USA und Israel sind derzeit die grösste Bedrohung für den Weltfrieden.

In Ergänzung zu der am 22. 7. 06 auf politonline veröffentlichten Information, gemäss der der sich jetzt abspielende Krieg unter der Bezeichnung "A Clean Break" geplant war, bringen wir hier ein auf dieser Linie liegendes Interview. Im übrigen liess Präsident Bush laut Réseau Voltaire* vom 25. 7. 06 Chirac anlässlich des G-8-Gipfels in St. Petersburg wissen, dass es sich bei diesem Krieg nicht um eine israelische Operation handle, die von der USA abgesegnet sei, sondern um eine Operation der USA, die von den Israelis durchgeführt werde. Interinfo Linz (Folge 332 / Juli 2006) vermerkt folgendes zu dem jetzigen Geschehen: Es ist leider unbestritten: Die USA und Israel sind derzeit die grösste Bedrohung für den Weltfrieden. Während Israel die Infrastruktur in den Palästinensergebieten planmässig zerstört und die Bevölkerung terrorisiert, um die Palästinenser zur Flucht zu bewegen, legt sich die USA so ziemlich mit jedem an, der ihren Interessen in die Quere kommt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Rolle die bundesdeutsche Kanzlerin Angela Merkel spielt.

Bei ihrem USA-Besuch hatte sie neben ihrer Sympathie für George W. Bush auch alle anderen Erwartungen der internationalen Drahtzieher erfüllt. So erklärte sie beispielsweise am Rande der Gala des Amerikanisch-Jüdischen Komitees in Washington gegenüber dessen Präsidenten Robert Goodkind sowie Präsident Bush die volle Unterstützung der BRD in der Iranfrage und beteuerte unaufgefordert: „Wir sind Israel verpflichtet.“ Gleichzeitig wurde in Berlin der Vertrag über die Lieferung von 2 weiteren U-Booten der supermodernen Dolphin-Klasse an Israel unterzeichnet. Offiziell tragen nun die deutschen Steuerzahler rund ein Drittel der Gesamtkosten von 1 Milliarde €. Die U-Boote gelten laut israelischen Berichten als Teil eines Rüstungsprogramms, um für die grösstmögliche Bedrohung gewappnet zu sein - ein Atomschlag des Irans [Anmerkung von politonline: eine Unterstellung, deren Glaubwürdigkeit man ja seit langem mit allen Mitteln herbeizureden versucht]. Auch die Drohung, Ziele im Iran notfalls im Alleingang zu bombardieren, wurde von Seiten Israels bereits ausgesprochen. Die Voraussetzungen wären gegeben: Israel hat von der USA modernste Jagdbomber für einen Langstreckeneinsatz erhalten, besitzt selbst ein umfangreiches Atomwaffenarsenal sowie demnächst nun 2 weitere U-Boote als Atomwaffenträger und hat zudem den Vorteil, skrupellos vorgehen zu dürfen, ohne von der Staatengemeinschaft zur Rechenschaft gezogen zu werden oder sich um irgendwelche UNO-Resolutionen kümmern zu müssen.
 
politonline: In dem unten wiedergegebenen Interview heisst es deutlich, dass es keinen Zusammenhang mit den Entführungen gibt. Zieht man in Betracht, dass sich, wie es weiter in interinfo linz heisst, ‚die US-Geheimdienste aller illegalen Mittel, wie Auftragsmorde, das Schüren von Unruhen, Desinformation über die systemabhängigen und grossteils ‚zufällig’ im Privatbesitz befindlichen Medien, Terror gegen die Bevölkerung, auch gegen die eigene, Erpressung, gezielte Tötungen ohne jede Rechtsgrundlage, aber mit Billigung des Präsidenten, Einsatz von chemischen und bakteriologischen Kampfstoffen (Milzbrandbakterien gegen die eigene Bevölkerung) sowie der  Folter bedienen, dies alles unter Missachtung sämtlicher internationaler Konventionen’, dann ist der von uns bereits ausgesprochene Verdacht, dass die Hamas und die Hisbollah von fremden Agenten unterwandert sind, keinesfalls als abwegig zu betrachten. Diese Kräfte könnten durchaus die Entführung der israelischen Soldaten in die Wege geleitet haben, eben zu dem Zweck, den jetzigen, erneut sorgfältig im voraus geplanten Krieg endlich beginnen zu lassen.
 
