Nur auf Augenhöhe kann es klappen; Donald Trump und Kim Jong Un vor dem Treffen am 12. Juni in Singapur - Von Willy Wimmer

Schon im Vorfeld des 12. 6. und des Treffens zwischen US-Präsident

Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat man den Eindruck, dass alle High-Noon-Hollywood-Phantasien in den Schatten gestellt werden. Da ist auf der einen Seite ein amerikanischer Präsident, der gleichsam in einer revolutionären Aufwallung des amerikanischen Volkes in den Präsidenten-Sattel gehievt wurde, um den sichtbaren Niedergang der Vereinigten Staaten aufzuhalten. Aus Nordost-Asien gesellt sich in einer der interessantesten Drehscheiben der Welt, dem effizienten und glitzernden Singapur, ein jugendlicher Nobody dazu. Das Beste, was man über den ebenso jugendlichen wie allmächtigen Herrscher über ein ausgepowertes Volk sagen kann, ist das ungläubige Staunen darüber, dass er in der Schweiz seine schulische Ausbildung genossen hat. Er kennt also die Eidgenossenschaft und die dortige Mentalität, und wenn wir alle Glück haben, sind ihm auch andere Europäer weniger fremd als uns seine Landsleute. 

Alles scheint dafür zu sprechen, dass der Ausgang der Begegnung von vorneherein feststeht. Wenn man sich darin nicht täuscht. Ausser Vorurteilen über dieses verschlossene Land ist hier nicht viel an Substanz über Nordkorea zu hören. In Nordkorea ist das anders. Hermetisch abgeschlossen und selbst isoliert, wie es schlimmer nicht geht. Und dennoch verfügt die koreanische Nation mit ihrer Zweigstelle in Nordkorea über eine Jahrtausende alte Fähigkeit, aus der Isolierung heraus die Nachrichten der Welt gleichsam über Informations-Walzen so zu verarbeiten, dass daraus Politik gestaltet werden kann. Eine solche Nation muss auf dem Globus noch gefunden werden, deren Führung wie im nordkoreanischen Teil der gemeinsamen koreanischen Nation so streng logisch mit den Problemen der Welt umzugehen in der Lage ist.

Abgeschnitten und isoliert?
Physisch zweifellos, aber mental keinesfalls. Und die Menschen? Die Bilder, die uns hier in den Medien gezeigt werden, sollen das Märchen von den uniformierten Robotern visualisieren. Wer, wie es meinen Begleitern und mir nach einem Picknick-Ausflug im alpinen Teil Nordkoreas gelang, ohne jede offizielle Begleitung mit ganzen Gruppen von Nordkoreanern zusammenzutreffen, war von der liebenswürdigen Neugier und einer freundlichen Offenheit überrascht. Die in den deutschsprachigen und internationalen Medien vermittelten Bilder haben eben Spuren hinterlassen. Und auf offizieller Seite? Klare Ansprache von nordkoreanischem Verhalten, wenn man das Gefühl und den Nachweis haben sollte, in Verträgen nicht fair behandelt zu werden. Beweise dafür gibt es aus den Verhandlungen mit den USA genug. Schliesslich hatte man über gebrochene Zusagen den Eindruck, Nordkorea langsam in den Status einer mit Krieg zu überziehenden Nation hinüberführen zu können. Von höchster Stelle verlautete dazu, dass man sich in einem solchen Fall nicht täuschen solle. Die nordkoreanische Bergwelt verfüge über eine solche Vielzahl von Höhlen, dass man über nordkoreanischen Einfallsreichtum nicht überrascht sein sollte, wenn Betrug im Spiele sei.

Darauf trifft jetzt Präsident Trump, und es will sich das Gefühl nicht einstellen, als würde einem amerikanischen Super-Cop ein nordost-asiatischer Reisbauer begegnen. Unter sportlichen Gesichtspunkten ist überhaupt nicht klar, wo man mit der Chuzpe und ihrer Bewunderung auf seiten von Kim Jong Un aufhören sollte? Präsident Trump scheint es ähnlich zu gehen. Er steckte es im Ergebnis einfach weg, dass sein eigener Vizepräsident Pence durch eine nordkoreanische Offizielle in den Senkel gestellt wurde. Aber vielleicht ist es genau dieser Punkt, den Mike Pence hervorgehoben hatte. In den USA kann man als Mitglied des Kriegsestablishments aus Washington überhaupt nicht anders denken als in den Libyen-Kategorien, wie Mike Pence es zu tun versuchte. Sofort wurde höchst effektiv zurückgebissen, und Präsident Trump wusste, worauf es für ihn ankam. Es dürfte für die gesamte Welt auf diese eine Frage entscheidend ankommen.

