Junge Männer, die die Kultur der Gewalt mitbringen - Von Bassam Tibi

Dieser Beitrag stammt aus der Feder des emeritierten Politologen

der Universität Göttingen:

Viele meiner deutschen Gesprächspartner scheinen die Gewalt, die in der Tradition einer orientalisch-patriarchalischen Kultur gegen Frauen steht, nicht zu verstehen. Im Orient gilt die Frau nicht als Subjekt, sondern als Gegenstand der Ehre eines Mannes. Die Schändung einer Frau wird nicht nur als Sexhandlung und Verbrechen an der Frau selbst betrachtet, sondern eher als ein Akt der Demütigung des Mannes, dem sie gehört. In diesem barbarischen Krieg in Syrien, der völlig falsch als Bürgerkrieg bezeichnet wird  - dort kämpfen keine Bürger, sondern ethnisch-religiöse Kollektive gegeneinander -  vergewaltigen schiitisch-alawitische Soldaten der syrischen Armee Frauen der sunnitischen Opposition als Mittel der Kriegsführung. Mit der Vergewaltigung zielen diese Alawiten auf eine Entehrung der Männer der sunnitischen Opposition. Die sunnitischen Rebellen tun ihrerseits dasselbe mit alawitischen Frauen. Es ist ein Krieg aller gegen alle mit den Frauen als Faustpfand.   

Köln war kein Einzelfall  
Als Syrer aus Damaskus staune ich über das Unwissen und die Naivität der Bundeskanzlerin und ihrer Verteidigungsministerin, die glauben, auf Konferenzen in Genf und München den Krieg beenden zu können. Dieser Krieg aber ist als ein protracted conflict einzustufen, der uns noch jahrelang begleiten wird. Es ist ein Kriegstyp, den ich irregulärer nicht staatlicher Krieg nenne. Unter den   Kriegsflüchtlingen befinden sich nicht nur Opfer der Gewalt, sondern auch viele Täter, ja sogar zahlreiche Islamisten. Hinzu kommt, daß diese vorwiegend jungen Männer im Alter von 14 bis 20 Jahren die Kultur der Gewalt, auch die gegenüber Frauen, mit sich aus Nahost nach Deutschland bringen. Die Silvesternacht in Köln ist nur ein Beweis hierfür und kein Einzelfall, wie uns Politiker vormachen wollen, um die Bedeutung der Angelegenheit herunterzuspielen. Unabhängig vom Krieg ist das Frauenbild in der arabisch-orientalischen Kultur patriarchalisch, ja umfassend menschenverachtend. Dieses Frauenbild darf in Europa nicht unter dem Mantel des Respekts für andere Kulturen geduldet werden. Und es geht dem arabischen Mann bei der ausgeübten sexuellen Gewalt nicht nur um die sexuelle Attraktion der europäischen Frau, sondern auch um den europäischen Mann, dessen Ehre der Orientale beschmutzen will. So ist es auch in Köln geschehen. Köln war nur der Anfang. Wenn Deutschland über 1 Million Menschen aus der Welt des Islams holt und ihre Erwartungen nicht erfüllt, muß man sich auf einiges gefaßt machen. Aus der Werbung glauben diese jungen Männer zu wissen, daß jeder Europäer eine Luxuswohnung, ein Auto und eine hübsche Blondine hat; sie denken, daß sie dies auch bekommen und am Wohlstand beteiligt werden. Wenn aber diese jungen Männer stattdessen in eine Notunterbringung in Schul- und Sporthallen kommen, dann fühlen sie sich betrogen, ja diskriminiert. Also entwickeln sie Rachegefühle gegenüber dem europäischen Mann. Die enttäuschten und wütenden arabischen Männer rächten sich daher in Köln und Hamburg an den deutschen Männern, die durch deren Frauen vertreten sind. Als Syrer, der einen aufgeklärten Islam vertritt und für Respekt gegenüber Frauen einsteht, sage ich: Das war ein kulturell verankerter Racheakt. Was hier zu kritisieren ist, ist nicht nur die so oft beklagte falsche Toleranz, sondern auch die Unwissenheit über andere Kulturen. 

