Bespitzelung im Klartext 03.11.2013 22:25
d.a. »Niemand«, schreibt Eric S. Margolis, »war überrascht, dass Präsident Obama offiziell bestritt,
Merkels
Anrufe abzuhören. Eine Quelle in der USA versuchte den Schaden dadurch zu
mindern, dass sie behauptete, die NSA hätte
nur ihr Bürotelefon, nicht aber ihr Handy abgehört. Der deutsche Ärger wurde
dadurch nicht besänftigt. Die elektronische Bespitzelung durch die USA hat
europäische und lateinamerikanische Führer gedemütigt und ließ sie und die NATO wie amerikanische Vasallen aussehen…..
Enthüllungen durch Snowden und Manning zeigen, daß
Washington seine NATO-Alliierten auf die gleiche herrische Art behandelt, in
der die alte Sowjetunion den Warschauer Pakt herumkommandierte.« Um ihre
Unabhängigkeit von der USA zu demonstrieren, so Margolis, wäre der Aufbau einer
völlig neuen, für die USA undurchlässigen Kommunikationsstruktur für Westeuropa
erforderlich, ebenso die Schaffung einer wirklich unabhängigen europäischen
Militärmacht. »Es ist Zeit für Europa damit aufzuhören, Fußsoldaten für Amerikas Atomritter zu spielen.« »Der
zutiefst korrupte Kongreß der Vereinigten
Staaten«,
schliesst Margolis, »wird nicht viel unternehmen, um den Informationsdiebstahl
der NSA zurechtzustutzen. Zu viele seiner Mitglieder profitieren von Geschäften,
die auf der Basis der NSA-Überwachung gemacht werden.« [1]
Neuen
Hinweisen aus der USA zufolge, so der Bericht von ›German Foreign Policy‹,
nehmen die Geheimdienste Deutschlands und anderer europäischer Staaten aktiv
und im großen Stil an der NSA-Spionage teil. Demnach forscht nicht nur der
Bundesnachrichtendienst [BND] e-Mails von US-Bürgern aus; auch Geheimdienste
mehrerer NATO-Mitglieder haben spezielle Kooperationsvereinbarungen mit
Washington geschlossen, die den Austausch abgefangener
Kommunikationsdaten beinhalten. Ob all dies nur mit den NATO-Kriegen in
Zusammenhang steht, ist unklar. Das westliche Kriegsbündnis operiert keineswegs
nur in Afghanistan, es befindet sich seit dem 4. Oktober 2001 auch im ›Bündnisfall‹ [dem ›Anti-Terror‹-Krieg]; doch häufen sich die Anzeichen,
daß die westlichen Dienste, deutsche inklusive, verbündeten
Spionageorganisationen Zugang zu Kommunikationsdaten aus dem eigenen Land
bieten, um ihnen die Auswertung von Materialien zu überlassen, die ihnen selbst
untersagt wäre. Ein Experte für IT-Sicherheit weist darauf hin, daß es deutsche
Gesetze dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik explizit
gestatten, bekannte Sicherheitslücken zu verschweigen; das erleichtert Zugänge
für deutsche sowie auswärtige Dienste. Wie der Experte vermutet, führen
sämtliche Dienste zumindest der G-20-Staaten eine Totalüberwachung der
Kommunikation durch - also auch deutsche Stellen.
Verabredung zum
Datentausch Neue
Hinweise aus der USA bestärken die Vermutung, daß
die Geheimdienste der BRD und anderer EU-Staaten aktiv und im
großen Stil an den weltweiten Überwachungspraktiken der NSA teilhaben. So
berichtet die ›Washington Post, die
Geheimdienste Frankreichs und Spaniens hätten umfassende langfristige Kooperationsvereinbarungen
mit der USA geschlossen, in deren Rahmen Millionen von Kommunikationsdaten geteilt
würden. Dies entspricht Recherchen deutscher Medien, die bereits letzte Woche
berichteten, es gebe eine Übereinkunft zwischen den Geheimdiensten Frankreichs
und denjenigen der ›Five Eyes‹, die unter dem Codenamen ›Lustre‹ geführt werde und unter anderem die Weiterleitung von
Kommunikationsdaten durch die französischen Dienste an die NSA vorsehe. Zu den ›Five Eyes‹ gehören die anglophonen Staaten USA, Großbritannien, Kanada,
Australien und Neuseeland. In Washington heißt es nun, die Daten würden in
Operationsgebieten der NATO und im Rahmen des ›Anti-Terror‹-Kriegs gesammelt.
