Strafanzeige gegen Bundesregierung und Beamte - von Armin Fiand


Armin Fiand
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Rechtsanwalt
Minsbekweg 4 a
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Armin Fiand, Minsbekweg 4 a, 22399 Hamburg

Staatsanwaltschaft Berlin
 
10548 Berlin
 
 
 
17. Dezember 2005
 
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich erstatte Strafanzeige.
 
In Spiegel-Online ist am 24. November 2005 folgender Bericht erschienen:
 
Verhör im Foltergefängnis
 
Abgeordnete verlangen Aufklärung im Fall Zammar

Von Philipp Wittrock
Die Bundesregierung in Erklärungsnot: Deutsche Ermittler verhörten im Rahmen eines Geheimdeals einen deutschen Islamisten in einem syrischen Foltergefängnis. Das Justiz- und das Außenministerium wussten von nichts. Politiker fordern Aufklärung im Fall Zammar.
Hamburg - Mohammed Haydar Zammar - der Name ist Bundestagsabgeordneten geläufig. Deutscher Staatsbürger, Islamist aus Hamburg, nach eigener Aussage in persönlichem Kontakt zu al-Qaida-Chef Osama Bin Laden, einer der engsten Freunde der Todespiloten vom 11. September 2001. Drei Monate nach den Anschlägen verschwand er in einem syrischen Folterknast. Haben deutsche Ermittler ihn dort im Auftrag der Bundesregierung verhört, obwohl man offiziell nichts Genaues über sein Schicksal gewusst haben wollte? In den Fraktionen des Bundestages macht sich Verwunderung breit.
"Wenn ich die Geschichte in einem Kriminalroman gelesen hätte, würde mich das nicht wundern, im Zusammenhang mit rechtsstaatlichen Institutionen allerdings schon", sagte die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz SPIEGEL ONLINE. "Das wird zu besprechen sein", betonte ihr SPD-Kollege Dieter Wiefelspütz und Hans-Christian Ströbele von den Grünen spricht von einem "schmutzigen Deal". Ein Deal, der nach Aufklärung ruft, weil er die Bundesregierung zum Mitwisser gemacht haben könnte; zum Mitwisser im schmutzigen Teil des Kampfes gegen den Terror, in dem Entführungen geheime Gefängnisse und Foltervorwürfe zunehmend die Schlagzeilen bestimmen.

Nach Informationen des SPIEGEL verhörten Beamte des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes den Deutsch-Syrer Zammar im November 2002 im Far-Filastin-Gefängnis des Militärgeheimdienstes in Damaskus, einem der berüchtigtsten Kerker der Welt. Folter, sagen die Menschenrechtler von Amnesty International, ist hier an der Tagesordnung. Seit vier Jahren sitzt Zammar ein. Kurz vor Weihnachten 2001 war er während einer Marokko-Reise festgenommen worden und vom US-Geheimdienst CIA nach Syrien verschleppt worden.

Das Verhör durch die Deutschen war Teil einer Geheimabsprache zwischen dem Kanzleramt und Syrien. Im Gegenzug hatten deutsche Spitzenbeamte bei einem Treffen in Berlin im Juli 2002 einer hochrangigen Delegation aus Damaskus zugesagt, die Anklagen gegen zwei mutmaßliche syrische Agenten zurückzuziehen, sowie die Fahndung nach dem syrischen Ex-Botschafter in Ost-Berlin, Feisal Sammak, ein Mitglied der syrischen Präsidentenfamilie, wegen Beihilfe zum Anschlag auf das Berliner Maison de France 1983 auszusetzen.

Kein Kommentar

Zammar berichtete nach Informationen des SPIEGEL den deutschen Beamten, er habe vor allem einen der Todespiloten, Marwan al-Shehhi, von der Pflicht zum Heiligen Krieg überzeugt. Auch den "Bremer Taliban" Murat Kurnaz, der seit 2002 im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay einsitzt, habe er nach Afghanistan vermittelt. Die Details der Vernehmung sind bis heute unter Verschluss und in keines der Ermittlungsverfahren gegen Islamisten eingeflossen, obwohl das BKA die ermittelnde Behörde ist. Aussagen aus einem syrischen Folterkeller - sie dürften von einem deutschen Gericht kaum gutgeheißen werden.

