Notizen

d.a. Die Nutzbarmachung von allem und jedem zwecks Profitmaximierung wird auf sämtlichen Gebieten angestrebt. Dazu gehört eines der kostbarsten Güter der Völker, das Wasser, das überall vermehrt im Visier der Konzerne steht. So auch die kommunale Wasserversorgung in Neu-Delhi, deren Privatisierung auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem staatlichen Wasserversorger DJB und der Weltbank mittels eines Kredits von über 150 Millionen US-$ bewerkstelligt werden sollte. Da in Indien seit Mitte Oktober ein neues Gesetz gilt, das der Bevölkerung das Recht auf Einsichtnahme in Planungen verleiht, kam dieses Vorhaben glücklicherweise ans Licht. Die Massenproteste mündeten in der Gründung der ?Right to Water Campaign? (RWC) - Kampagne für das Recht auf Wasser. Käme das Projekt durch, würde das Wasser für die Einwohner der indischen Hauptstadt entsprechend teurer. Die indische NRO ?Parivartan? schätzt, dass mit einer fünffachen Erhöhung zu rechnen wäre. Lohnen würde sich eine Privatisierung allein für die beauftragten Unternehmen. Schon die veranschlagten Managementkosten von 24.000 $ je angeheuertem Experten würden sich zu über 25 Millionen Dollar im Jahr addieren.

Für den Gründer von ‚Parivartan’, Arvind Kesarival, ist es besonders schockierend, dass die Weltbank, die für die Auswahl eines Beraters einen Kredit von  2,5 Millionen $ zur Verfügung gestellt hat, ihren eigenen Kandidaten, PriceWaterhouseCoopers, durchgeboxt hat. Man sieht, wie die Vernetzung kontinentübergreifend funktioniert. RWC fordert von der Regierung des Unionstaates Delhi den sofortigen Rückzug des bei der Weltbank für die Reform der Wasserversorgung beantragten Kredits. Die Unterstützung der Protestbewegung wächst. Inzwischen haben die ‚Indian Institutes of Technology’ und die ‚Indian Institutes of Management’ ihre Hilfe bei der Erarbeitung eines neuen Plans zur Behebung der Wasserprobleme der Hauptstadt angeboten. „Dieses armenfeindliche Projekt muss vom Tisch, damit wir an einem alternativen Modell für eine verbesserte Wasserversorgung arbeiten können“, heisst es jetzt. Wo immer die Wasserversorgung privatisiert wurde, ergaben sich bislang höhere Kosten und meistens eine Verschlechterung der Versorgung der Ärmsten. Mit Erleichterung nimmt man daher zur Kenntnis, dass  am  26. November in Genf der Schweizer Zweig der Vereinigung gegen Wasserprivatisierung gegründet wurde, die «Association pour le contrat mondial de l'eau». Dieser sind zahlreiche Länder angeschlossen. Wie Zeit-Fragen vom 16. 8. 04 zu entnehmen war, hatte die EU-Kommission beabsichtigt, den Kommunen die Wasserversorgung wegzunehmen, ein Vorhaben, das man schlichtweg als demokratieverachtende Massnahme bezeichnen kann, gegen das sich dann allerdings massiver Widerstand formierte. Vorschläge dieser Art dürften jeweils von den entsprechenden Konzernen kommen, da der Einfluss der Industrie auf die Ausarbeitung von EU-Gesetzen erschreckend gross ist.
 
