»Die Macher hinter den Kulissen - Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern« - Von Hermann Ploppa

Der Autor obigen Buches ist Politologe und Publizist und machte bereits 2009

mit seinem nicht auf der Linie des Mainstreams liegenden Werk »Hitlers amerikanische Lehrer - Die Eliten der USA als Geburtshelfer des Nationalsozialismus« auf sich aufmerksam. In einem mit »Zeit-Fragen« geführten Interview legt er folgendes dar: »Der Kerngedanke des Buches ist der, dass von der Öffentlichkeit nicht hinterfragbare Organisationen sowohl die politischen Paradigmen als auch die politische Agenda in Deutschland verändern. Sie tun dies an der Öffentlichkeit vorbei; und an den Wahlentscheidungen der Bürger und der Mehrheit der Bevölkerung vorbei bestimmen sie das Leitbild. Das betrifft zum einen die Innenpolitik und die Sozialpolitik.

Bis zu zwei Drittel der Bevölkerung sagen immer wieder in Umfragen: Wir wünschen ein System, das die Vorteile des Kapitalismus und des Sozialismus miteinander kombiniert. Tatsächlich aber sehen wir eine immer stärkere Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Wir erleben einen Druck, alles betriebswirtschaftlich zu denken und zu verstehen, sogar die Sozialbereiche; es geht um die Durchsetzung marktradikaler Konzepte. Der andere Bereich ist die Aussenpolitik. Auch da zeigen Umfragen immer wieder, dass sich die Deutschen eine unabhängige deutsche Aussenpolitik wünschen, die sich von den Machtblöcken freundlich aber distanziert abgrenzt; ferner möchten sie die Interessen der Bevölkerung in einem eigenen Massnahmenkatalog umgesetzt sehen. Tatsächlich passiert es aber, dass wir in der Aussenpolitik immer mehr den US-amerikanischen Interessen angeglichen werden, bis hin zu dem Druck, die Interessen der USA in der Ukraine-Krise offensiv gegen Russland zu vertreten, was wir von unserer objektiven Interessenlage aus betrachtet gar nicht verantworten können. 

Es geht hier um ein generationenübergreifendes Elitenprojekt, das in der USA entwickelt worden ist. Kristallisationspunkt dieser Entwicklung ist das Council on Foreign Relations (CFR), der Rat für Auswärtige Angelegenheiten, der zum Ziel hat, die gesamte für die USA erreichbare Welt nach US-Vorbild umzumodeln und in die US-amerikanische Pax Americana einzugliedern; dieses Ziel wird schon seit 1921 verfolgt, und seit dem Zweiten Weltkrieg verstärkt mittels Filialorganisationen in über 170 Ländern. In Deutschland zum Beispiel ist es zum einen die Atlantik-Brücke, die den Kontakt zwischen den Eliten Deutschlands und der USA herstellt, zum anderen die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die im angelsächsischen Raum German Council on Foreign Relations heisst und die wiederum jene Denkfabrik ist, die Expertisen für die US-amerikanische Hegemonie liefert.  

Seit der Französischen Revolution ist es eigentlich in allen westlichen Demokratien, insbesondere in den mitteleuropäischen Demokratien, selbstverständlich, dass alle getroffenen politischen Massnahmen, die von den Politikern als Vertreter des Volkswillens  durchzusetzen sind, den Mehrheitswillen der Bevölkerung widerspiegeln und das berücksichtigen sollen, was die Bevölkerung wünscht. Zum anderen geht es um Öffentlichkeit, um das Gebot der Öffentlichkeit. Alles, was erörtert und was durchgesetzt wird, muss für die Bevölkerung nachvollziehbar sein. Es muss nachvollziehbar sein, wer etwas wie vertreten hat und warum. Wenn jetzt an all dem vorbei Entscheidungen getroffen werden, für die man in einer demokratischen Mehrheitsentscheidung gar keine Mehrheit bekäme, dann handelt es sich hierbei schon um eine heimliche Unterwanderung. Und das ist mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren. 

