Wie die USA die Welt ins Chaos stürzen - Von Nicolas J. S. Davies

Die US-Regierung, schreibt Davies, behauptet zwar, eine

»auf Regeln gestützte globale Ordnung« anzustreben, aber die einzige Regel, die Washington respektiert, lautet Macht vor Recht; die CIA gebe die Ziele vor und lasse sie durchsetzen. 

Die neue Dokumentarfilm-Serie The Vietnam War des Public Broadcasting Service PBS  [1]  belegt, daß nur wenige US-Experten an einen Sieg der USA in Vietnam glaubten. Auch diejenigen, die Johnson empfahlen, Hunderttausende   von US-Soldaten dorthin zu schicken, und diejenigen, die Nixon rieten, den Bombenkrieg noch weiter zu eskalieren, obwohl er schon Millionen Menschen das Leben gekostet hatte, glaubten nicht an den Sieg. Aus Gesprächen, die im Weißen Haus auf Tonband mitgeschnittenen wurden, und aus Publikationen anderer Autoren geht hervor, daß der eigentliche Grund für das immer tiefere Versinken im Kriegssumpf, wie es in einem Pete-Seeger-Song heißt, die Angst war: Die Angst der beteiligten Politiker vor dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit in den Augen der US-Bevölkerung und die Angst des Militärs, der international gepflegte Mythos von der Unbesiegbarkeit der US-Militärmacht könnte beschädigt werden. 

Als sich die CIA in Vietnam an die Arbeit machte, um das Genfer Abkommen von 1954 und die nach freien Wahlen für das Jahr 1956 geplante Wiedervereinigung Nord- und Südvietnams zu sabotieren, waren die Würfel gefallen. Weil die Bevölkerung Südvietnams gegen das von der CIA gestützte repressive Regime Diems und seiner Nachfolger revoltierte und dabei Hilfe aus dem Norden erhielt, konnte mit dem frei erfundenen Tonkin-Zwischenfall ein Krieg gegen   Nordvietnam vom Zaun gebrochen werden. Während des Krieges konnte es sich kein US-Präsident erlauben, die US-Streitkräfte einfach wieder aus Vietnam abziehen; die US-Militärs hofften, doch noch einen militärischen Sieg erringen zu können, und die US-Rüstungsindustrie wollte möglichst lange an dem Gemetzel verdienen. Kritische Lehren aus Vietnam hat nur Richard Barnet in seinem   1972 veröffentlichten Buch Roots of War gezogen. Darin schrieb er: »Als es den USA gelungen war, die Technik des militärischen Tötens zu perfektionieren, mußten sie im gleichen Moment feststellen, daß sie damit keine politischen Ziele durchsetzen konnten.« 

Die Niederlage im Vietnamkrieg war ein schwerer Rückschlag für die CIA und den militärisch-industriellen Komplex der USA; die meisten US-Amerikaner empfanden sie nicht nur als Schmach, viele von ihnen hatten auch Angehörige oder Kameraden in Vietnam verloren. Die Niederlage brachte den USA und der Welt aber wenigstens 10 relativ friedliche Jahre und dem US-Militär die vorübergehende Einsicht, daß seine eigentliche Aufgabe darin besteht, die USA vor weiteren Kriegen zu bewahren. Dieses politische  Vietnam-Syndromsicherte für einige Zeit den Frieden und rettete zweifellos unzählige Menschenleben. Sogar die führenden Offiziere der US-Streitkräfte scheuten vor neuen Kriegen zurück, weil viele von ihnen als junge Leutnants die Schrecken des Vietnamkriegs erlebt hatten. Die CIA konnte zwar noch Verwüstungen in Lateinamerika und anderswo anrichten, die volle Zerstörungskraft des US-Militärs kam aber erst wieder bei der Invasion Panamas im Jahr 1989 und im Ersten Golfkrieg 1991 zum Einsatz.

Ein halbes Jahrhundert nach Vietnam hat sich der Kreis tragischerweise wieder geschlossen. Weil die CIA die Außenpolitik Washingtons bestimmt und mit ihren verdeckten Operationen Gewalt und Chaos auf alle Kontinente trägt, hat  Präsident Trump das gleiche Glaubwürdigkeitsproblem, das (zu Zeiten des Vietnamkriegs) schon seine Vorgänger Johnson und Nixon hatten. In einer vorhersehbaren Reaktion hat er die Kriege in Syrien, im Irak, in Afghanistan, im Jemen, in Somalia und in Westafrika eskaliert und mit neuen Kriegen gegen Nordkorea, den Iran und Venezuela gedroht. Die Glaubwürdigkeit der USA und Trumps stehen aber nicht mehr nur in einem Land auf dem Spiel, wie das noch im Vietnamkrieg der Fall war, sondern in Dutzenden von Staaten, die über den ganzen Globus verstreut sind. Und der Einfluß der Nutznießer all dieser Krisen und Kriege ist heute viel größer, als er zu Zeiten von Präsident Eisenhower war  [der damals schon  vor  dem militärisch-industriellen  Komplex gewarnt hatte]. Der Einfluß der Kriegstreiber hat sich trotz der Beendigung des Kalten Krieges und des Fehlens jeder aktuellen militärischen Bedrohung der USA sogar noch verstärkt.  