Dieser Tage hat die Schweiz weitere 290 Millionen US-$ aus dem Vermögen des Abacha-Clans an Nigeria überwiesen. Der Staatssekretär des Finanzministeriums, Jean Daniel Gerber, sagte, die Schweiz unterstütze den Kampf anderer Länder für gute Regierungsführung und zur Bekämpfung von Kriminalität. Die Rückzahlung solcher Gelder sei ein gutes Mittel zur Bekämpfung von Korruption und könnte zudem einen wesentlichen Teil zur Entwicklungsfinanzierung eines Landes beitragen. Die Zusammenarbeit mit der Weltbank helfe, dafür zu sorgen, dass die Gelder wirksam eingesetzt werden, sagte Gerber. Was die Weltbank betrifft, so sind hier starke Bedenken anzumelden, besonders wenn man die Folgen der Kreditvergabe dieser Institution näher untersucht, von der anhaltenden Korruption afrikanischer Potentaten ganz abgesehen. Das neueste Beispiel für das Wirken der Weltbank ist einleitend angeführt, ein weiteres ist der Tschad, das Armenhaus Afrikas. Die im Jahr 2003 in Betrieb genommene Erdölpipeline Tschad-Kamerun, eines der grössten und gleichzeitig eines der umstrittensten Investitionsprojekte auf dem afrikanischen Kontinent, hat nach 5 Jahren Bauzeit eine Zerstörung der Umwelt mit sich gebracht, die in dem betroffenen Gebiet keinen landwirtschaftlichen Anbau mehr zulässt und die Schliessung von Schulen und Behörden sowie die Abwanderung der Bevölkerung verursacht hat. Das Gesetz, das vorschreibt, einen Teil der Erdöleinkommen für die Armutsbekämpfung zu verwenden, soll jetzt abgeändert werden. Das Geld soll für die Lösung der Finanz- und Sicherheitsprobleme des Landes verwendet werden. Dieses Gesetz war eine Bedingung der Weltbank für die Finanzierung der 3.7 Milliarden teuren Pipeline. Somit ist abzusehen, dass den Ärmsten des Landes von den Erdölerlösen, wie das in Afrika weite Praxis ist, nichts zugute kommen wird.
 
Wie wenig sich bei der Weltbank voraussichtlich ändern wird, zeigt schon die Wahl von Paul Wolfowitz als deren Leiter. Seine Rolle beim Auslösen des Irakkriegs ist hinlänglich offengelegt. Weniger bekannt sind seine Worte, die er im französischen Senat Mitte April 2003 aussprach: „Frankreich wird für seine Opposition gegen den Irakkrieg bezahlen müssen.“ [Le Figaro, 12. 4. 2002] Dennoch erklärte Bundesrat Deiss anlässlich eines Meinungsaustauschs bezüglich der Wahl des neuen Weltbankpräsidenten in Brüssel am  30. März dieses Jahres, er habe von Wolfowitz einen guten Eindruck.’ Deiss sagte u.a. ferner, er habe ein ‚sehr gutes Gefühl’ und dass Wolfowitz’ Bekenntnis zum Multilateralismus für ihn wichtig sei. Was letzterer im Rahmen der WTO anrichtet, fällt offenbar nicht ins Gewicht. Diese Äusserungen trugen ihm wenigstens von Seiten einiger Parlamentarier die Frage ein, warum er diesen ‚Lügner und Kriegstreiber’ hofiere. Auch Wolfowitz ist ein langjähriges Mitglied der Bilderberger und gilt als Neokonservativer, der sich leidenschaftlich für Israel und eine starke US-amerikanische Militärmacht vor allem auch im Nahen Osten einsetzt. 1  
 
Wie einer Mitteilung der Basler Zeitung vom 4. 11. 05 zu entnehmen ist, wird der Vorgänger von Wolfowitz bei der Weltbank, James Wolfensohn, Leiter des Internationalen Beratungsausschusses beim weltgrössten Finanzdienstleiter, der Citigroup. Deren Chef, Charles Prince, teilte mit, dass das Geschäft mit den Ländern der Dritten Welt für die Citigroup immer wichtiger werde. Als Berater für Globalstrategie und internationale Fragen werde Wolfensohn mit Kunden in aller Welt zusammenarbeiten. Nach 10jähriger Erfahrung bei der Weltbank verfügt Wolfensohn zweifelsohne über eine entsprechend grosse Erfahrung. Die Neue Zürcher Zeitung vermerkte hierzu: „Ein messianischer Eiferer tritt ab. Unbestritten sei, dass sich Wolfensohn während seiner Amtszeit mit messianischem Eifer an die Umsetzung seiner Vorstellung zur Bekämpfung von Armut gemacht hat.” Hier kann man nur trocken anfügen: hätte dies ein greifbares Resultat gezeitigt, wären wir heute weder mit dem Migrantenstrom aus Afrika konfrontiert, noch wären die Armutsprobleme annähernd dieselben geblieben. Aber was wäre hinsichtlich einer ‘Abschiedsehrung’ von der Tagespresse auch anderes zu erwarten. So spricht die NZZ u.a. von Wolfensohns fast mantramässig vorgetragener Forderung nach immer grösseren Geldtransfers von der Ersten in die Dritte Welt. Auch das überrascht niemanden. Gerade die afrikanischen Länder verfügen über ungeahnte Ressourcen, deren Ertrag jedoch auf Grund der bereits erwähnten grassierenden Korruption der einheimischen Bevölkerung nicht oder nur höchst ungenügend zugute kommt. Da bleibt es doch das Bequemste, uns jeweils ein schlechtes Gewissen zu machen und immer mehr Geld für die Entwicklungsländer anzufordern. Was das oben angeführte Beispiel des Tschads betrifft, so muss vermerkt werden, dass Wolfensohn, wäre sein messianischer Eifer so gross wie man uns dies einzureden versucht, die Pflicht gehabt hätte, die Kontrolle über die Beibehaltung des Gesetzes, das der Bevölkerung einen Teil der Erdöleinnahmen zusichert, so zu verankern, dass diese ursprünglich als Bedingung gestellte Forderung auf Dauer gewährleistet gblieben wäre.
 