Wie das ›Wall Street Journal‹ schreibt, räumen spanische Stellen
die Kooperation offen ein.
Der NATO-Bündnisfall Tatsächlich
entspricht dies präzise den Kooperationspraktiken des BND. Bekannt ist, daß der deutsche Auslandsgeheimdienst unter anderem im
afghanischen NATO-Einsatzgebiet das Internet ausspioniert; davon ist - auf
Weisung des Bundeskanzleramts - die gesamte Regierung in Kabul betroffen.
Im August wurde bekannt, daß die dabei
gesammelten Daten an die NSA weitergeleitet werden. Dies gilt auch für
Funkzellendaten, wie sie von der CIA zur Vorbereitung tödlicher Drohnenattacken
auf tatsächliche oder mutmaßliche Aufständische genutzt werden. Ob der BND wie
sein französisches Pendant ebenfalls ein Kooperationsabkommen mit US-Stellen
unterhält, ist nicht bekannt. Möglich ist allerdings, daß die Spionage-Zusammenarbeit schlicht im NATO-Rahmen stattfindet
und sich aus der Ausrufung des NATO-Bündnisfalls am 4. Oktober 2001 ergibt.
Dies vermutet der frühere Sonderermittler des Europarats Dick Marty, der die
Folterkooperation der NATO-Geheimdienste untersucht hat. Dazu paßt, daß sich die
Spionage-Zusammenarbeit US-Stellen zufolge auf die Interventionsgebiete der
NATO und den ›Anti-Terror‹-Krieg konzentriert. Der Deutsche
Bundestag hat im Dezember 2012 bestätigt, daß
der Bündnisfall bis heute in Kraft ist.
Ausforschung der eigenen
Bevölkerung Jenseits
der Spionage-Kooperation in den Interventionsgebieten und Interventionsbereichen
der NATO [der ›Anti-Terror‹-Krieg ist nicht regional eingegrenzt]
ist unklar, wie weit die Zusammenarbeit auch die Ausforschung der eigenen
Bevölkerung umfaßt. Mit Blick auf den üblichen
Austausch der Geheimdienste kam im September eine deutsch-amerikanische
Untersuchung zu dem Schluß, es bestehe für
jeden an der Kooperation teilnehmenden Staat die Möglichkeit, verbündeten
Diensten den Zugriff auf Daten aus seinem Territorium zu gestatten und sich auf
ihre Tätigkeit »zu verlassen, um die Kommunikation im eigenen Land zu
überwachen«.
Dem entsprechen Berichte, denen zufolge der britische ›GCHQ‹ in Italien
spioniert, im Gegenzug aber italienischen Diensten die dabei gewonnenen Daten
zur Verfügung stellt. Ihrerseits betonen deutsche Dienste immer wieder, sie
verdankten Erkenntnisse über terroristische Gefahren in der Bundesrepublik
US-amerikanischer Spionage. Der Historiker Josef Foschepoth weist seit Monaten
darauf hin, daß alte, in die frühen Jahre der
Bundesrepublik zurückreichende Abkommen den Geheimdiensten der
Weltkriegs-Alliierten umfassende Spionagerechte einräumen. Ob diese Abkommen
ihrem Gehalt nach denjenigen entsprechen, die etwa Frankreich und Italien mit
den ›Five Eyes‹ geschlossen haben, und die jeweils für beide Seiten
spionagetechnisch äußerst nützlich sind, ist wegen der strikten
Geheimhaltungspraxis der deutschen Behörden nicht bekannt.
