Donald J. Trump - Hoffnungsträger oder Zeitbombe? - Von Wolfgang Effenberger

Nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump schickte als einer

der Ersten Wladimir Putin dem President Elect ein Glückwunschtelegramm, in dem er die Hoffnung ausdrückte, daß »es ihnen gemeinsam gelingen werde, die russisch-amerikanischen Beziehungen aus der Krise zu holen.«  [1]  Weiter schrieb Putin, er vertraue auf »den konstruktiven Dialog zwischen Moskau und Washington, gleichberechtigt und mit gegenseitigem Respekt und im Interesse beider Nationen und der Welt.« Und die russischen Duma-Abgeordneten begrüßten die Nachricht von Trumps Wahlsieg  stehend mit langanhaltendem Beifall.

Diese positiven Signale aus Moskau lösten bei Vielen berechtigte Hoffnung auf Entspannung und Ausgleich zwischen Rußland und den USA aus: Visionäre sahen schon ein Friedenspflänzchen keimen. Diese Hoffnung wurde am 18. November 2016 mit der Ernennung des ehemaligen Chefs der Defense Intelligence Agency, Generalleutnant Michael Flynn, zum Sicherheitsberater Trumps noch verstärkt. Flynn war in den letzten Jahren nicht müde geworden, darauf hinzuweisen, daß seine Regierung an der Entstehung des Islamischen Staates nicht unbeteiligt war. Schon in einem DIA-Dokument vom August 2012 wurde die Herkunft der in Syrien agierenden Terroristen benannt: Die Salafisten, die Muslimbrüderschaft und al-Qaida im Irak (AQI) [erst im Mai 2014 wurde für diese saudisch-sunnitischen Desperados der Name Islamischer Staat geläufig; Wolfgang Effenberger]  sind die Hauptkräfte, die den Aufstand in Syrien anführen.  [2]  Gegenüber dem Journalisten Mehdi Hasan bestätigte General Flynn die Echtheit dieses DIA-Dokuments. Auf die Frage von Hasan, warum denn die USA mit radikalen Dschihadisten zusammenarbeiten, antwortete Flynn, daß es eine absichtliche Entscheidung der Regierung war: »Sie müssen wirklich den US-Präsidenten fragen, was er da eigentlich macht, weil es sehr verwirrend ist.«

Flynn und andere hochrangige Generäle halten es für einen Fehler, daß »NATO-Länder radikale islamische Gruppen wie IS und al-Nusra unterstützen. Flynn wollte auch nicht, daß Assad durch Fundamentalisten ersetzt wird. Dem Investigativjournalisten Seymour Hersh gegenüber bekannte er: »Wenn die amerikanische Öffentlichkeit die Geheimdienstinformationen zu Gesicht bekäme, die wir Tag für Tag auf sensibelstem Niveau ans Licht fördern, würde sie ausrasten.«  [3]  Der verantwortlich denkende General machte sich mit seinen unbequemen Wahrheiten keine Freunde. Seinem Ersuchen, dem Präsidenten und der damaligen Außenministerin Hillary Clinton über die terroristischen Gefahren berichten zu dürfen, wurde nicht entsprochen. Statt dessen erhielt er am 7. August 2014 vom Präsidenten und Friedensnobelpreisträger die Entlassungsurkunde. 

