschattet auch
die immer noch zwischen Kanada und der EU laufenden Verhandlungen über ein ›Comprehensive
Economic and Trade Agreement‹ [CETA],
ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen. [5] Obwohl
sich die Gespräche im Endstadium befinden, müssen beide Seiten noch große
Lücken überbrücken, bevor das Abkommen geschlossen werden kann. Thomas Walkom
vom ›Toronto Star‹ meint dazu: »Europas wirkliches
Interesse am Abschluß eines Handelsabkommens mit
Ottawa besteht darin, der USA zu demonstrieren, daß
ein transatlantischer Freihandelspakt möglich ist.« Er
fährt fort: »Die
EU-Unterhändler werden sich jetzt noch heftiger dagegen sträuben, Kanada größere
Zugeständnisse zu machen, aus Angst, sie könnten damit ihre Position in den
Verhandlungen mit der USA schwächen.« Walkom glaubt: »In den
Verhandlungen steht Kanada deshalb unter viel größerem Druck als Europa.« Er schließt
mit der Feststellung: »Ein Deal zwischen Kanada und der EU dürfte sicher sein. Nachdem
die USA jetzt aber mit ins Spiel gekommen ist, könnten die Konditionen für Kanada
sogar noch ungünstiger als erwartet ausfallen.« Die kanadische Zeitung ›Globe and Mail‹ hat kürzlich berichtet, die EU habe noch weitere Zugeständnisse
von Kanada gefordert, bevor ein Vertrag geschlossen werden könne. Um überhaupt
zu einem Abschluß zu kommen, könnten die
verzweifelten Kanadier bereit sein, noch mehr eigene Positionen aufzugeben. Sie
haben sich von Anfang an auf einen schlechten Deal eingelassen und sollten im
eigenen Interesse am besten die Finger von CETA lassen. Es ist zu erwarten, daß die gegen die Macht der Konzerne und die
Globalisierung gerichteten Bewegungen auf beiden Seiten des Atlantiks in den
kommenden Monaten ihre Anhänger gegen das geplante Handelsabkommen zwischen der
USA und der EU mobilisieren werden. Es sind die Großkonzerne und die
Finanzindustrie, die diesen Großangriff auf die Gesundheit, die
unverfälschte Nahrung und die Umwelt starten. Wie das Nordamerikanische
Freihandelsabkommen NAFTA soll vermutlich auch der beabsichtigte Handelsdeal
der USA mit der EU eine Vereinbarung enthalten, die verhindert, daß durch die staatliche Besteuerung von
Kapitalanlagen die Profite der Konzerne geschmälert werden.
Ein
Handelsabkommen zwischen der USA und der EU wäre ein weiterer Baustein für ein neues
globales Handelssystem. Zusammengenommen würden das NAFTA-Abkommen, die
Transpazifische Partnerschaft und ein transatlantischer Handelsdeal zwischen USA
und EU beste Voraussetzungen für eine globale Freihandelszone schaffen. [1]
Transatlantik-Freihandel
ist Gefahr für Schweizer Unternehmen d.a. Dies ist der Titel eines Artikels in den ›Deutschen Wirtschafts Nachrichten‹ vom 16. März. [6]. »Das
geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und der USA könnte Schweizer Exportunternehmen diskriminieren«, heisst
es dort. Und: »Die Wirtschaft läuft dagegen Sturm.« Wie aus den Ausführungen der ›DWN‹ hervorgeht, ist Obamas
Vorschlag von der EU-Kommission
begrüßt worden, so dass sie bereits einen Entwurf für ein entsprechendes
Verhandlungsmandat verabschiedet hat. Nicht erstaunen sollte, dass es der
Kommission zudem gelungen ist, »eine Studie über die wirtschaftlichen Vorteile
der Freihandelszone vorzulegen.« »Der belgische EU-Kommissar für Handel Karel De Gucht«, so die
Zeitung ferner, »hofft, dass die Mitgliedstaaten dieses Mandat so rasch wie
möglich billigen. Denn die Verhandlungen sollen noch vor der Sommerpause beginnen.
›Je eher wir beginnen, desto eher
können wir eine Vereinbarung erreichen, von der alle Seiten profitieren‹,« zitiert
ihn Bloomberg. Zu letzterem dürften durchaus etliche Vorbehalte anzumelden sein
….