Datenknoten Frankfurt
am Main Bekannt
hingegen ist, daß der BND schon seit
mindestens zwei Jahren Kommunikationsleitungen deutscher Internet-Provider
anzapft. ›Spiegel online‹ zitierte kürzlich aus einer vom BND verschickten Anordnung, die beim Verband der
deutschen Internetwirtschaft eingegangen sei. Sie trage, heißt es,
Unterschriften aus dem Bundesinnenministerium und dem Bundeskanzleramt. In ihr
liste der Geheimdienst »25 Internet-Service-Provider auf, von deren Leitungen er
am Datenknotenpunkt De-Cix in Frankfurt einige anzapft«.
Aufgelistet seien auch sechs Firmen in der Bundesrepublik - 1 und 1, Freenet,
Strato, QSC, Lambdanet und Plusserver - über deren Leitungen »nach
Einschätzung von Experten (...) fast ausschließlich innerdeutscher Datenverkehr« laufe. »Der BND
kopiert den Datenstrom und wertet ihn mit Schlagworten zu Themen wie
Terrorismus oder Proliferation aus«, heißt es in dem Bericht.
Besondere Sorgfalt widme der Dienst der Angelegenheit offenbar nicht: »Immer
wieder trafen die vierteljährlichen Abhöranordnungen verspätet beim
Internetverband ein.« Der Verband habe im letzten Quartal sogar damit gedroht, »die
Abhörleitungen zu kappen, weil die Papiere (des BND, d.Red.) um Wochen
verspätet waren.«
Verschweigen erlaubt In der
Gesamteinschätzung gehen Experten ohnehin davon aus, daß
die Praktiken des BND sich nicht signifikant von denjenigen der NSA
unterscheiden. Dies bestätigt nicht nur die erwähnte, im September publizierte
Studie. Der Informatik-Professor Hartmut Pohl, der bei der deutschen
Gesellschaft für Informatik den Präsidiums-Arbeitskreis ›Datenschutz und IT-Sicherheit‹
leitet, geht davon aus, »daß alle in der
Bundesrepublik Deutschland vollständig abgehört werden«. Er ist
zudem davon überzeugt, daß »weltweit
alle Staaten, die es sich finanziell leisten können«, eine
derartige Totalüberwachung durchführen: »Mindestens die G-20 oder die 35
finanzstärksten Staaten dieser Welt«, also auch Deutschland. Pohl weist
darüber hinaus auf einen bemerkenswerten Umgang des deutschen Staates mit Sicherheitslücken
hin. Demnach hat »der Gesetzgeber (...) beim BSI-Gesetz klar entschieden«, daß »unveröffentlichte Sicherheitslücken (...), die dem
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bekannt sind (...), von ihm
nicht veröffentlicht werden müssen«. Die Weigerung, deutschen
Internet-Nutzern bestmöglichen Schutz zu gewähren, eröffne nicht nur dem
Bundeskriminalamt Zugriffsmöglichkeiten, sondern auch fremden Diensten, erklärt
Pohl; zugleich benötige »der BND im Ausland gleichermaßen derartige
unveröffentlichte Sicherheitslücken«. Die Aufklärung all dieser Fragen
könnte Berlin, auch die einstige rot-grüne Koalition, ohne weiteres gewähren, dies
in aktuellen Fragen an die noch amtierende Bundesregierung, zumindest bezüglich
der Fragen, die den NATO-Bündnisfall von 2001 betreffen. Bei beiden herrscht
allerdings beredtes Schweigen. [2]
In diesem
Zusammenhang hier ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung des Aufbaus der Überwachung
in der EU: Wie ›German Foreign
Policy‹ bereits Ende September 2010
berichtete, »treibt
Brüssel den Aufbau eines EU-Geheimdienstes unter Mitwirkung der deutschen
Auslandsspionage voran. Die neue, zum 1. Dezember 2010 in den Europäischen
Auswärtigen Dienst eingegliederte Behörde, entsteht durch Erweiterung einer
seit 1999 bestehenden und beim Europäischen Rat in Brüssel angesiedelten