Darum teilte man dem Bundesjustizministerium und dem Generalbundesanwalt, deren Rechtshilfeersuchen die Syrer nicht beantwortet haben, die Ergebnisse gar nicht erst mit. Auch das Auswärtige Amt, das sich bei den Syrern mehrfach erfolglos auf diplomatischem Weg nach der Situation Zammars erkundigte, war über den Ermittler-Trip nicht informiert. Einen offiziellen Kommentar lehnt man in den übergangenen Behörden ab, hinter den Kulissen ist man jedoch wenig erfreut über den Alleingang des Kanzleramts. Bei der wöchentlichen Nachrichtendienst-Lage, zu der sich jeden Dienstag unter anderem der Chef des Kanzleramts, die Staatssekretäre des Auswärtigen Amts, des Innen- und Verteidigungsministeriums sowie die Präsidenten des BND, des Verfassungsschutzes und des BKA treffen, wurde das Thema eingehend diskutiert.

Bei den beteiligten Behörden gibt man sich zu den Vorgängen verschlossen und verweist an die übergeordnete Behörde, das Bundesinnenministerium. Dort gilt die offizielle Sprachregelung: "Zu behaupteten Aktivitäten im nachrichtendienstlichen Bereich wird den entsprechenden Gremien des Parlaments Bericht erstattet." Auch der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, erklärte SPIEGEL ONLINE lediglich: "Die Bundesregierung unterrichtet in Angelegenheiten der Nachrichtendienste zeitnah und anlassbezogen die entsprechenden Kontrollgremien." Dies sei in der Vergangenheit geschehen und auch in der Gegenwart der Fall.

Der Hinweis gilt dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), das die Bundesregierung dem Gesetz nach umfassend über die Tätigkeit der Nachrichtendienste unterrichten muss, auch und vor allem "über Vorgänge von besonderer Bedeutung". Seine Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Beim BKA allerdings handelt es sich um eine Strafverfolgungsbehörde und keinen Geheimdienst.

"Mit rechtsstaatlichen Kriterien nicht vereinbar"

"Es kann nicht sein, dass man immer auf geheimtagende Gremien verweist", sagte der Grünen-Abgeordnete Ströbele, der bislang im PKG saß, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Das ganze Parlament muss informiert werden." Ströbele forderte von der Bundesregierung eine Stellungnahme, "auch gegenüber der Öffentlichkeit, weil es sich um eine mit rechtsstaatlichen Kriterien und Menschenrechten nicht vereinbare Aktion handelt".

Auch Wiefelspütz verlangte im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE Aufklärung: "Ich erwarte, dass wir über solche Vorgänge informiert werden." Die Bekämpfung des Terrorismus dürfe ausschließlich in den Grenzen des Rechtsstaats stattfinden. Zwar komme man zwangsläufig mit Staaten in Kontakt, die ein anderes Rechtsstaatsverständnis hätten, so der SPD-Innenpolitiker, dann müsse jedoch immer die Frage gelten: "Wann werden wir befleckt? Wo ist die Grenze?"

Ob die Grenze überschritten wurde, darauf möchte auch die FDP Antworten haben. Die Liberalen wollen den Fall Zammar auf die Tagesordnung der nächsten Innenausschusssitzung bringen und einen Bericht des neuen Innenministers Wolfgang Schäuble (CDU) einfordern. Das kündigte die FDP-Abgeordnete Piltz an, die den Fall "rechtsstaatlich bedenklich" nannte. Der Innenausschuss kommt in der nächsten Woche zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

Amnesty International (ai) bezeichnete das Verhör Zammars durch deutsche Ermittler als Skandal. "Den Beamten musste klar sein, dass Zammar völkerrechtswidrig entführt, an geheimem Ort festgehalten sowie sehr wahrscheinlich gefoltert wurde", sagte Ruth Jüttner, Nahost-Expertin von ai. "Geheimdienste und Behörden operieren nicht im rechtsfreien Raum." Insbesondere das BKA sei verpflichtet, eigene Ermittlungen einzuleiten, wenn es Hinweise dafür gebe, dass Deutsche im Ausland Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen würden, sagte Jüttner weiter.
 
Hiernach sollen Beamte des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes den Deutsch-Syrer Zammar im November 2002 im Far-Filastin-Gefängnis des Militärgeheimdienstes in Damaskus, einem der berüchtigtsten Kerker der Welt, im Auftrag oder auf Weisung der ehemaligen deutschen Bundesregierung verhört haben.
 
