EU-Schleichbeitritt 19.01.2014 21:18
Nein zu einem schleichenden EU-Beitritt; keine Sanktionen gegen die Schweiz
von Seiten
der EU. Dem vorliegenden Rahmenabkommen, Stand Januar 2014, sind folgende
Details zu entnehmen:
01 Der Weg und das Ziel - Der
Bundesrat bekennt sich zum »Bilateralen Weg«. Bezüglich des damit zu
erreichenden Ziels weicht er jeder Frage aus.
- Ein
elementares wirtschaftliches Bedürfnis der Schweiz für weitere bilaterale Abkommen
mit der EU wird von keiner Seite angemeldet.
- Hingegen
bekennt sich der Bundesrat laufend zu dem Ziel, die Schweiz an der
Vereinheitlichung des Rechts [›Rechtshomogenität‹] in Europa zu beteiligen.
- An der ›Rechtshomogenität‹ in Europa kann sich der Bundesrat nur durch Verzicht auf die
Rechtssetzungshoheit der Schweiz und durch Abtretung der
Rechtssetzungskompetenz an Brüssel beteiligen.
- Dazu hat ihm
auch Professor Daniel Thürer in seinem ›Geheimgutachten‹, das inzwischen der Geheimhaltung
entrissen worden ist, geraten.
- Thürers
Quintessenz: Wenn die EU für die Schweiz nicht mehr eine ›Vereinigung von Staaten‹
darstelle, wenn ihr vielmehr als ›Rechtsgemeinschaft‹ die Autorität des für ganz Europa das
verbindliche Recht erlassenden Organs zuerkannt werde, dann sei der EU-Beitritt sogar
ohne Volksabstimmung möglich.
- Eine Rechtsgemeinschaft
treffe keine Beschlüsse, zu denen ein Drittland Ja oder Nein sagen könne. Die
Rechtsgemeinschaft bestimme vielmehr die allein verbindliche Rechtsordnung. Wer
sich ihr entziehe, sei kein Rechtsstaat. Wer Rechtsstaat ist, anerkenne die
rechtsetzende Oberhoheit der Rechtsgemeinschaft.
- Der
Bundesrat hat das Bundesgericht inzwischen aufgefordert, den Rechtsdialog mit
dem EU-Gerichtshof aufzunehmen mit dem Ziel, die Rechtshomogenität zwischen
Lausanne und Luxemburg herbeizuführen.
- Der
EU-Gerichtshof nimmt nicht bloss die Position der höchsten Instanz der
Rechtsprechung in der EU ein. Es ist ihm zusätzlich die Aufgabe übertragen
worden, die Vereinheitlichung des Rechts im Sinne der EU in Europa
durchzusetzen.
02 Vom › Non-Paper‹ zum Verhandlungsmandat - 2011 hat
EU-Kommissionspräsident Barroso der Schweiz mitgeteilt, weitere bilaterale
Verhandlungen zwischen Brüssel und Bern kämen nur noch dann in Betracht, wenn
Bern zuvor die institutionelle Einbindung der Schweiz in den
EU-Entscheidfindungsprozess und in die EU-Rechtssprechung vollzogen habe.
- Der
Bundesrat beugt sich diesem Ansinnen. Er sucht dafür einen Weg, für den er die
Zustimmung auch des Souveräns als erreichbar erachtet.
- Im ›Non-Paper‹ von Mitte 2013 wurden die drei Säulen der institutionellen
Einbindung gemeinsam mit der EU festgelegt:
1. Übernahme allen EU-Rechts durch die Schweiz zu
allen Bereichen, die heutige und künftige bilaterale Verträge berühren [faktisch:
Übernahme des acquis communautaire]
2. Anerkennung des EU-Gerichtshofes als höchste
Instanz bei Meinungsverschiedenheiten in der Auslegung von Verträgen.
3. Sanktionsrecht der EU gegen die Schweiz,
wenn diese aus irgendwelchen Gründen – z.B. wegen eines Volksentscheids – einen
Entscheid des EU-Gerichtshofs nicht übernimmt.
- In den
Konsultationen der Aussenpolitischen Kommissionen (APK) beider Räte sowie der
Konferenz der kantonalen Regierungspräsidenten erhielt der Bundesrat Grünes
Licht für ein diesem Konzept entsprechendes Verhandlungsmandat.