Wie zu erwarten war, hat die aggressive völkerrechtswidrige Kriegspolitik der US-Regierungen dazu geführt, daß die USA jetzt tatsächlich militärisch bedroht sind; diese Bedrohung ist aber nur entstanden, weil sie selbst einen Krieg gegen Nordkorea geplant haben. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel  [2]  habe ich über US-Pläne zur Ermordung des nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un und die Auslösung eines zweiten Koreakrieges berichtet, die 2016 bekannt wurden. Diese Pläne haben Nordkorea dazu veranlaßt, umgehend ein Programm zur Entwicklung von Langstreckenraketen zu starten, die Atomsprengköpfe tragen und die USA erreichen könnten. Damit soll ein US-Angriff verhindert werden. Das wird aber nur gelingen, wenn die Nordkoreaner Präsident Trump davon überzeugen können, daß ihnen ein Atomschlag gegen die USA tatsächlich gelingen würde. 

Die CIA muß Vorwände für Kriege schaffen  
Fletcher Prouty, ein Oberst der Air Force, der von 1955 bis 1964 im US-Generalstab für die Unterstützung verdeckter CIA-Operationen in Vietnam und in der ganzen Welt zuständig war, hatte 1973 das Buch The Secret Team: The CIA and its Allies in Control of the United States and the World veröffentlicht. Weil dessen Verbreitung verhindert werden sollte, verschwanden Tausende Exemplare aus Buchläden und Bibliotheken, und ein mysteriöser Army-Oberst kaufte eine komplette Sendung von 3.500 Büchern auf, die für Australien bestimmt war. Proutys Buch, das 2011 neu aufgelegt wurde, ist die  beste Darstellung der Rolle der CIA in der damaligen US-Politik.

Prouty überraschte mit der Aussage, die Gründung der CIA sei eine Reaktion mächtiger Hintermänner und Interessenvertreter auf die 1947 erfolgte Ersetzung des U.S. Department of War durch das Department of Defense gewesen. Mit dem 1945 in der UNO-Charta festgelegten Verbot jeglicher militärischer Gewaltanwendung  [die nicht der Verteidigung gegen einen Angreifer dient oder vom UNO-Sicherheitsrat autorisiert ist]  haben sich die USA wie alle anderen Militärmächte dazu verpflichtet, ihre Streitkräfte nur noch zur Verteidigung einzusetzen. Jeder künftige Einsatz militärischer Gewalt mußte also juristisch und politisch zu rechtfertigen sein. Nach Proutys Ansicht wurde die CIA eigentlich nur gegründet, weil sie Vorwände für beabsichtigte Kriege schaffen sollte, die den Bestimmungen der UNO-Charta zufolge zu rechtfertigen waren. Die CIA ist eine Mischung aus Geheimdienst, der im Ausland Erkenntnisse sammelt und sie analysiert, und einer Geheimarmee, die im Ausland verdeckte Operationen durchführt. Beide Aufgaben sind sehr nützlich, wenn es um die Schaffung von Vorwänden für Kriege geht, und die werden bei Bedarf seit 70 Jahren von der CIA geliefert. Prouty hat auch beschrieben, wie die CIA das US-Militär, das US-Außenministerium, den US-Sicherheitsrat und andere Institutionen der US-Regierung systematisch unterwandert und ihre Agenten in viele wichtige Positionen gehievt hat, um sicherzustellen, daß die CIA-Pläne auch genehmigt und umgesetzt werden; damit verschaffte sie sich gleichzeitig die Verfügung über militärische Unterstützungskräfte und den Zugang zu den Waffen, der Munition, der Ausrüstung und allem anderen, was sie zur Durchführung ihrer verdeckten Operationen braucht.

Viele pensionierte CIA-Mitarbeiter, wie Ray McGovern und die anderen Mitglieder der Veteran Intelligence Professionals for Sanity VIPS, sehen die von der CIA   betriebene Vermischung von Erkenntnisgewinnung und Analyse mit verdeckten Operationen im Ausland als Fehlentwicklung an, weil damit die eigentlich Aufgabe eines Auslandsgeheimdienstes  - die Versorgung der Regierung mit zuverlässigen Informationen über Vorgänge in anderen Staaten -  verfälscht wird. Die VIPS haben sich 2003 als Reaktion auf die gefälschten Geheimdienstinformationen über nicht vorhandene Massenvernichtungswaffen, mit denen der völkerrechtswidrige Überfall auf den Irak und die Verwüstung dieses Landes gerechtfertigt wurden, zusammengetan.