Nun hatte er Zeit, sich politisch zu engagieren. Am 15. Dezember 2015 saß der ehemalige Geheimdienstmann Flynn anläßlich eines Banketts in Petersburg am Tisch neben dem vormaligen Geheimdienstmann Putin. Es scheint, daß Flynn hier schon den Boden für Trump sondiert hat. Ebenfalls am Tisch saßen die grüne US-Präsidentschaftskandidatin Jill Stein und der ehemalige deutsche Staatssekretär und Vizepräsident der OSZE-Vollversammlung, Willy Wimmer. Gespräche sind die unabdingbare Voraussetzung für gegenseitiges Verstehen. Erst dann kann es zu einer wirklichen Verständigung kommen. Der aufrechte General Flynn ist nun einer der wichtigsten Berater im Umfeld von Trump - und wird vom Spiegel sogleich dämonisiert: Hier titelten Christina Hebel und Alwin Schröder: Flynn - Hardliner mit Putin-Connection.  [4]  Die Differenzen zwischen General Flynn und Präsident Obama sowie der damaligen Außenministerin Clinton weisen auf grundlegende Richtungskämpfe hin. Flynn hatte erkannt, daß die illegalen Kriege der USA dem Land nur Schaden zufügen und daß sie nur im Interesse der transnationalen Konzerne bzw. des transnationalen Kapitals geführt werden. Daß der SpiegelFlynn angreift und die westlichen Leitmedien unerbittlich gegen Trump hetzen, hat seinen Grund. Die Medien sind heute keine 4. Gewalt, sondern das effektive Werkzeug der transnationalen Konzerne und der supranationalen Oligarchen. Der vielfache Milliardär Trump vertritt die Interessen der nationalen Oligarchen und ist somit ein entschiedener Gegner der supranationalen Oligarchen, deren Interessen von Obama vertreten wurden und denen Clinton nun die Kontinuität sichern und damit die wirtschaftliche Globalisierung bis zum äußersten ausreizen sollte. Vor diesem Hintergrund ist auch ihr Kampf gegen Xi Jinpings Projekt der Neuen Seidenstrasse (One Belt, One Road) zu sehen. Ziel der supranationalen Oligarchen ist die Einbindung der asiatischen Länder und der EU in die eigenen globalen Ziele bei gleichzeitiger Beseitigung ihrer staatlichen Souveränität – Soros läßt grüßen! Den Staaten soll die Möglichkeit genommen werden, sich gegen die Angriffe transnationaler Konzerne zu wehren. Diese Absicht steht auch hinter dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIPP und dem transpazifischen Gegenstück TPP. Beide sind als Werkzeug gedacht, den Transnationalen Konzernen (TNK) den Weg zum ungehinderten Plündern frei zu machen. Verkürzt kann man es so ausdrücken: Das Prinzip der Gruppe Clinton lautet: „Was gut für General Motors ist, ist gut für die USA.

Dagegen hat das Prinzip der Gruppe Trump eine kleine, aber wichtige Ergänzung: »Was gut für General Motors ist, ist nur dann gut für die USA, wenn General Motors in den USA produziert und in den USA Steuern zahlt.«  [5]  

Trump, gut in die US-Eliten integriert, ist also Teil eines Systems, welches  untereinander einen äußerst harten inneren Kampf zwischen den kapitalistischen  Nationalisten und den kapitalistischen Internationalisten führt, deren Interessen, Ziele und Visionen nicht kompatibel sind. Trumps Wahlkampfstratege Steve Brannon hat es auf den Punkt gebracht: Ich bin kein weißer Nationalist, ich bin ein Nationalist. Ich bin ein ökonomischer Nationalist, um dann zu ergänzen: »Die Globalisten haben die US-Arbeiterklasse ausgeweidet und eine Mittelschicht in Asien erschaffen.«  [6]. Jetzt geht es für die Amerikaner darum, Schlimmeres zu verhindern.

Ein Blick in Trumps Buch Great Again! – Wie ich Amerika retten werde  [7]  läßt jedoch Zweifel an einer friedlicheren Außenpolitik der USA aufkommen. Im Kapitel 4 Außenpolitik: Kämpfen für den Frieden stellt Trump die militärische Macht in das Zentrum seiner ganzen Überlegungen. »Meine Herangehensweise an die Außenpolitik beruht auf einem starken Fundament: Von einer Position der Macht aus agieren. Und das bedeutet, wir müssen das stärkste Militär der Welt unterhalten, und zwar das mit Abstand stärkste.«  [8]  Hinzu kommen der Wille zur Einschüchterung und die Androhung von Gewalt. »Wenn die Menschen wissen, daß wir, wenn nötig, Gewalt anwenden werden und daß es uns ernst damit ist, wird man anders mit uns umgehen. Mit Respekt.«  [9]  Zudem hält Trump Investitionen in das Militär für kluges Geschäftsgebaren. »Unser Militär zu stärken ergibt also auch wirtschaftlich Sinn, denn es ermöglicht uns, echtes Geld ins System zu pumpen und Tausenden von Menschen wieder Arbeit zu geben.«  [10]  Das alles ist Musik in den Ohren der Kaufleute des Todes, der Merchants of Death.

Im Iran sieht Trump eine ernste Bedrohung: »Er betreibt ein widerrechtliches Atomprogramm, er unterstützt den Terrorismus in der Region und Milizen im Irak, er bedroht die Israels Existenz und er leugnet den Holocaust.«  [11]  Nach Trumps Ansicht unterstützt der Iran Terrororganisationen in aller Welt. Diese Gruppen seien eine echte Gefahr für die USA und die US-Militärangehörigen, die im Ausland Dienst tun. »Wir müssen den Iran stoppen, er darf diese Mörder nicht länger unterstützen.«  [12]  Trump schreibt, er hätte die Sanktionen verschärft, »bis die Bedingungen so furchtbar gewesen wären, daß die iranische Führung um eine Vereinbarung gebettelt hätte….. Ich hätte mich nicht mit weniger begnügt als einem vollständigen Abbau sämtlicher Atomanlagen, der Zerstörung all ihrer Zentrifugen und dem Zugeständnis, wann und wo auch immer Inspektionen vornehmen zu können.«  [13]  Das ist nicht gerade die Ausdrucksweise eines Friedensengels.  

