Zur Lage in Syrien

d.a. Der US-Angriff in der Nacht zum Freitag, 7. April, als Vergeltung für

den mutmasslichen Giftgasangriff der syrischen Armee vom Dienstagmorgen, 4. April, ist eine relativ undurchsichtige Sache. 

Die Vereinigten Staaten haben den syrischen Luftwaffenstützpunkt Al-Schairat, von dem aus der syrische Angriff gestartet worden sein soll, mit Raketen getroffen. Das amerikanische Militär begann die Attacke um 3 Uhr nachts mitteleuropäischer Zeit; nach Angaben des Verteidigungsministeriums feuerten die amerikanischen Kriegsschiffe USS Porter und USS Ross 59 Präzisionsraketen des Typs Tomahawk ab.

Im Gegensatz zu den zum Teil ausufernden Berichten in der Tagespresse, die je nach Redaktion darum bemüht sind, Assad erneut einer ganzen, ihn zum absoluten Missetäter stempelnden Bandbreite von Untaten zu zeihen, und inmitten der sich unmittelbar nach dem Anschlag förmlich überschlagenden Anklagen genau jener, die für den illegalen Syrienkrieg verantwortlich zeichnen, wartet Thierry Meyssan von Réseau Voltaire mit einer äusserst vorsichtigen und jenseits aller emotionalen Hetze angesiedelten Beurteilung auf. So schreibt der in Syrien lebende Journalist hinsichtlich der Presseberichte: »Lassen Sie sich nicht durch die diplomatischen Spiele und den Konformismus der Mainstream-Medien täuschen. Was jetzt in Syrien passiert ist, hat weder etwas mit der Präsentation zu tun, die Ihnen hierzu gegeben wurde, noch mit den daraus gezogenen Schlussfolgerungen.«

Ferner: Vom Mittelmeer aus wären wie gemeldet 59 Marschflugkörper abgefeuert worden, um die syrische Luftwaffenbasis von Sha’irat [Al-Schairat] in der Provinz Homs zu zerstören. Fakt ist, dass amerikanische Marschflugzeuge den durch die neuen russischen Waffen kontrollierten Bereich ungehindert durchflogen, obgleich letztere es ermöglichen, die Kommunikation und Befehle der NATO  zunichte zu machen. Laut General Philip Breedlove, vormals Oberbefehlshaber der NATO, hätten diese Waffen Russland erlaubt, die USA in der konventionellen Kriegsführung zu übertreffen und hätten die Leitsysteme der Raketen stören sollen. Dies taten sie jedoch nicht, entweder weil das Pentagon hierauf inzwischen eine technische Antwort gefunden hat, oder weil sie durch Russland abgeschaltet wurden. Die syrische Luftabwehr umfasst die von der syrischen Armee kontrollierten S-300 Boden-Luftabwehr-Raketen und die S-400, die durch die russische Armee bedient werden. Wie es heisst, sollen diese Marschflugkörper abfangen können, obwohl eine solche Situation im Kampf noch nie stattgefunden hat. Nun handelt es sich hier um automatische Waffen, aber sie haben nicht funktioniert. Es wurde keine einzige Anti-Raketen-Rakete abgeschossen, weder durch die russische, noch durch die syrische Armee. 

Als die US-Marschflugkörper ihr Ziel trafen, trafen sie eine fast leere Militärbasis, die bereits evakuiert worden war; sie hätten somit die asphaltierte Laufbahn, die schon lange ausrangierten Radare und Flugzeuge und Hangars und Häuser zerstört. Sie haben jedoch ein Dutzend Opfer gefordert, von denen 6 getötet wurden. Während offiziell kein einziger Marschflugkörper verloren oder zerstört wurde, gingen indessen nur 23 und nicht 59 auf die Basis von Sha’irat nieder. »Donald Trump«, konstatiert Meyssan, »befahl den Abschuss von Marschflugkörpern auf eine fast leere Militärbasis, nachdem er die ganze Welt, einschliesslich Russland und Syrien darüber informiert hatte«. Auch der Dschihad war über den US-Angriff informiert worden, dies aber ebenfalls durch die britischen, französischen und deutschen Sponsoren; er startete sofort einen Angriff auf Homs, das ja nun keinen Flugplatz mehr hat. 