Die CIA in Syrien und in Afrika  
Fletcher Prouty schockierte aber noch mehr, daß die CIA mit verdeckten Operationen Staatsstreiche einfädelte, Kriege anzettelte und Chaos anrichtete. Der als Bürgerkrieg verkaufte Stellvertreterkrieg in Syrien ist ein Paradebeispiel für die CIA-Operationen, die Prouty anprangert. Nach der Zerstörung Libyens und der grausamen Ermordung Muammar Gaddafis im Jahr 2011 flog die CIA mit Unterstützung von Helfershelfern islamistische Kämpfer mit ihren (erbeuteten) Waffen von Libyen in die Türkei und schleuste sie von dort in Syrien ein. In Kooperation mit Saudi-Arabien, Katar, der Türkei, Kroatien und anderen Balkanstaaten wurden Tausende von Tonnen an Waffen und Munition über die syrische Grenze geschafft, um den Krieg in diesem Land noch mehr anzuheizen. Der mit diesen verdeckten CIA-Operationen angezettelte Krieg in Syrien geriet aber bald außer Kontrolle, weil sich der al-Qaida Ableger Jabhat Fateh al-Nusra, der sich jetzt Jabhat Fateh al-Sham nennt, und der noch weniger berechenbare Islamische Staat einschalteten, und damit die vermutlich schwersten Luftangriffe seit Vietnam, die eine von den USA geführte Koalition bis heute durchgeführt hat, in Gang setzten. Schließlich griffen auch noch Rußland, der Iran, die Türkei, Israel, Jordanien, die Hisbollah und kurdische Milizen in den chaotischen Krieg in Syrien ein, an dem mittlerweile fast alle Staaten und bewaffneten Gruppierungen im Nahen und Mittleren Osten beteiligt sind.

Inzwischen haben al-Qaida und der Islamische Staat ihre Operationen auch auf Afrika ausgeweitet, und die Vereinten Nationen haben einen Bericht mit dem Titel Journey to Extremism in Africa: Drivers, Incentives and the Tipping Point for Recruitment veröffentlicht, der auf Interviews mit 500 islamistischen afrikanischen Kämpfern beruht. Diese Studie hat ergeben, daß vor allem die verdeckten Operationen und Ausbildungseinsätze der CIA und des AFRICOM in afrikanischen Staaten militanten Gruppierungen, zum Beispiel den al-Qaida-Ablegern al-Shabab und Boko Haram, ständig neue Rekruten zutreiben. Aus der Studie geht hervor, daß 71 % der interviewten islamistischen Kämpfer durch US-Einsätze Familienmitglieder oder Freunde verloren und sich nur deshalb einer Terrorgruppe anschlossen; nur 29 % taten das aus ideologischen oder religiösen Gründen. Dieses Ergebnis wird auch durch andere Studien bestätigt. Das Center for Civilians in Conflict hat für seine 2015 veröffentlichte Studie The People’s Perspectives: Civilian Involvement in Armed Conflict 250 Zivilisten interviewt, die sich bewaffneten Gruppierungen in Bosnien, Somalia, Gaza und Libyen anschlossen haben. Diese hat ergeben, daß der Wunsch, sich selbst und die eigene Familie zu schützen, die meisten zu ihrer Entscheidung veranlaßt hat. Bewaffneter Widerstand und terroristische Gegenwehr werden also häufig erst durch die US-Aktivitäten zur Terrorbekämpfung hervorgerufen und verstärkt, weil es keinen US-Plan zur Reduzierung der durch den globalen Krieg gegen den Terror erzeugten Gegengewalt gibt. Diese Entwicklung würde Fletcher Prouty nicht überraschen, denn er hat ja schon 1973 darauf hingewiesen, daß verdeckte Operationen häufig außer Kontrolle geraten und eine vernünftige US-Außenpolitik unmöglich machen. »Je mehr man sich mit verdeckten Operationen beschäftigt«, schrieb Prouty, »desto mehr begreift man, daß mit ihnen höchst selten die Ziele erreicht werden können, die damit eigentlich verfolgt werden sollten.« 

Die US-Regierung rechtfertigt die Entsendung von 6.000 Soldaten und Ausbildern der US-Special Operations Forces SOF in 53 der 54 Staaten Afrikas als Reaktion auf den Terrorismus. Der UNO-Report läßt aber nur den Schluß zu, daß erst die Militarisierung Afrikas durch die USA so viele junge Afrikaner den bewaffneten Gruppierungen auf diesem Kontinent in die Arme getrieben hat. Die CIA-Operationen in Afrika folgen dem gleichen Lehrbuch wie die CIA-Operationen in Vietnam in den 1950er Jahren und Anfang der 1960er Jahre. Mit Hilfe der SOF und über Ausbildungseinsätze werden Militäraktionen gestartet, die einheimische Kämpfer in die Arme bewaffneter Widerstandsgruppen treiben. Und mit der Existenz dieser Widerstandsgruppen wird dann die ständige Erhöhung der US-Militärpräsenz gerechtfertigt. Das ist die Umsetzung des in Vietnam entwickelten Modells auf dem ganzen schwarzen Kontinent. 