Dass transatlantische Netzwerke dafür gesorgt haben, dass marktradikale Konzepte in Deutschland durchgesetzt wurden, sieht man am augenfälligsten daran, dass zunächst einmal unsere Gesetzgebung in Deutschland so geändert wurde, dass Stiftungen viel mehr Geld einbehalten und dadurch eine Machtfülle entwickeln können, die dem Politiker die Agenda vorschreibt. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist die Bertelsmann-Stiftung; sie ist die Kraft der zwei Herzen. Auf der einen Seite steht der Medienkonzern Bertelsmann mit RTL, Stern usw., auf der anderen Seite die Stiftung selbst; die beiden arbeiten sich gegenseitig zu, um bestimmte Agenda-Punkte  voranzubringen. Konkrete Agenda-Punkte bei der Bertelsmann-Stiftung sind die Privatisierung und Ökonomisierung öffentlicher Dienstleistungen. Da gibt es zum Beispiel das Projekt Schule&Co. im Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem mittlerweile über 250 Schulen wie eigenständige Wirtschaftsbetriebe organisiert sind, und das soll darauf hinauslaufen, Schulen letztendlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu betreiben und nach Möglichkeit irgendwann auch gewinnbringend zu machen, damit sie eventuell an die Börse gebracht werden können. Dasselbe passiert im Universitätswesen. Das Centrum für Hochschulentwicklung der Bertelsmann-Stiftung betreibt in ganz Deutschland eine Privatisierung der Universitäten, also den Abbau von öffentlichen Mitteln, der Drittmittel-Einwerbung; dies auch in Zusammenarbeit mit der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Gleiches verfolgt das Bertelsmannsche Centrum für Krankenhaus-Management, das zum Beispiel die Privatisierung der Universitätskrankenhäuser in Giessen und Marburg konzeptionell vorbereitet hat. Nach der Umsetzung des Konzepts gingen die Krankenhäuser in den Besitz von Fresenius Medical Care über, ein nach Gewinn strebendes privates Unternehmen.

Die in Gütersloh beheimatete Bertelsmann-Stiftung, die aus einem evangelischen Buchversand entstand, firmiert zwar in der Tat nicht direkt als pro-amerikanische Organisation. Man muss aber hinzufügen, dass auch einige Organisationen, einige Stiftungen, die nicht so eng in den Konnex transatlantischer Netzwerke und Stiftungen eingebunden sind, mittlerweile amerikanischer denken als die Amerikaner. Das ist ein ganz erstaunliches Phänomen. Die Bertelsmann-Stiftung arbeitet aber auch in Washington, hat dort ein Büro und ist dort eng mit transatlantischen US-Organisationen vernetzt. Die Chefin des Konzerns, Liz Mohn, hält sich selbst da eher raus. Das sind dann vielmehr ihre Untergebenen  - wie früher Thomas Middelhoff, der von November 1998 bis Juli 2002 als Vorstandsvorsitzender des Medienkonzerns Bertelsmann AG amtierte -  die diesbezüglich auffällig waren. Mohn ist die Kaffeefreundin von Angela Merkel. Man spricht ja von dem Feminat Friede Springer, Angela Merkel und Liz Mohn als Triumfeminat – in Anspielung auf das römische Triumvirat. Für die Netzwerke direkt lässt man aber eher die anderen arbeiten. 