Nach 9/11 kamen die Länder Irak, Libyen, Syrien, Libanon, Somalia, Sudan und Iran  - so die Aussage von US-General Wesley Clark am 2. März 2007 -  auf die Liste der Staaten, die mit Krieg überzogen werden sollten.  [14]  Bis auf den Iran ist die Liste abgehakt. Unter Trump könnte sie vollendet werden. Auch China muß sich auf eisige Zeiten vorbereiten: »Es gibt Menschen, die sich wünschen, ich würde China nicht als unseren Feind bezeichnen. Aber genau das ist das Land doch!«  [15]  Und Trump gab die Parole aus: »Wir werden anfangen müssen, hart gegenüber den Chinesen aufzutreten.«  [16)

Auf seine rhetorische Frage, »wie  stemmen wir uns gegen den Strom und fangen an, wieder zu gewinnen?« gibt er sich selbst die klare Antwort: »Es beginnt mit dem modernsten und  stärksten Militär der Welt, und dem mobilsten. Was an Kosten für den Umbau anfällt, werden wir zum Teil auf die Saudi-Araber umlegen, auf die Südkoreaner, die Deutschen, die Japaner und die Briten. Schließlich beschützen wir sie, da sollten sie sich auch an den Kosten beteiligen.«  [17]  Deutschland scheint bei Trump in keinem großen Ansehen zu stehen: »Ich begreife noch immer nicht, warum Deutschland und andere Länder tatenlos zusahen, wie Putin in die Ukraine einmarschierte.« Hier zeigt sich auch sein begrenzter außenpolitischer und militärischer Horizont, der nur ein Credo kennt: »Wir können sicher sein, daß Israel im Nahen Osten unerschütterlich an unserer Seite stehen wird.«

Am 23. November 2016 traf sich Trump mit dem Herausgeber der New York Times, Arthur Ochs Sulzberger jr. Gleich zu Beginn machte er deutlich, daß er von der Times sehr grob, sehr ungerecht behandelt worden sei.  [18]  Das Treffen fand im Churchill-Room der Times statt, und bald kam das Gespräch auf Churchill, wobei sich Trump als Churchill-Fan outete; er könne es bis heute nicht verwinden, daß Obama die Churchill-Büste aus dem Oval Office entfernt habe. Trump will sie also wieder aufstellen. Was fasziniert ihn an Churchill? Das schriftstellerische Talent, das ihm 1953 den Literaturnobelpreis einbrachte? Oder fällt er auf den Staatsmann Churchill herein, der 1955 den Karlspreis der Stadt Aachen erhielt? Auf Churchills Medaille ist zu lesen: Hüter menschlicher Freiheit - Mahner der europäischen Jugend. Nur 10 Jahre zuvor, am 7. Februar 1945, hatte dieser Staatsmann Churchill auf der Konferenz von Jalta bemerkt, daß schon 6 bis 7 Millionen Deutsche getötet seien, »und bis Kriegsende werden es noch mehr sein, wahrscheinlich nicht weniger als 1 bis 1,5 Millionen«; weiter hat er erklärt, er schlage durchaus nicht vor, die Vernichtung der Deutschen einzustellen.  [19]  Die Verehrung für einen Mann, der eine wesentliche und nicht immer rühmliche Rolle in beiden Weltkriegen gespielt hat, läßt Zweifel an einer friedlicheren Zukunft aufkommen.

Am 23. November hat sich Trump dann noch überraschend mit der 35jährigen demokratischen Kongreßabgeordneten Tulsi Gabbard getroffen. 2015 zum Major befördert, kann sie auf Einsätze in Kuwait und im Irak verweisen. Diese Kriegerin riet ihm dringend, die US-Kriege in anderen Staaten zu beenden. »Präsident Trump und ich hatten ein offenes und positives Gespräch, in dem wir eine Reihe von außenpolitischen Fragen ausführlich diskutierten. Ich teilte mit ihm meine ernsten Bedenken, daß eine Flugverbotszone über Syrien den Krieg in Syrien verstärken und für das syrische Volk, unser Land und die Welt katastrophal wäre. Es würde zu mehr Tod und Leiden führen, die Flüchtlingskrise verschärfen, ISIS und al-Qaida stärken und uns in einen direkten Konflikt mit Rußland führen, der zu einem Atomkrieg führen könnte.«  [20]  Diese klare und kluge Analyse läßt hoffen. Auch ihre Arbeit im Kongreß. Mit Trump erörterte sie ihre Gesetzesvorlage, »um den illegalen Krieg unseres Landes zum Sturz der syrischen Regierung zu beenden und unsere kostbaren Ressourcen auf den Wiederaufbau unseres eigenen Landes zu konzentrieren sowie auf die Beseitigung von al-Qaida, ISIS und andere terroristische Gruppen, die eine Bedrohung für den Amerikaner darstellen.«  [21]  Allein die Tatsache, daß sich Trump mit Tulsi Gabbard ausgetauscht hat, ist für die Neocons ein Grund zur Panik. Trump soll überlegen, ob er sie auf den Posten des amerikanischen UN-Botschafters hievt. Den hat noch Samantha Power inne, die sich inzwischen zu einer gefährlichen Verfechterin des Interventionismus gewandelt hat. Die Washington Post publizierte nach dem Gespräch einen diffamierenden Kommentar. Die Fronten scheinen sich zu verhärten.  