Die Zurückdrängung Chinas
Der eigentliche Grund für die von der CIA betriebene Militarisierung der Afrika-Politik der USA scheint der wachsende Einflu
ß Chinas auf diesem Kontinent zu sein. Steve Bannon, Trumps ehemaliger Berater, hat diesen August in einem  Interview mit dem Economist gesagt: »Wir müssen Chinas neue Seidenstraße verhindern.«  [3]  China ist bereits zu mächtig für die Behandlung, die Michael Ledeen, ein neokonservativer Theoretiker und Geheimdienstler in der nach ihm benannten Ledeen-Doktrin vorschlägt: Er empfahl der US-Regierung, etwa alle zehn Jahre über ein kleines lästiges Land herzufallen und »es an der Wand zu zerquetschen, um den andern zu zeigen, daß wir uns nicht in die Suppe spucken lassen.« China hat starke Streitkräfte und verfügt über Atomwaffen. Um seine Kreise zu stören, muß die CIA in denjenigen afrikanischen Staaten, die Handelsbeziehungen zu China unterhalten und von chinesischen Investitionen profitieren, gewaltsame Aufstände inszenieren und Verwirrung stiften. Damit sollen diese Staaten von der US-Militärhilfe abhängig gemacht und in endlose, von der CIA und den SOF der USA geschaffene Kämpfe gegen Terroristen verstrickt werden.

Weder Ledeen noch Bannon versuchen den Eindruck zu erwecken, den USA ginge es um stabile Verhältnisse und prosperierende Gesellschaften im Nahen und Mittleren Osten oder in Afrika. Auch diesen beiden ist bewußt, was Richard Barnet bereits vor 45 Jahren erkannt hat: Die US-Rüstungsindustrie profitiert nur von der Entwicklung neuer Waffen und von neuen Kriegen, die von der CIA angezettelt werden: Es geht immer nur darum, möglichst viele Menschen umzubringen und die Infrastruktur zu zerstören, Städte in Trümmer zu legen, Chaos anzurichten und die verzweifelten Überlebenden in Armut zu stürzen und aus ihrer Heimat zu vertreiben. Solange es der CIA und den US-Streitkräften gelingt, neue Opfer für die verfehlte Politik der US-Regierungen zu finden und mit Finanzkrisen und der Anwendung von Gewalt Chaos anzurichten, können sich die USA und Großbritannien auch weiterhin am Reichtum der Welt laben und sichere Inseln inmitten der Stürme bleiben, die sie anderswo entfachen.

Wenn diese fatale Politik beendet werden soll, müssen die 99 % der US-Amerikaner, die keinerlei Nutzen davon haben (sondern ebenfalls darunter leiden), die CIA und ihre Helfershelfer stoppen, bevor sie unsere bereits sehr angeschlagene zerbrechliche Welt ganz zerstören und damit nicht nur den US-Bürgern, sondern allen Erdenbewohnern die Lebensgrundlage entziehen.

Douglas Valentine hat wahrscheinlich die CIA gründlicher untersucht als jeder andere US-Journalist. Nach seinem bekannten Buch The Phoenix Program in Vietnam hat er jetzt sein neues Buch The CIA as Organized Crime - How Illegal Operations Corrupt America and the World veröffentlicht. Darin führt er Fletcher Proutys Analyse bis heute fort und untersucht, wie die CIA die gegenwärtigen Kriege inszeniert, manipuliert und damit die US-Außenpolitik kontrolliert.

Drei neue Opfer
In seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen bezeichnete Trump Nordkorea, den Iran und Venezuela als Hauptgegner der USA und kündigte die Destabilisierung
dieser Staaten, einen Wirtschaftskrieg gegen sie und den Sturz ihrer Regierungen an: Durch Staatsstreiche oder durch Angriffe auf ihre Zivilbevölkerung und ihre Infrastruktur. Die von Trump vorgenommene Opferauswahl für künftige US-Interventionen beruhte offensichtlich nicht auf rationalen außenpolitischen Erwägungen der neuen US-Regierung. Er verkündete nur die Fortschreibung des bereits von Bush verkündeten CIA-Plans zur Bekämpfung der Achse des Bösen, der neben dem Irak auch der Iran und Nordkorea zugeordnet wurden, sowie einen weiteren Umsturzversuch in Venezuela. Der 2002 im Auftrag der Bush-Regierung von Elliott Abrams in Caracas inszenierte Putsch war damals kläglich gescheitert.

