Keine neue Mediensteuer - Von Nationalrat Christian Wasserfallen

Wer die RTVG-Revision befürwortet, verkennt die sich rasch ändernde Medienwelt.

Mit dieser Revision wird das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt und ein gefährlicher steuerpolitischer Präzedenzfall geschaffen. Das neue Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) vollzieht einen gravierenden Systemwechsel von einer Gebührenfinanzierung hin zu einer neuen Mediensteuer. Dies ohne zuerst den «Service public»-Auftrag der SRG zu klären.
Wer jetzt dem geänderten RTVG  zustimmt, zementiert die SRG, wie sie ist. Das hilft weder der SRG noch den privaten Medienhäusern, und schon gar nicht den Steuerzahlern.
 

Aus den folgenden Gründen ist die RTVG-Revision am 14. Juni 2015 abzulehnen  

Einige Fakten: 

-  Nach Artikel 93 der Bundesverfassung leistet die SRG einen Beitrag zur Bildung, kulturellen Entfaltung, freien Meinungsbildung und Unterhaltung. Sie berücksichtigt die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. 

-  Die SRG betreibt heute 7 TV- und 17 Radiosender in allen Sprachregionen des Landes. 

-  Allein Swisscom TV hat heute 1 Million Kunden, wovon ca. 80 % zeitversetzt mit der Rückspulfunktion fernsehen. 

-  91 % der Haushalte haben Breitband-Internet 

-  Die SRG hat ein Gesamtbudget von 1,6 Mrd. Franken. Davon entfallen rund 350 Mio. Franken auf kommerziellen Ertrag.  

-  Die Billag-Gebühr ist gemäss SRG von 1990 bis heute von 279 auf 462 Franken gestiegen  (+ 65%).

-  Neu sollen private Medienanbieter 27 Mio. Franken mehr aus den Erträgen der Mediensteuer erhalten.

Diese Zahlen zeigen eindrücklich, welch dominante Stellung die SRG in unserem Land hat. Private Medienhäuser werden mit neuen Geldern angelockt, damit  sie  ja keinen Widerstand gegen die neuen Regelungen leisten – fatal. 

Mit dem neuen RTVG wird zusätzlich versucht, in einer Art Opfersymmetrie mit einer Doppelbelastung für Privatpersonen und Firmen die Mediensteuer so aufzuteilen, dass die Zahlungslast für die Einzelnen sinken würde. Nur: Firmen hören kein Radio und schauen schon gar nicht fern. Diesem Vorgehen ist schon nur deshalb klar zu misstrauen. Die starke Steigerung der Abgabenlast in den letzten Jahrzehnten (+65 %) spricht zudem eine andere Sprache und lässt auf weitere signifikante Steigerungen schliessen. Nur  eine  konsequente inhaltliche  Definition der «Service public»-Aufgaben im digitalen Zeitalter sowie eine Kosteneffizienz-Steigerung der SRG werden zu massvollen Gebühren führen. Doch genau dieser Diskussion entzieht sich die  vorliegende RTVG-Revision.

Erst danach darf es darum gehen, wer wieviel dafür zahlen soll und nicht umgekehrt. Die nötige Diskussion zum kosteneffizienten »Service public« ist jetzt führen; hier ein Vorschlag für eine schlanke SRG in der künftigen digitalen Medienwelt:

1.  Sprachregionen ausgewogen berücksichtigen: Je kleiner eine Sprachregion, desto mehr »Service public« muss ein Staatsmedienhaus liefern. Oder präzise ausgedrückt: Die rätoromanische Schweiz braucht grössere mediale »Service public«-Inhalte als die deutsche Schweiz. Trotzdem funktioniert die SRG-Welt umgekehrt. Die meisten SRG TV- und Radio-Sender grasen in der deutschen Schweiz. Das ist falsch.

2.  Subsidiarität im Medienbereich zugunsten der privaten Medienhäuser stärken: Wenn es Private gibt, die mit ausreichender Qualität TV- und Radio-Angebote produzieren können, soll sich die SRG zurückhalten. Artikel 93 der Bundesverfassung umschreibt die Aufgaben der SRG präzise. Gerade beim Begriff Unterhaltung ist für die SRG verstärkt Zurückhaltung geboten. Es ist möglich, dass spannende Fussballspiele in der Champions-League oder Unterhaltungssendungen wie  Voice of Switzerland» oder Supertalente auf privaten TV-Sendern gezeigt werden. Das entlastet das SRG-Programm und spart Kosten. Der Schweizer Sender 3+ zeigt beispielsweise sehr erfolgreich die Sendung Der Bachelor. So muss es gehen.

