Bundesbern - Brüssels willfährigster Trabant - Von Ulrich Schlüer 30.06.2013 22:01
Volle zweieinhalb Jahre benötigte der Bundesrat, bis er jetzt etwas vorzulegen vermochte,
was er als
«Umsetzungs-Konzept» für die im November 2010 von Volk und Ständen deutlich
angenommene Ausschaffungs-Initiative aufzufassen verlangt. Blenden wir zurück:
Die Ausschaffungs-Initiative, zu der die Unterschriften innert Rekordzeit mit
einem Rekordresultat zusammengetragen wurden, war seinerzeit vom Bundesrat zur
Ablehnung empfohlen worden. Auch beide Kammern des Parlaments verwarfen die
Initiative, nach dem Muster ›Alle
gegen die SVP‹. Das Parlament, gemäss Bundesverfassung das allein
zuständige Organ zur Feststellung der Gültigkeit von Volksinitiativen, musste
immerhin einräumen, dass die ungeliebte Initiative als gültig zu erklären war. Indessen
glaubte man zu Bundesbern, ihr mit einem Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln
nehmen zu können.
Gegenvorschlag krass
durchgefallen Auch
dieser Gegenvorschlag sah Ausschaffungsmöglichkeiten jedenfalls für
ausländische Schwerverbrecher vor. Nicht aber für Ersttäter. Denn nur wer eine
Strafe von mindestens sechs Monaten aufgebrummt bekäme, hätte als krimineller
Ausländer gemäss Gegenvorschlag ausgewiesen werden können. Mit solcher Strafe
werden – von Mördern vielleicht abgesehen – ausländische Ersttäter kaum
je belegt. Das heisst im Klartext: Frühestens die zweite oder dritte
Vergewaltigung, der zweite oder dritte Raubüberfall, der vierte oder sechste
Einbruch hätte eine Ausschaffung eines kriminellen Ausländers bewirkt.
In der
Volksabstimmung ist dieser Gegenvorschlag krass durchgefallen. Das Volk hat ihn
wuchtig abgelehnt. Und in keinem Kanton, zur unverhohlenen Konsternation der
Berner Classe politique, nicht einmal in einem welschen Kanton fand sich eine
Ja-Mehrheit für dieses windige Gegenprojekt. In seinem Zorn ob dem
unbotmässigen Souverän schlug der Bundesrat nur allzu rasch zurück: Mit Rücksicht
auf nur vage angedeutete ›Menschenrechte‹ sei die wortgetreue Umsetzung der von
Volk und Ständen gutgeheissenen Initiative unmöglich, behauptete er. Als wären die
Menschenrechte für die Schwerverbrecher geschaffen worden. Selbst einzelne
Bundesrichter widerlegten den Bundesrat mit dieser Aussage. Aber die
Landesregierung will sich am Souverän rächen. Allein aus dieser Haltung heraus
erklärt sie die Umsetzung der von Volk und Ständen beschlossenen, vom Parlament
als gültig erklärten Ausschaffungs-Initiative als unmöglich. Seit zweieinhalb
Jahren verharrt der Bundesrat stur und verfassungswidrig auf diesem Standpunkt.
Das Gleiche in neuem
Kleid Doch jetzt
präsentiert er ein ›Umsetzungsgesetz‹. Wundert sich noch jemand, dass
dieses haargenau, fast wörtlich, dem von Volk und
Ständen 2010 in aller Deutlichkeit abgelehnten Gegenvorschlag zur Ausschaffungs-Initiative
entspricht? In seiner Selbstherrlichkeit – die nach der Ablehnung der
Initiative für die Volkswahl des Bundesrats offenbar an Arroganz noch
zugenommen hat – will die Landesregierung genau das in Kraft setzen, was vom
Souverän klar abgelehnt worden ist, damit sie jene Forderungen nicht umsetzen
muss, die der Souverän im November 2010 beschlossen hat.