Wird es in Singapur um das gehen, was der Globus seit dem spanisch-amerikanischen Krieg oder dem Krieg der USA gegen Österreich-Ungarn und dem kaiserlichen Deutschland, der Vorbereitung zum Zweiten Weltkrieg und dem Obama-Aufmarsch gegen Russland kennt? Oder verankert Trump sein Land so auf dem Globus, dass die USA vom Geschäftsmodell Krieg Abstand nehmen können? Der junge Mann aus Pyöng­yang ist mehr als ein Sparringspartner.  [1]   

Korea und die Machtinteressen der Geopolitik -  Von Erika Vögeli und Peter Hediger
Welche Bedeutung der Inhalt der Erklärung von Panmunjom für die Bevölkerung der koreanischen Halbinsel hat, ist für uns wohl schwer zu ermessen. Ein sehr kursorischer Blick in die Geschichte lässt aber erahnen, dass dieses Land und sein Volk nie aufgegeben haben, ihre Souveränität und Unabhängigkeit zurückzuerlangen und als geeintes Volk zusammenzuleben.

Im folgenden seien einige Bruchstücke zur Geschichte der koreanischen Halbinsel angefügt: Nach dem Sieg Japans im Krieg gegen China 1894/95 geriet das Königreich Korea, bis anhin in einem Vasallenverhältnis zu China stehend, unter die Vorherrschaft des japanischen Kaiserreiches, von dem es 1910 vollständig annektiert wurde.

Japan, das während des II. Weltkriegs Bündnispartner des Deutschen Reiches war, kapitulierte 1945: Es konnte einem doppelten Druck nicht mehr standhalten. Nach Beendigung des Weltkriegs eröffnete Stalin in Ostasien eine neue Front gegen Japan. Die beiden Nuklearwaffeneinsätze der USA in Hiroshima und Nagasaki zwangen Japan schliesslich rasch in die Knie. Auf einem in aller Eile einberufenen Treffen in Moskau beschlossen die Sowjetunion und die USA, die in Korea verbliebenen japanischen Verbände zu entwaffnen. Der 38. Breitengrad wurde als provisorische Trennlinie festgelegt. Die Durchführung dieser Massnahme oblag nördlich dieser Linie der Sowjetarmee, südlich den US-Streitkräften.

Der Kalte Krieg beendet vorerst Hoffnungen auf Wiedervereinigung
Auf der Konferenz von Jalta war 1945 beschlossen worden, in Korea innerhalb  von 5 Jahren Wahlen durchzuführen, um dem Land die Möglichkeit zu geben, ein unabhängiges Land mit einer eigenen, gewählten Regierung zu werden. Das Mandat für diese Wahlen, die ursprünglich für Gesamtkorea vorgesehen waren, übernahm 1947 die UNO. Zunehmende Widersprüche unter den ehemaligen  Alliierten führten zum Kalten Krieg und von 1950–1953 zu einem direkten bewaffneten Konflikt auf der koreanischen Halbinsel. Auch nach Abschluss eines Waffenstillstands blieben die in Korea involvierten Grossmächte bestrebt, ihre Einflusssphären auf der koreanischen Halbinsel zu festigen, wodurch die Trennungslinie entlang des 38. Breitengrades eine Verhärtung erfuhr. Am 10. Mai 1948 hielten die USA in Südkorea Wahlen ab und erklärten Rhee Syng-man zum Gewinner. Rhee gehörte dem Widerstand gegen die japanische Kolonisierung an und verbrachte Jahrzehnte zunächst im chinesischen und zuletzt im amerikanischen Exil. Er übernahm am 13. August die Regierungsgeschäfte von den USA und rief am 15. August die Republik Korea aus. Als Reaktion darauf proklamierte der von der Sowjetunion unterstützte Kim Il Sung am 9. September 1948 die Demokratische Volksrepublik Korea.

