Zur Lage im Iran - von Doris Auerbach

Die Widersprüchlichkeiten hinsichtlich eines möglichen Angriffs auf dieses Land sind fast täglich Gegenstand von Pressemeldungen. Darüber hinaus dürfte es nicht unzweckmässig sein, einen Blick auf das ganze Arsenal von Drohungen zu richten, mit denen dieses Land seit langem bedacht wird, insbesondere seit dem 11. September. Wie allseits bekannt ist, zweifeln die USA und die Europäische Union an den Angaben Irans, mit der Atomtechnologie ausschliesslich Energie erzeugen zu wollen; man befürchtet den Bau iranischer Atomwaffen. Zur Zeit ist noch immer die grosse Abrechung über die Lügen, die dem Irakkrieg vorausgingen, im Gange, was jedoch keineswegs dazu führt, dass der fortdauernden Zerstörung dieses Staates Einhalt geboten wird. Es hat auch nicht den Anschein, als würde die Aufdeckung der zum Krieg führenden Lügen dazu beitragen, die Aufmerksamkeit vermehrt darauf zu lenken, dass das nahezu gleiche Muster im Falle des Irans erneut Anwendung findet. Die ohne Beweisführung vorgebrachte Anschuldigung, der Iran sei in diejenigen Staaten einzureihen, die den Terrorismus fördern, hat, wie nicht anders zu erwarten war, alle Schleusen geöffnet, um über das Land herzufallen.

Die Drohungen
Unter Umständen steht zu befürchten, dass die USA den Krieg in ‚Eigenregie’ vom Zaun brechen wird, da Washington droht, auch ohne UN-Mandat Sanktionen gegen den Iran anzuberaumen. Der stellvertretende Staatssekretär im US-Aussenministerium, Kurt Volker, meinte am 6.2.06 in Brüssel: „Wenn die UNO keine Sanktionen verhängt, müssen wir uns die Frage stellen: Was machen wir [dann]?“ Aus seiner  Sicht gebe es in diesem Fall kein „Legitimitätsproblem für die EU und die USA, Sanktionen gegen den Iran zu verhängen“. Er räumt zwar ein, dass im Streit mit dem Iran die Zusammenarbeit westlicher Staaten mit den Vereinten Nationen natürlich am besten sei. Sollte der Iran jedoch weiterhin jegliche Zusammenarbeit verweigern, müssten Sanktionen folgen. Die erwähnte Zusammenarbeit stellt indessen nichts anderes als den Versuch zur Unterwerfung einer eigenständigen Nation dar und ist Zeichen eines selbstherrlichen Gebarens, das schwerste Folgen haben könnte. Dieses Verhalten liegt aber offenbar auch auf der Linie des deutschen Aussenministers Frank-Walter Steinmeier, der dem Iran im Januar in einem Interview mit dem Spiegel erstmals mit Wirtschaftssanktionen drohte, sollte das Land nicht zur Kooperation bereit sein. Man hätte erwartet, dass sich Steinmeier eher mit den dunklen Schatten der CIA-Flüge beschäftigt, als hier den Handlanger der USA zu spielen. Stellungnahmen dieser Art lassen nicht nur jegliches Mitgefühl mit den Opfern der durch den zweiten Irakkrieg ausgelösten anhaltenden Schlächtereien vermissen, sondern auch die Erkenntnis, dass ein weiteres Inferno, dieses Mal  im Iran, die Umsetzung des Irrsinns selbst wäre. Ganz abgesehen davon wären Wirtschaftsrepressalien mit Bezug auf den Ölmarkt bereits das, was German Foreign Policy als ‚Katastrophenkurs’ bezeichnet 1, bei dem sich mit den Worten von Analysten schwere ökonomische Verwerfungen voraussagen lassen. Als Mittel erster Wahl dient natürlich immer wieder die mittels des UN-Sicherheitsrats aufgebaute Drohkulisse, obwohl Sanktionen und Kriegsdrohungen in der Folge eine nur noch schwer steuerbare Eigendynamik entwickeln können.
 
Beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos forderte Senator John McCain, die USA sollte sich die Option eines Militärschlags offenhalten. „Wir müssen die militärische Option als letzte Alternative behalten. Wir sollten sie nicht ganz vom Tisch nehmen.“ Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad sei vor allem am Kauf von Massenvernichtungswaffen und an der Dominanz im Mittleren Osten interessiert, fügte er hinzu. Als ob es nicht das oberste Ziel der USA wäre, diese Dominanz selbst auszuüben. Und die Massenvernichtungswaffen mussten schon im Falle von Saddam Hussein dazu herhalten, als Angriffsgrund zu dienen. Der britische Aussenminister Jack Straw dagegen schlug in Davos versöhnliche Töne an. Der Westen setze auf Verhandlungen, die es auch dem Iran erlauben sollten, seine nationale Würde zu bewahren. „Wir müssen ein Verhandlungsergebnis erzielen, das es beiden Seiten erlaubt, mit erhobenem Kopf und nicht erniedrigt aus den Gesprächen zu kommen.“ In den Atomverhandlungen sei Teheran zwar ein harter Gegner, das diplomatische Ringen sei aber der einzige Weg aus der Krise. In diesem Zusammenhang ist es nicht uninteressant, daran zu erinnern, dass Straw am 25. 9. 2001 zu Besuch bei seinem Kollegen Kharrazi in Teheran war, wo er die Ansicht kundtat, dass Grossbritannien und der Iran im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammenstünden. Wie es hiess, war der Iran  damals der Auffassung, dass gegen Terroristen gerichtlich und nicht militärisch vorgegangen werden müsse. Kharrazi sah Vergeltungsschläge militärischer Art gegen Afghanistan [wie zu erwarten] mit humanitären Folgen verbunden, deren Kosten heute - wie das seit langem üblich ist - die Internationale Gemeinschaft schultern muss. Es ist anzunehmen, dass Straw den Iran dazu bewegen wollte, sich im Falle eines Militärschlags gegen Afghanistan neutral zu verhalten. Der Iran besässe, so Kharrazi, über die Schweizer Interessenvertretung eigene Kanäle zu Washington [NZZ  223 / 26.9.01]. Ein Detail hierzu ist einer Rede, die Akbar Hashemi Rafsanjani, Irans Präsident von 1989-97, in Erwiderung auf die US-Angriffe, die das Land in die 'Achse des Bösen' einreihten, am 10 .2. 2002 hielt, zu entnehmen: Die USA wären schon in Afghanistan steckengeblieben, wenn die Streitkräfte der Islamischen Republik ihnen bei ihrem Feldzug gegen die Taliban und Al Kaida nicht geholfen hätten. Rafsanjani nannte jedoch keine Einzelheiten, auf welche Weise die iranischen Truppen die US-Kampagne unterstützt haben sollen. Es gibt jedoch Angaben von Gareth Porter 2, die besagen, dass die USA Insiderberichten zufolge zu Beginn ihres Afghanistankriegs gegen die Taliban und Al Kaida im Iran einen Alliierten hatten. Nach den Angriffen vom 11. September 2001 waren die in der US-Regierung für die Vorbereitung des Krieges gegen Afghanistan Verantwortlichen auf iranische Unterstützung angewiesen. Doch die sich Ende 2001 und Anfang 2002 anbahnende Kooperation fand auf Betreiben von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ein jähes Ende. Dem Falken aus dem Pentagon ging es vorrangig darum, die Regierung in Teheran zu stürzen.
 