Was das marktradikale Konzept als Teil der Netzwerkpolitik angeht, so möchte ich hier nur auf die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik aufmerksam machen, deren Präsident Volker Perthes, ein ausgewiesener Orientalist, bei einer Sitzung des Council on Foreign Relations vorgeschlagen hatte, gegen den Iran vorzugehen, und zwar durch die Implantation des Computerwurms Stuxnet in die iranischen Steuerungssysteme für ihre Atomkraftwerke. Er hat auf diese Weise aktiv am Krieg der USA gegen den Iran teilgenommen. Hinsichtlich eines europaweiten transatlantischen Netzwerks gilt, dass zunächst einmal die Eliten der USA und Europas seit 1954 auf rein gesellschaftlicher Ebene durch die Bilderberger zusammengeführt sind. Letztere gelten auch als die Stichwortgeber für die europäische Einigung: Das heisst, auch hinter den Bilderbergern stand schon eine US-Initiative. Des weiteren ist es so, dass das Projekt der europäischen Einigung ein top-down Projekt ist. Aus dem geopolitischen Interesse der USA heraus ging es nach dem Zweiten Weltkrieg darum, Westeuropa abzuschliessen, eine politische Flurbereinigung vorzunehmen. Die USA fand, dass die Sowjetunion dabei war, auch Westeuropa durch eine kulturelle Hegemonie zu vereinnahmen. Man hat deshalb, von der CIA ausgehend, Geld gesteuert nach Europa gepumpt, auch über US-Tarnorganisationen wie das American Committee for a United Europe, und hat dann von dorther scheinbar basisdemokratische Bewegungen in Europa,  so die Europa-Union, die diesem geopolitischen Vorhaben der USA den Charakter einer Volksbewegung gegeben haben, auf den Weg gebracht. Seit einigen Jahren ist etwas Neues hinzugekommen: Über das Konstrukt EU wird Druck auf die Nationen ausgeübt, marktradikal zu denken und zu planen. Und wie aus vielen Papieren hervorgeht, geht es nur noch um ein günstiges Investitionsklima für Unternehmen. Das ist die ganz offizielle Doktrin der EU, und das wird dann nach dem Grundsatz EU-Recht bricht nationales Recht den demokratisch legitimierten Regierungen übergestülpt. Das ist ein zutiefst undemokratischer Prozess. 

Auf die Frage, ob wir Gefahr laufen, dass die transatlantischen Netzwerke für uns zu einer existentiellen Bedrohung werden, erklärt der Autor: Auf jeden Fall. Das zeigt sich eindeutig bei der Ukraine-Krise. Da wurde ja deutlich, dass die deutschen Medien, die eben noch Putin als diskutablen Partner geführt hatten, auf einmal anfingen, ihn auch unter der Gürtellinie anzugreifen und ihn zu dämonisieren. Wenn man dann schaut, wer das gewesen ist, dann sieht man, dass die Initiatoren dieser Kampagne allesamt den transatlantischen Netzwerken angehören. Gegen Putin und Russland ging es gleichzeitig in allen Mainstream-Medien los. Man sollte ja meinen, in einer freiheitlichen Medienlandschaft müsste die eine Zeitung eher für und die andere eher gegen Russland sein und die dritte vielleicht neutral. Aber es war ja nur dieser Einheitschor zu vernehmen. Das war aber für die bislang treuen Abonnenten vom Spiegel, der Zeit, der Süddeutschen Zeitung plötzlich ein Bruchpunkt, wo viele ihr Abo gekündigt und gesagt haben: Diese Einseitigkeit machen wir nicht mit. Der Spiegel hatte ja auch von vornherein mit der Suggestivfrage: Wie können wir Putin stoppen? eine Umfrage, ein Forum, initiiert. Dieses Forum wurde schon nach wenigen Stunden wieder geschlossen, da nicht etwa das gewünschte Ergebnis, nämlich gegen Putin zu pulvern, herauskam, sondern weil sich die Leute im Gegenteil mehrheitlich für einen differenzierten Umgang mit Russland ausgesprochen hatten. 

Die transatlantischen Netzwerke haben somit einen umfassenden Einfluss auf die deutsche und die europäische Politik, der auf keinen Fall im Interesse der Deutschen und der Europäer liegt. Um dies zu ändern und dafür zu sorgen, dass die Anliegen der Bürger zum Zuge kommen, muss man zum Beispiel mit Blick auf die Aussenpolitik deutlich machen, dass die aufstrebenden Schwellenländer wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika interessante Partner und Märkte sind und dass wir, wenn wir uns einseitig der USA an den Hals werfen, von diesen abgeschnitten werden, wodurch der ganze eurasische Raum für unsere Wachstumsmöglichkeiten nicht mehr vorhanden wäre. Das ist auch schon in Teilen des Unternehmertums angekommen. Es gab auch schon Foren, in denen man sich eindeutig für eine Öffnung zu den BRICS-Staaten ausgesprochen hat. Im Moment registrieren wir ja alle erstaunt, dass auf einmal auch von der Bundesregierung und von der CSU Töne kommen, die wir lange nicht mehr vernommen haben: Herr Putin sei eben doch ein wichtiger unverzichtbarer Partner im Kampf gegen den Terrorismus. Das ist wie folgt zu übersetzen: Wir können auf das russische Erdgas und Erdöl nicht verzichten, und wir haben ja z.B. auch einen Markt für Fertigprodukte in Russland. Es gibt die Hoffnung, dass die Vernunft der hiesigen Unternehmer so langsam mehr Gewicht und mehr Gehör findet. 