EU-Institution, des ›Joint Situation
Centre‹ [SitCen]. Das ›SitCen‹ entzieht sich jeglicher parlamentarischen Kontrolle - um eine solche hatte sich das
Europaparlament vergebens bemüht - und
unterhält eine Geheimdienstzelle, der unter anderem der deutsche
Bundesnachrichtendienst angehört.« Wie es hiess, erfolgte die
Gründung, um die EU von den US-Geheimdiensten unabhängig zu machen und größere
Handlungsspielräume gegenüber Washington zu erlangen. Was die Planungen angeht,
so sollte das ›SitCen‹, dessen Mittelpunkt eine Gruppe von
Geheimagenten bildet, dem ›Crisis
Room‹ der EU-Kommission angegliedert
werden; letzterer verfügt zwecks Auswertung öffentlich zugänglicher
Informationsquellen über eine ausgefeilte Technologie. Daneben besteht die sogenannte
›Watch Keeping Capability‹ der EU, die Personal aus den Polizei-
und Streitkräften der EU-Mitgliedstaaten umfasst und vor allem Informationen
bezüglich sämtlicher Polizei- und Militärinterventionen der EU sammelt. Zum
gleichen Zeitpunkt hatte die britischen Organisation ›Open Europe‹ vor einer ›europäischen CIA‹ gewarnt. [3]
Die US-Dienststellen, schon früher beim Bespitzeln der Bürger nicht
schüchtern, waren nach dem 11. September 2001 von Präsident George W. Bush zum
Aufbau eines gigantischen, mit modernster Technik ausgerüsteten
Überwachungssystems bevollmächtigt worden. Barack Obama liess die Bespitzelung
sogar noch verstärken. Dana Priest und William M. Arkin schrieben am 19. Juli
2010 in der ›Washington Post‹, das Netz sei »so ausgedehnt, unhandlich und
konspirativ geworden, daß niemand weiß, wieviel Geld es kostet, wie viele
Menschen es beschäftigt, wie viele Programme in seinem Rahmen existieren oder
welche Behörden dieselbe
Arbeit machen«. »Allein die hauptsächlich mit dem Durchschnüffeln der
Kommunikationssysteme befaßte National Security Agency«, so die beiden Journalisten ferner, »fange täglich
1,7 Milliarden e-Mails, Telefongespräche und andere Mitteilungen ab und
speichere sie. Die NSA habe aber, wie andere ähnlich arbeitende US-Dienststellen
auch, bei weitem nicht genug Analytiker und Übersetzer, um dieses Material wirklich
zu sichten und zu bearbeiten.«
[4]
Die
NSA spielt dem US-Autor
und Filmemacher Jeremy Scahill zufolge in jedem
Aspekt der schmutzigen Kriege der USA eine absolut zentrale Rolle. Von
der Beobachtung bis zur gezielten Tötung; sie ist
eine der wichtigsten Teile in der Tötungsmaschinerie der USA. Zu dieser gehören
die CIA, die Special Forces, lokale Informanten, die Infiltrierung von Telekommunikations-Einrichtungen
und Internet-Providern. Die Frage, worin sich die Arbeit der CIA und der NSA unterscheiden,
beantwortet Scahill wie folgt: Die CIA hat zwei Abteilungen. Auf der einen
Seite gibt es die Analytiker. Diese arbeiten gewaltlos, verarbeiten die
Informationen und betreuen Quellen. Und dann gibt es die paramilitärische
Abteilung, das sind bewaffnete Individuen, die Leute ermorden; auch wenn sie es
natürlich nicht Mord nennen, auch nicht Kidnapping oder Sabotage. Und
sie arbeiten mit Paramilitärs und Warlords zusammen. Hingegen hat die
NSA keinen paramilitärischen Arm. Einen solchen haben lediglich diejenigen, die
in anderen Ländern Infrastrukturen aufbauen, um in deren Netzwerke
einzudringen. [5]
Was wir
zurzeit erleben, erklärte Prof. Dr. Josef Foschepoth in einem vom
Nachrichtenmagazin ›Hintergrund‹ publizierten Interview vom 25.