Die Zahl der Toten, die der Konflikt zwischen Sunniten und Alawiten, der sich zu einem blutigen Krieg entwickelt hat, verursacht hat, beträgt inzwischen etwa eine halbe Million Syrer, darunter Hunderttausende von Alawiten, der Rest sind Sunniten. Diese Kategorie von Konflikten ist schwer zu lösen. Ein Beispiel hierfür aus der Vergangenheit ist auch der Libanon-Konflikt zwischen Christen und Muslimen, der von 1975 bis 1990, also 15 Jahre gedauert hat.   

Die Religion gehört Allah   
In Syrien hat der Konflikt eine lange Geschichte. Die syrische Hauptstadt Damaskus ist die älteste noch bewohnte Stadt der Welt; sie war von 661 bis 750 die Hauptstadt des Omayyaden-Reiches, also des ersten imperialen Kalifats im Islam, das sich von Spanien bis West-China erstreckte. Im späten 19. Jahrhundert wurde von Christen und Muslimen die europäische Idee der Nation übernommen, in der beide gleichberechtigt lebten - also anders als im Kalifat, wo die Christen als Gläubige zweiter Klasse galten. Daraus ging der säkulare Panarabismus hervor. Nach der Auflösung des Osmanischen Reiches wurde Syrien 1920 bis 1945 französisches Mandatsgebiet, danach eine unabhängige, säkulare Republik. In diesem säkularen Syrien bin ich 1944 in Damaskus als Sprössling der Ashraf-Aristokratenfamilie Banu al-Tibi geboren. Unsere Werteorientierung war: Die Religion gehört Allah, aber das Vaterland allen. So dachte die sunnitische Mehrheit, etwa 70 % und lebte mit einer Vielzahl von religiösen und ethnischen Minderheiten in gegenseitigem Respekt.   

Blutige Rachegelüste  
Damaskus war eine friedliche Stadt mit einem Christen- und einem Kurdenviertel. Das änderte sich nach 1970, als der alawitisch-schiitische General Hafiz al-Assad die Macht ergriff. In den folgenden Jahren gelang es ihm, alle Schlüsselpositionen in Armee und Sicherheitsdiensten mit Alawiten zu besetzen.

Inspiriert vom Arabischen Frühling 2011 gab es einen Aufstand der sunnitischen Mehrheit gegen die Alawiten-Herrschaft. Daraus ging der gegenwärtige Krieg hervor. Eine blutige und mit Rachegelüsten beladene Feindeslinie zwischen Sunniten und Alawiten charakterisiert diesen Konflikt. Alawiten und Sunniten haben keine gemeinsame Zukunft. Diesen Konflikt können weder regionale noch internationale Mächte in den Griff bekommen. Im Syrien-Konflikt ist es wichtig zu verstehen, daß Putin nicht aus Sympathie für Assad seine russische militärische Macht einsetzt, sondern allein in dem Bestreben, den Westen zu zwingen, Rußland als gleichwertigen Akteur anzuerkennen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2016 wurde deutlich, daß Putin dieses Ziel erreicht hat.   

Der Syrienkonflikt ist beispielhaft für einen laufenden Prozeß des Staatszerfalls in Nahost. Dieser findet gegenwärtig auch im Irak, in Libyen und im Jemen statt. Die Folge hiervon wird sein, daß in den nächsten Jahren gewaltige demografische Lawinen auf Europa zukommen. Deutschland gilt dank der Einladung von Kanzlerin Merkel als Hauptziel der Flüchtlinge. Die anderen Europäer machen aber nicht mit. Der Kinderstreit zwischen allen deutschen Parteien über Obergrenzen und eine Limitierung der Zahl belegt, daß deutsche Politikerinnen und Politiker die Dimension der Probleme nicht verstehen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich Anfang 2015 nach den Morden in Paris Schulter an Schulter mit Islamfunktionären an einer öffentlichen Demonstration in Berlin beteiligt, die einen europäischen Islam heftig bekämpfen – und sie weiß noch nicht einmal, was sie da tut. Ihre Syrien- und Flüchtlingspolitik liegt auf dieser Linie. Während deutsche Politiker und deutsche Gutmenschen in einem deutschen Pathos des Absoluten [Theodor W. Adorno] über Toleranz und das Elend der Flüchtlinge reden, lachen viele Islamisten verächtlich und nennen diese Debatten byzantinisches Geschwätz.  