Was eine mögliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Terrorismus betrifft, so gab der Iran Ende Oktober 2003 einem UNO-Komitee die Namen von 78 im Iran verhafteten Kaida-Militanten bekannt, welche in ihre Ursprungsländer abgeschoben worden waren und schlug ferner 147 Namen für eine zu erstellende UNO-Liste gesuchter Kaida- und Talibanleute vor. Zudem nannte er eine hohe Anzahl von Aktivisten aus diesem Umkreis, welche nach den Septemberanschlägen gegen die USA illegal in den Iran eingereist waren und später nach Pakistan abgeschoben wurden. Wie der libanesischen Zeitung Dar Al-Hayat vom 27.  10. 03 zu entnehmen war, wollte der Iran laut Hamid Reza Asfi, dem Sprecher des Aussenministeriums, die Namen derjenigen Personen, die auf Grund ihrer mutmasslichen Zugehörigkeit zu Al Kaida aus Sicherheitsgründen vom Iran inhaftiert worden waren, jedoch nicht veröffentlichen.
 
Eine Stellungnahme Bushs vom 23. 4. 2004 besagte, dass die Iraner den Druck der Welt spüren müssten. Atomwaffen im Iran könnten nicht hingenommen werden. Hierbei hat er soeben die volle Unterstützung von Angela Merkel erhalten, die jetzt anlässlich ihres Besuches in Washington erklärte, es dürfe nicht hingenommen werden, dass der Iran Atomwaffen besitze. Insofern haben sich die im Jahr 2005 ausgesprochenen Worte des vormaligen US-Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Richard Perle, er nehme Deutschland als Gegner nicht ernst, weil er davon ausgehe, dass eine auf Schröder folgende CDU-Regierung zur strikten Unterordnung unter die Politik der USA zurückkehren werde, ganz offensichtlich bewahrheitet. Mohssen Massarrat, Professor für Politik und Wirtschaft im Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück, schrieb in seinem in Freitag 10 vom 10. März 06 erschienenen Artikel ‚Der Countdown läuft’: „Schliesst Angela Merkel eine deutsche Unterstützung oder gar Beteiligung an einer Aggression gegen den Iran nicht bereits jetzt definitiv aus, wird sie Bush - selbst wenn sie es wollte - nie und nimmer ihren Beistand entziehen können, wenn die Eskalation nach Auslaufen des wahrscheinlichen Ultimatums Anfang April richtig in Fahrt kommt. Iranische Atombomben, die selbst nach CIA-Informationen erst in fünf bis zehn Jahren möglich sein sollen, sind ein noch absurderer Vorwand als die Lüge über die Massenvernichtungswaffen zur Legitimierung des Irak-Krieges. Pakistanische Atomwaffen, die längst existieren und auch leicht in die Hände der Extremisten in der pakistanischen Armee gelangen könnten, stellen eine ungemein größere Gefahr dar, die Washington jedoch nicht weiter interessiert.“
 
Schon in 2004 drohte Bush mit Gegenmassnahmen, die bei den Vereinten Nationen beginnen würden.  Er ging in diesem Zusammenhang auch auf den Krieg im Irak ein, den er als Teil des Kampfes gegen den Terrorismus, für den es keine Grenzen gebe, bezeichnete.  Es ist unerklärlich, was sich Washington davon verspricht, nicht nur Staaten in die Steinzeit zurückzubomben, sondern den Flächenbrand jeweils dort zu entfachen, wo dies ihren eigenen Interessen dienlich ist. Am 24. 0. 04 las man in Le Monde: Israël accuse l'Iran d'être le premier exportateur mondial du terrorisme - Israel klagt den Iran an, im weltweiten Export des Terrorismus an der Spitze zu stehen. Im Mai 2004 3 hält Amerikas einflussreichste zionistische Lobbygruppe AIPAC eine Konferenz in Washington ab, in der die nukleare Bedrohung durch den Iran im Mittelpunkt steht. Der anwesende Richard Perle spricht sich  für einen Krieg aus. Am 18. 11. 2001 hatte Perle im britischen Daily Telegraph erklärt, dass Länder, die Terroristen beherbergen, zerstört werden müssen. Hieraus folgt, dass er sich, theoretisch gesprochen, darauf einrichten kann, dass die USA eine ganze Reihe von Ländern niederwalzt, denn angesichts der bestehenden Ungleichgewichte und der anhaltenden Verfolgung von Minderheiten gibt es kaum noch ein Land, in dem keine heute als Terroristen bezeichneten Widerstandskämpfer vorhanden wären. Ich bin der Auffassung, dass die anglo-amerikanische Ölmacht an dieser Lage eine gewaltige Mitschuld trägt, betrachtet man ihr Wirken im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg.
 