Wie die CIA mit Hilfe Trumps gegen die drei neuen Opfer vorgehen will, bleibt abzuwarten. Wir befinden uns nicht mehr im Jahr 2001, als die Welt nach den 9/11-Anschlägen tatenlos zusah, wie die USA Afghanistan überfielen. Die Situation gleicht eher der des Jahres 2003, als der US-Angriff auf den Irak die NATO zu spalten drohte und im Rest der Welt auf wenig Verständnis stieß. Wir schreiben auch nicht mehr das Jahr 2011. Damals hat Obama, dem es mit einer globalen Charme-Offensive gelungen war, die Risse in der NATO wieder zu kitten, dem französischen Präsidenten Sarkozy, dem britischen Premierminister Cameron, der US-Außenministerin Hillary Clinton und dem saudischen Königshaus gestattet, über Libyen herzufallen und das Land, das die Vereinten Nationen kurz vorher noch als fortschrittlichsten Staat Afrikas  bezeichnet hatten, ins Chaos zu stürzen. Wenn die Trump-Regierung 2017 auch nur eines der genannten Opfer überfiele, würde das die USA von vielen ihrer Verbündeten isolieren und ihr noch verbliebenes Ansehen in der Welt so sehr schädigen, daß es nicht wiederherzustellen wäre, was nach dem US-Überfall auf den Irak und dessen Zerstörung gerade noch einmal möglich war. 

In Venezuela verfolgen die CIA und die rechte Opposition die gleiche Strategie der wirtschaftlichen Destabilisierung, die Präsident Nixon und die CIA in Chile zur Vorbereitung des Staatsstreichs im Jahr 1973 verfolgten. Daß die Sozialistische Partei Venezuelas trotz einer langen und tiefen Wirtschaftskrise bei den letzten Wahlen eine sichere Mehrheit bekam, zeigt, wie gering die Unterstützung für die CIA-Marionetten in der Bevölkerung ist. Die CIA hat es geschafft, das Ansehen der linken Regierung Venezuelas durch einen von ihr inszenierten Wirtschaftskrieg, durch gewaltsame Proteste der rechten Opposition und durch eine globale Propaganda-Kampagne zu beeinträchtigen. Im Bündnis mit der weit rechts und in der Oberschicht angesiedelten Opposition ist es der CIA dennoch nicht gelungen, das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung in die sozialistische Regierung zu erschüttern. Ein von der CIA inszenierter Staatsstreich oder eine US-Militärintervention würden am Widerstand der Bevölkerung Venezuelas scheitern und den Beziehungen der USA zu anderen lateinamerikanischen Staaten schweren Schaden zufügen.

Der Konflikt mit Nordkorea 
Ein US-Luftangriff oder ein präemptiver US-Atomschlag gegen Nordkorea könnten einen Krieg zwischen den USA und China auslösen, da China erst jüngst versichert hat, es werde Nordkorea beistehen, falls dieses Land angegriffen würde. Weil wir nicht wissen, was wirklich in dem durchgesickerten US-Kriegsplan gegen Nordkorea stand, können wir auch nicht wissen, wie Nordkorea und China auf einen US-Angriff reagieren würden. Nach Meinung der meisten Analysten würde Nordkorea jeden US-Angriff mit der Beschießung der südkoreanischen Hauptstadt Seoul mit weitreichender Artillerie und Raketen beantworten, die unzählige Opfer unter der Bevölkerung dieser Metropole, die mit 26 Millionen Einwohnern dreimal so groß ist wie New York, fordern würde.  Seoul ist nur 35 Meilen (56 km) von der Grenze zu Nordkorea entfernt, liegt also in Reichweite der zahlreichen konventionellen Waffen Nordkoreas. Die schlimmen Folgen für Südkorea wären völlig unkalkulierbar, wenn Nordkorea zur Abwehr eines US-Angriffs Atomwaffen einsetzen und China sich einschalten würde.

Aus der allein den USA anzulastenden Verschlechterung der Beziehungen zu Nordkorea sollte Trump Lehren für den Umgang mit dem Iran ziehen und erkennen, daß sich mit Diplomatie, Gesprächen und Abmachungen viel mehr bewirken läßt, als mit Drohungen und Krieg. In der Vereinbarung, die 1994 zwischen den USA und Nordkorea ausgehandelt wurde, hat sich Nordkorea verpflichtet, auf den Weiterbau zweier Kernreaktoren, die viel größer als der Forschungsreaktor werden sollten, der seit 1986 in Yongbyong betrieben wird und nicht mehr als 6 kg Plutonium pro Jahr produziert, das lediglich für die Herstellung einer einzigen Atombombe ausreicht, zu verzichten.    