- Die
Schweiz verhandelt also darum, EU-Recht für die Schweiz als verbindlich zu
erklären. Drei Ausnahmen dazu sind vorgesehen:
1. Die flankierenden Massnahmen zur
Personenfreizügigkeit,
2. Das Unionsbürgerrecht,
3. Gewisse Bestimmungen zum Güterverkehr.
- Ausserdem
gibt die Schweiz den Urteilen des EU-Gerichtshofs im Gegensatz zur EU den
Charakter von ›Empfehlungen‹, so dass politische Instanzen - bzw. die Verwaltung und nicht fremde
Richter - das letzte Wort zur Übernahme
von EU-Recht durch die Schweiz sprechen.
- Entgegen
ersten Verlautbarungen von Staatssekretär Yves Rossier behauptet der Bundesrat,
mit diesen Schritten in Richtung Rechtshomogenität mit der EU erfolge keine
automatische, vielmehr eine dynamische Übernahme von EU-Recht. Ein Unterschied
zwischen ›automatischer‹ und ›dynamischer‹
Rechtsübernahme wird freilich nicht sichtbar.
- Das
Verhandlungsmandat zum Rahmenvertrag mit der EU enthält zahlreiche Angebote der
Schweiz an die EU – inklusive weitere Kohäsionsmilliarden. Forderungen seitens der Schweiz
an die EU erscheinen keine.
- Obwohl die EU weitere bilaterale Verhandlungen ausdrücklich
von der Umsetzung der institutionellen Einbindung der Schweiz in die EU abhängig
gemacht hat, sollen parallel zum Rahmenvertrag auch Verhandlungen zu neuen
bilateralen Verträgen stattfinden: Zur Energieversorgung, zur
Unternehmensbesteuerung, zur Zinsbesteuerung, zu einem Kulturabkommen, zu
Bildungs- und Forschungsfragen.
- Eine
formelle Verknüpfung dieser bilateralen Verhandlungen mit den Verhandlungen
über den Rahmenvertrag besteht nicht. Der Bundesrat strebt indessen eine ausgewogene
Parallelität zwischen den verschiedenen Verhandlungsdossiers an.
- Anlässlich des für Juni 2014 geplanten Staatsbesuchs
von EU-Kommissionspräsident Barroso in Bern soll der Öffentlichkeit mindestens
ein markantes Zwischenergebnis zu den Verhandlungen präsentiert werden.
03 Das Schiedsgericht - Gegenüber
der Öffentlichkeit erklärt Aussenminister Didier Burkhalter nach Verabschiedung
des Verhandlungsmandats plötzlich, über allfällige Sanktionen gegen die Schweiz - wenn diese einen Beschluss des
EU-Gerichtshofs nicht übernimmt -
entscheide letztinstanzlich ein ›Schiedsgericht‹.
- In der APK
NR hat sich Aussenminister Didier Burkhalter einem Antrag Blochers,
Meinungsverschiedenheiten zwischen Bern und Brüssel durch ein Schiedsgericht
entscheiden zu lassen, widersetzt. Der Antrag Blocher wurde in der APK NR
verworfen.
- Über die
genaue Funktion des neu in die Diskussion eingeführten Schiedsgerichts äussert
sich Bundesrat Burkhalter schwammig. Offenbar kommt im Text des
Verhandlungsmandats der Ausdruck Schiedsgericht nicht so vor, wie ihn
Bundesrat Burkhalter gegenüber der Öffentlichkeit vertritt.
- Ein echtes
Schiedsgericht setzt sich wie folgt zusammen: Jede
Streitpartei ist in gleicher Stärke im Schiedsgericht vertreten. Es steht unter
einem neutralem Präsidium, das mit Zustimmung beider Parteien in seine Funktion
eingesetzt wird. Von einem derartigen Schiedsgericht ist im Verhandlungsmandat
offenbar nicht die Rede.
- Das Organ, das Bundesrat Burkhalter als
Schiedsgericht bezeichnet, entscheidet nicht über Meinungsverschiedenheiten zur
Vertragsauslegung zwischen Bern und Brüssel.
- Das
Schiedsgericht von Bundesrat Burkhalter kommt nur zum Zug, wenn die EU von ihrem ihr
vertraglich zugesicherten Sanktionsrecht gegen die Schweiz Gebrauch macht.
Dann soll zusätzlich zu dem ›Gemischten
Ausschuss‹, der den Entscheid des
EU-Gerichtshofs verbindlich umzusetzen hat, ein weiteres von Bundesrat
Burkhalter als Schiedsgericht bezeichnetes Organ zum Zug kommen, das sich
allerdings allein dazu äussern darf, ob die von der EU verhängten Sanktionen
als ›angemessen‹ bezeichnet werden können.