Amerika hatte inzwischen in Südkorea grosse Summen investiert: So sollen damals rund die Hälfte aller Bergwerke, Eisenbahnen, Banken und des fruchtbaren Landes von US-Firmen übernommen worden sein. Dennoch entwickelte der Norden sich zunächst rascher und wies bis Anfang der 70er Jahre ein stärkeres Wirtschaftswachstum auf als Südkorea. Zunächst hatte Korea nur im Nordosten eine kurze gemeinsame Grenze von 14 km mit der Sowjetunion. 1949 hatte die Kommunistische Partei unter Mao Zedong auf dem chinesischen Festland die Macht errungen und ebenfalls eine kommunistische Volksrepublik ausgerufen, womit nun die gesamte Landesgrenze der koreanischen Halbinsel entlang der Flüsse Yalu und Tumen an das sozialistische Lager stiess und Nordkorea zu einem strategischen Vorfeld bzw. zur Pufferzone werden liess. An der Trennungslinie quer durch die Halbinsel, die auch nach dem Waffenstillstand ungefähr entlang des 38. Breitengrades verlief, standen sich die beiden Blöcke des Kalten Krieges in Korea fortan unmittelbar gegenüber.  

Koreakrieg: Erster Stellvertreterkrieg der bipolaren Welt
Der Korea-Krieg von 1950–1953 gilt als erster Stellvertreterkrieg der bipolaren Welt des Kalten Krieges. Die USA bezeichneten zunächst die Sowjetunion als treibende Kraft, später galt Kim Il Sung als Hauptverantwortlicher. Moderne Historiker sind mit so einseitigen Schuldzuweisungen zurückhaltender geworden und deuten die nordkoreanische Offensive als Reaktion auf eine südkoreanische Provokation. Kim Gu, ein langjähriger Weggefährte von Rhee Syng-man im chinesischen Exil, hatte 1948 mit einem Besuch bei Kim Il Sung in Pyongyang einen letzten Versuch unternommen, eine Überwindung der Teilung Koreas zu erreichen. Nach Seoul zurückgekehrt wurde er auf Geheiss von Rhee Syng-man ermordet. Die USA nutzten die Abwesenheit der sowjetischen Delegation im Weltsicherheitsrat, um im Namen der UNO auf der koreanischen Halbinsel militärisch zu intervenieren. Nach anfänglichen Erfolgen Nordkoreas stiessen US-Truppen bis fast an die Grenze Chinas vor, das sich entsprechend bedroht fühlte und mit der Entsendung sogenannter Volksfreiwilliger Nordkorea unterstützte. China konnte damit einen offiziellen Kriegseintritt und eine Verwicklung des eigenen Landes als Kriegsteilnehmer vermeiden. Dennoch befürwortete der amerikanische Oberbefehlshaber General MacArthur den Einsatz von Atomwaffen gegen China und die Besetzung von Nordostchina (Mandschurei), das an Korea grenzte, eine für China wichtige Wirtschaftsregion. Erstmals wurde die Welt mit den wachsenden Risiken konfrontiert, die ein Krieg mit zwei über Atomwaffen verfügenden Mächten bedeutete. Das wurde selbst Präsident Truman unheimlich, so dass er MacArthur vorzeitig abberief.

Der Krieg verlief mit ungeheurer Brutalität. Paramilitärische kommunistische Untergrundtruppen ermordeten in Südkorea Regimegegner Nordkoreas und praktizierten eine Politik der verbrannten Erde. Umgekehrt kam es in Südkorea im Zuge einer antikommunistischen Hysterie zu Massenhinrichtungen von Anhängern der Kommunisten; US-Truppen brachten unzählige Zivilisten, oft samt Familien und Kindern um, die sie der Kollaboration mit den Kommunisten verdächtigten. In Nordkorea richtete insbesondere der Bombenkrieg der USA verheerende Schäden an. 450000 Tonnen Bomben, davon 32357 Tonnen Napalm, sind über Nordkorea niedergegangen. Die Folgen waren verheerend, denn anders als in Vietnam existierten in Nordkorea mehr bevölkerungsreiche Ballungszentren mit Industrie. 18 der 22 grössten nordkoreanischen Städte wurden mindestens zur Hälfte dem Erdboden gleichgemacht. Man schätzt, dass Südkorea etwa eine Million Menschen verlor, Nordkorea 2,5 Millionen und China eine Million.

27. Juli 1953: Nur Waffenstillstand 
Nach diplomatischen Kontakten zwischen den USA und der Sowjetunion ab 1951 in Warschau und Genf wurden zwischen den Kriegsparteien in Panmunjom Verhandlungen aufgenommen, die am 27. Juli 1953 zu einem Waffenstillstand führten, allerdings ohne dass Südkorea dieses Abkommen jemals mitunterzeichnet hätte. Dies verleiht dem innerkoreanischen Gipfeltreffen zwischen dem Vorsitzenden Kim Jong Un und Präsident Moon Jae-in vom 27. April 2018 in Panmunjom eine zusätzliche Bedeutung.

