Unveröffentliche Leserbriefe der Neuen Zürcher Zeitung

Wie die sogenannte freie Presse, in diesem Fall die Neue Zürcher Zeitung, mit Leserbriefen verfährt, die nicht auf der Linie der Redaktion liegen, erhellt sich aus Nachfolgendem. Es bestärkt die Annahme, dass die "Opfer" dieser Haltung, nämlich gänzlich unveröffentlicht bleibende oder durch Kürzungen von Seiten der Redaktion uns Wesentliches vorenthaltende publizierte Zuschriften eine nicht zu unterschätzende Grösse darstellen. Diesem seit langem erkannten Umstand versuchen wir mittels Übernahme nicht publizierter Leserbriefe etwas abzuhelfen.

Sehr geehrte Damen und Herren
Mit Kummer habe ich heute den NZZ-Kommentar von Anton Christen
"Meinungsfreiheit und Menschenwürde"  (betreffend den aktuellen Streit um die Karikierung des Propheten Mohammads a.s.s.)  gelesen und fühle mich zu folgendem Leserbrief gedrängt, den ich auch einigen offenen Fürsprechern eines christlichen Friedensdialoges mit den Muslimen zugehen lasse: Dieser Leserbrief stellt eine unteilbare Einheit dar (Zeichensetzung, Kursivdruck wären unverändert zu übernehmen). Deshalb bestehe ich darauf, dass mein Leserbrief entweder integral oder dann gar nicht veröffentlicht wird (was schade und der zu publizierenden Meinungsvielfalt abträglich wäre).
 
Mit bestem Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit
verbleibe ich mit besten Grüssen und in der tiefen Hoffnung, dass auch die NZZ-Redaktoren vom Heiligen Geist beflügelt werden,
Said Huber, Fürsprecher 
 
 
GRUNDRECHT AUF DIFFAMATION VON PROPHETEN?
Im Kommentar «Meinungsfreiheit und Menschenwürde» (NZZ vom 3. 2. 2006) bestreitet Anton Christen "die herabwürdigende Kraft der Karikaturen in der Zeitung «Jyllands-Posten»" und wirft den Muslimen vor, darauf masslos zu reagieren. Denn nach Auffassung Christens ziele selbst die schärfste Karikatur "nicht auf Verleumdung und Beleidigung ab, sondern illustriere eine Vermutung" (des Karikaturisten, nämlich dass ein Zusammenhang bestehe zwischen dem prophetischen Kampf damals und demjenigen heutiger "muslimischer Terroristen"). Aus der rein säkularen Perspektive Christens mag diese intellektuelle Deutung einleuchten, indessen wird sie von Muslimen als Hohn empfunden. Bedauerlicherweise vermag Christen die Liebe der Muslime zum Propheten Mohammad (Segen und Frieden auf ihm) in ihrer Tiefe nicht nachzufühlen, und er hat noch nicht erfahren, dass der "einfache" Muslim dem "Heiligen", dem "Numinosen" (Rudolf Otto) noch mit Ehrfurcht und Liebe begegnet, weshalb jegliche Satire gegen irgendeinen Propheten Gottes niemals auf muslimische Gegenliebe stossen wird. Muslime anerkennen kein «Grundrecht auf Verspottung der Propheten Gottes», weil alle als Botschafter der Liebe Gottes auf Erden wirkten und Infamie keinen Rechtsschutz verdient. Da die Liebe, insbesondere die Friedensliebe, der heilige Geist des Islams ist (auch wenn manche geistig Verirrte, welche sich einbilden, Muslime, Christen oder Juden [etc.] zu sein, das Gegenteil behaupten), ist jeglicher Terror (von Kaida, CIA, Mossad etc.) ebenso abzulehnen wie die unzähligen, nur aus Geschäftsgründen geführten Kriege (bald auch Nuklearkriege?), welche zwar im Sinne "schöpferischer Zerstörung" sagenhafte Investorengewinne zu "generieren" vermögen, aber die heiligen Ideale der Nächstenliebe und der Menschenwürde mit Blut beflecken. Daher stellte der  - neulich von der NZZ in einem unwürdigen Scherbengericht angeprangerte - Literaturnobelpreisträger Harold Pinter (vgl. NZZ vom 10./11. 12. 2005) zu Recht die peinliche Frage: «How many people do you have to kill before you qualify to be described as a mass murderer and a war criminal?». Solange die  - dem neoliberalen (Profitmaximi-  rungs-)credo verpflichtete -  NZZ darauf nicht ernsthaft antworten will (kann?), wird sie dazu verdammt sein, in unmenschlicher Herzenskälte "weiterzuleben", in der selbst die Tränen gefrieren.
Said Huber
 
zur Kenntnis (insbesondere weil die NZZ als zweifellos weltbeste Elitezeitung
den Zeit"geist" reflektiert) an:
- Seine Exzellenz Papst Benedikt XVI, Vatikan
- Prof. Christian Troll SJ, St. Georgen
- Prof. Peter Knauer SJ, Brüssel
- Prof. Johannes Müller SJ, München
- Prof. Hans Küng
mit der Bitte, auch für die NZZ-Redaktoren zu beten!
 
