Die Schweiz - ein Unrechtsstaat? - Von Nationalrat Thomas Aeschi

Gemäss Präambel der UN-Charta wurde die UNO gegründet, um »den Weltfrieden

und die weltweite Sicherheit zu wahren«. Man würde nun erwarten, dass sich die UNO mit universellen und grundlegenden Problemen der Menschheit beschäftigt. Das tut sie nicht. Sie kritisiert stattdessen lieber die Frauen- und Menschenrechtssituation in der Schweiz. Dies auf eine Weise, dass man als Leser unweigerlich das Gefühl haben muss, dass die Schweiz im frühen 18. Jahrhundert stehengeblieben ist. 

Das 18-köpfige UNO-Menschenrechtskomitee hat zum 4. Mal die Schweiz überprüft. In dem am 27. 7. veröffentlichten Bericht werden wir in über 48 Punkten harsch kritisiert. Unlängst hat auch der UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau [CEDAW] die Schweiz bereits zum 5. Mal darüber belehrt, wie Gleichberechtigung auszusehen hat. In beiden Berichten nimmt das Lob für die Schweiz, auf das wir ja so dringend angewiesen sind, gerade einmal eine Seite ein, dagegen füllt der harsche Tadel derer 10 bzw.15!

Die CEDAW zeigt sich über unzählige Zustände in der Schweiz besorgt und stellt daher in ihrem Bericht mehr als 70 Forderungen. Dazu gehört, dass die Erhebung von Daten zu Fällen von HIV/Aids und sexuell übertragbaren Krankheiten veranlasst wird. Immerhin stehen wir aber mit unseren etwa 500 jährlichen HIV-Neuinfektionen, die wir wenigstens nach Geschlecht aufschlüsseln können, besser da als Nigeria, dem Heimatland von CEDAW-Vizepräsidentin Theodora Oby Nwankwo, wo das Thema Aids vollkommen tabuisiert ist und gar keine Statistiken existieren.

Auch bezüglich der Verhinderung von Genitalverstümmelungen bei Mädchen müsse sich die Schweiz an der Nase nehmen. Diese Praxis kommt natürlich nur unter Migrantenfamilien vor, von denen übrigens nicht wenige aus Nigeria und anderen afrikanischen Länder stammen, wo Genitalverstümmelung immer noch gang und gäbe ist. Wenn wir also schon so grosszügig Migranten aus solchen zurückgebliebenen Kulturen aufnehmen, sollen wir zumindest gefälligst dafür sorgen, dass sich diese nicht gegenseitig verstümmeln.

Eine frohe Botschaft gibt es dafür für unsere Gleichstellungskommissionen und
-büros. Die sollen nämlich nach Meinung der CEDAW endlich mit
genügend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden. Dabei hat allein das Eidgenössische Büro für Gleichstellung 2015 knapp 10 Millionen erhalten. Dazu kommen noch all die kantonalen Stellen, die für genau das Gleiche da sind.  Niemand weiss, ob all die dafür aufgewendeten Gelder bis heute einen tatsächlichen Beitrag zur Gleichstellung geleistet haben. Dafür weiss die CEDAW wiederum, wie hier mehr Geld sinnvoll eingesetzt werden könnte: Mit der absurden Förderung der Fähigkeit von Frauen und Mädchen, sich an der Terrorismusbekämpfung zu beteiligen. Natürlich dürfte hier der UNO-Ausschuss für die Beseitigung von Kindersoldaten eine etwas andere Ansicht vertreten, aber wenn es um die Terrorismusbekämpfung geht, müssen doch alle Mittel recht sein. Indessen setzt sich die CEDAW nicht etwa für einen kontrollierten Waffengebrauch ein!

Was letzteren angeht, so muss auch hier Geschlechtergerechtigkeit gefordert werden. Die UNO-Beamten fordern die Schweiz auf, die Auswirkungen des Missbrauchs und des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen auf Frauen zu überwachen. Man reibt sich verwundert die Augen: Könnte es sein, dass die CEDAW hier vielleicht die Schweiz mit Swasiland oder einem sonstigen, ähnlich klingenden Land in Afrika verwechselt?