Nordkorea hat für sich die richtigen Lehren aus dem unter Bush durchgeführten US-Überfall auf den Irak im Jahr 2003 gezogen. Obwohl sich Saddam Hussein dazu bereiterklärt hatte, seine chemischen Waffen zu zerstören und sein Atomwaffenprogramm zu stoppen, haben die US-Streitkräfte den Irak trotzdem angegriffen, Hunderttausende Iraker getötet und Saddam Hussein zum Tod durch Erhängen verurteilt. Obwohl Nordkorea im Jahr 2006 seinen ersten Atomwaffentest durchgeführt hatte, schloß es nach den Sechs-Parteien-Gesprächen im Jahr 2007 auch seinen Forschungsreaktor, entfernte die Brennstäbe und unterstellte diese der Aufsicht der International Atomic Energy Agency. 2008 wurde sogar der Kühlturm des Reaktors abgerissen. Als sich die Beziehungen zu den USA wieder verschlechterten, führte Nordkorea einen zweiten Atomwaffentest durch und arbeitete seine Brennstäbe wieder auf, um neues Plutonium für Kernwaffen herzustellen.

Nordkorea hat bisher sechs Atomwaffentests durchgeführt. In den ersten fünf   Tests wurde die Sprengkraft der Bomben schrittweise von 15 auf 25 Kilotonnen gesteigert, was in etwa der Sprengkraft der US-Atombomben entspricht, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden; die im Jahr 2017 getestete sechste Bombe hatte eine geschätzte Sprengkraft von 110 bis 250 Kilotonnen und war vermutlich eine kleine Wasserstoffbombe. Die größte mit einem neuen Krieg in Korea heraufziehende Gefahr besteht darin, daß die USA einen Teil ihres Arsenals von 4.000 Atomwaffen einsetzen könnten, deren Sprengkraft zwischen  100 und 1.200  Kilotonnen liegt; sie  würden Millionen Menschen das Leben kosten und nicht nur die ganze Region, sondern vermutlich die ganze Erde verwüsten und unbewohnbar machen. Die mangelnde Bereitschaft der USA, sich mit den Ergebnissen der 1994 getroffenen Vereinbarung und der Sechs-Parteien-Gespräche im Jahr 2007 zufriedenzugeben, und die wiederholten US-Drohgebärden gegen Nordkorea haben die nordkoreanische Regierung in die Enge getrieben und sie in der Annahme bestärkt, daß sie nur mit eigenen Atomwaffen die Zerstörung Nordkoreas abwenden kann.

China hat vorgeschlagen, ehrliche Verhandlungen über die Besorgnisse beider Seiten zu führen, um zu einer diplomatischen Lösung des Konfliktes zu kommen. Die USA beharrten aber auf ihrer Propagandalüge, daß Nordkorea die alleinige Schuld dafür trage, wenn man jetzt über eine militärische Lösung nachdenken müsse. Dabei handelt es sich vermutlich um die gefährlichste Idee, die seit dem Ende des Kalte Krieges von einem US-Politiker ins Spiel gebracht wurde; ein US-Atomkrieg gegen Nordkorea wäre aber nur der logische Höhepunkt einer ganzen Reihe völkerrechtswidriger US-Angriffskriege, die mit dem Koreakrieg begann und bereits Millionen Menschen in Korea und Vietnam, in Afghanistan und Pakistan, im Irak und in Syrien, in Libyen, Somalia und im Jemen das Leben gekostet hat. Der Historiker Gabriel Kolko hat in seinem bereits 1994 veröffentlichten Buch Century of War  [4] geschrieben: »Die Entwicklung gefährlicher Optionen und irrationaler Entscheidungen scheint nicht nur plausibel geworden zu sein, sondern auch die in offiziellen Kreisen kursierenden (alternativlosen) Spekulationen über Krieg und Frieden zu bestimmen.«

Die Dämonisierung des Irans 
Die Behauptung der CIA und anderer westlicher Geheimdienste, zum Beispiel des israelischen Mossad, der Iran betreibe ein Atomwaffenprogramm, wurde von der International Atomic Energy Agency
IAEA wiederholt überprüft und als unzutreffend zurückgewiesen. Mohamed el-Baradei, ein ehemaliger IAEA-Direktor, hat in seinen 2011 veröffentlichten Erinnerungen Age of Deception: Nuclear Diplomacy in Treacherous Timesviele Details zu dieser vergeblichen Jagd nach einem Phantasiegebilde veröffentlicht. Als die CIA und ihre Partnergeheimdienste im Jahr 2007 in einer National Intelligence Estimate widerstrebend zugeben mußten, daß die IAEA recht hatte, teilte el-Baradei in einer Presseerklärung dazu mit: »Die CIA konnte keinerlei Beweise dafür vorlegen, daß der Iran ein Kernwaffenprogramm oder bisher nicht angemeldete Atomanlagen betreibt.«  