In ihrem Buch ‚An End to Evil. How to Win the War on Terror’ [Wie man den Krieg gegen den Terror gewinnt] prophezeien die beiden einflussreichen Neokonservativen David Frum und der bereits zitierte Richard Perle apokalyptische Schrecknisse. Sowohl Frum als auch Perle sind Mitarbeiter des American Enterprise Institutes, eines zentralen Think Tanks der Neokonservativen, welcher beste Kontakte zur Regierung unterhält. In einem Interview Richard Perles mit Le Figaro vom 16. 4. 05, welches das obengenannte Buch zum Thema hat, sagte Perle, dass das Problem mit Frankreich darin bestehe, dass es sich gegenüber dem Regime der Saudis, das erwiesenermassen extremistische Strömungen alimentiere, sehr grosszügig gezeigt hätte und dass kein Zweifel daran bestünde, dass aus der Nachsicht gegenüber Regimes dieser Art eine indirekte Stützung der Feinde der USA erwachse. Die eigenen Beziehungen der USA zu Saudiarabien bleiben selbstverständlich ausgeklammert, es geht immer nur darum, andere anzuklagen. Jacques Chirac versucht nach Auffassung von Richard Perle sowohl auf europäischer als auch auf weltweiter Ebene eine französische Identität zu entwickeln, welche die Opposition zur USA verschärfe. Eine starke nationale Identität, gilt es hier einzufügen, ist natürlich völlig konträr zu den Zielen der Neuen Weltordnung. Chirac arbeite ausserdem an einer sich als Gegengewicht zur USA entwickelnden Konzeption Europas, innerhalb der Frankreich die Avantgarde einer europäischen Vision der Zukunft bilden würde, was er als eine ‚total sterile Weltsicht’ betrachtet. Europa hätte, so fährt er fort, bei einer systematisch werdenden Konfrontation mit der USA nichts zu gewinnen. Beim 14. Forum ‚Bundeswehr und Gesellschaft’, das am 3. und 4. November 2003 in Berlin stattfand, sagte Perle, Europa müsse sich entscheiden, ob es ein Gegengewicht werden oder ein Verbündeter bleiben wolle. Beides zusammen gehe nicht. Das war nach dem Irakkrieg; man darf sicher sein, dass die Mehrheit der europäischen Bevölkerung mitnichten gewillt ist, ihre Regierungen in der Rolle eines Verbündeten zu sehen. Aber auch wenn Millionen weltweit demonstrieren, es scheint, als blieben die Falken Washingtons auf dem Kriegspfad, was die tönerne Hülle der Demokratie umso mehr sichtbar macht.
 
Man darf nicht vergessen, dass Perle eine wesentliche Rolle spielte, als es darum ging, die USA dazu zu bringen, den Krieg gegen den Irak - auf den das neokonservative Netzwerk seit Jahren hingearbeitet hatte und der Perles grösster Triumph war - durchzuführen. Doch dann erwischte es diesen eiskalt: Mit seiner masslosen Gier, politischen Einfluss auch in astronomisch hohe Beraterhonorare und Schmiergelder umzusetzen, stellte er sich selbst ein Bein. Wegen allzu obszöner Verquickung von Politik und Geschäft musste Perle Ende März 2003 seinen Rücktritt vom Vorsitz des einflussreichen Pentagon-Beratergremiums Defense Policy Board bekanntgeben. 4 Die Formel vom »Krieg gegen den Terror« kann nicht verdecken, dass der Hass Richard Perles sich in erster Linie gegen die islamischen Länder und die moslemischen Bevölkerungsgruppen in der USA und in Europa richtet. Er steht in dieser Hinsicht ganz in der Tradition neokonservativer Trendsetter wie Eliot A. Cohen und Norman Podhoretz, die bald nach dem 11. September 2001 den Begriff des Vierten Weltkriegs gegen den militanten Islam prägten. Der Vierte Weltkrieg werde erheblich länger dauern als der Erste und der Zweite, nämlich mehrere Jahrzehnte, verkündete der frühere CIA-Chef James Woolsey, auch er eine prominente Figur im Netzwerk der Neocons, schon vor einem Jahr in einer Vortragsreihe an US-amerikanischen Universitäten. Der Krieg gegen den Terrorismus sei die grösste Aufgabe unserer Generation, schreibt Perle. Seine wichtigsten Forderungen an die amerikanische Aussen- und Militärpolitik sind folgende: Er lehnt Verhandlungen mit Teheran, wie sie inzwischen unter Beteiligung der EU begonnen haben, strikt ab. Er behauptet, zur Herbeiführung eines Umsturzes im Iran sei kein amerikanischer Truppeneinsatz notwendig, es reiche aus, die Oppositionsbewegung zu unterstützen. Dem Iran soll ebenso wie dem Irak eine strikt laizistische Verfassung aufgezwungen werden. Man wäre versucht, diesen Worten einen geringeren Schweregrad beizumessen, wäre man sich nicht bewusst, welchen Einfluss Perle noch immer ausübt und wie seine Vorhaben bislang in die Tat umgesetzt wurden.
 