Doch nicht nur die Frauen in der Schweiz seien in Gefahr, nein, die ganze Bevölkerung hierzulande ist aus UNO-Sicht bedroht. Deshalb ist auch der UNO-Menschenrechtsrat in seinem aktuellen Bericht über die Schweiz besorgt und fordert die Schweiz in 48 Punkten zum Handeln auf. Bevor wir diese anschauen, wollen wir einen kurzen Blick auf die Zusammensetzung dieses Gremiums werfen. Es ist eine ziemlich illustre Gesellschaft, der man alles zutrauen kann. Ausser vielleicht die Kompetenz, über die Menschenrechtssituation in der Schweiz zu urteilen. Es gibt einen Vertreter aus Uganda, einem Land, das seit über 30 Jahren von einem Diktator beherrscht wird. Es gibt auch einen Vertreter aus Mauretanien: Nun rät das EDA rät auf seiner Homepage von Reisen in dieses Land ab, dies aufgrund des Risikos, Opfer einer Entführung oder eines Attentates zu werden. Es gibt Vertreter aus Ägypten und Tunesien, aus Ländern, bei denen es schwierig zu beurteilen ist, ob die Menschenrechtssituation sich seit dem arabischen Frühling verschlechtert hat oder einfach nur gleich miserabel geblieben ist wie zuvor. Paraguay: Auch aus diesem Land findet sich ein Vertreter. Dort wurde übrigens vor kurzem beschlossen, dass der Präsident wiedergewählt wird, obwohl eine Wiederwahl gemäss Verfassung verboten wäre. Konnten jene, die dagegen protestierten, etwa die unabhängigen und unparteiischen Gerichte des Landes anrufen, um diesen Verfassungsbruch zu verhindern? Natürlich nicht. Sie wurden einfach festgenommen oder erschossen. Surinam: Es wäre mir neu, dass dieser südamerikanische Staat in Menschenrechtsbelangen oder Rechtsstaatlichkeit eine internationale Vorbildfunktion ausüben würde.

Weshalb also ist diese bunt zusammengewürfelte Gruppe in so tiefer Sorge um die Schweiz? Hier ein paar Beispiele:

1.  Die Schweiz müsse den Bau neuer Minarette sofort wieder zulassen. Der entsprechende, aufgrund einer Volksabstimmung zustande gekommene Verfassungsartikel sei zu streichen. Der Menschenrechtsrat benötigt genau drei Sätze, um jahrelange intensive öffentliche Diskussionen in der Schweiz, an deren Ende die Abstimmung stand, einfach wegzuwischen. Demokratieverständnis der Kommissionsmitglieder: Null. 

2.  Die Polizeigewalt müsse von einer unabhängigen Behörde kontrolliert und Beschwerden nachgegangen werden. Entsprechende Statistiken seien zu führen.

3.  Die Lohngleichheit von Mann und Frau müsse durchgesetzt werden und die gleiche Vertretung von Männern und Frauen in der Politik sichergestellt werden. Nur werden halt bei uns die Politiker nicht von oben eingesetzt, an was einige Mitglieder des Menschenrechtsrates vielleicht gewöhnt sind, sondern gewählt.

4.  In den Verwaltungsräten von bundesnahen Betrieben und börsenkotierten Unternehmungen müsse es Frauenquoten geben.

5.  Es brauche mehr Geld für die Rassismuskommission des Bundes und für die Bekämpfung von Rassismus gebe eine nationale Agenda es zu verabschieden.

6.  Forderung nach einer unabhängigen nationalen Menschenrechtsschutzbehörde, die über genügend Mittel für ihre breiten Aufgaben verfügen wird.

7.  Die systematische Beobachtung durch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter bei Rückführungen von Asylbewerbern und bessere ärztliche Versorgung.

 

Die grösste Sorge bereitet dieser Kommission  
jedoch die Selbstbestimmungsinitiative der SVP, die Klarheit schaffen und das Landesrecht vor nicht zwingendes Völkerrecht stellen möchte. Die Kommission macht der Schweiz auch gleich einen Vorschlag, wie verhindert werden kann, dass der Elite unliebsame Anliegen überhaupt vor das Volk gebracht werden können: Künftig seien Initiativen, die das Völkerrecht nicht hundertprozentig unterstützen, einfach für ungültig zu erklären. Damit hätte der Bundesrat gleich einen Gegenvorschlag zur Selbstbestimmungsinitiative. Dann stünde das Stimmvolk vor der Entscheidung: Wollen wir den Gegenvorschlag von Bundesrat und UNO annehmen und uns immer und immer wieder bis in alle Ewigkeit von unberufener Stelle wie kleine Schulbuben massregeln lassen? Oder wollen wir wieder selber bestimmen und nutzlose Berichte, wie die beiden erwähnten, getrost dorthin befördern, wo sie hingehören: In den Papierkorb. Ein Schelm, wer bei dieser ganzen absurden Geschichte Böses denkt.