Das Abkommen von 1953 bestätigte im wesentlichen den 38. Breitengrad als Grenze zwischen Nord- und Südkorea und legte eine 4 km breite entmilitarisierte Zone entlang der Grenze fest. Sie wurde von der Military Armistice Commission MAC verwaltet, während die Neutral Nations Supervisory Commission NNSC den Auftrag hat, sie zu überwachen. Zusätzlich war eine Neutral Nations Repatriation Commission, der auch Indien als neutrales Mitglied angehört hatte, für die Rückführung der Gefangenen verantwortlich. Diese Kommission wurde 1956 aufgelöst. Die erwähnten neutralen Staaten waren Schweden und die Schweiz sowie Polen und die Tschechoslowakei. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zogen Polen und die Tschechoslowakei 1993 ihre Delegationen auf Veranlassung Nordkoreas ab. Bis heute sind für die NNSC ständig je fünf schweizerische und fünf schwedische Offiziere in Panmunjom stationiert. Ein polnischer Vertreter residiert heute in Seoul. Die NNSC wird seit 1993 vom Norden nicht mehr anerkannt. Im gleichen Jahr erwirkte Pyongyang auch den Abzug der Delegation der Chinesischen Volksfreiwilligen in der Military Armistice Commission aus Kaesong/Panmunjom. Die Rückkehr der Chinesischen Volksfreiwilligen war bereits 1958 vollständig abgeschlossen worden.

US-Militärpräsenz bis heute  
Demgegenüber unterhalten die USA bis heute eine Militärpräsenz von 28000 Mann in Südkorea. Bis heute gilt die Regelung, dass die südkoreanische Armee im Kriegsfall dem Kommando des zuständigen US-Generals unterstellt wird. Das Waffenstillstandsabkommen hätte nach Ablauf eines Jahres durch ein Friedensabkommen ersetzt werden sollen. Während die USA sich bisher geweigert haben, ein Friedensabkommen zu unterzeichnen, weil sie dann ihre Truppen aus Südkorea abziehen müssten, betrachtet Nordkorea das Waffenstillstandsabkommen mit seinen Organen des Military Armistice Commission und der Neutral Nations Supervisory Commission als anachronistisch und obsolet. Schon bald nach Abschluss des Waffenstillstandsabkommens 1953 ist es immer wieder zu teilweise gravierenden Verletzungen desselben gekommen. Es ist unmöglich, hier alle Zwischenfälle und Schuldzuweisungen aufzulisten. Statt dessen soll an ein paar ausgewählte relevante Vorkommnisse aus jüngerer Zeit erinnert werden: 

Seit dem 15. Juni 1999 ist es im Gelben Meer (Koreanische Bezeichnung: Westmeer) südlich der von Südkorea gehaltenen Insel Yeonpyong wiederholt zu teilweise schweren Seegefechten gekommen. Ursache sind unterschiedliche Auffassungen über den Verlauf der Seegrenze. Das United Nations Command, die Kriegspartei der Südseite, hat nach Abschluss des Waffenstillstandsabkommens unmittelbar vor der nordkoreanischen Küste willkürlich eine Northern Limitation Line als Seegrenze eingeführt. Der Norden hat diese Grenzziehung nie anerkannt und beharrt auf einer Grenzlinie, die weiter südlich in äquivalentem Abstand zu den Küstenabschnitten von Nord- und Südkorea verläuft.

Atomtests, Gefechte und Suche nach Dialog

-   Am 9. Oktober 2006 verkündet Nordkorea seinen ersten Atomtest. Der UNO-Sicherheitsrat beschliesst, das bestehende Sanktionsregime auszuweiten. Nach weiteren Tests in den folgenden Jahren werden Boykott- und Embargo-Massnahmen gegen Nordkorea noch mehr verschärft. Zusätzlich zu den UNO-Sanktionen erstellt Japan einen eigenen Massnahmenkatalog. Praktisch alle Importe aus Nordkorea, vor allem Meeresfrüchte und bei der japanischen Bevölkerung sehr beliebte seltene Pilze, werden gestoppt, die direkte Fährverbindung zwischen beiden Ländern eingestellt.

-   Ein zweites innerkoreanisches Gipfeltreffen vom 4. Oktober 2007 zwischen Generalsekretär Kim Il Jong und Präsident Roh Moo-hyun weckt neue Hoffnungen, die sich aber leider bald als Trugbilder erweisen. Der südkoreanische Präsident Roh begeht nach Ablauf seiner Amtszeit Selbstmord.