Eliot A. Cohen spricht als Mitglied des Defense Policy Boards einen Monat nach dem 11. September 2001 u.a. davon, dass der Begriff ‚Krieg gegen den Terror’ ungenau sei, eine genaue Bezeichnung sei [vielmehr] das Wort Vierter Weltkrieg. „Der Feind in diesem Krieg ist nicht der ‚Terrorismus’, ….. sondern der militante Islam…, Afghanistan ist nur eine Front des Vierten Weltkriegs, einer der Feldzüge….. Irak ist offensichtlich der nächste, nicht nur weil er Al Kaida unterstützt, sondern weil er ….. Massenvernichtungswaffen entwickelt.“ Der [über]nächste Feldzug müsse dann gegen den Iran geführt werden: „Der Sturz des ersten theokratischen revolutionären Moslemstaats und dessen Ersetzung durch eine moderate oder sekuläre Regierung wäre für diesen Krieg genauso wichtig wie die Vernichtung Bin Ladens.“ Der  Chef der radikalreligiösen Regierungspartei ‚Jisrael Beitenu’, Avigdor Lieberman, erklärte, um Israels Existenzrecht zu sichern, sei es das Beste, Kairo und Teheran zu bombardieren. 1 Einfacher kann man es sich gar nicht mehr machen.  
 
Was den Zeitpunkt einer Angriffsplanung betrifft, so war im Spiegel online vom 16. 4. 06 zu lesen, dass die Iran-Kriegsplanungen bereits seit 2002 laufen sollen. Wie der frühere US-Geheimdienstler William M. Arkin in der Washington Post schreibt, soll die USA bereits seit Jahren mit der Planung eines möglichen Angriffs auf den Iran beschäftigt sein und das Szenarium gegen den Mullahstaat schon vor dem Irakkrieg entwickelt haben. Mit der Planung sei der US-General John Abizaid in 2002 beauftragt worden. Laut Arkin umfassen die Pläne Raketenangriffe, einen Einmarsch von Bodentruppen und die Übernahme der Kontrolle über die für den Schiffsverkehr wichtige Strasse von Hormus. Arkin war in den siebziger Jahren der führende Geheimdienstler der US-Armee für Westberlin-Fragen und hatte vor der US-Offensive im Irak deren Verlauf exakt vorausgesagt.  Die Angriffspläne gegen den Iran seien in Militärkreisen unter dem Namen Tirannt bekannt. Dazu gehöre ein weltweiter Einsatzplan zur Vernichtung iranischer Massenvernichtungswaffen, wozu nochmals zu vermerken wäre, dass diese dort vermutlich genauso wenig vorhanden sind wie im Irak.
 
Die vormaligen Anti-Terror-Spezialisten Richard Clarke und Steven Simon warnen die USA in einem Artikel in der Sonntagsausgabe der New York Times vom 16. 4. 06 vor einem Angriff auf den Iran. Als Beispiel für die vom Iran ausgehende Gefahr nennen die Autoren die Verbindungen des Landes zur Extremistengruppe Hisbollah. Es sei absolut glaubhaft, dass der Iran bereits eine Welle von Vergeltungsmassnahmen geplant habe und auch in der Lage sei, sie in die Tat umzusetzen. US-Präsident George W. Bush müsste dann mit weiteren Bombardierungen antworten, in der Hoffnung, die Iraner würden irgendwann ihre Regierung in Teheran stürzen. Es sei jedoch wahrscheinlicher, dass ein solcher Krieg das Regime jahrzehntelang weiter an der Macht halten würde, urteilen die beiden Autoren. Sie schliessen ihren Artikel mit der Warnung, dass es zu viele überzeugende Parallelen zum Irakkrieg gebe. „Erinnern Sie sich daran, dass Präsident Bush im Mai 2002 erklärte, er habe keinen Kriegsplan auf dem Tisch, obwohl er bereits seit Monaten an detaillierten Plänen zum Einmarsch in den Irak arbeitete. Der Kongress dürfe es der Regierung nicht erlauben, sich in einen weiteren Krieg zu stürzen, dessen Ausgang „wir nicht kennen können, oder schlimmer, alle schon kennen.“
 
Die Waffen
interinfo Linz schreibt in der Ausgabe Nr. 319 vom Juni 2005, dass in der Planung der US-Regierung und des Militärs für ‚vorbeugende’ Angriffe auf den Iran und Nordkorea auch der Einsatz von Atomwaffen vorgesehen ist. Die nukleare Erstschlagdoktrin ist nun in Kraft. Die Politik der ‚vorbeugenden Nuklearschläge’ begann Anfang der 90er Jahre und geht auf den damaligen Verteidigungsminister Dick Cheney zurück, der als erster versuchte, Atomwaffen niedriger Sprengkraft mit konventionellen Waffen gleichzusetzen. ‚Erst Manhattan - Dann Berlin’ 3 lassen sich bezüglich der Erwägung eines Einsatzes atomarer Waffen folgende Details entnehmen:
 
Kissinger sprach sich am deutschen Fernsehen in einem Interview, bei dem er Afghanistan, den Irak, Syrien und Libyen als Angriffsziele nannte, für den Einsatz von Kernwaffen aus (Strategic Alert, Vol. 15, Nr. 38  vom 19.11.2001). Die Washington Times vom 14. 9. 2001 ihrerseits hatte folgenden Titel gebracht: ‚Es ist an der Zeit, sich für den Gebrauch der Atombombe zu entscheiden.’ Auch Samuel T. Cohen, der Erfinder der Neutronenbombe, warb für diese ‚saubere Lösung’. Thomas Friedman schrieb in der New York Times vom 13. 9. 2001, der Angriff vom 11. 9. sei „vielleicht die erste grosse Schlacht des Dritten Weltkriegs“ gewesen und „womöglich auch die letzte, in der nur konventionelle, nicht-nukleare Waffen eingesetzt wurden“, und fährt fort: „Verstehen meine Landsleute denn wirklich, dass dies der Dritte Weltkrieg ist? Und wenn dieser Angriff (auf das WTC und das Pentagon) das Pearl Harbor des Dritten Weltkriegs ist, dann bedeutet dies, dass wir vor einem langen Krieg stehen.“ Der führende israelische Journalist Dr. Saul Zadka regt in der Tageszeitung Ma’ariv vom 7. 6. 2003 unter dem Titel ‚Europa - der verlorene Kontinent’ einen atomaren Angriff auf Europa an. Zadka fordert in seinem Artikel, dass „jeder normale Israeli Europa als Feind betrachten sollte“, da Europa bereit sei, „Israel für seine Beziehungen zur moslemischen Welt zu opfern.“ 5
 