 
Als Antwort auf die Bitte, diesen Leserbrief ohne Eingriffe zu veröffentlichen, ging die
nachfolgende Antwort von Herrn Anton Christen an Herrn Huber ein, den wir den Lesern
von politonline nicht vorenthalten möchten:
 
Sehr geehrter Herr Huber
Vielen Dank für Ihre Zeilen. Ich hätte sie gerne teilweise veröffentlicht, aber ich kann Ihre Zensurbedingungen nicht akzeptieren. Mit Ihrer doch sehr schwer entzifferbaren Zeichensetzung im zweiten Teil verhindern Sie den guten Lesefluss. Und selbstverständlich hätte ich Ihnen den überflüssigen Seitenhieb auf die "neoliberale Profitmaximierung" herausgestrichen. Er hat in der Auseinandersetzung um Karikaturen nichts zu suchen. 
Mit freundlichen Grüssen
A. Christen, Redaktion NZZ


Anmerkung der Redaktion von politonline: Der erschwerte Lesefluss tritt ganz offenbar
nur bei Herrn Christen zutage. Wir selbst hatten diesbezüglich keinerlei Schwierigkeiten.
Wenn man sich allerdings die in der NZZ täglich erscheinenden Stilfehler im Satzbau sowie die uns von den NZZ- Journalisten aufgezwungenen und konträr zu den Regeln der Grammatik erfolgenden Verbumstellungen vergegenwärtigt, so begreift man, dass die Kapazität, längere geschliffene Sätze überblicken zu können, notgedrungen abnehmen muss. Abschliessend sei hier die Antwort auf Christens Ausführungen gebracht.
 
Sehr geehrter Herr Christen
Mit Erstaunen habe ich von Ihren Zensurbedingungen Kenntnis genommen, nachdem ich immer gedacht hatte, dass die Leserbriefseite die (unzensurierte) Meinung der LESER (und nicht der Zeitung) widerspiegeln sollte. 
 
Dass Sie meine Publikationsbedingung als "Zensurbedingung" bezeichnen, zeigt einmal
mehr die Begriffsverwirrung, in der wir heute leben. Freie Meinungsäusserung als Zensur zu bezeichnen ist ähnlich paradox, wie Mord an Zivilisten  - soweit von der "guten" Seite begangen -  eiskalt als "Kollateralschaden" zu werten. (Dass es ja nicht unsere Toten sind, lasse ich als Entschuldigung nicht gelten: egal ob Jude, Christ, Heide, Muslim etc.  - Mord bleibt Mord -  auch wenn der Imperator, GWB, sich auf Jesus a.s.s. als Vorbild beruft und
Ihr Dr. phil. H. K. das Evangelium Andrew Undershafts [vgl. Shaws Major Barbara] mit intellektueller Brillanz wacker verteidigt).
 
Der gegenwärtig real existierende antichristliche & antiislamische Zeit"geist" schmerzt mich sehr. Deshalb halte ich  - in Treue zur geistigen Tradition Erich Kästners, Kurt Tucholskys, Egon Friedells und Carl Amerys (um einige Ihnen vielleicht bekannte abendländische Geistesgrössen zu zitieren)  - an meiner unzensierten Meinungsäusserung fest. Lieber nehme ich es in Kauf, dass mein Leserbrief in Gottes Namen eben gar nicht publiziert wird. Es ist ja eh nur ein Tränentropfen auf den überheissen Stein unseres in Lieblosigkeit und Übermut dahinsiechenden Zeitalters.
 
Es mag stimmen, auf den ersten Blick scheint mein Seitenhieb auf die "neoliberale Profitmaximierung" im Karikaturenstreit deplaciert zu sein…. aber mein Problem mit der
NZZ ist doch gerade, dass sie unter dem Diktat dieser sakralen Maxime die Menschenwürde und die Meinungsfreiheit mit eisiger Doppelmoral "behandelt". Und in diesem Eis gefrieren mir die Tränen.
Mit traurigen Grüssen
Said Huber
 
PS:
Falls Sie meine persönliche Meinung - als einfacher Muslim - 
zum Karikaturenstreit  interessiert:
Wer Infames äussert (auch wenn er die Einfachen verärgert), verdient keine Beachtung, auch nicht Verachtung, sondern Mitleid.  --- In was für einer seelischen Hölle müssen Menschen leben, welche sich von Infamie ernähren? --- Strafrecht erscheint mir bei hasserfüllten (Meinungsäusserungs-) Überzeugungstätern ebenso wirkungslos, wie bei unbelehrbar-dummen Schoa-Verharmlosern/Leugnern... (auch wenn der Strafgesetzgeber HIER eine strafgeschützte Tabuzone geschaffen hat - warum eigentlich nur hier?).