Was bedeutet diese Inszenierung
Präsident Trump versucht seit seinem Einzug ins Weisse Haus die Politik seines Landes zu ändern und die laufenden Auseinandersetzungen durch Formen der Zusammenarbeit zu ersetzen. Zur Frage des erweiterten Nahostens nahm er für die Zerstörung der Dschihad-Organisationen Stellung und nicht für ihre Reduktion, wie es sein Vorgänger versprach. Trump hat die Legitimität der Arabischen Republik Syrien inzwischen anerkannt und damit die Fortsetzung des im Amt befindlichen demokratisch gewählten Präsidenten Baschar al-Assad; er empfing den mit Syrien verbündeten ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sissi, gratulierte diesem zu seinem Kampf gegen die Dschihadisten und restaurierte einen direkten Kommunikationskanal zwischen Washington und Damaskus. Indessen war resp. ist es das Problem von Trump, seine Verbündeten davon zu überzeugen, seine Politik zu implementieren, dies unabhängig von ihren eigenen Investitionen, um die syrische arabische Republik zu stürzen. Durch diesen Angriff befriedigte Präsident Trump seine Opposition, die sich nach dieser Operation nicht gegen ihn auflehnen können wird. Am 6. 4. hatte Hillary Clinton bereits gefordert, Syrien als Reaktion auf den angeblichen Einsatz von Chemiewaffen zu bombardieren. Was letztere betrifft, so sind die einzigen Benutzer dieser Waffen, die bislang von den Vereinten Nationen identifiziert wurden, die Dschihadisten.  [1] 

Zu den ersten Berichten zählt derjenige des Nahostexperten Michael Lüders, der all seine Erkenntnisse über Syrien in seinem Buch Die den Sturm ernten - Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte veröffentlicht hat. Am Abend des 5. 4. erstellte Lüders in der Lanz-Sendung eine Analyse, die wir hier auszugsweise wiedergeben. Die gesamte Lanz-Sendung, in der auch der Toxikologe Prof. Edmund Maser zu Wort kommt, ist in der ZDF Mediathek zu sehen 

Aller Wahrscheinlichkeit nach stamme das Giftgas nicht von Assad, sondern von sogenannten syrischen Rebellen, die sich ohnehin zu 90 % aus gefährlichen Dschihadisten zusammensetzten. Lüders führte hierzu das Beispiel des Giftgas-Einsatzes vom 21. 8. 2013 an, als über tausend Menschen umkamen. Auch damals wurde zunächst behauptet, Assad wäre für diesen Massenmord verantwortlich, wobei »es jedoch das damals eingesetzte Giftgas Sarin im Arsenal der syrischen Armee gar nicht gebe und man vielmehr davon ausgehe, dass es vom türkischen Geheimdienst Milli Istihbarat Teskilati (MIT) an die islamische Terrorbande al-Nusra geliefert worden sei, die damals eng miteinander kooperiert haben sollen. Die türkische Regierung habe zu jener Zeit erkannt, dass sie diesen Krieg in Syrien für ihre eigenen Ziele, die Kurden zu bekämpfen, nutzen konnte. Türkische Journalisten, die damals über diese Giftgas-Lieferungen berichteten, seien von Erdogan ins Gefängnis geworfen worden.« Wie es im weiteren heisst, hatte US-Präsident Obama Ende August 2013 einen unmittelbar bevorstehenden militärischen Angriff auf Assad, den er im Falle des Einsatzes von Giftgas angedroht hatte, abgeblasen. Er war von seinem eigenen Geheimdienst gewarnt worden, dass dieses Giftgas mit ziemlicher Sicherheit nicht von Assad stamme. Lüders hat in diesem Zusammenhang auch deutsche Medien scharf angegriffen, da diese über den jetzigen Giftgas-Skandal keineswegs kritisch berichten, sondern fast ausschliesslich das Feindbild Assad bedienten. In Syrien tobe ein schmutziger Stellvertreterkrieg, bei dem die USA im Pakt mit der Türkei, Saudi-Arabien und auch der EU den syrischen Machthaber Assad unbedingt stürzen wollten, um die   Achse Iran-Hizbollah-Syrien-Russland zu schwächen. Lüders erklärte auch, dass die von Medien und westlichen Politikern verbreitete Botschaft, das syrische Volk rebelliere gegen Assad, ebenfalls falsch sei und dass es nur ein Teil des syrischen Volkes, vor allem Dschihadisten seien, die Assad stürzen wollten. Die religiösen Minderheiten und die moderat eingestellten Syrer hingegen würden Assad unterstützen. In Syrien laufe ein schmutziges geopolitisches Spiel, bei dem wir die Zeche in Form von Flüchtlingen und Terrorattacken zahlen müssten.  [2]