Es ist schwer nachvollziehbar, wie immer wieder auf den Vergleich mit Pearl Harbor zurückgegriffen wird, obwohl nun lange genug bekannt ist, dass Präsident F.D. Roosevelt und sein Kriegsminister Henry Stimson den  Angriff auf  Pearl Harbor nicht nur provozierten, sondern diesen auch geschehen liessen. Es wurden somit 2000 Landsleute geopfert, nur damit die US-Bevölkerung von der Notwendigkeit des Eintritts in den Zweiten Weltkrieg überzeugt werden konnte. Die Sekretärin Roosevelts sagte später vor dem Kongress unter Eid aus, dass ihr die Ansprache Roosevelts an die Nation von diesem bereits diktiert worden war, noch bevor der Überfall der Japaner stattfand. Mittlerweile freigegebene Geheimakten belegen zweifelsfrei, dass F.D. Roosevelt Japan mit Vorsatz in einen Angriff auf Pearl Harbor manövrierte. Die 'New York Times' vom 8. 12. 1941 meldete auf Seite 13 ihrer Sonderausgabe zu Pearl Harbor  - also einen Tag nach dem Angriff -  ganz offen, dass die Zeit und der Ort des Überfalls im voraus bekannt gewesen waren. Jede Bewegung des Gegners war erfasst, denn die  amerikanische Abwehr hatte im August 1941 sämtliche Codes des Funkverkehrs der japanischen Seite entziffert. Nicht informiert wurden die Oberkommandierenden auf Hawai. F.D. Roosevelt hat damit die Vernichtung der halben Pazifikflotte in Kauf genommen, um sein Volk, das zu 80% nicht in den Zweiten Weltkrieg hineingezogen werden wollte, zu einer totalen Kehrtwendung zu veranlassen. Nur wenn man davon ausgeht, dass sich der Schnitt der amerikanischen Öffentlichkeit bis zum heutigen Tag nicht dafür interessiert hat, was wirklich geschah, lässt sich ansatzweise begreifen, dass dieser Vergleich immer wieder vorgebracht werden kann und unwidersprochen bleibt. Es hat auch durchaus den Anschein, als seien die Deutschen nicht geneigt, ihrer eigenen Geschichte nachzugehen, um zu ergründen, auf welche Art der Erste und der Zweite Weltkrieg in die Wege geleitet wurden. Solange kein Wille vorhanden ist, sich Zugang zu den wirklichen Fakten zu verschaffen, solange ist es den Regierenden und den dahinterstehenden Gruppierungen, die ihre Pläne tunlichst im Verborgenen halten, möglich, unter Umgehung  der Demokratie über den Kopf der Bevölkerung hinweg zu agieren.

Ein atomarer Angriff war laut einer Meldung der Basler Zeitung Nr. 22 vom 27. 1. 2003 bereits gegen den Irak in Erwägung gezogen worden. Die USA, hiess es, schliessen den Einsatz von Atomwaffen gegen den Irak nicht aus. Nuklearwaffen könnten laut Andrew Card, Stabschef im Weissen Haus, dann eingesetzt werden, wenn der Irak Massenvernichtungswaffen gegen die USA oder ihre Verbündeten richte. Laut Informationen des US-Militärexperten William M. Arkin in seinem Artikel in der Sonntagsausgabe der Los Angeles Times vom 26. 1. 03  erwog Washington ausserdem, gegen unterirdische Kommandostellen, die auf andere Weise nicht zerstört werden könnten, Atomwaffen  einzusetzen. Die Planungen beruhten auf einer Anordnung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, die den Ersteinsatz von Atomwaffen gegen militärische Ziele erlaubt, denen mit anderen Waffen nicht beizukommen ist. Wie der NZZ Nr. 74 vom 29. 3. 04 zu entnehmen war, hatte sich die Frage ergeben, inwieweit die strategischen Atomwaffen der USA der veränderten  Bedrohungslage in der Welt angepasst werden sollten.  Eine Expertengruppe des Pentagons schlug eine grundsätzliche Neuorientierung der Atomrüstung vor.  In der vorgelegten Untersuchung hiess es u.a., dass in Zukunft Atomwaffen benötigt würden, die weniger kollaterale Schäden als die vorhandenen anrichteten, einen verringerten radioaktiven Ausfall haben sollten und mit Präzision auf bestimmte Ziele gerichtet werden könnten. Ein weiterer Vorschlag bestand darin, die strategischen Interkontinentalraketen künftig auch mit konventionellen Sprengköpfen auszurüsten, um mehr Optionen für deren Einsatz zu haben.
 
Man sollte nicht glauben, dass Hiroshima stattgefunden hat. Es bleibt zu hoffen, dass die am  17. April an Bush ergangene Mahnung, die von zahlreichen Atomphysikern, darunter neun Nobelpreisträger, unterzeichnet ist, die vor dem Einsatz dieser Waffenkategorie im Iran warnen, die Hardliner zum Umdenken bewegt. In dem Schreiben heisst es u.a.: „Die Verwendung oder sogar nur die angedrohte Verwendung einer Atomwaffe zu präemptiven Zwecken gegen einen Gegner, der nicht nuklear ausgestattet ist, sendet den 182 Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrags, die keine Atomwaffen besitzen, die Botschaft, dass ihnen ihre Bindung an den Vertrag keinen Schutz gegen einen Atomangriff durch eine Atommacht bietet. Es ist für die Vereinigten Staaten als der grössten Supermacht äusserst unverantwortlich, Vorgehensweisen in Betracht zu ziehen, die letztlich zu einer weitgehenden Zerstörung allen Lebens auf unserem Planeten führen könnten. Wir bitten Sie daher dringend, öffentlich zu verkünden, dass die Vereinigten Staaten bei allen Gegnern ohne Atomwaffen die atomare Option vom Tisch nehmen, heute und in der Zukunft, und wir bitten ebenso dringend darum, dass die Stimme des amerikanischen Volkes in dieser Angelegenheit gehört wird.“ Bleibt Washington taub, so bestätigt sich für mich erneut, dass Washington uns in seiner menschenverachtenden Arroganz als ein Nichts betrachtet. Es scheint ferner, dass wir keine Regierung haben, die gewillt oder unabhängig genug ist, um uns diesen Manipulationen zu entziehen.
 
