Noch bei Sinnen? 03.06.2018 22:36
d.a. Dem Bericht von »German Foreign Policy« seien Worte von Willy Wimmer,
langjähriges Bundestagsmitglied und von 1994 bis 2000 Vizepräsident der OSZE, vorangestellt:
»Nichts könnte dagegen sprechen, wenn die Staaten der Europäischen Union sich gemeinsam der Aufgabe ihrer Verteidigung widmen würden. Das Vorbild dafür sollte der Vertrag über die ehemalige Westeuropäische Union mit ihrem ausschließlichen Verteidigungscharakter und nicht die im amerikanischen Interesse global ausgreifende NATO sein. Gegenwärtig stehen an der russischen Grenze jene Streitkräfte, die eine aus russischer Sicht überaus verhängnisvolle Kombination ehemaliger Alliierter
und Kriegsgegner darstellen. Gleichzeitig wird die Russische Föderation seit
Jahren vom Westen aus mit intensiver Hetze überzogen.«
Kriegsspiele im Baltikum In mehreren US-geführten Großmanövern, so der
Bericht von ›GFP‹, bereitet sich die Bundeswehr
in den kommenden Wochen auf mögliche kriegerische Auseinandersetzungen mit Rußland vor.
Im Rahmen der Übung ›Saber Strike 2018‹ soll unter anderem die neue
NATO-Führungsstruktur in Polen und den baltischen Staaten erprobt werden, die
beispielsweise das deutsch-polnisch geführte NATO-Hauptquartier für den
Ostseeraum in Szeczin umfaßt und der die deutsch geführte
NATO-Battlegroup in Litauen untergeordnet ist. Parallel zu dem Manöver, an dem
sich gut 18.000 Soldaten aus 19 Staaten beteiligen, werden mehrere deutsche
Kriegsschiffe im Rahmen der Übung ›BaltOps 2018‹ die Seekriegführung in der Ostsee proben. Parallel
bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, im kommenden Jahr erneut die Führung
über die NATO-Speerspitze zu übernehmen, die eigens gegründet wurde, um binnen
zwei Tagen in Ost- und Südosteuropa eingesetzt werden zu können - gegen Rußland. Den Manövern gingen Transporte Tausender US-Soldaten
und -Militärfahrzeuge über deutsche Straßen und Schienen Richtung Osten voraus.
Vormarsch nach Osten
Die Vorbereitungen für die in diesem Monat bevorstehenden Großmanöver haben
sich im Mai in der Bundesrepublik deutlich bemerkbar gemacht: Mit der Verlegung
großer US-Truppenverbände quer durch Deutschland in Richtung Polen. Zum einen
handelte es sich dabei um die 1st Armored Brigade der 1st Cavalry Division aus
Fort Hood (Texas), die im Rahmen der Operation Atlantic Resolve die zuletzt in
Osteuropa stationierte 2nd Armored Brigade der 1st Infantry Division aus Fort
Riley (Kansas) ablösen soll. Im Rahmen der Operation ›Atlantic Resolve‹ ist
kontinuierlich eine US-Brigade in Ost- und Südosteuropa unterwegs, um dort
gemeinsam mit einheimischen Truppen Kriegsübungen durchzuführen. Die Brigade
wird alle 9 Monate ausgetauscht. Wurden die An- und Abtransporte der neuen
Truppen bisher unter anderem über Bremerhaven abgewickelt, so brachten die US-Streitkräfte
ihre rund 1.400 zu verlegenden Fahrzeuge diesmal im belgischen Antwerpen an
Land, von wo aus sie quer über den gesamten Kontinent nach Polen verlegt
werden. Die ungewöhnliche, aufwendige Route ist offenbar gewählt worden, um
alternative Transportstrecken auszutesten. Wie es heißt, wurden 85 % des
Materials - darunter vor allem Panzer - auf dem Schienenweg in Richtung Osten
verbracht, 15 % in Konvois von 15 bis 20 Fahrzeugen auf der Straße.
Drehscheibe für Militärtransporte Dieses Mal sind die US-Truppentransporte allerdings deutlich
umfangreicher als sonst gewesen: Zusätzlich zur Truppenverlegung im Rahmen der
Operation ›Atlantic Resolve‹ wurden weitere, in Süddeutschland
stationierte US-Einheiten in Richtung
Osten verlegt, um dort an dem Großmanöver ›Saber Strike‹ teilzunehmen.
Insgesamt wurden dabei rund 7.000 Soldaten mit gut 2.000 Fahrzeugen über
Schiene und Straße - unter anderem über
die A9 - in die Manövergebiete
transportiert. Die Verlegung ist, wie diejenige im Rahmen der Operation ›Atlantic Resolve‹, von
Logistikeinheiten der Bundeswehr organisiert und unterstützt worden. Durch die
immer zahlreicher werdenden Manöver in Ost- und Südosteuropa sei Deutschland ›eine Drehscheibe für militärische Transporte‹ geworden, was der Kommandeur des
Bundeswehr-Landeskommandos Sachsen-Anhalt, Oberst Halvor Adrian, bestätigt. Der
Rolle der Bundesrepublik als Militärdrehscheibe für NATO-Operationen in Ost-
und Südosteuropa trägt das westliche Kriegsbündnis damit Rechnung, dass es, wie
dies die NATO-Verteidigungsminister im Februar beschlossen haben, sein neues
Logistik-Hauptquartier in Deutschland errichten wird. Es soll unter anderem die
Verlegung westlicher Truppen in Richtung russische Grenze optimieren.