Darüber
hinaus wird in den ›DWN‹ folgendes konstatiert: »Die USA ist nach der EU der
zweitwichtigste Exportmarkt der Schweiz. Wenn die EU und die USA ein
Freihandelsabkommen abschließen würden, dann könnte dies zu einer
Diskriminierung Schweizer Exportunternehmen führen, so Economiesuisse, der
größte Dachverband der Schweizer Wirtschaft. Denn Schweizer Unternehmen
unterlägen beim Zutritt zum US-Markt schlechteren Bedingungen als ihre
europäischen Konkurrenten. Die Größe des Diskriminierungspotentials sei
momentan noch nicht abschätzbar, man müsse jetzt erst einmal den
Verhandlungsstart abwarten, sagte Jan Atteslander, Außenwirtschaftsleiter bei
Economiesuisse, den ›Deutschen
Wirtschafts Nachrichten‹. Zwar sei
die Einrichtung von Freihandelszonen grundsätzlich ein ›positives Signal für den Welthandel‹. Doch dürften Schweizer Unternehmen nicht benachteiligt werden. ›Es gibt kaum eine Branche, die nicht
von dem Abkommen betroffen wäre‹,
sagte Atteslander. Er fordert daher vom Bundesrat, ›die Fühler wieder in Richtung USA auszustrecken und mit der USA
explorative Gespräche über ein mögliches Freihandelsabkommen mit der Schweiz
aufzunehmen‹.«
Zu dem Vorhaben vermerkt Thierry Meyssan, wie
gewöhnlich eine schärfere Sicht der Dinge einnehmend, in seinem Abriss ›Die
Wirtschaftliche NATO, eine US-Lösung für die Krise‹ unter anderem folgendes [7]:
Die Schaffung eines transatlantischen Marktes ist lediglich eine
Komponente eines grösseren Projekts, einschliesslich der Schaffung einer echten
supra-institutionellen
Regierung mit einem transatlantischen Wirtschaftsrat, einem
transatlantischen politischen Rat und einem transatlantischen Parlament. Die
drei Organe sind somit sozusagen schon im Werden begriffen, ohne dass dies in
irgendeiner Weise publik gemacht worden wäre. Ihre Architektur bezieht sich auf
ein sehr altes Projekt, das zum Ziel hat, aus allen unter anglo-amerikanischem
Einfluss stehenden Staaten einen grossen kapitalistischen Block zu schaffen.
Man findet seine Spuren in den geheimen Klauseln des Marshall-Plans, aber vor
allem in Artikel 2 des Nordatlantischen Verteidigungspakts [8]. Aus diesem Grund spricht man unterschiedslos von einer
transatlantischen Union oder einer wirtschaftlichen NATO. Wie diese funktionieren
wird, ergibt sich aus der Beobachtung der Art und Weise, wie z.B. Streitigkeiten
über den Austausch personenbezogener Daten gelöst wurden. Die Europäer haben
sehr strenge Personaldatenschutzstandards, während den Amerikanern alles möglich
ist, indem sie sich auf den ›Kampf gegen
den Terrorismus‹ berufen.
Nach längerem Hin und Her kapitulierten die Europäer vor den Amerikanern, die
ihnen ihr Einbahn-Modell oktroyierten: Die USA hat die europäischen Daten kopiert,
während die Europäer keinen Zugriff auf US-Daten bekamen. In wirtschaftlichen
Fragen wird es auch um die Aufhebung von Standards gehen, die gewisse Importe
bislang verunmöglichen. Washington möchte seine genmodifizierten Produkte in
Europa ganz gemütlich verkaufen, seine mit Chlor behandelten Hühner und seine mit
Hormonen behandelten Rinder; und es will Facebook, Google, etc. ungeachtet
jeglicher Privatspähre ungehindert nutzen können. Abgesehen von dem ungleichen
Charakter dieses Projekts und von der unmittelbaren Falle, die es darstellt, besteht ein wichtiger Faktor darin,
dass die Interessen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union in Wirklichkeit
auseinanderstreben. Die USA und Grossbritannien sind
Seemächte, die an einem transatlantischem Handel ein historisches Interesse
haben, was auch im Zweiten Weltkrieg zum Durchbruch kam. Im Gegensatz hierzu
haben die Europäer kontinentale, mit Russland gemeinsame Interessen, die auch den
Energiesektor betreffen.
»Wenn Brüssel«, schliesst Meyssan, »Washington
wie während des Kalten Krieges weiterhin gehorchen sollte, handelt
Brüssel zum Nachteil der Europäer.«
[1] Quelle:
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP03113_080313.pdf 8. 3. 13 Friedenspolitische
Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein LP0, denen wir
auch die Übertragung ins Deutsche verdanken. Originalartikel
auf http://www.globalresearch.ca/the-u-s-eu-free-trade-deal-foundation-for-a-new-global-economic-order/5324509 February 27, 2013 The U.S. - EU Free Trade Deal: Foundation for a New
Global Economic Order - By Dana Gabriel
Dana
Gabriel ist ein Aktivist und unabhängiger investigativer Journalist. Er
schreibt über Handel, Globalisierung, Souveränität, Sicherheit und andere
politische Probleme. Er ist über beyourownleader@hotmail.com zu erreichen und und betreibt den Blog http://beyourownleader.blogspot.ca/
[2] http://www.tagesschau.de/ausland/acta228.html [3] http://cdn.thejournal.ie/media/2012/01/20120125acta.pdf [4] http://earthopensource.org/ und http://www.meine-landwirtschaft.de/aktuell/nach [5] http://www.international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/agr-acc/eu-ue/negotiations-negociations.aspx?lang=eng&view=d [6] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/03/16/transatlantik-freihandel-ist-gefahr-fuer-schweizer-unternehmen/ 16. 3. 13 [7] http://www.voltairenet.org/article177724.html 3. 3. 13 L’OTAN économique, solution à la crise aux États-Unis par
Thierry Meyssan [8] http://www.voltairenet.org/article10130.html Réseau Voltaire 4 avril 1949
Traité de l’Atlantique Nord
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