- Was
Bundesrat Burkhalter als Schiedsgericht bezeichnet, ist in Wahrheit lediglich
ein zusätzliches Beurteilungsorgan.
- Mit der EU
scheint zu diesem zusätzlichen Beurteilungsorgan zu allfälligen Sanktionen der
EU keine genaue Absprache erfolgt zu sein. Im ›Non-Paper‹ findet sich
zwar ein Hinweis auf diese Idee, der allerdings vage formuliert ist.
- Ob die EU
der Schaffung dieses zusätzlichen Beurteilungsorgans zustimmt oder nicht, ist
indessen unerheblich.
- Erheblich
ist allein, welche Art von Befugnis diesem Organ eingeräumt wird. Wenn es, wie
es den Anschein macht, lediglich eine ›kommentierende
Befugnis‹ erhält, dürfte die EU kaum
dagegen opponieren. Es dürfte als ›Beruhigungspille ohne Wirkungskraft‹
an die Adresse der schweizerischen Öffentlichkeit geduldet werden. [1]
Zum Stand der Dinge in der EU hat sich der Ökonom Prof. Dr. Eberhard
Hamer vom Mittelstandsinstituts
Niedersachsen in Hannover Anfang Januar wie folgt geäussert:
Krise überwunden – Kritiker
widerlegt? - Von Prof. Dr. Eberhard Hamer
Als der Verfasser im Jahre 2002 als erster mit dem inzwischen berühmten
Buch »Was passiert, wenn der Crash kommt?« über den Gang und die
Folgen einer grossen Wirtschaftskrise nachgedacht hatte, wurde ihm von Bankern,
Politikern, der herrschenden Presse und sogar von den meisten
Professorenkollegen vorgeworfen, solches Denken sei ›unanständig‹, ›völlig überholt‹, ›ignorant‹ und ›wirklichkeitsfremd‹. Als dann die weltweite Finanzkrise 2008 tatsächlich
ausbrach, hatten diese sie jedoch plötzlich kommen sehen, und einige schrieben aus dem Buch des Verfassers schleunigst
ab, um wieder rechtzeitig ›mit der Zeit zu gehen‹.
Inzwischen hat die herrschende Meinung die Finanzkrise wiederum als
überwunden erklärt, obwohl
- die Verschuldung nicht nur der
einzelnen Staaten, sondern insgesamt nicht reduziert, sondern weiter dramatisch
gestiegen ist,
- diese Gesamtverschuldung durch hemmungsloses
Gelddrucken der FED und der EZB nun auch die Währungen ruiniert
- und die herrschende Hochfinanzclique sich
selbst von Rettungsmassnahmen verschont, indem sie die Folgen als gigantische
Gesamthaftung auf die Bürger Europas, vor allem auf diejenigen Deutschlands,
verschoben hat.
Dies alles beunruhigt nicht einmal
die Finanzminister der für die maroden Staaten nun zusätzlich
haftenden Länder. »Bürgschaften sind keine Haushaltsschulden«, tönt
Schäuble angesichts deutscher Bürgschaftsverpflichtungen in dreistelligem
Milliardenbereich, die bei Wiederausbrechen der Krise jederzeit zu
Zahlungsverpflichtungen werden können. Die Krise ist von den herrschenden
Akteuren verdrängt, der Autor wurde in einer Silvesterbetrachtung als ›Krisenguru in der Krise‹
bezeichnet, weil wir um uns nicht eine Krise hätten,
sondern
– boomende Aktien- und Finanzmärkte mit einem
Dax von mehr als 9 000 Punkten,
– statt einer Euro-Krise einen auf 1,37
US-Dollar gestiegenen Euro,
– einen unter 900 Euro gesunkenen Goldpreis,
– einen boomenden Arbeitsmarkt mit höchster
Beschäftigungsquote
– und volle Sozial- und Rentenkassen.
– Statt Euro-Krise konnte Irland zum
Jahresende den Rettungsschirm verlassen und ist Lettland als 18. Staat dem Euro
beigetreten.