Weit und breit kein Euro-Islam   
Der Ursprung des Begriffs ist aufschlußreich: Im Jahre 1453 wurde die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel von einer islamisch-osmanischen Armee belagert. Während dieser Belagerung erschöpften sich Byzantiner und christliche Mönche trotz des Ernstes der Lage in Debatten über magische und religiöse Formeln. Im selben Jahr, 1453, eroberte der islamische Sultan Mehmed II. mit seinen Truppen erfolgreich Konstantinopel und verwandelte die Stadt in ein islamisches Istanbul. Islamische Historiker nennen solche Debatten darum seit jener Zeit byzantinisches Geschwätz. Als Syrer aus Damaskus lebe ich seit 1962 in Deutschland, und ich weiß: Patriarchalisch gesinnte Männer aus einer frauenfeindlichen Kultur lassen sich nicht integrieren. Ein europäischer, ziviler Islam, den die Islamfunktionäre hierzulande als Euro-Islam ablehnen, wäre die Alternative. Zurzeit ist er chancenlos. Mein Lehrer Max Horkheimer hat Europa als Insel der Freiheit im Ozean der Gewaltherrschaft bezeichnet. Diese Freiheit sehe ich heute gefährdet.   [1]  

Die vom deutschen Bundesamt jetzt Mitte Mai veröffentlichten Daten dürften auch auf andere EU-Länder wie Schweden, Dänemark oder beispielsweise Holland zutreffen. Aus diesen geht hervor, daß drei Viertel der 2015 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge männlich und gut zwei Drittel hiervon, also 68 %, jünger als 33 Jahre alt sind. Was ihre Bildung anbelangt, so hält der Bericht fest, daß Afghanen, Eritreer, Pakistaner und Menschen aus den Westbalkanstaaten ein durchschnittlich geringeres Bildungsniveau haben, während Syrer und Iraner häufig besser ausgebildet seien.  [2]

Tödlicher Zynismus  
»Die Chronik der menschlichen Kollateralschäden durch obrigkeitlich verordneter Willkommenskultur und ungeregelter Masseneinwanderung«, schreibt Michael Paulwitz in der Zeitung Junge Freiheit [3], »ist um ein trauriges Kapitel länger. Der in Bonn brutal zu Tode getretene 17jährige Niklas P. steht in einer Reihe mit dem in Kirchweyhe erschlagenen Daniel, dem am Alexanderplatz totgeprügelten Jonny und all den vielen Opfern von Migrantengewalt, die es nicht in die Schlagzeilen geschafft haben. Der Fall Niklas ist kein Einzelfall, so wenig wie der eiskalte Tötungswille des mutmaßlichen Täters Walid S. außergewöhnlich ist. Wer nach dem ersten brutalen Hieb nochmals kehrtmacht, um einem wehr- und bewußtlos am Boden Liegenden den tödlichen Tritt gegen den Kopf zu versetzen, handelt heimtückisch und mit Vorsatz. Nach bislang geltendem Rechtsverständnis begründet das zumindest einen Mordverdacht. Trotzdem wurde Haftbefehl lediglich wegen Totschlags erlassen. Die Angehörigen des Getöteten, dessen junges Leben so brutal beendet wurde, werden sich auf ein Urteil einstellen müssen, bei dem der Gedanke an Sühne und Abschreckung sich wohl wieder ganz hinten anstellen muß.

Professionelle Verharmloser  
Der Tatverdächtige, lassen die Ermittler durchblicken, sei wegen Gewaltdelikten schon mehrfach in Erscheinung getreten. Ein Intensivtäter also. Zu einer wirksamen Strafe hat das allem Anschein nach bislang nicht gereicht. Wäre dem so, könnte Niklas P. vielleicht noch am Leben sein. Auch Kuscheljustiz kann töten. Die mörderische Verachtung, mit der ein weiteres Mal ein junger Deutscher zu Tode gebracht wurde, ist ähnlich grenzenlos wie der kaltschnäuzige Zynismus der professionellen Verharmloser und Vertuscher. Unbekannte und junge Männer hätten Niklas ins Krankenhaus geprügelt, wo er nach sechs Tagen im Koma starb, hieß es in ersten Meldungen. Nur beiläufig war von braunem Hauttyp zu lesen. Der Tatverdächtige selbst wurde zunächst als Italiener präsentiert. Ein in Italien geborener Sohn marokkanischer Einwanderer, wie sich schnell herausstellte. Der leitende Staatsanwalt wollte diesen weiteren Migrationshintergrund nicht preisgeben – aus ermittlungstaktischen Gründen, welchen auch immer. 