Dies begründet den Verdacht der Körperverletzung im Amt, § 340 StGB.
 
§ 340 StGB bestimmt:
 
Körperverletzung im Amt 


(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(2) Der Versuch ist strafbar
(3) Die §§ 224 bis 229 gelten für Straftaten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
Es kommt hier die Tatbestandsvariante „eine Körperverletzung begehen läßt“ in Betracht.
 
Die Folter stellt sich nach nationalem und internationalem Strafrecht als Körperverletzung dar.
 
Unter „begehen läßt“ ist nach herrschender Meinung sowohl die Anstiftung als auch die Beihilfe zu verstehen, so daß der Gehilfe gleich dem Täter bestraft wird (RG 66, 60). Auch Nichteingreifen genügt, wenn der Amtsträger einer bestehenden Amtspflicht zuwider nicht eingreift (OGH NJW 50, 196; 436).
 
Die deutschen Ermittlungsbeamten hätten den Deutsch-Syrer Zammar in dem syrischen Foltergefängnis nicht verhören und dadurch das Foltersystem zumindest psychisch unterstützen dürfen, sondern darauf bestehen müssen, daß eine Folterung des Gefangenen unterbleibt. Dazu waren sie rechtlich verpflichtet. Sie hatten eine entsprechende Garantenpflicht.
 
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 GG). Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG).   
 
Dies bedeutet eine staatliche Garantie des Schutzes des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit. Dies folgt auch  aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte von 1966 und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948. Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sehen übereinstimmend vor, daß niemand der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. 
 
Dieser Schutz ist durch das „UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ vom 10.12.1984 sowie durch das „Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ vom  26. November 1987 verstärkt worden.
 
Ich bitte, die Ermittlungen gegen die in Betracht kommenden Personen, die die Vernehmungen von Mohammed Haydar Zammar im Foltergefängnis in Syrien angeordnet oder durchgeführt haben, aufzunehmen. Wer diese Personen aus dem Kreis der  vorausgegangenen deutschen Bundesregierung, der Beamten des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes sind, läßt sich ohne Schwierigkeit aufklären.
 
Bestätigen Sie mir bitte den Eingang dieser Strafanzeige und teilen Sie mir bitte das Aktenzeichen mit, unter dem die Ermittlungen geführt werden.
 
Mit freundlichen Grüßen   ( Fiand )
 
 
 
 
Armin Fiand
_________________________________________________________________________________________
Rechtsanwalt
Minsbekweg 4 a
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Armin Fiand, Minsbekweg 4 a, 22399 Hamburg

Staatsanwaltschaft Berlin
 
10548 Berlin
 
Aktenzeichen: bisher unbekannt
 
 
 
11. Dezember 2005
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
mit Schreiben vom 28. November 2005 habe ich Strafanzeige wegen des Falles Zammar (Verhör des deutschen Islamisten in einem syrischen Foltergefängnis durch deutsche Vernehmungsbeamte) erstattet.
 
Eine Kopie der Anzeige füge ich bei.
 
Als mögliche Täter, gegen die sich die Anzeige richtet, kommen auch – und das in erster Linie – der Generalbundesanwalt und die ihm unterstellten Beamten des Bundesanwaltschaft in Betracht.
 
Der Generalbundesanwalt hat nämlich nach den Anschlägen vom
11. September 2001 gegen Mohammed Haydar Zammar ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beteiligung an den Anschlägen eingeleitet. Das Aktenzeichen ist mir nicht bekannt.
 
Wie in solchen Verfahren üblich, hat der Generalbundesanwalt nach
§ 161 StPO das Bundeskriminalamt mit der Durchführung der weiteren Ermittlungen beauftragt. Hieraus folgt, daß der Generalbundesanwalt von der Vernehmung Zammars in dem Foltergefängnis in Syrien durch deutschen Beamte Kenntnis gehabt haben muß, ohne daß er daraufhin zugunsten von Zammar irgendetwas unternommen hätte, was jedoch seine Pflicht gewesen wäre.
 
Die Leitungsbefugnis war beim Generalbundesanwalt verblieben.
 
Der Generalbundesanwalt ist der Behördenleiter. Seine Mitarbeiter handeln bei Vornahme ihrer Amtsverrichtungen als dessen Vertreter
(§ 144 GVG).
 
 
Mit freundlichen Grüßen  ( Fiand )