3.  Angebote für das webbasierte Medienzeitalter formen und reduzieren: Das Internet-Zeitalter verändert den Medienkonsum wesentlich. Wie bereits erwähnt, hat Swisscom-TV schon heute über 1 Million Kunden, von denen 80 % nicht mehr nur linear, d.h. live fernsehen, sondern über die äusserst beliebte Rückspulfunktion. Im Radiobereich sind viele Programme auf DAB+national verfügbar, und mittels online-streaming können Hunderte von privaten Programmen gehört werden. Das heisst nichts anderes, als dass endlos-Musikradios wie Swiss Pop oder ein Jugendsender wie Radio Virus in der Deutschschweiz nicht mehr notwendig sind. Auch SRF 3 entwickelt sich immer mehr zur direkten Konkurrenz zu den zahlreichen guten Privatradios; insbesondere im TV-Bereich sind Infokanäle unnötig. Wenn die Rückspulfunktion über Web-TV immer mehr genutzt wird, kann das Programm eines Senders massiv gestrafft und die Ausrichtung auf lineares Fernsehen reduziert werden. Eine  Informationssendung wie auch einen Krimi kann man dann ansehen, wann man will. Ausländische TV-Serien, die eingekauft werden müssen, um das lineare Programm zu füllen, braucht es so nicht mehr. Damit werden Kosten gesenkt (Punkt 5) und die Subsidiarität gestärkt (Punkt 2). 

4.  Online Inhalte der SRG für Private ohne redaktionelle Bearbeitung nutzbar machen: Die SRG-Video- und Audiobeiträge sind den privaten Medienanbietern möglichst kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Statt immer mehr die online-Präsenz auszubauen, muss die SRG im Internet eine funktionale Audio- und Videothek anbieten, die einen echten »Service public« darstellt. Die redaktionelle Verwertung der Bilder und Töne soll Aufgabe der privaten Sender sein. 

5.  Kostentransparenz bei der SRG schaffen und  Kosteneffizienz  steigern: Wenn schon Mediensteuern eingeführt werden sollen, dann hat die Mittelverwendung erst recht transparent zu sein. Wenn private TV-Stationen mit mir ein Interview führen, rückt eigentlich immer nur eine Person an, welche die Videokamera führt, Fragen stellt und für das Redaktionelle verantwortlich ist. Bei der SRG sind zig Personen nötig, um die gleichen Inhalte zu fertigen. Insbesondere müssen auch die teuren Eigenproduktionen überdacht werden. Die Kosten für eine Sendeminute der SRG, welche aufgrund fehlender Kostentransparenz nicht wirklich ersichtlich sind, dürften deutlich  höher sein als jene  der  privaten Sender.

Gefährliche staatliche Medienförderung  -  Von Nationalrat Gregor Rutz 
Wer sich als Politiker für die Medienvielfalt einsetzt, liegt voll im Trend. Viele Politiker meinen damit aber nicht etwa ein freiheitliches wettbewerbliches System, sondern verlangen vielmehr staatliche Fördermassnahmen und Subventionen. Das ist gefährlich: In einer freien Demokratie müssen die Medien unabhängig vom Staat organisiert und finanziert sein.

Immer wieder hört man, die schweizerische Medienlandschaft leide unter zu wenig Vielfalt. Ich teile diese Auffassung nur bedingt. Wo tatsächlich zu wenig Vielfalt besteht, hat dies einen einfachen Grund: Die staatlichen Interventionen haben ein Ausmass angenommen, welches als ungesund bezeichnet werden muss. Die staatlichen Förder- und Kontrollmassnahmen nehmen immer weitere Dimensionen an. So profitieren die Printmedien nicht nur von einem reduzierten Mehrwertsteuer-

Satz von 2,4 % und von Vorzugstarifen für die Beförderung von abonnierten Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch von Werbeeinschränkungen für Radio und Fernsehen, welche die Printmedien stützen sollen.  Elektronische Medien wiederum, d.h. Radio und Fernsehen, profitieren  ebenfalls vom reduzierten Mehrwertsteuer-Satz sowie von der Erhebung von Zwangsgebühren für die SRG und der damit verbundene Ausschüttung von Gebührenanteilen an Veranstalter ohne ausreichende Finanzierungsbasis. Dies erklärt auch, warum sowohl die Verleger als auch die privaten Radio- und TV-Stationen die vorliegende RTVG-Revision befürworten: Mit dieser Gesetzesrevision werden zusätzliche Geldmittel für private Veranstalter gesprochen. Die Abhängigkeit vom Staat wird also weiter erhöht.