Oder könnte es vielleicht doch sein, dass einige Bundesbeamte aus dem EDA oder dem EJPD im Sinne ihrer Departementschefs bei der Erstellung dieser Berichte auch den einen oder anderen Input geliefert haben?  [1] 

Anmerkung politonline: Angesichts der krassen Überheblichkeit, mit der UNO-Forderungen in der Regel an uns herangetragen werden, empfiehlt sich die Lektüre eines schon etwas älteren, aber unverändert aktuellen Artikels:  

Warum ist die UNO eine despotische Einrichtung? Von Diethelm Raff


Zur Selbstbestimmungsinitiative 
An der Pressekonferenz der SVP vom 27. Juli haben die Nationalräte Albert Rösti, Adrian Amstutz, Alfred Heer und Manfred Bühler aufgezeigt, wie die Mehrheit von Bundesrat und Behörden immer eigenmächtiger und arroganter gegenüber der direkten Demokratie, respektive dem Souverän auftreten. Sie entwickeln eine eigene Agenda, setzen diese gerade auch mit der Hilfe von internationalem Recht durch und schrecken dabei offensichtlich nicht vor einer unvollständigen Information der Bevölkerung zurück. Diese Entwicklung ist eine Gefahr für unsere direkte Demokratie, da der Bürger sich nicht mehr sicher sein kann, ob er von gewählten Behörden und dem Verwaltungsapparat korrekte, ausreichende und ausgewogene Informationen erhält.

In nicht tolerierbarer Weise kam dies gerade bei den bundesrätlichen Präsentationen der Botschaft zur Selbstbestimmungsinitiative und des Berichtes 15 Jahre Personenfreizügigkeit zum Ausdruck. Die SVP hat an ihrer Pressekonferenz anhand von ausgewählten Beispielen aufgezeigt, was der Bundesrat zu diesen zentralen Themen bewusst verschweigt oder verdreht. Denn in der Realität hat dieser bilaterale Vertrag mit der EU über die Personenfreizügigkeit unserer Bevölkerung kaum einen Produktivitätszuwachs, noch ein Wohlstands- und Einkommenswachstum gebracht. Vielmehr haben wir in allen diesen Bereichen stagniert oder verloren. Die Erwerbslosigkeit ist auf einem Rekordhoch. Die Arbeitslosenversicherung und die AHV können kaum über die Zuwanderung saniert werden, sondern sind im Gegenteil mittel- und langfristig durch die anhaltende Masseneinwanderung sogar zusätzlich gefährdet. Unser Land wird zum Nachteil unserer einheimischen Bevölkerung praktisch zum Arbeitsmarkt-Überlaufbecken der EU, insbesondere aus dem Osten und Süden.

All dies blendet der Bundesrat aus. In dieser Situation die Resultate von 15 Jahren Personenfreizügigkeit so zu beschönigen und die negativen Auswirkungen zu verharmlosen oder gar zu verschweigen, ist äusserst bedenklich und zeigt auf, wie dringend sich das Volk zur Weiterführung des Anspruches aller EU-Bürger auf Einwanderung in die Schweiz über die Personenfreizügigkeit äussern muss. Für die SVP ist zudem klar, dass unser bewährtes Landesrecht dem internationalen Recht  - mit Ausnahme des zwingenden Völkerrechtes -  vorgehen muss und die Bundesverfassung wieder oberste Rechtsquelle der Eidgenossenschaft werden muss. Das Volk wird sich auch dazu im Rahmen der Selbstbestimmungsinitiative äussern können. Die Art und Weise, wie Bundesratsmehrheit und Verwaltung aber bereits in der Botschaft zu dieser Volksinitiative der SVP einseitig Propaganda betreiben ist inakzeptabel und wird auch im kommenden Abstimmungskampf von uns thematisiert werden.  [2]

Erneut: Zur Frage der Personenfreizügigkeit 
Brüssel verletzt bewusst bilaterale Verträge- Zwar ist der Text der am 14. Februar 2014 von Volk und Stände angenommenen Initiative gegen die Masseneinwanderung seither ein durch den Bundesrat auszuführender verbindlicher Verfassungsauftrag, jedoch hat dieser letzteren bis heute missachtet. Obwohl mehrere osteuropäische Länder  - so neuerdings auch Österreich und Deutschland -   die Regelungen über die Personenfreizügigkeit nicht mehr befolgen, und obwohl sich Frankreich um wichtige Bestandteile des Vertrags über die Personenfreizügigkeit offensichtlich foutiert, wagt Bundesbern nicht, die im Vertrag ausdrücklich enthaltenen Revisionsklauseln vertragskonform anzurufen.