RT Deutsch berichtet, dass die syrische Luftwaffe bei ihrem Angriff ein Lager von Terroristen getroffen hätte, das mutmasslich Chemiewaffen aus dem Irak lagerte. Hierzu der Syrien-Experte Enrico Ivanov: Er ist der Meinung, dass der syrische Präsident angesichts seiner militärischen Erfolge einen Angriff der ihm unterstellten Art nicht nötig hat. Mit einem Chemiewaffenangriff wäre Assad die Person, die am meisten verlieren würde. Er mag durchaus schlecht sein, aber er ist kein Psychopath. Er wird keine Chemiewaffen benutzen, wenn er bereits auf der Gewinnerseite steht. Die syrische Armee hat bereits fast alle verlorenen Gebiete in Hama zurückerobert. Der Angriff ist zum Vorteil der Rebellen und Dschihadisten. 

Die Führung in Damaskus hat den amerikanischen Angriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt als dumm und unverantwortlich verurteilt. Das Verhalten Amerikas offenbare nur dessen Kurzsichtigkeit und politische und militärische Blindheit für die Realität, erklärte das Büro von Machthaber Baschar al-Assad am Freitag, den 7. April.  [3]

»Trump«, heisst es auf der website von Michael Stürzenberger durchaus drastisch, »war so blöd und hat gleich gestern 59 Tomahawk-Raketen gegen den syrischen Flugplatz gefeuert, von dem er idiotischerweise glaubt, Assad habe Giftgas-Bomben losgeschickt. Diese Aktion freut alle Assad-Gegner, inklusive sämtliche islamischen Terroristengruppen, und rückt die Befriedung des Landes wieder weiter weg. Sie ist gleichzeitig der schlagende Beweis dafür, dass Assad nicht der Schuldige ist. Die Aktion freut auch alle kalten Krieger in der USA, aber sie freut die Trump-Wähler überhaupt nicht. Nicht einmal die Lügenmedien in der USA wie CNN sind rundum glücklich, denn Cowboy Trump hat den Kongress nicht gefragt. Viel schlimmer für ihn sind aber seine Anhänger; sie halten den Giftgas-Angriff fast durchwegs für fake news und glauben der linken Presse ohnedies nichts. Trump wird bei seinen Fans massiv an Zustimmung verlieren und wird diesen Angriff noch bedauern.«  [4]  

Russland wusste, wie bereits erklärt, über den geplanten US-Luftschlag Bescheid, jedoch verwies US-Aussenminister Rex Tillerson darauf, dass es vor der Operation keine Absprache mit Moskau gegeben habe, während Trump, der Assad für den mutmasslichen Chemiewaffenangriff verantwortlich gemacht hat, sagte, dass der Luftangriff für die Sicherheit der USA grundlegend gewesen sei. Schon einmalig angesichts des Umstands, dass niemand anderer als die  USA den Krieg in Syrien konzipiert und in die Wege geleitet hat. Am vergangenen Freitag hat Nikki Haley, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, weitere Militärangriffe gegen Assads Streitkräfte in Aussicht gestellt; sie betonte indessen, dass sie hoffe, dass diese nicht notwendig sein werden. Russland selbst nennt die US-Operation eine ungeheuerliche Verletzung des Völkerrechts und einen Akt der Aggression. Die USA hätte damit einen souveränen Staat attackiert, erklärte der russische UNO-Vertreter Wladimir Safronkow in einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats.

Einer Meldung zufolge sind syrische Kampfjets wenige Stunden nach dem US-Angriff auf Al-Schairat am 8. 4. erneut zu Einsätzen gestartet, um Angriffe auf Ziele nahe Palmyra zu fliegen.  