Oktober, »paßt sehr genau zu den Erkenntnissen, die ich bei
meiner intensiven Erforschung der Geschichte der Überwachung in der
Bundesrepublik gewonnen habe. Sämtliche Bundesregierungen haben
den Überwachungsanspruch der Alliierten,
insbesondere der Amerikaner, in der jeweiligen Epoche unserer Geschichte immer
wieder akzeptiert. Mit dem Ende des Besatzungsstatuts im Jahre 1955 wurden die
alliierten Überwachungsrechte dauerhaft in deutschem Recht
verankert. Zunächst als weiter geltendes Vorbehaltsrecht der Besatzungsmächte
und ab 1968 im sogenannten G10-Gesetz, dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnisses, und in der dazu notwendigen Änderung des
Grundgesetzes. Die drei Mächte haben, bei welchen Vereinbarungen auch immer,
stets darauf bestanden, daß die Möglichkeiten
zur Überwachung Deutschlands weder quantitativ noch qualitativ eingeschränkt
werden durften. So ist ein dichtes Geflecht von völkerrechtlichen Vereinbarungen
und gesetzlichen Regelungen entstanden, die dem machtpolitischen Anspruch der
Westmächte, insbesondere der Amerikaner, immer wieder Genüge getan haben. Ohne
eine heftige machtpolitische Auseinandersetzung mit der USA zu riskieren, kann
die Bundesregierung daran kaum etwas ändern. Wenn die Bundeskanzlerin sagt, auf deutschem Boden
gelte deutsches Recht, dann klingt das so, als würde deutsches Recht die
Deutschen vor alliierter Überwachung schützen. Das ist aber nicht der Fall. Die
alliierten Interessen sind längst in deutschem Recht verankert. Anders
formuliert: Solange es amerikanische Truppen oder militärische Einrichtungen in
der Bundesrepublik gibt, wird es auch amerikanische Überwachungsmaßnahmen zum ›Schutz der amerikanischen Truppen‹ geben. Und niemand kann und will
kontrollieren, wie das geschieht. Während Sonderrechte mit der
Sowjetunion in einem Separatvertrag ausdrücklich geregelt und abgelöst wurden,
blieben sie gegenüber dem Westen unangetastet. So gingen diese alliierten
Rechte als Erbmasse in die Vereinigung der beiden deutschen Staaten ein. Dies
erklärt, warum heute nicht etwa Rußland in der
Nähe von Leipzig, sondern die USA in Wiesbaden ein großes
Überwachungs- und Spionagezentrum errichten darf - mit Einwilligung der
Bundesregierung oder vielleicht auch ohne.« [6]
Weithin
bekannt dürfte sein, dass die NSA schon
seit Jahrzehnten das weltweite Abhörsystem Echolon betreibt; an diesem sind Grossbritannien,
Kanada, Australien, Neuseeland beteiligt: ein angelsächsischer Machtblock. Mit
anderen Worten: Die NSA schaut in den globalen und vor allem in den deutschen
Internetverkehr wie in ein offenes Buch hinein. Der die USA als ›Big
Brother‹ entlarvende Spionageangriff ›Prism‹
stellt, wie Thorsten Hinz darlegt, »die
logische Ergänzung dazu dar. Wir müssen einsehen, daß die nationalen
Diskussionen um den Datenschutz virtuell und gegenstandslos sind. Längst sind wir gläserne Bürger und
damit kontrollier-, erpreß- und steuerbar. Steuerbar durch die
Instanzen, die Zugriff auf unsere Daten haben. Sie können zur sanften
Manipulation, aber auch zur handfesten Erpressung genutzt werden. Zur
Begründung für ›Prism‹ wird der Kampf gegen den Terror angeführt. Der ist
wichtig, aber zugleich ein Vorwand. Konkret geht es um den islamistischen
Terror. Dessen Drohung ist nicht zuletzt eine Begleiterscheinung der falschen
Zuwanderung, die von denselben Machtinstanzen, die uns kontrollieren, als
Bereicherung oder ›Diversity‹ gepriesen wird. Um die entstandenen Risiken zu
begrenzen, wird jetzt ein Netz der Spitzelei über Staaten und Gesellschaften
geworfen. So werden das Selbst- und das zwischenmenschliche Vertrauen
schleichend zerstört und gemeinsames Handeln zur Gegenwehr verhindert. Desto
leichter lassen sich die Atomisierten beherrschen. Nicht zufällig ist es ein
amerikanischer Geheimdienst, der die nationalen und europäischen Regeln und