Dieter Rüggebergs Werk ‚Geheimpolitik’* ist folgendes zu entnehmen: Von ähnlicher charakterlicher Verkommenheit wie F.D. Roosevelt  war der Freimaurer und Nachfolger im Amt des US-Präsidenten, H.S. Truman. Noch im Februar 1958 erklärte Truman schamlos:  „Ich glaube, das Opfer Hiroshima war für das zukünftige Wohlergehen Japans und der Alliierten dringend notwendig. ….. Im Grunde genommen war der Abwurf der ersten Atombombe einfach eine Vivisektion, wobei die Einwohner Hiroshimas die Rolle spielten, wie sie bei wissenschaftlichen Experimenten für gewöhnlich Meerschweinchen zufällt.“ Rüggeberg, dessen eigentliches Gebiet die Geisteswissenschaft ist, schreibt in diesem Zusammenhang: Wahrscheinlich werden die Richter des Karmas oder Schicksals dafür sorgen, dass die für solche Verbrechen Verantwortlichen auch einmal zu wissenschaftlichen Experimenten benutzt werden. Es waren übrigens die Bemühungen Trumans, die dazu führten, dass die Gründung der CIA, die geheime Regierung der USA, am 18. September 1947 offiziell erfolgte. **
 
Zum Streit selbst
Das angebliche Streben des Irans nach Atomwaffen bildet nun schon seit geraumer Zeit den Aufhänger, an dem sich alle Drohungen festmachen lassen. So kam auch Javier Solana, Beauftragter für die EU-Aussenpolitik nicht umhin, den Iran am 22. 9. 2004 am Rande der UN-Generalversammlung in New York zu warnen, dass es die EU nicht tolerieren werde, wenn das Land Atomwaffen entwickle. Es steht längst fest, dass die Internationale Atomenergiebehörde IAEO im Iran keinerlei Beweise für ein Atomwaffenprogramm gefunden hat. Tatsache ist ferner, dass der Iran im Gegensatz zu einigen anderen Ländern alle IAEA-Verträge und Abkommen unterzeichnet hat. Die iranische Regierung ermöglichte sogar die Inspektion des Militärkomplexes Parchin. Teheran besitzt somit das völkerrechtlich verbriefte Recht eines jeden IAEA-Mitglieds, sich Nukleartechnologie anzueignen.
Der französische Aussenminister Philippe Douste-Blazy scheute sich nicht, am 16. 2. 06 im französischen Fernsehen France 2 in einer Attacke gegen Teheran zu behaupten, dass das iranische Atomprogramm durch kein ziviles Atomprogramm erklärt werden könne, also handle es sich um ein geheimes militärisches Atomprogramm. Bei einer Anhörung im amerikanischen Kongress operierte Condoleezza Rice am 9. 3. 2006 mit der gleichen Behauptung: Der Iran sei dazu entschlossen, atomare Waffen zu entwickeln, er sei der Hauptgeldgeber des Terrorismus im Mittleren Osten und ein Hindernis für die Demokratie. „Es kann sein, dass sich für die USA keine grössere Herausforderung von Seiten eines Landes stellt als vom Iran, dessen Politik darauf ausgerichtet ist, einen Nahen Osten zu schaffen, der sich um 180 Grad von dem unterscheiden würde, den wir gerne entwickelt sähen.“ Am  20. 4. 06 drohte sie mit einer ‚Koalition der Willigen’, sollte sich der UNO-Sicherheitsrat nicht auf ein entschlossenes Vorgehen einigen. Das Recht auf Selbstverteidigung verlange nicht notwendigerweise eine UNO-Resolution, sagte Rice, wobei sie ohne Skrupel übergeht, dass sich die Frage der Selbstverteidigung gar nicht stellt, da weder der Iran noch eine andere Nation der USA den Krieg erklärt hat. Kurz darauf ist in der Basler Zeitung vom 23. 4. 06 zu lesen, dass der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert in der wöchentlichen Kabinettssitzung erklärt hat, Teherans atomare Ambitionen bedrohten die gesamte westliche Zivilisation. „Das iranische Atomprogramm sollte vielen Staaten Sorgen machen, besonders denen mit einer weltpolitischen Verantwortung“. Zwei Tage später, am 25. 4., lehnt  dann China die Forderung der USA ab, gemäss welcher der Weltsicherheitsrat das iranische Atomprogramm als Bedrohung des Weltfriedens einstufen soll. Der Konflikt mit dem Iran könne nur auf diplomatischem Weg gelöst werden, sagte der chinesische UNO-Botschafter Wang Guangya in New York.