-   Wiederholte Seegefechte und gegenseitige Beschuldigungen im Westmeer (Gelben Meer) veranlassen Nordkorea am 23. November 2010 dazu, als Vergeltungsaktion die von Südkorea gehaltene Insel Yeonpyong unmittelbar vor der nordkoreanischen Küste mit Raketen zu beschiessen.

-  3. September 2017: Nordkorea testet die erste selbsthergestellte Wasserstoffbombe.

 -   9. Januar 2018: Nach einer verbalen Eskalation mit den USA signalisiert Kim Jong Un Dialogbereitschaft, und es folgt ein erstes geheimes Treffen ranghoher Vertreter beider Staaten.

-   9. Februar 2018: Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Südkorea laufen die Sportler von Nord- und Südkorea gemeinsam ins Stadion ein.

-   Am 27. April 2018 treffen sich der Vorsitzende des Nationalen Komitees für politische Angelegenheiten der Demokratischen Volksrepublik Korea, Kim Jong Un, und der Präsident der Republik Korea, Moon Jae-in, in Panmunjom und unterzeichnen die Erklärung für Frieden, Wohlfahrt und Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel.

Im Unterschied zur mehrheitlichen Meinungsbildung in westlichen Medien schätzen verschiedene Beobachter und Kommentatoren das Verhalten Nordkoreas immer weniger als irrational ein. Insbesondere entspringen die Drohungen Nordkoreas nicht unkontrollierten Stimmungslagen, sondern seiner Erfahrung, dass derartige Gesten das einzige sind, was Washington zur Kenntnis nimmt. So warnt der Singapurer Diplomat und politische Philosoph Kishore Mahbubani seine Landsleute: »Seid bitte sehr vorsichtig, wenn ihr jeden Tag die Zeitung nehmt, um einige angelsächsische Medienanalysen gegenwärtiger Probleme wie in Nordkorea oder in Syrien, zur Ukraine oder dem Iran zu lesen. Wenn ihr diese Analysen lest, fragt bitte euch selbst: Liest du eine objektive Analyse? Oder liest du eine verdrehte Weltsicht?« So weist er in seinem Artikel darauf hin, dass die Asiaten eine völlig andere Herangehensweise zur Lösung solcher Probleme verfolgen: Sie binden Problemregionen in die gemeinsame Entwicklung ein, anstatt sie mit Bomben einzudecken. China werde Nordkorea niemals an den Rand des Kollapses führen wollen, China würde weder einen Flüchtlingsstrom verkraften, noch kann es sich einen militärischen Verbündeten der USA an seiner Grenze vorstellen.

Wieviel asiatische Diplomatie im Hintergrund gewirkt hat, die das Treffen und die Erklärung von Panmunjom ermöglicht hat – wir wissen es nicht. Es gehört wohl zur Praxis erfolgreicher Diplomatie, dass ihr Vorgehen nicht an die grosse Glocke gehängt wird.

Bereits werfen neue Wolken ihre dunklen Schatten auf die verheissungsvolle Erklärung von Panmunjom des vergangenen Monats. Anstelle von vertrauensbildenden Massnahmen hat Präsident Trump zusammen mit seinem südkoreanischen Verbündeten wie jedes Jahr eine gigantische Kriegsmaschinerie in Gang gesetzt, um einen Angriff auf Nordkorea zu üben.

Für Nordkorea wäre es wichtig, wenn Präsident Trump sich endlich zu einer völkerrechtlichen Anerkennung und Aufnahme diplomatischer Beziehungen entschliessen könnte, so wie die USA dies mit anderen existierenden sozialistischen Staaten, China, Vietnam, Kuba, bewerkstelligt haben.

 

[1]  https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2018/nr-13-5-juni-2018/nur-auf-augenhoehe-kann-es-klappen.html
Zeit-Fragen
  >  2018  >  Nr. 13, 5. Juni 2018  >  Nur auf Augenhöhe kann es klappen

Willy Wimmer ist zusammen mit Wolfgang Effenberger Autor des Buches Die Wiederkehr der Hasardeure. Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute (2014 ) sowie Autor der Bücher Die Akte Moskau (2016) und Deutschland im Umbruch. Vom Diskurs zum Konkurs – eine Republik wird abgewickelt (2018)

[2]  https://www.zeit-fragen.ch/de/numbers/2018/no-1112-3-june-2018/korea-and-the-power-interests-of-geopolitics.html
Zeit-Fragen  2018  Nr. 11/12, 22. Mai 2018 
Korea und die Machtinteressen der Geopolitik