Dem Bericht auf mmnews vom 8. 4. zufolge erntet Trump für seine Aggression gegen Syrien plötzlich Lob vom kriegslüsternen Mainstream. Dazu wird aus einem Handelsblatt-Morning-Briefing folgendes zitiert: In den USA war die Kriegsbereitschaft seit Tagen gestiegen. In einem Gastbeitrag für die Financial Times ermuntert Richard Haass, Präsident des Council on Foreign Relations, zum Militärschlag gegen Assad. Es sei wichtig, dass der syrische Präsident für den Giftgaseinsatz einen Preis zahle. Der Einsatz von Cruise Missiles und Drohnen gegen seine Militärstützpunkte sei nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten. Haass drängt zur Eile: »Die Geschichte bietet selten eine zweite Chance.« Diese Worte hatten Gewicht. Als Trump im Wahlkampf gefragt wurde, welche aussenpolitischen Autoritäten er am meisten bewundere, fiel nur ein Name: Richard Haass.«             

Presse trommelt für Krieg 
Wir halten nach einem ausführlichen Blick in die Mainstream-Presse fest: Die gleichen Journalisten und Politiker, die Trump bis vor kurzem für die Ausgeburt des Bösen hielten, weil er Frieden mit Russland und eine gemeinsame Lösung mit Putin für Syrien anstrebte, drängten ihn in den letzten Tagen dazu, einen Krieg loszubrechen. Dabei ist der in den Medien in den letzten Tagen breit vorgetragene Giftgasangriff natürlich ein willkommener Vorwand und sehr wahrscheinlich eine weitere false flag operation gewesen. Schon der erste Giftgasangriff vor ein paar Jahren stellte sich nach wenigen Wochen als vom türkischen Geheimdienst und der islamistischen al-Nusra durchgeführte Aktion heraus. Sehr wahrscheinlich musste man nun schneller reagieren, bevor wieder irgend jemand die Wahrheit herausfinden konnte. Beim Blick in die Mainstream-Medien fällt weiter auf: Alle loben plötzlich Trump! Alles, was er anscheinend tun musste, um endlich gelobt zu werden, war ein Krieg! Zwar ein völkerrechtswidriger Eingriff, aber das ist im Falle der USA noch nie ausschlaggebend gewesen.

Kriegslüge

Für uns besteht kein Zweifel: Wir sind in den letzten Tagen erneut Zeuge einer grossen Kriegslüge geworden, die sich nahtlos in die Brutkastenlüge  [1. Irak-Krieg; Kuwait-Krieg] und die Massenvernichtungswaffenlüge Saddams  [2. Irak-Krieg] oder die erfundenen Kriegsverbrechen Gaddafis an der Zivilbevölkerung in Benghazi, die zum Angriff auf Libyen führten  - und die sich später ebenfalls als frei erfunden herausstellten -  einreiht. Logisch: Assad und die Russen hatten einen Grossteil Syriens von den Islamisten befreit. Es ergibt keinen Sinn, kurz vor der Rückeroberung der Kontrolle über das Staatsgebiet einen strategisch völlig sinnlosen Giftgasangriff zu starten. Dies macht nur Sinn für diejenigen, die nun diesen Angriff als Vorwand hernehmen können, um selbst nochmals einzugreifen! Es ist der Versuch, einem bereits verlorenen Krieg nochmals eine entscheidende Wendung zu geben. Das eigentliche Kriegsziel - den Sturz Assads und das Installieren einer sunnitischen pro-saudischen Marionettenregierung, um die schiitische Achse Syrien-Iran zu sprengen – soll so doch noch erreicht werden.

Man kann jetzt nur hoffen, dass es nicht zur Konfrontation mit Russland kommt und das Ganze zum totalen Flächenbrand eskaliert. Die Welt war seit Ende des Kalten Kriegs noch nie so nah an einem US-Russischen Krieg.  [5]

 

[1]  http://www.voltairenet.org/article195899.html   7. 4. 17

[2]  https://www.pi-news.net/2017/04/lueders-giftgas-von-rebellen-in-syrien/
6. 4. 17 Lüders: Giftgas von
Rebellen in Syrien – Von Michael Stürzenberger

[3]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/us-luftschlag-in-syrien-merkel-hollande-machen-assad-verantwortlich-14961517.html   7. 4. 17

[4]  https://www.pi-news.net/2017/04/hirnloser-trump-feuert-59-raketen-gegen-assad/   7. 4. 17

[5]  http://www.mmnews.de/index.php/politik/107544-riskiert-trump-den-3-weltkrieg   8. 4. 17    Riskiert Trump den 3. Weltkrieg?