Als ob all diese Verunglimpfungen nicht schon ausreichten, scheut sich die Springer Presse nicht, zur Kriegshetze beizutragen: In der Tageszeitung Die Welt wurde bereits am 25. 1. 2006 die Kriegsstimmung verbreitet, die zur Zeit gebraucht wird: „Dieses Regime ist ein Gemisch aus populistischer Gossen-Demagogie und religiösem Fanatismus, Bilderstürmerei und dem Lechzen nach moderner Technologie - ein tödliches Elixier des Teufels. Teherans Fixierung auf die Vernichtung Israels, die Dämonisierung des Weltzionismus und die Holocaust-Leugnung sind wohl ernst gemeint, aber nur eine erste Haltestelle auf dem Weg in ein islamistisches Weltreich.“  Und weiter: “Gibt es eine Lösung ohne den Willen, bis zum Äussersten zu gehen, bevor Kernwaffen von der iranischen Führung bestenfalls als Erpressungsmittel, aber sehr wahrscheinlich auch für einen militärischen Einsatz genutzt werden? Das Risiko einer militärischen Intervention könnte zwar Opfer in Grössenordnungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges mit sich bringen, doch der Triumph des islamistischen Terrors würde an Grässlichkeit alles überbieten, was uns die Weltgeschichte vermittelte.“ Autor dieser morbiden Phantasie, die den Weltkrieg zum kleineren Übel verniedlicht, ist Lord George Weidenfeld, unter anderem Fellow des ‚Centrums für angewandte Politikforschung (CAP) - Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft’. 6
Die UNO
Was die Rolle der UNO betrifft, so sieht es fast so aus, als könnte die USA in Zukunft gänzlich unabhängig von dieser vorgehen. Bei seinem Erscheinen vor dem Foreign Relations Committee des Senats am 11. 4. 05 liess der jetzige US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, die Senatoren wissen, dass die Weltinstitution eine entscheidende Rolle spielen müsse und dass eine solche Rolleeine starke Führung der USA erforderlich mache, was mit Sicherheit nicht im Interesse der Mitgliedstaaten liegen dürfte. „Die UNO muss in ihrem Bestreben, die Träume und Hoffnungen sowie die Ziele ihrer ursprünglichen Versprechungen zu erfüllen, heute mehr als je zuvor eine entscheidende Rolle spielen, um die kommenden Generationen vor der Geissel des Krieges zu retten.“ Offenbar sind keinerlei Schranken gesetzt, wenn es darum geht, der Öffentlichkeit etwas vorzumachen, was der Wirklichkeit in keiner Weise entspricht. „Ausschlaggebend bei diesen Bemühungen“, so Bolton erneut,sei die amerikanische Führung in der UNO“, auf die wir alle gerne verzichten würden, liessen uns unsere Regierungen die Möglichkeit dazu. Das Ganze erinnert an eine Aussage Bushs in seiner Rede zur Lage der Nation am 4. 2. 06, als er vor den Gefahren eines amerikanischen Isolationismus warnte. Nur die USA könnte der Welt Gutes tun. „Wenn wir uns zurückziehen würden, dann würden wir das Terrain nicht nur den Terroristen überlassen, sondern wir würden eine phantastische Gelegenheit verpassen, die Freiheit zu verbreiten.“ Wie diese aussieht, verspüren gerade die Iraker am meisten.
 
Die anhaltenden Drohungen gegen den Iran widerlegen Boltons Aussagen klar, so dass jede Nation aufatmen würde, wenn diesem als unselig einzustufenden Führungsanspruch der USA ein Ende bereitet würde. Schliesslich haben die Vereinigten Staaten ihre nationalen Sicherheitsinteressen in zahlreichen Fällen über demokratische Prinzipien gestellt und zur Festigung autokratischer Regimes in der  islamischen Welt beigetragen. Gegen diese Saat wenden sich heute die mittlerweile politisch erwachten Bevölkerungen der arabischen Länder, was nicht ohne Aufruhr bleibt. Unter der starken Führung der USA wäre im Gegenteil die Verstrickung künftiger Generationen in endlose Kriege zu erwarten, die die Neokonservativen nicht müde werden, uns anzukündigen. Was die Einstellung zur UNO betrifft, so wird in dem oben erwähnten Buch ‚An End to Evil. How to Win the War on Terror’ dargelegt, dass die Autoren eine Zusammenarbeit mit der UNO oder anderen Formen internationaler Einflussnahme strikt ablehnen. Die UNO soll ultimativ dazu aufgefordert werden, ihre Charta so zu ändern, dass den USA vorbehaltlos jede Art von ‚präventiver’ Kriegführung gestattet wird. Falls die UNO dieses Diktat nicht akzeptiert, soll sich die USA vollständig aus der Weltorganisation zurückziehen.
 
Vollends unglaubwürdig wird die USA, wenn man die von Amir Taheris, einem im Exil lebenden iranischen Publizisten, in seinem Vortrag an der Universität Zürich im Oktober 2003 erwähnten Fakten in Betracht zieht, denen zufolge das Atomprogramm des Irans schon 1956 aufgrund eines Abkommens mit der USA in Gang gesetzt worden war, vor allem mit dem Ziel, die iranischen Erdölreserven dem lukrativen Export vorzubehalten, anstatt sie für den einheimischen Energiekonsum zu verschwenden. Es wurde nach der islamischen Revolution von Khomeini ausgesetzt und erst von dessen Nachfolger reaktiviert. Taheri vermutet, dass vor wenigen Jahren ein Entscheid zur Entwicklung von Atomwaffen gefällt wurde, weil die iranische Führung mit Aggressionen von Seiten einer ihrer zahlreichen und teilweise instabilen Nachbarstaaten rechnen musste. „Das Problem ist nicht, ob Iran Atomwaffen haben wird“, schloss Taheri seine Ausführungen, „das Problem ist, wer sie kontrollieren wird. [NZZ 252 vom 30.10.2003]
 