Viele Leute hatten 1998 die Hoffnung, dass die Regierung Schröder/Fischer vieles besser machen, nämlich friedlicher und auch sozialer als die vorherigen Regierungen handeln würde. Beides ist nicht eingetreten, sondern das pure Gegenteil. Da fragt man sich, warum. Warum gelingt es mit den tradierten Mitteln der parlamentarischen Demokratie nicht, tatsächlich einen Politikwechsel durchzusetzen? Warum geht das immer in eine ganz andere Richtung? Da bin ich eben neugierig geworden und habe nachgesehen, wo die eigentlich alle drinstecken. Dann sieht man sehr schnell, dass Joschka Fischer schon lange in die transatlantischen Netzwerke eingebunden war. Ohne die massive Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung und des Medienkonzerns von Bertelsmann wären Fischer und Schröder niemals ministrabel geworden. Es fiel schon in den letzten Diskussionen vor der Wahl auf, dass es in wesentlichen Punkten einen erstaunlichen Gleichklang zwischen Fischer und dem damaligen Verteidigungsminister Volker Rühe von der CDU gab. Rühe war ein Befürworter von Auslandeinsätzen der Bundeswehr und anders als sein Kanzler Helmut Kohl für einen Krieg gegen Jugoslawien. Kaum waren sie an der Regierung, machte Joschka Fischer da weiter, wo Hitler aufhören musste, nämlich bei der Bombardierung Belgrads. Fischer ist Mitbegründer des European Council on Foreign Relations. Es wäre ja schön gewesen, hätte es ein CFR gegeben, das aus europäischer, genuin europäischer Interessenslage ein Gegengewicht zu den US-amerikanischen Hegemonie-Instrumente gebildet hätte, aber das Gegenteil ist der Fall. Das ECFR ist eine weitere Filiale der transatlantischen Diskurse und Paradigmen. Für mich ergab sich daraus, dass ich erst einmal aufklären musste, weil man da sonst nicht durchdringt.«  [1]  

Anmerkung d.a.
Nun sind Institutionen wie die Atlantik-Brücke, das CFR mit seinem europäischen Ableger, die Bilderberger, Bertelsmann und weitere Stiftungen, ebenso die Trilaterale Kommission und das Chatham House, längst Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen auf politonline; zwar sind diese Gruppierungen in der Öffentlichkeit bekannt, nicht jedoch die unter ihrer Regie auszuarbeitenden und in der Folge anzubahnende Strategien; und diese werden in der Regel erst dann erkannt,  wenn sie bereits umgesetzt sind. 

Die nie zu beantwortende Frage bleibt auch hier, was die Politiker dazu bewegt, als Handlanger zu fungieren. Wir wissen leider nicht, ob es ihre Machtsucht ist, die zu ihrem Verhalten führt, oder die totale Unfähigkeit, die ihnen diktierten Schritte auch nur zu Ende denken zu können. Erleichtert wird ihnen dies dadurch, dass keiner von ihnen je zur Verantwortung gezogen wird.

Negativ dürfte sich auch der Faktor auswirken, dass das Gros der einschlägigen politischen Literatur, obwohl diese sämtliche Aspekte der Entnationalisierung der Staaten, der organisierten Kriminalität und des sich vertiefenden Demokratiemangels in der EU erfasst, noch immer von einem viel zu niedrigen Prozentsatz der Bevölkerung gelesen wird. 


Siehe hierzu auch 
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1490  25. 4. 10  
Wie souverän ist Europa? - Von Prof. Dr. Eberhard Hamer  

Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2267 11. 10. 15 Das Interview führte Karl Müller
Zeit-Fragen  >  2015  >  Nr. 26, 11. Oktober 2015