Fällt das
Volk auf dieses «Umsetzungsgesetz» herein, sind die Konsequenzen klar: Es
braucht dann, bis ein ausländischer Krimineller ausgewiesen wird, nicht einen,
vielmehr zwei oder drei Raubüberfälle, zwei oder drei Vergewaltigungen, fünf
oder sechs Einbrüche. Herrliche Aussichten, nicht wahr! Auf welch komfortablem
Kissen fühlen sich die auf Sicherheit bedachten Schweizer doch von ihrer Landesregierung
getragen……
Alle
Entscheidungsgewalt den fremden Richtern Am Tag,
als die erneute Verweigerung der Umsetzung dessen präsentiert wurde, was vom
Parlament als gültig erklärt und von Volk und Ständen klar angenommenen wurde,
beglückt die Bundesratsmehrheit die Schweiz mit einer weiteren, mit der ersten
Verweigerung eng verwandten Neuerung: Fortan, beschloss der Bundesrat, soll bei
Meinungsverschiedenheiten zwischen Brüssel und Bern der EU-Gerichtshof ganz
allein das letzte Wort haben. Wenn souveräne Partner, Länder oder
Ländergruppen, miteinander Verträge schliessen, sind darin immer Regelungen
vorgesehen, wie bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten vorzugehen sei. In
der Regel wird dafür ein Schiedsgericht in Aussicht gestellt, wobei sorgfältig
darauf geachtet wird, dass beide Vertragsparteien in gleicher Stärke in diesem
Schiedsgericht vertreten sind. Dieses für souveräne Staaten selbstverständliche
Prinzip hat Bern offensichtlich zu Makulatur erklärt. Als wäre die Schweiz ein Untertanenland,
gesteht sie Brüssel folgendes zu: Sollte Bern gewisse Zweifel an irgendeiner
Vertragsumsetzung durch Brüssel hegen, so hat Brüssels gerichtliche Instanz,
der EU-Gerichtshof in Luxemburg, allein das alles entscheidende letzte Wort zu
sprechen. Aussenminister Didier Burkhalter, der diesen Unterwerfungsbeschluss
im Bundesrat durchgesetzt hat, besänftigt zwar: Das, was der EU-Gerichtshof bei
Meinungsverschiedenheiten vielleicht einmal zu sagen beliebe, sei ›bloss eine Auslegung‹. Die Schweiz müsse eine solche Auslegung
nicht unbedingt, auch nicht immer, und nicht immer vollständig, übernehmen. Man
könne, wenn man dies für richtig erachte, auch einmal ganz über Luxemburger ›Auslegungen‹ hinwegsehen. Als ob Brüssel dies je zulassen, als ob Bern solches
je zu wagen sich ermannen würde…
Ausverkaufs-Politiker Der
Unterwerfungsbeschluss wurde übrigens von genau dem Bundesrat vorgelegt, der
kürzlich, im vertraulichen Tête-à-Tête mit dem auch einmal auf einen Erfolg
erpichten, von seinen Landsleuten vor allem wegen seiner notorischen
Mittelmässigkeit eher belächelten deutschen Aussenminister das von der Schweiz
entwickelte Konzept «Abgeltungssteuer» im Garten des Berner Landsitzes Lohn bei
einem Glas Weisswein kurzerhand zu beerdigen wusste.
Die
Schweiz hat den EU-Ländern diese Abgeltungssteuer für Bankeinlagen von EU-Bürgern
bei Schweizer Banken angeboten – als Gegenvorschlag zum automatischen
Informationsaustausch. Österreich und England haben das Angebot angenommen.
England lobt es derzeit öffentlich gegenüber andern EU-Staaten als effizient
und problemlösend. Auch die deutsche Regierung hat das Konzept unterschrieben,
es scheiterte dann aber im Parlament, weil der lahmende Kavallerie-Feldweibel,
der dort gerne Kanzler werden möchte, darin ein Instrument witterte, das seinem
Feldzug in Richtung Kanzleramt allenfalls Auftrieb geben könnte. In einem
seltenen Anflug von Selbstbestimmungswillen hat damals selbst die
schweizerische Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklärt, dass aus dem
deutschen Bundestags-Nein keinerlei Verpflichtung zu Nachverhandlungen
erwachse. Der Bundesrat halte am Konzept Abgeltungssteuer fest.