Angst vor Instrumentalisierung
Die größte Sorge der üblichen Verdächtigen aus Politik, Kirchen, Gewerkschaften, Medien ist nicht das Leben und die körperliche Unversehrtheit argloser junger Menschen wie Niklas, die ihr Leben riskieren, wenn sie in einem vom Diplomatenviertel zum multikulturellen Alptraum heruntergekommenen Brennpunkt-Stadtteil wie Bad Godesberg ausgehen. Sie sorgen sich um die Instrumentalisierung durch Rechte. Instrumentalisierung ist dabei ein Codewort für das Aussprechen des Offensichtlichen: Daß es deutschfeindliche Einwanderergewalt ist, die ein ums andere Mal Junge und Alte, Männer und Frauen beraubt, gedemütigt, verprügelt oder totgeschlagen auf der Strecke bleiben läßt. Wo sich nur der Verdacht regt, jemand könnte das sorgsam gehütete Tabu ansprechen, ist sofort eine professionell aus dem Boden gestampfte Quersteller- und Buntbleiber-Kundgebung zur Stelle, die das Verbrechen selbst dreist und skrupellos für groteske und schamlose Antirassismus-Propaganda mißbraucht. Man kennt das aus Kirchweyhe. Auch die Angehörigen und Freunde von Niklas mußten, wie die von Daniel, den höhnischen Mummenschanz erdulden.

Deutschenhaß tötet. Unmittelbar, wenn er von aggressiven orientalischen Jungmannen im Bewußtsein der von einer schwachen und wehrlosen Aufnahmegesellschaft gewährten Narrenfreiheit hemmungslos ausgelebt wird.

Schleichend und indirekt, wenn ideologisch motivierte Einwanderungspolitik ganze Siedlungen und Stadtteile in No go areas und Gewalt-Brutstätten umkippen läßt und grünlinksbunte Multikulti-Apologeten, zerfressen vom Deutschland verrecke-Selbsthaß, jedes Aufbegehren gegen die von ihnen selbst mitverschuldeten Zustände mit der Antirassismus-Keule zu ersticken trachten.

Niklas P. wird nicht der letzte bleiben, der für diesen Zynismus mit seinem Leben bezahlen muß.«

Was sich bereits bewahrheitet hat: In der Nacht zum 21. 5. ereignete sich in Aschaffenburg ein weiterer Überfall derselben Art: Ein 21-Jähriger wurde gegen 3.00 Uhr früh von drei Unbekannten provoziert und angegriffen. Laut einer Zeugenaussage schlugen die Männer ihr Opfer nieder und traten ihm gegen den Kopf. Der 21-jährige kam mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus. Die Täter sind auf der Flucht.

  

[1]  http://www.welt.de/debatte/kommentare/article155134929/Junge-Maenner-die-die-Kultur-der-Gewalt-mitbringen.html  8. 5. 16 
Der Gastkommentar des Autors Bassam Tibi erschien in der Ausgabe der Welt vom 8. Mai mit folgendem Vermerk: »Den Text veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Verlags Kiepenheuer & Witsch. Er ist ein Vorabdruck aus dem im Mai erscheinenden Buch Alice Schwarzers: Der Schock – Die Silvesternacht von Köln

[2]  http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/bamf-studie-fluechtlinge-ueberwiegend-jung-und-maennlich-14242162.html   19. 5. 16 
Überwiegend jung und männlich
Übergriffen der Silvesternacht in Köln 
In diesem barbarischen Krieg in Syrien

[3]  https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2016/toedlicher-zynismus/ 
19. 5. 16  Tödlicher Zynismus  -  von Michael Paulwitz