Gesetze beiseite wischt. Innenminister Hans-Peter Friedrich [CSU] erklärte
zunächst, er habe nichts davon gewußt. Eine glaubhafte Aussage, aber auch ein Armutszeugnis für einen Mann,
dem der Schutz des Landes und seiner Bürger unmittelbar anvertraut ist. Wenige
Tage später wies er deutsche Kritik an ›Prism‹ zurück. So dürfe man nicht mit den amerikanischen
Freunden umgehen, die im Kampf gegen den Terrorismus unsere wichtigsten Partner
seien. So redet kein Minister eines selbstbewußten Staates, sondern der Beamte
eines Protektorats. Bloßes Moralisieren läuft ins
Leere. Die USA ist ein Imperium, und sie handelt danach. Wer die Macht hat, der
legt auch die Grammatik des Völkerrechts fest. Es ist rührend, wenn deutsche
Politiker jetzt gemeinsame Regeln für die Überwachung fordern. Denn hier geht
es nicht um technische Fragen oder liberale Werte, sondern um Macht. Mit den
US-Behörden ziehen Tausende amerikanischer Technologie-, Finanz- und
Kommunikationsfirmen an einem Strang. Die einen arbeiten wider-, andere
freiwillig mit den Geheimdiensten zusammen. Die freie und multinationale Wirtschaft hin oder her, für den Rest der
Welt stellt es ein Risiko dar, daß amerikanische Firmen die globale Kommunikationsbranche
monopolisiert haben. Das Echolon-System dient bekanntermaßen auch der
Wirtschaftsspionage. Deutschland, die viertgrößte Wirtschaftsmacht, ist ein
natürliches Zielobjekt.« [7]
Abschliessend
stelle man all diese Fakten noch der folgenden, geradezu einmaligen Aussage des
bereits genannten Innenministers Friedrich gegenüber; Bedenken bezüglich der
Ausforschung der deutschen Bevölkerung durch den US-Geheimdienst NSA hatte er
im Juli dieses Jahres eher relativiert, indem er die Frage, ob ihm die
Ausforschung durch die NSA kein Unbehagen bereite, dem Fernsehsender ›Phoenix‹ gegenüber wie folgt beantwortete: »Nein. Ich glaube, das ist auch eine
falsche Sichtweise, die man den Menschen da beibringt. Wir haben überall in
Europa und auf der Welt milliardenfache Kommunikation. Man darf sich nicht
vorstellen, dass sich da irgendwo einer hinsetzt und e-Mails liest oder etwas
abhört.« Viele
Nachrichtendienste würden ähnliche Filterprogramme wie die USA einsetzen. »Wir
wissen nicht, was das bei den Amerikanern im Einzelnen bedeutet. Aber wir
werden es herausbekommen«, kündigte Friedrich an.
[8]
[1] http://antikrieg.com/aktuell/2013_10_26_stasi.htm 26. 10. 13 Stasi
trifft Steve Jobs - Von Eric S. Margolis
Original siehe www.ericmargolis.com [2] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58724 31. 10. 13
Beredtes Schweigen [3] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57904 27. 9. 10
Eine europäische CIA [4] http://www.jungewelt.de/2012/11-15/032.php 15. 11. 12 Kontrollmaschine - Von Kurt Mellenthin [5] Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr. 249 vom 28.
Oktober 2013 - Seite 9 Geheimniskrieger;
Jeremy Scahill ist Autor von ›Schmutzige
Kriege‹, Kunstmann Verlag München, das
politische Buch der Stunde, zu dem 2014 auch der Film ›Dirty Wars‹ in
Deutschland herauskommt [6] http://www.hintergrund.de/201310252869/politik/inland/die-alliierten-interessen-sind-laengst-in-deutschem-recht-verankert.html 25. 10. 13 Interview mit Prof. Dr. Josef
Foschepoth, Zeithistoriker an der Universität Freiburg und Autor des viel
beachteten Buches: ݆berwachtes
Deutschland. Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik‹ Vandenhoeck & Ruprecht,
Göttingen, 3. Auflage 2013 [7] http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M50ac29cc7cd.0.html 23. 6. 13 Eine Frage der Macht - Von
Thorsten Hinz [8] http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=14190&title=Innenminister%3A+Ausforschung+durch+NSA+nicht+so+schlimm&storyid=137408127534 17. 7. 13
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