Zwar behauptet Bundesbern, man habe dazu in Brüssel sondiert. Dabei habe man festgestellt, dass Brüssel keine Lust auf solche Neuverhandlungen der Personenfreizügigkeit äussere. Was Bern dazu motiviert zu haben scheint, den ihm von Volk und Ständen an der Urne erteilten Auftrag kurzerhand zu missachten. Das ist klarer Verfassungsbruch. Indessen hat auch Brüssel auf den Volksentscheid vom 9. Februar 2014 reagiert. Es hat zum Beispiel Teile des Forschungsabkommens  - eines der 7 Abkommen aus dem Paket I der bilateralen Verträge -  suspendiert: Der EU-weite Studentenaustausch wurde zu Lasten der Schweiz sabotiert. Vom Programm Horizon 2020 wurde die Schweiz vorderhand ausgeschlossen – ohne Vertragsgrundlage. 

Und vor nicht allzu langer Zeit hat ein an der Universität St. Gallen entstandenes, sorgfältig erarbeitetes Gutachten zahlreiche von der EU ausgehende Verletzungen des Vertrags über die Beseitigung von Handelshemmnissen zu Lasten der Schweiz aufgelistet. Einzelne EU-Mitgliedländer oder die EU insgesamt haben  - eindeutig vertragsverletzend -  protektionistische Massnahmen zugunsten einzelner EU-Länder getroffen. Im Schweizer Parlament wurde Nationalrätin Sylvia Flückiger dazu aktiv. Der Bundesrat beschönigte in der Antwort auf ihren Vorstoss die vertragsverletzenden EU-Machenschaften ostentativ. Die Landesregierung nimmt also tatenlos hin, dass Schweizer Betriebe durch einzelne EU-Mitgliedstaaten sowie durch die EU insgesamt vertragswidrig benachteiligt werden.

Vertragstreue - Vertragsbruch  
Im Gegensatz zu den offensichtlichen Vertragsbrüchen von Seiten Brüssels wäre das Schweizer Begehren um Neuaushandlung der Personenfreizügigkeit, wie es der Souverän dem Bundesrat aufgetragen hat, absolut vertragskonform. Es folgt genau den Bestimmungen, die beiden Vertragsparteien im Vertrag selber offengehalten werden, wenn nach Abschluss des ursprünglichen Vertrags Entwicklungen eintreten, die das um Neuverhandlung ersuchende Land vor völlig neue schwierige Probleme stellen.  Das war für die Schweiz der Fall: Bei Vertragsabschluss wurde, so stand es im Abstimmungsbüchlein, der Schweiz eine jährliche Mehr-Einwanderung von 8'000, von sicher nie mehr als 10'000 Personen vorausgesagt. Tatsächlich betrug der durchschnittliche Einwanderungsüberschuss seit Vertragsabschluss 66'000 Personen jährlich – mit Jahresspitzen bei über 80'000 Personen.

Untertanen-Gehabe 
Dennoch getraut sich der Bundesrat nicht, Brüssel gegenüber ein Minimum an Rückgrat zu zeigen. Widerspruchslos nimmt er offensichtliche Vertragsverletzungen zu Lasten der Schweiz hin. Und lieber missachtet er einen Volksentscheid, als dass er in völlig vertragskonformem Rahmen die Neuaushandlung der Personenfreizügigkeit anbegehren würde, wie Volk und Stände das dem Bundesrat aufgetragen haben.

Bern, seit Jahren wortreich für eine aktivere Aussenpolitik werbend, benimmt sich, als wäre die Schweiz eine Untertanin Brüssels. Bundesbern zeigt damit der Schweiz und ihrer Bevölkerung, was ihr blühen würde, wenn sich Volk und Stände zu dem von Brüssel geforderten Rahmenvertrag mit den daraus resultierenden Souveränitätsverzichten überreden lassen würden: Nichts weniger als die Zwangsverheiratung mit Brüssel wäre das Los der Schweiz.  [3]

 

Quellen:

[1]  SVP Editorial vom 28. Juli 2017; Thomas Aeschi ist Nationalrat von Baar (ZG) 

[2]  Pressekonferenz SVP vom  27. Juli 2017

[3]  http://eu-no.ch/news/der-bundesrat-verhandlungs-untauglich_165
27. 7. 17  Der Bundesrat: Verhandlungsuntauglich? - Brüssel verletzt bewusst bilaterale Verträge
Überparteiliches Komitee - Nein zum schleichenden EU-Beitritt  info@eu-no.ch