Auch Martin Wolf 2 von der Financial Times London, der selbst bei der Weltbank tätig war, vertritt hier andere Ansichten. Seine Kritik ist wahrscheinlich ebenso hart wie die vieler anderer. In seinem Buch "Why Globalization Works" zeigt er die desaströsen Fehlleistungen dieser Institution auf. So führt er u.a. aus, dass die bedeutsamste Ursache der Misserfolge der Bank darin liegt, dass ihre Kreditvergabe fast immer ohne Rücksicht darauf erfolgte, was in dem Empfängerland vor sich ging. Er bezeichnet die Vorstellung, dass man sich darauf verlassen könnte, dass Regierungen, besonders die der Entwicklungsländer, einen ehrlichen und selbstlosen Versuch machen würden, um durch den Schutz des Privateigentums und anderer Massnahmen den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes zu stärken, als mehrheitlich  lachhaft. Bei der Verteidigung einer freien Weltwirtschaft geht es nicht, so Wolf, um die Verteidigung des IWF, der Weltbank, der WTO oder irgendeiner anderen hierfür geschaffenen spezifischen Institution; letztere müssten beurteilt und entsprechend ihren Leistungen reformiert oder abgeschafft werden.

Knapp sechs Milliarden Dollar hat die internationale Gemeinschaft für die Erdbebenopfer in Pakistan und Nordindien zugesagt. Die Folgen des Bebens am 8. Oktober seien schlimmer als die des Tsunami vor knapp einem Jahr. Pakistans Präsident Musharraf bat um Unterstützung für die Erdbebenopfer. "Helfen Sie meinem Volk", sagte er, "wir können das nicht allein". An der Spitze der Geber: Weltbank und Asiatische Entwicklungsbank mit jeweils einer Milliarde $. Saudi-Arabien und die USA stellen jeweils mehr als eine halbe Milliarde zur Verfügung. Deutschland ist mit insgesamt mehr als 140 Millionen $ ebenfalls in der Spitzengruppe der staatlichen Geldgeber. Dafür sinkt Hartz IV kontinuierlich in die Niedrigstgruppe ab. Die internationale Gemeinschaft ist, darauf gilt es immer wieder  hinweisen, nichts anderes als der Steuerzahler dieser Welt. Insofern hätten wir eigentlich an Kofi Annan, der sich bislang als absoluter Spezialist für Geberkonferenzen ausgezeichnet, aber auf dem Gebiet der Kriegsverhütung so gut wie nichts vorzuweisen hat, eine fundamentale Bitte: Die wäre, Pakistan und Indien bei der Vergabe der Kredite dazu zu verpflichtenzumindest in den kommenden 5 Jahren auf Waffenkäufe zu verzichten, damit die Mittel, die sie ihrer Bevölkerung dadurch vorenthalten, endlich in erhöhtem Ausmass in Bildung und Gesundheit fliessen. Erst dann hätten wir das Gefühl, dass unsere Steuergelder zum Wohl der dortigen Menschen eingesetzt werden. Es ist tragisch, dass niemand einen solchen Gedanken ausgesprochen hat. Es war auch nicht vermerkt, welche finanziellen Reserven die beiden Länder selbst bereitstellen.
 