Obwohl also bei allen Zweifeln die hoffnungsvollen Zeichen überwiegen, muß die Devise lauten: Wachsam bleiben! Denn auch Donald Trump hat sich den Erhalt und Ausbau der US-amerikanischen Vormachtstellung auf die Fahnen geschrieben. Immerhin sieht es so aus, als könnten die zerstörerischen Auswirkungen der Globalisierung durch Trumps Vorgehen gegen das skrupellose Handeln internationaler Profiteure endlich eingedämmt werden, Auswirkungen, die Carl Friedrich von Weizsäcker bereits 1981 in seinem Buch Der bedrohte Frieden hellsichtig beschrieben hat. Er spricht dort von einer globalen Wirtschaftskrise ungeheurer Dimension, die Staaten in den Bankrott treibe, und fährt fort:

»Die Gefahr von Bürgerkriegen steigt weltweit dramatisch an. Die herrschende Elite wird gezwungen, zu ihrem eigenen Schutz Privatarmeen zu unterhalten. Um ihre Herrschaft zu sichern, werden diese Eliten frühzeitig den totalen Überwachungsstaat schaffen, und eine weltweite Diktatur einführen.«  [22]

Es bleibt spannend!

 

[1]  http://www.spiegel.de/politik/ausland/wladimir-putin-gratuliert-donald-trump-und-die-russische-boerse-feiert-a-1120492.html  
[2]  Daniele Ganser: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien. Zürich 2016, S. 297

[3]  Ebenda, S. 298 
[4]  http://www.spiegel.de/politik/ausland/michael-flynn-hardliner-mit-putin-connection-a-1121913.html  
[5]  http://crimsonalter.livejournal.com/101876.html/Übersetzung
Analitik‹  
[6]  http://www.hollywoodreporter.com/news/steve-bannon-trump-tower-interview-trumps-strategist-plots-new-political-movement-948747 
[7]  Donald J. Trump: Great Again! – Wie ich Amerika retten werde
Plassen Verlag 2016 
[8]    Ebenda, S. 48 
[9]    Ebenda, S. 49 
[10]  Ebenda, S. 50 
[11]  Ebenda, S. 55 
[12]  Ebenda, S. 56  
[13]  Ebenda, S. 57  
[14]  http://www.globalresearch.ca/we-re-going-to-take-out-7-countries-in-5-years-iraq-syria-lebanon-libya-somalia-sudan-iran/5166 
[15]  Trump a.a.O., S. 60 
[16]  Ebenda, S. 62 
[17]  Ebenda, S. 65 
[18]  http://www.nytimes.com/2016/11/23/us/politics/trump-new-york-times-interview-transcript.html 
[19]  Wolfgang Effenberger: Betrachtung anläßlich der Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus - Was macht Seine Heiligkeit im unheiligen Club? unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22793, Fußnote 4 (Sanakojew, Sch. P./Zybulewski, B.L.: Teheran, Jalta, Potsdam  Dokumentansammlung, Moskau 1978, S. 166,167)  
[20]  Mutige Demokratin drängt Donald Trump zur Beendigung der US-Kriege vom 23. November 2016 unter https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/11/23/mutige-demokratin-draengt-donald-trump-zur-beendigung-der-us-kriege/  [21]  Mutige Demokratin drängt Donald Trump zur Beendigung der US-Kriege vom 23. November 2016 unter https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/11/23/mutige-demokratin-draengt-donald-trump-zur-beendigung-der-us-kriege/  [22]  Carl-Friedrich von Weizsäcker: Der bedrohte Frieden. Politische Aufsätze 1945-1981; Carl Hanser Verlag, München 1981, aufgerufen unter www.agnld.uni-potsdam.de/~shw/MathPhysicsBasics20151103.pdf S. 17