Seit 2007 hat die IAEA alle in Bezug auf den Iran bestehenden offenen Fragen klären können. Sie konnte nachweisen, daß alle Dual-Use-Technologien, die der Iran vor 2003 importiert hatte, tatsächlich für andere Zwecke (und nicht zur Entwicklung von Atomwaffen) verwendet wurden, und daß die mysteriösen Laptop-Dokumente, die angeblich Pläne für den Bau eines iranischen Atomsprengkopfes enthielten, Fälschungen waren. Gareth Porter hat sich am intensivsten mit all diesen unbewiesenen Behauptungen und falschen Anschuldigungen beschäftigt und dazu 2014 das sehr empfehlenswerte Buch Manufactured Crisis: The Untold Story of the Iran Nuclear Scare veröffentlicht. 

In der bizarren Parallelwelt der US-Politik, die durch die ständigen   Desinformationskampagnen der CIA hoffnungslos vergiftet ist, hat Hillary Clinton erneut versucht, im Wahlkampf mit der irreführenden Forderung, das Atomwaffenprogramm des Irans müsse gestoppt werden, zu punkten, und weder Bernie Sanders noch Donald Trump oder einer der von den Mainstream-Medien abhängigen Interviewer hat es gewagt, ihr zu widersprechen. »Als Präsident Obama sein Amt antrat, stand der Iran kurz vor der Fertigstellung einer Atombombe«, phantasierte Frau Clinton in ihrer hochgelobten außenpolitischen Rede am 2. Juni 2016; sie behauptete, der Iran sei nur durch die von ihr angeregte brutale Sanktionspolitik »an den Verhandlungstisch« gezwungen worden.

Trita Parsi hat in seinem 2012 veröffentlichten Buch A Single Roll of The Dice: Obama’s Diplomacy With Iran, nachgewiesen, daß die Iraner nicht nur schon immer zu Verhandlungen bereit waren, sondern 2010 auch den von der Türkei und Brasilien vorgelegten Vertragsentwurf, der auf einem Vorschlag der USA beruhte, unterzeichnen wollten. In einem klassischen Fall von Hund beißt sich in den Schwanz wiesen die USA aber ihren eigenen Vorschlag zurück, weil sie befürchteten, der UNO-Sicherheitsrat werde dann keine schärferen Sanktionen gegen den Iran beschließen. Der Iran mußte also nicht erst durch die Sanktionspolitik der Frau Clinton an den Verhandlungstisch zurückgeholt werden, sondern die USA wollten zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht verhandeln. Wie Parsi von einem höheren Angestellten im US-Außenministerium erfahren hat, bestand das eigentliche Problem der US-Außenpolitik, als Clinton Außenministerin war, darin, daß sie überhaupt keine Verständigung mit dem Iran wollte. Mit der angedrohten Aufkündigung des Atomdeals, des Joint Comprehensive Plan of Action JCPOA mit dem Iran, setzt Trump die Politik von Clinton fort und läßt damit erkennen, daß die CIA immer noch vorhat, den Iran zu einem weiteren Opfer der verfehlten US-Politik im Nahen und Mittleren Osten zu machen.  

Die unzutreffende Behauptung, der Iran sei der weltweit größte Förderer des Terrorismus, ist eine weitere von der CIA in Umlauf gebrachte Lüge, die durch ständige Wiederholung glaubhaft gemacht werden soll. Es ist wahr, daß der Iran die Hisbollah und die Hamas, beide werden von der US-Regierung als Terrororganisationen bezeichnet, finanziell unterstützt und mit Waffen beliefert. Beide sind aber defensive Widerstandsgruppen, die den Libanon und Gaza gegen Invasionen und Übergriffe Israels zu verteidigen versuchen. Der Versuch, die Weltöffentlichkeit von al-Qaida, dem Islamischen Staat, der Libyan Islamic Fighting Group und anderen Terrororganisationen, die tatsächlich Terroranschläge rund um die Welt begehen, abzulenken, könnte der eigentliche Grund der CIA gewesen sein, die überwunden geglaubten Probleme mit dem Iran wieder hochzukochen. 