Es ist bekannt, dass die US-Soldaten ohne die Hilfe der pakistanischen Armee, die sich auch an Luftangriffen beteiligt, Afghanistan längst verlassen müssen hätten. Pakistan, das über Atomwaffen verfügt, hat immer noch einen Anteil von Analphabeten von 67 %  und jährlich  sterben dort Tausende an Tuberkulose. Das Land startete sein nukleares Programm 1970. Die damalige Premierministerin Benazir Bhutto sagte dazu: „Selbst wenn wir von Gras leben müssten, wir müssen die Bombe bauen“.  Die CIA deckte den Nuklearhandel und förderte damit die Atomwaffenentwicklung Pakistans. Es gibt sicherlich wenig Gebiete, in die die CIA nicht verstrickt wäre. Man hat sie nicht umsonst als die geheime Regierung der USA bezeichnet. Hierzu schrieb die Junge Welt am 11.8.05: Im Jahr 1975 hat der US-Geheimdienst CIA die Regierung der Niederlande gebeten, gegen Abdul Kadir Khan, der später als »Vater der pakistanischen Atombombe« bekannt werden sollte, wegen des Verdachts des Nukleardiebstahls nicht weiter zu ermitteln. Wie der ehemalige niederländische Ministerpräsident Ruud Lubbers jetzt in einem Interview mit einem holländischen Radiosender bestätigte, geschah dies dann auch. 1975 arbeitete Khan im niederländischen Urananreicherungsunternehmen Urenco. Im vergangenen Jahr gestand Khan im pakistanischen Fernsehen, nukleare Waffentechnologie an den Iran, Libyen und Nordkorea verkauft zu haben. Als Motiv für das Verhalten der CIA deutete Expremier Lubbers an, dass Washington während des Kalten Krieges von dem Wunsch getrieben gewesen sei, Pakistan zu helfen, um die mit der Sowjetunion sympathisierende Nuklearmacht Indien zu neutralisieren«.
 
Im August dieses Jahres hat Pakistan erstmals einen selbst entwickelten atomwaffentauglichen Marschflugkörper getestet. Präsident Pervez Musharraf bezeichnete  den erfolgreichen Test als «Meilenstein» im Nuklearprogramm des Landes. Weder Indien noch Pakistan haben den Atomwaffen-Sperrvertrag der UNO unterzeichnet. Pakistan, der langjährige Verbündete der USA, wäre im übrigen ohne die fortlaufende Stützung durch den Internationalen Währungsfonds wahrscheinlich längst bankrott. Laut einer Meldung von BBC vom 12. 1. 2002 gab Musharraf öffentlich zu, dass der Jihad, den Pakistan über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg förderte, wozu auch der Aufbau und die Schulung der radikalislamischen Taliban-Milizen in Afghanistan gehörte, beendet werden müsse. Im Juni 2003 erhielt Pakistan dann von der USA rund 3 Mrd. $ für die Hilfe bei der Festnahme der Taliban. Zuerst also der Aufbau, dann die Bekämpfung: So wird das Geld der Nationen verschleudert und dadurch der Ertrag ihrer Arbeitskraft vergeudet. Somit wäre die formelle Zusage, den Waffenhandel und die Weiterentwicklung von Waffen zumindest für eine genau begrenzte Zeit ruhen zu lassen,  eine Grundbedingung für die von Seiten der Internationalen Gemeinschaft aufgebrachten Summen, auch wenn dies, wie zu vermuten steht, hinter den Kulissen einen Aufschrei der Rüstungsindustrie auslösen würde. 
                        
   
1 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?cnt=653768
Die Welt des Paul Wolfowitz - Herkommen, Lehre und politischer Aufstieg eines "demokratischen Realisten" / Von Bernd W. Kubbig   HSFK; siehe auch ‚Zur Ernennung von Paul Wolfowitz als neuem Präsidenten der Weltbank auf unserer homepage
2 "Why Globalization Works" by Martin Wolf, Yale University Press New Haven, 2002
http://www.theglobalist.com/DBWeb/StoryId.aspx?StoryId=3981  25th June 2004