Von Schwierigkeit oder Krise zu sprechen, sei also wieder ebenso
unanständig, weltfremd und ignorant wie im Jahre 2002. Immer wieder hat der
Autor aber darauf hingewiesen, dass ein guter Unternehmer oder Vermögensverwalter
Krisen in Rechnung stellen und sich darauf vorbereiten muss. Kommt die Krise
nicht, war die Vorbereitung trotzdem richtig. Kommt die Krise dagegen, war die
Vorbereitung existenznotwendig. Und wer jetzt mit der herrschenden Presse,
Politik, Finanzindustrie und ihren Jubelchören nur Optimismus verbreitet,
übersieht, dass wir zurzeit in einer
Scheinblüte leben, deren Quelle hemmungslos gedrucktes Fiat-Geld ohne Gegenwert
ist.
Nur durch diese Geldblase
– konnten die Schuldenorgien vor dem Kollaps
gehalten, weiter getrieben und sogar verstärkt werden,
– konnte die internationale Finanzelite die
Schuldknechtschaft über 200 Länder nicht nur behalten, sondern sogar durch
Mitschuldenübernahme weiterer Länder [Deutschland] verstärken,
– konnte ein künstlicher Nachfragesog zu
Wirtschaftsscheinwachstum und hoher Beschäftigung erzeugt werden
– und konnten die Sozialsysteme aus den üppig
sprudelnden Geldquellen liquide gehalten werden.
Die hemmungslose Geldmengenvermehrung
hat nicht nur die Marktkräfte ausmanipuliert, sondern dadurch, dass man dieses
Geld zu Nullzinsen in die Banken pumpte, auch den Zins künstlich
heruntermanipuliert. Und die an sich nach Marktgesetzen auf hemmungslose
Geldvermehrung folgende Inflation wird vorerst durch statistische Tricks
vernebelt oder schlicht geleugnet, obwohl jede Hausfrau, die bei Aldi oder
Edeka einkauft, die tägliche Teuerung erlebt.
Tatsächlich ist die Finanzkrise nicht gelöst, sondern sie wurde nur gegen
alle Gesetze und Moral mit Bürgschaftsübernahmen und hemmungslosem Gelddrucken
verlängert, vergrössert, vernebelt, und ihre Auswirkungen werden
hinausgeschoben. Griechenland hat
heute doppelt so hohe Schulden wie zu Beginn seiner Krise, die USA
stolpern von Schuldengipfel zu Schuldengipfel. Die meisten europäischen Länder
ebenso.
Das Denken unserer Zeit ist nur noch kurzfristig und reagiert nur noch
auf kurzfristige Impulse, statt langfristige Entwicklungen zu berücksichtigen.
Und eine Bevölkerung von mehrheitlich kinderlosen Selbstverwirklichungs-Egoisten
vertraut blind darauf, dass eine verminderte nächste Generation ihnen noch
Rentenwohlstand garantieren könnte. Die Zukunft will keiner sehen. Die aus den heutigen Fehlern zwangsläufig kommenden
Krisen der Zukunft dürfen nicht behandelt werden. »Unsere Leser wollen nur gute Nachrichten«, schrieb ein Chefredakteur einer Zeitung, als er
dem Autor einen Aufsatz mit Krisenwarnung zurücksandte. Der Tanz auf dem Vulkan
geht weiter. Er soll jedenfalls nicht zu Amtszeiten der herrschenden
politischen, finanziellen und publizistischen Elite abbrechen. Deshalb
verdrängt nicht nur die Elite selbst alle Krisengedanken (Draghi), sondern will
auch die Bevölkerung damit nicht ›gestört‹ wissen.
Die Krise der 30er Jahre hat jedoch gezeigt, dass nur eine Minderheit der
Unternehmer und Vermögensbesitzer die Krise unbeschadet übersteht, sofern sie
diese rechtzeitig sehen und vorbereitet haben. Die Masse, welche die
Krisenwolken nicht sehen wollte, war immer auch Verlierer. Ein ›Krisenguru‹ kann
also nur die Klugen, Vorsichtigen und langfristig Denkenden aufklären und wie
2008 vor Schaden bewahren: Wenn die Masse von der Krise erreicht wird, ist es
für Vorsorge zu spät. Dann wird sich rächen, dass man die Krise als überwunden
angesehen und die Krisenwarnungen nicht mehr ernst genommen hat. [2]
[1] Quelle:
www.eu-no.ch Der
Stand der Dinge (II/15.01.2014/US) Komitee
»Nein zum schleichenden EU-Beitritt« Postfach
23 8416 Flaach Tel. 052 301 31 00 PC-Konto 85-126820-7 [2] Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1697 Zeit-Fragen 2014 Nr. 1, 14.1.2014
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