Was wird die Zukunft bringen? 
Die folgenreichste internationale Operation Barack Obamas ist vermutlich die sehr geschickt kaschierte Eskalation des sogenannten weltweiten Krieges gegen den Terror; mit zahlreichen verdeckten Aktionen hat Obama die CIA neue Stellvertreterkriege in Afrika inszenieren und im Irak und in Syrien die schwersten Luftangriffe seit Vietnam fliegen lassen. Mit seiner Charme-Offensive hat Obama alte und neue militärische Beziehungen zu Großbritannien, Frankreich und den arabischen Monarchien wiederbelebt und den höchsten Militärhaushalt seit dem Zweiten Weltkrieg verabschieden lassen. Durch die mit irreführenden Beschwichtigungen betriebene Ausweitung des Krieges gegen den Terror hat Obama aber, anstatt alte Probleme zu lösen, nur viele neue geschaffen, die Trump und sein seltsames Beraterteam wohl kaum lösen werden. Trump wird seine Versprechen America first und weniger Engagement im Ausland kaum einlösen können, wenn er weiterhin auf jedes außenpolitische Problem so aggressiv reagiert, wie er das bisher getan hat. Wenn die US-Regierungen mit Drohungen und militärischer Gewalt alle anstehenden internationalen Probleme lösen könnten, hätten sie das längst getan. Seit den 1990er Jahren versuchen das Präsidenten wie Bush und Trump mit Aufplustern und Poltern und Leute wie Obama und Hillary Clinton mit einlullendem Charmeund Hinterlist. Mit dem Spielchen guter Polizist - böser Polizist läßt sich heute aber kaum noch jemand austricksen.  

Schon Lyndon Johnson machte, als er in Vietnam immer tiefer im Kriegssumpf versank, die schmerzliche Erfahrung, daß sich Niederlagen auch mit Lügen nicht in Siege verwandeln lassen. Dabei sterben immer nur noch mehr Menschen, und es wird immer schwieriger, der Bevölkerung die Wahrheit zu gestehen. Mit auf Lügen fußenden, nicht zu gewinnenden Kriegen läßt sich kein Glaubwürdigkeitsproblem lösen, weil immer neue Lügen und neue Opfer nötig sind, um die aus alten Lügen erwachsenen Friedhöfe zu erklären. Obama hat mit seinem zynischen Charme den Krieg gegen den Terror um weitere 8 Jahre verlängert und es damit der CIA ermöglicht, die USA in noch größere  Schwierigkeiten zu bringen und noch mehr Chaos in noch mehr Ländern anzurichten. Gleichzeitig hat der russische Präsident Wladimir Putin die Herzen und Hirne vieler Menschen in vielen Hauptstädten der Welt gewonnen, dies mit seiner Forderung, das Völkerrecht, das Drohungen und die Anwendung militärischer Gewalt außer zur Selbstverteidigung verbietet, zu achten. Mit jeder neuen Drohung des US-Präsidenten und mit jeder militärischen US-Intervention überzeugen Putins Argumente mehr Menschen, auch in Südkorea, Deutschland und in anderen Staaten der Europäischen Union, die mit den USA verbündet sind und durch ihre Komplizenschaft mitgeholfen haben, den illegalen US-Interventionen einen Anschein von Rechtmäßigkeit zu verschaffen. 

Im Laufe der Geschichte hat anhaltende Aggressivität fast immer die Opposition gestärkt und vereint, weil die Menschen in Frieden leben wollen und sich deshalb früher oder später gegen jeden Aggressor und Besatzer erheben. Die Franzosen unter Napoleon und die Deutschen unter Hitler haben sich auch als allen anderen überlegen gefühlt und waren es zeitweise auch. Am Ende mußten sie ihren Hochmut aber mit schweren Niederlagen bezahlen. Auch die US-Amerikaner sollten ihre Überheblichkeit ablegen, endlich auf militärische Lösungen verzichten und wieder zur Diplomatie zurückkehren. Unsere Überlebenschancen würden sich deutlich erhöhen, wenn die Politiker und die Angestellten der US-Regierung endlich aufhören würden, nach der Pfeife der CIA zu tanzen. 

 

Quelle:
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP19117_061217.pdf   Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein   LP 191/17 – 6.
12. 17

Original auf
https://consortiumnews.com/2017/10/30/how-america-spreads-global-chaos/
30. 10. 17  How America Spreads Global Chaos  By Nicolas J.S. Davies

[1]  http://www.pbs.org/show/vietnam-war  resp. https://de.wikipedia.org/wiki/Public_Broadcasting_Service

[2]  https://consortiumnews.com/2017/10/12/why-north-korea-wants-nuke-deterrence/   12. 10. 17 
Why North Korea Wants Nuke Deterrence – By  Nicolas J S Davies 

[3]  https://www.economist.com/news/united-states/21727089-donald-trumps-adviser-has-gone-his-ideas-stick-around-future-bannonism
25. 8. 17  The future of Bannonism

[4]  Das Jahrhundert der Kriege, S. Fischer Verlag