›Saber Strike‹ An dem Großmanöver ›Saber Strike‹, das am 3. 6. offiziell beginnt,
nehmen insgesamt rund 18.000 Soldaten aus 19 Staaten, die meisten
NATO-Mitglieder, teil, darunter auch Einheiten der Bundeswehr. Eines der
Hauptziele ist es laut Angaben der US-Streitkräfte, die das Manöver führen, die
Integration der seit Anfang 2017 neu aufgebauten NATO-Truppen und -Strukturen
in Polen und im Baltikum zu erproben. Dabei geht es unter anderem um die auch
als NATO-Battlegroups bezeichneten Bataillone, die unter der offiziellen
Bezeichnung ›enhanced Forward
Presence‹ (›eFP‹) in den baltischen
Staaten und in Polen stationiert sind,
darunter das von der Bundeswehr geführte Bataillon in Litauen. Ebenfalls
erprobt werden soll laut US-Angaben das neue ›Multinational
Division North-East Headquarters‹ (NATO-Abkürzung: ›MND NE‹) im polnischen
Elbl?g unweit der Grenze zur russischen
Exklave Kaliningrad, das als operative Schaltzentrale für die 4 ›eFP‹-Bataillone dient.
Einbezogen wird demnach zudem das bereits 1999 von Deutschland, Polen und
Dänemark gegründete ›Multinational Corps
North-East‹ (›MNC NE‹) mit Sitz im
polnischen Szczecin, das als militärisches Hauptquartier nicht nur dem ›MND NE‹ übergeordnet
ist, sondern bei Bedarf auch die sogenannte NATO-Speerspitze ›Very High Readiness Joint Task Force‹ (›VJTF‹) führt. ›Saber Strike‹ wird
in den Baltischen Staaten und Polen seit 2011 jährlich abgehalten.
›BaltOps 2018‹
Darüber hinaus wird Anfang nächster Woche mit ›BaltOps 2018‹ ein weiteres Großmanöver im Ostseeraum beginnen. Die
Marineübung reicht bis ins Jahr 1971 zurück, als sie erstmals durchgeführt
wurde, um im Kalten Krieg die Kampfbereitschaft und -fähigkeit der NATO in der
Ostsee zu trainieren und zu demonstrieren. Die Übungen sind nach dem Ende der
Systemkonfrontation fortgesetzt worden: Offiziell im Rahmen der NATO-›Partnership for Peace‹ (›PfP‹). Seit 2014 dienen sie erneut dazu, westliche
Operationen gegen Rußland zu proben und die Kriegsfähigkeit des
Bündnisses vorzuführen. Die ›BaltOps‹-Manöver gehören zu den größten in Nordeuropa. Dieses Jahr
sollen, wie es heißt, 40 Kriegsschiffe aus 14 Staaten teilnehmen; dabei ragt
das US-Transportschiff Carson City heraus, ein hochmodernes, mit bis zu 43
Knoten (rund 80 Stundenkilometer) außergewöhnlich schnelles Schiff, das in
diesem Jahr erstmals in der Ostsee erprobt werden soll. Neben weiteren
Kriegsschiffen der US-Marine ist die Bundesmarine mit dem
Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main, mit einer Korvette und mit
Marinenabwehreinheiten aus Kiel beteiligt. Die Kriegsübungen in der Ostsee
haben für Deutschland auch deshalb einige Bedeutung, weil die Bundeswehr in
Rostock ein NATO-Marinehauptquartier aufbaut.
Die NATO-Speerspitze Parallel hierzu bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, im
kommenden Jahr erneut die Führung über die NATO-Speerspitze zu übernehmen.
Diese wurde auf Beschluß des NATO-Gipfels im September 2014 in
Newport (Großbritannien) eigens gegründet, um binnen kürzester Frist - genannt
werden zwei Tage - insbesondere in Ost- und Südosteuropa eingesetzt werden zu
können. Als Gegner bei einem etwaigen Einsatz gilt Rußland. Wie das Deutsche Heer mitteilt, hat der Großverband
Panzerlehrbrigade 9 aus Munster bereits Anfang des Jahres mit der Aufstellung und
Ausbildung des deutschen Anteils der ›Very High Readiness Joint Task Force‹ (›VJTF‹) begonnen.
Am 19. Juni sollen die Soldaten im Gefechtsübungszentrum des
Heeres unter den Augen von Journalisten, wie es heißt, ›den letzten Schliff‹ bekommen. Für
November ist die Zertifizierungsübung ›Trident Juncture› in Norwegen
geplant. Ab dem 1. Januar 2019 steht die neue ›VJTF‹ mit ihrem deutschen Anteil dann zum Einsatz
bereit.
Quelle: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7624/ 1. 6. 18 Kriegsspiele
im Baltikum
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