Betrachtet man die Summe der gegen den Iran ausgesprochenen Drohungen, so lässt sich die Reaktion des Irans nicht als unerwartet bezeichnen. In seiner Rede vor dem New Yorker UNO-Reformgipfel am 16. 9. 2005 hatte Ahmadineschad das uneingeschränkte Recht seines Landes auf die Nutzung der atomaren Technologie zur Energiegewinnung betont und bekräftigt, dass der Iran keine Atomwaffen anstrebe. Er übte scharfe Kritik an der kriegstreiberischen Politik der USA. Bezeichnend ist, dass bereits vor Beginn seiner Rede US-Aussenministerin Condoleezza Rice und sämtliche US-Diplomaten den Sitzungssaal verlassen hatten. Rafsanjani hatte in seiner oben erwähnten Rede vom 10. 2. 2002 ferner folgendes gesagt: „ Für Amerika sind nur die Länder akzeptabel, die dessen expansionistische Politik unterwürfig akzeptieren“.  Und, direkt an die USA gerichtet: „Deshalb  hasst Euch nicht nur der Iran, sondern jeder Staat der Welt als hegemonistisches, arrogantes, tyrannisches und verlogenes Regime. Iran hasst die Einmischungen eines Staates, welcher vorgibt, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit zu schützen und dabei das völlig inhumane israelische Regime unterstützt und Kriegsgefangene nicht nur in Afghanistan geringschätzt.“ Am 16. 12. 05 drohte der Iran Israel im Fall eines Angriffs auf seine Atomanlagen mit einem „zerstörerischen» Gegenschlag. ….. Die Antwort unserer Streitkräfte wird schnell, klar und zerstörerisch ausfallen.“
 
Am 21. Januar dieses Jahres rief Ahmadinedschad die islamischen Staaten dazu auf, ihre wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Westen zu überdenken. „Parallel zu dem politischen Krieg ist heute ein grosser versteckter Wirtschaftskrieg im Gange und die islamischen Staaten sollten ihr wirtschaftliches Potential nutzen, um den Feinden die Hände abzuhacken [was er sinnbildlich gemeint haben dürfte, indem er damit den Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen bezeichnete]. Die islamischen Staaten seien selbst schuld, wenn sie es dem Westen erlaubten, wirtschaftlichen Druck auszuüben.“ Von der Presse wenig erwähnt wird die vom iranischen Staatsoberhaupt und angesehensten islamischen Führers im Iran, Ayat Allah Seyyed Ali Hoseini-Khamenei erlassene Fatwa, gemäss der Herstellung, Lagerung und Benutzung von Atomwaffen dem Islam zufolge verboten sind, so dass der Iran diese Waffen niemals erlangen dürfe. 
 
Der Iran hat jetzt bis Montag, dem 8. 5. 06, Zeit, sich zu dem von Grossbritannien und Frankreich in den Weltsicherheitsrat eingebrachten Resolutionsentwurf zu äussern. Darin wird das iranische Atomprogramm als eine Bedrohung von Frieden und Sicherheit verurteilt und das unverzügliche Ende der iranischen Urananreicherung gefordert. Andernfalls drohen auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta weitere Maßnahmen. Kapitel VII ermächtigt den Sicherheitsrat zu Sanktionen bis hin zu Militärschlägen. Russland und China haben sich bislang gegen eine solche Resolution ausgesprochen. John Bolton liess verlauten, dass die Resolution noch keine konkreten Sanktionen enthält. Vielmehr werde sie dem Iran eine Frist setzen, innerhalb der er seine Urananreicherung beenden müsse. “Das wird eine sehr kurze Zeitspanne sein”, sagte er. Wenn der Iran dann immer noch nicht einlenken sollte, müsse der Sicherheitsrat in einem nächsten Schritt gezielte Sanktionen beschliessen. Wenig erbaulich ist, dass der Entwurf laut dem britischen UN-Botschafter Emyr Jones Parry auch von Deutschland miterarbeitet wurde.
 
Die vielerorts herrschende Insensibilität gegenüber der massiven  Bedrohung, die die USA selbst darstellt, lässt sich für meine Begriffe fast nur noch als eine Form von seelischer Verrohung betrachten. Wenigstens hat sich der französische Premierminister Dominique de Villepin am 4. 5. dahingehend geäussert, dass ein militärisches Vorgehen in diesem Streit sicherlich nicht die Lösung sei. Wir haben dieses Szenarium bereits durchgemacht und wissen, so Villepin, dass ein solches nicht nur nicht zu einer Beilegung der Streitigkeiten führt, sondern Risiken auslösen kann, wie wir dies am deutlichsten im Falle des Iraks gesehen haben. Villepin hatte in 2003 in der UNO seine berühmt gewordene Rede gegen den Irakkrieg gehalten.
 
 
1 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56210 vom 24.1.06
2 http://www.jungewelt.de/2006/03-06/030.php  6. 3. 06 Teheran abgeblockt  -  USA lehnten Zusammenarbeit gegen Al Qaida 2002 ab. Neokonservative verfolgten schon kurz nach dem 11. September 2001 das Ziel, die iranische Regierung zu stürzen. Von Gareth Porter
3 Wolfgang Eggert ‚Erst Manhattan - Dann Berlin’ Messianisten-Netzwerke treiben zum
Weltenende. ISBN 3-935845-09-X www.chronos-medien.de, ein Werk, das man gelesen
haben muss, um mehr Einsicht zu gewinnen, wie man Kriege entfacht und warum der Iran
im Zentrum der Angriffe steht
4 Junge Welt vom 06.02.2004  Knut Mellenthin
»Sieg oder Holocaust« Neokonservative wollen »Vierten Weltkrieg« wieder ankurbeln
Buchbesprechung von Richard Perles »Wie man den Krieg gegen den Terror gewinnt« 
5  http://www.politikforum.de/forum/showthread.php?s=&threadid=33589&goto=nextoldest  7. 6. 2003 A-Bomben auf Europa? Heute in der Jungen Freiheit gelesen:
Europa - der verlorene Kontinent. Polemik: Ein israelischer Journalist erwägt wegen der EU-Hilfen für Palästinenser den Einsatz von Atomwaffen - Saul Zadka
6  http://www.jungewelt.de/2006/02-15/037.php   15. 2. 06  Kriegshetzer 
Morbide Phantasien bei Springer
 
* Dieter Rüggeberg, Geheimpolitik’, Rüggeberg-Verlag,
Postfach  13 08 44  D-42035  Wuppertal 1993  ISBN  Nr. 3-921338-15-8
** David Wise, Thomas B. Ross, The Invisible Government, Random House New York 1964