Anlässlich
des netten Garten-Apéros mit Guido Westerwelle hat es Aussenminister Didier
Burkhalter wenig später liquidiert; ohne dafür etwas zu bekommen oder auch nur
zu verlangen..…
Erpressung Burkhalter
hat sich einer EU-Erpressung gebeugt: Nur wenn die Schweiz auf eigenständige,
unserer direkten Demokratie entwachsene Vertrags- und Gesetzesauslegungen ein-
für allemal verzichte, gebe es noch
Verhandlungen mit Brüssel. Dieser Art hatte die EU Bern den Tarif erklärt, bis
Burkhalter und mit ihm die Bundesratsmehrheit eingeknickt sind. Burkhalter hat
damit den sogenannten ›Bilateralen
Prozess‹, der wenigsten von
gleichwertigen Partnern ausging, liquidiert. Wenn er den EU-Gerichtshof zum
höchsten auch für die Schweiz zuständigen Gericht erklärt, dann ist das eine
Unterwerfungsgeste. Dann erniedrigt er damit die Schweiz zum willfährigen
Befehlsnehmer von Brüssel. Gegenüber der EU wäre die Schweiz, sollte sich Burkhalters
Ansinnen durchsetzen, kein souveräner Staat mehr. Brüssels Gerichtshof würde
abschliessend allein entscheiden, was die Schweiz zu tun hätte. [1]
Weiteres von
Bundesbern - Der Bundesrat gefährdet Sicherheit des Landes Für die
SVP ist es unverständlich, dass dieser in der soeben präsentierten
Vernehmlassungsvorlage zum Projekt ›Weiterentwicklung
der Armee‹ (WEA) entgegen den
Parlamentsbeschlüssen weiterhin an einem Ausgabenplafond von 4,7 Milliarden
Franken festhält. Zur Sicherstellung einer glaubwürdigen Landesverteidigung
braucht es aus Sicht der SVP mindestens 5 Milliarden Franken. Dieser Betrag
wurde sowohl vom National- wie auch vom Ständerat mehrfach bestätigt. Der
Bundesrat hat seine Trotzhaltung endlich aufzugeben und ein klares Bekenntnis
zu einer sicheren Schweiz abzulegen. Die jährlichen Ausgaben für die
Landesverteidigung haben seit 1990 von über 6 Milliarden Fr. auf den heutigen
Stand von ca. 4,4 Mrd. Fr. abgenommen [-20%]. Im gleichen Zeitraum haben sich
die gesamten Bundesausgaben mehr als verdoppelt. Während etwa in der Entwicklungshilfe
seit
Jahren die Devise ›Klotzen
nicht kleckern‹ gilt, darf die
Sicherheit des Landes plötzlich nichts mehr kosten. Nach den aktuellsten
Vorstellungen des Bundesrats müsste die Schweiz für die Entwicklungshilfe fast
gleich viel ausgeben wie für die Sicherheit [über 4 Milliarden Franken gemäss
Stellungnahme des Bundesrats zu den Empfehlungen des UNO-Menschenrechtsrates
von Ende Februar 2013]. Dies ist aus Sicht der SVP völlig inakzeptabel.
Ein
Ausgabenplafond von 5 Milliarden Franken, wie er vom Parlament mit dem
Armeebericht 2010 beschlossen wurde, ist zwingend nötig, um eine glaubwürdige
Landesverteidigung sicherzustellen. Dazu gehört auch ein Bestand von mindestens
100.000 Armeeangehörigen sowie ein Ersatz der veralteten Tiger-Kampfflugzeuge.
Es ist unbegreiflich und gefährlich, dass der Bundesrat die Umsetzung des
Bundesbeschlusses zum Armeebericht 2010 verweigert und der Armee die
notwendigen Mittel nicht zugestehen will. Für die SVP ist klar: Sicherheit ist
ein zentraler Standortfaktor für unser Land und ein grundlegendes Bedürfnis der
Bevölkerung. Die SVP wird deshalb in der Vernehmlassung für eine glaubwürdige
Milizarmee kämpfen.
Dazu
braucht es auch am 22. September 2013 ein klares Nein zur Aufhebung der
Militärdienstpflicht, über welche die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu
befinden haben.
[1] http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/UnterwerfungsGesten-1192 Unterwerfungsgesten
- Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 28. Juni 2013
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