Deutschland sagt wo es langgeht... - erschienen in "German Foreign Policy"

Kurz vor dem Beginn der Verhandlungen über die Abtrennung des Kosovo von Serbien fördert die Bundesregierung Kosovo mit Wirtschaftshilfen. Die Unterstützung des Sezessionsgebiets wurde in einem Memorandum bei der UN-Verwaltung in Pristina hinterlegt und beinhaltet deutsche Finanzleistungen in Höhe von 22,5 Millionen Euro. Damit setzt die Berliner Unterstützungszahlungen fort, die sich seit dem Überfall auf Jugoslawien im Jahr 1999 auf insgesamt 150 Millionen Euro belaufen. Die Loslösung des Kosovo aus dem serbischen Territorium, die als Ziel der Anfang November beginnenden Verhandlungen gilt, wird seit Jahren von Berlin und von in den Kosovo entsandten deutschen UN-Mandatsträgern vorangetrieben. Auch die Forderung, den Kosovo mit Albanien und Teilen Mazedoniens zu "Groß-Albanien" zusammenzuschließen, kann sich auf zustimmende Äußerungen deutscher Außenpolitiker stützen. Großalbanische Nationalisten schließen sich gegenwärtig in mehreren Staaten zu paramilitärischen Verbänden zusammen und gehen zum bewaffneten Kampf für ihr Anliegen über.

Das Memorandum, dem zufolge Berlin Pristina 22,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen wird - vornehmlich für den Energiesektor -, ist am 21. Oktober von einer Vertreterin des deutschen Entwicklungsministeriums und von dem deutschen Leiter der Wirtschaftsverwaltung des Protektorats, Joachim Rücker (SPD), unterzeichnet worden. Der faktische deutsche Kosovo-Wirtschaftsminister, der sein Amt im Januar von dem Deutschen Nikolaus Graf Lambsdorff [1] übernommen hat, arbeitete zwischen 1979 und 1991 u.a. im Planungsstab des Auswärtigen Amts (AA) und leitete von 2002 bis 2004 den Bereich Finanzen im Berliner Außenministerium. Der Bundesregierung ist es gelungen, in der UN-Protektoratsverwaltung mehrere einflussreiche Posten mit Deutschen zu besetzen.[2] Zu den Aufgaben der deutsch inspirierten Wirtschaftsbehörde gehört u.a. die Privatisierung bisheriger Staatsbetriebe und die Verwaltung der Rohstoffe.

Systematisch
Die Berliner Unterstützung für den Energiesektor des Kosovo setzt jahrelange Aktivitäten fort, die auf die Abspaltung des Kosovo von Serbien hinauslaufen. Bereits vor drei Jahren hat der damalige oberste UN-Verwalter des Sezessionsgebiets, der Deutsche Michael Steiner, die territoriale Integrität Jugoslawiens (heute: Serbien und Montenegro) öffentlich in Frage gestellt und damit der UN-Resolution 1244 widersprochen.[3] Im Juli 2003 verordnete Steiner dem Kosovo ein eigenes Strafrecht und ein Freihandelsabkommen mit Albanien, das großalbanischen Nationalisten in die Hände spielt.[4] Nach den März-Unruhen im Jahr 2004 war der Bundeswehr vorgeworfen worden, die serbischsprachige Bevölkerung des Protektorats nur völlig unzureichend geschützt und damit den Druck auf die Minderheit erhöht zu haben.[5] Seit Beginn des Jahres plädieren Parlamentsabgeordnete aller großen deutschen Parteien öffentlich für die baldige Sezession der südserbischen Provinz.[6]

Kein Veto, kein Abbruch
Die Entscheidung über den Sezessionsmodus stellt der scheidende Berliner Verteidigungsminister Struck jetzt für die kommenden sechs Monate in Aussicht [7]; eine staatliche Autonomie des Kosovo im Anschluss an eine noch mehrere Jahre andauernde Protektoratsphase gilt als wahrscheinlich. Die Verhandlungen, die Anfang November beginnen sollen, nehmen Belgrad jede Möglichkeit, seine in der UN-Resolution 1244 garantierte territoriale Integrität zu verteidigen: Als "Grundprinzip" für die Gespräche ist festgelegt worden, dass keiner Verhandlungspartei ein Vetorecht zusteht; auch ist der Abbruch der Verhandlungen nicht zulässig.[8]

Offene Frage
Unterdessen steigern "großalbanische" Kräfte ihre Aktivitäten. Im Kosovo treten albanischsprachige Nationalisten zum wiederholten Male offen in paramilitärischen Kampfverbänden auf, um den Druck auf die Sezessions-Verhandlungen zu erhöhen; ihre Angriffe haben bereits mehrere Todesopfer gefordert. Zugleich nutzen albanischsprachige Nationalisten in Mazedonien das auf Berliner Druck hin verabschiedete Abkommen von Ohrid [9], um mit "großalbanischer" Symbolik für den Zusammenschluss Albaniens, des Kosovo und weiter Teile Mazedoniens zu werben. Auch hier kommt es inzwischen zur Bildung bewaffneter Separatistengruppen und zu ersten Bombenanschlägen.[10] Die "großalbanischen" Nationalisten können sich auf zahlreiche Äußerungen deutscher Politiker berufen, die Verständnis für ihr Anliegen dokumentieren, darunter eine Erklärung des scheidenden deutschen Außenministers. Josef Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hatte im März 2001 angesichts zunehmender Gewalttaten albanischsprachiger Nationalisten in Mazedonien erklärt: "Die albanische Frage ist offen."[11]

Großalbanien
"Großalbanien" wurde 1941 als deutscher Vasallenstaat auf dem Balkan gegründet; das Deutsche Reich sicherte sich dabei u.a. den unmittelbaren Zugriff auf die Rohstoffe des Kosovo. Mit dem Rückzug des Weltkriegsaggressors und seines italienischen Verbündeten brach "Großalbanien" zusammen.

[1] Lambsdorff ist inzwischen Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Auswärtigen Amt.
[2] s. dazu Politische Anreize
[3] s. dazu Deutscher Verwalter stellt territoriale Integrität Jugoslawiens in Frage
[4] s. dazu Berliner Beute und Nationbuilding
[5] s. dazu Leitbild
[6] s. dazu "Stück Land ohne Status"
[7] Beginn Status-Gespräche: Anfang November; Handelsblatt 22.10.2005
[8] Grundprinzipien für Kosovo-Verhandlungen stehen fest. Laut Zeitungsbericht kein Vetorecht vorgesehen; Der Standard 28.10.2005
[9] s. dazu Zum Scheitern verurteilt, Entweder - Oder und Routine-Übung
[10] Decentralisation in the Republic of Macedonia; SWP Berlin, Working paper FG 2, September 2005
[11] Keine Aussicht auf Waffenstillstand in Tetovo. Fischer: Die albanische Frage ist offen; Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.03.2001

FRAU CALMY-REY:

Wann hören sie auf deutsche Grossmachtpolitik zu fördern?
Wann kehren sie auf dne Boden unserer Verfassung zurück?
Wieso unterstützen sie Bürgerkriegstreiber und Terroristen?

Beteiligen Sie sich nicht an Völkerrechtsverbrechen!
FRAU CALMY REY: TRETEN SIE ENDLICH ZURÜCK!