Für freie Medien
Um mehr Medienvielfalt und einen lebendigen Wettbewerb unter möglichst vielen privaten Veranstaltern zu erreichen, muss die Politik von der Anspruchsmentalität und dem Streben nach dem Versorgungsstaat wegkommen. Mit staatlichen Leistungen und gesetzlichen Interventionen lässt sich nicht ein Mehr an Wettbewerb herstellen  -  im Gegenteil. Dies haben viele Politiker nicht begriffen. Immer wieder verlangen Vorstösse Konzepte und Massnahmen zugunsten einer umfassende staatliche Medienförderung. Die diesbezüglichen Debatten von diesem Februar in der Staatspolitischen Kommission sowie in der Medienkommission des Nationalrats zeigten, dass die Forderungen nach einer indirekten und direkten Medienförderung nach wie vor nicht vom Tisch sind. Politiker  - aber auch Professoren und sogenannte Medienexperten -  verlangen sogar Fördergelder und staatliche Massnahmen für Internetportale. Dies zeigt die Absurdität der Diskussion: Gerade das Internet bringt eine riesige Vielfalt von Angeboten hervor und bietet auch wirtschaftlich interessante Perspektiven. Hier sind Fördermassnahmen definitiv unangebracht. 

RTVG-Revision dokumentiert chaotische Zustände 
Die RTVG-Revision, über welche wir am 14. Juni befinden, zeigt die verfahrene medienpolitische Situation anschaulich: Die Politik diskutiert über Finanzierungsfragen, ohne genau zu wissen, was überhaupt finanziert werden soll. Die Frage nach der Definition des »Service Public«  ist nämlich nach wie vor unbeantwortet. Das Parlament schiebt dieses Traktandum seit Jahren vor sich her. Die schweizerische Medienpolitik braucht dringend einen Marschhalt. Zuerst einmal muss definiert werden, was der Staat in der heutigen modernen Medienlandschaft überhaupt noch an Leistungen erbringen muss. Wenn die Leitplanken des »Service Public« festgelegt sind, ist die Frage der Finanzierung zu klären: Wahrscheinlich betragen die Empfangsgebühren dann noch etwa die Hälfte der heutigen 462 Franken.

Gleichzeitig muss der gewonnene Spielraum den privaten Veranstaltern zur Verfügung gestellt werden: Wer in der Schweiz Radio und Fernsehen machen möchte, soll dies auch tun können. Und zwar ohne staatliche Programmaufträge und fragwürdige Kontrollen durch unterbeschäftigte Universitätsprofessoren. 

IMPRESSUM  Aktion Medienfreiheit im April 2015 
Rötelstrasse 84  8057 Zürich 
info@medienfreiheit.ch 
www.medienfreiheit.ch 

Vorstandsmitglied: Nationalrat Gregor Rutz
Vizepräsident: Nationalrat Christian Wasserfallen   


Hinter der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG), schreibt die Präsidentin der Aktion Medienfreiheit, Nationalrätin Natalie Rickli, verbirgt sich die Einführung einer neuen Billag-Mediensteuer, so dass in Zukunft alle Haushalte bezahlen, auch wenn gar kein Empfangsgerät vorhanden ist. Dies ist die erste medienpolitische Abstimmung seit dem Radio- und Fernsehartikel  1984. Ich hoffe, die Stimmbürger durchschauen die ungerechtfertigte, unangebrachte und unfaire Mediensteuer. Dies wäre ein wichtiges Signal für eine Trendwende in der schweizerischen Medienpolitik hin zu mehr privater Innovation und weniger staatlicher Regulierung. 

Anmerkung politonline: Fakt ist zudem, dass Haushalte, die lediglich ein Radio und kein Fernsehgerät besitzen, künftig den Fernsehempfang mitbezahlen müssten; dadurch würde die jetzige Jahresgebühr von 169.- Franken für den Radioempfang auf den Pauschalbetrag von jährlich 462.- steigen, was in keiner Weise als gerechtfertigt zu betrachten ist.