"Israel ist doch der Angreifer"
Die Eskalation in Nahost zeigt, dass der israelische Rückzug aus Gaza nur Taktik war. Israel will die Besatzung nicht aufgeben - und die USA und die EU unterstützen diese Position, so der französische Publizist Alain Gresh
 
taz: Herr Gresh, wie erklären Sie das aggressive israelische Vorgehen?
Alain Gresh: Das ist Teil einer Eskalation, die schon vor langer Zeit begonnen hat. Israels will unilateral Grenzen für die Zukunft des israelischen Staates fixieren. Und jede Form von Widerstand gegen seine Dominanz brechen. Nicht nur den militärischen, sondern auch den Widerstand in den Köpfen. Getreu dem alten kolonialen Sprichwort: "Die Araber verstehen nur die Gewalt."
 
Sie betrachten das als eine lang vorbereitete Aktion. Nicht als Reaktion auf die Soldaten-Entführung?
Es gibt keinen Zusammenhang mit den Entführungen. Im Fall von Gaza wissen wir genau, dass das lange vor der Entführung geplant war. Davon spricht auch die israelische Presse. Und im Libanon geht die israelische Regierung nicht zu Unrecht davon aus, dass sie die USA hinter sich hat. Das ist nicht neu. Aber jetzt unterstützen auch die meisten europäischen Länder die israelische Regierung. Das Kommuniqué der EU vom Montag enthält keinerlei Verurteilung der israelischen Aktion. Das ist völlig neu. In diesem Kontext hat Israel freie Hand im Libanon.
 
Aber im Inneren der EU gibt es Unterschiede. Nicht alle Mitgliedsregierungen reagieren so unentschieden wie Berlin.
Global gibt es die Haltung, Israel habe das Recht, sich zu verteidigen. Dabei ist Israel der Angreifer. Das ist eine seltsame Situation. Wir befinden uns im 40. Jahr der Besatzung von Gaza und dem Westjordanland. Trotz Dutzender von Verurteilungen durch die UN geht die Politik der Beschlagnahmung von Land weiter.
 
Also ist Krieg das richtige Wort für diesen Konflikt?
Das ist ein echter Krieg. Aber zwischen zwei Protagonisten, die nicht über dieselben Mittel verfügen. Am gefährlichsten ist, dass es in Washington eine Reihe von Leuten gibt, die den Konflikt ausdehnen möchten. Auf Syrien und einige auch auf den Iran.
 
Hat auch Israel diese weitergehenden Absichten?
Die Leitartikler in den USA und in Israel, und zwar nicht nur die neokonservativen, meinen, dass die demokratische Welt einer Allianz des Bösen gegenübersteht, die durch die Hamas, die Hisbollah, den Iran und Syrien repräsentiert wäre. Sie wollen von der aktuellen Lage profitieren, um diese Allianz zu zerstören. Für sie ist dieser Konflikt Teil des Vorgehens gegen den Terrorismus. Die reale Basis des Konflikts - die Besatzung von Palästina und die Zerstörung des Libanon - betrachten sie als zweitrangig.
 
Sie meinen, dass die Bomben auf den Libanon mit den USA abgesprochen waren?
Grünes Licht hat Israel auf jeden Fall bekommen. Das sage nicht ich, sondern das sagen US-Kommentatoren. Dieses grüne Licht gilt auch jetzt noch. Die Amerikaner sind gegen einen sofortigen Waffenstillstand. Sie wollen erst einmal die Israelis die Arbeit erledigen lassen.
 
Welche Rolle spielt Gaza?
Gaza ist interessant, weil seine Evakuierung vor einem Jahr als mutige Geste Israels galt. Jetzt sieht man, dass das ein taktisches Manöver war. Gaza ist ein großes Gefängnis geworden - mit Gefangenenwärtern, die sich außerhalb des Gefängnisses befinden und die Möglichkeit haben, zu bombardieren. Gaza hat keinen Zugang zur Außenwelt. Aus Israels Versprechungen - zum Beispiel eine Route zwischen Gaza und dem Westjordanland zu erstellen - ist nichts geworden. Freier Warenverkehr ist nicht mehr möglich. Es gibt Zerstörungen. Und die Zivilbevölkerung ist die Geisel.
 
Welchen Einfluss hat die EU-Politik auf die Eskalation?
Die Eskalation hat viel mit der Annäherung der EU an die USA und Israel zu tun. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die Erweiterung der EU auf 25 Mitglieder, die dafür gesorgt hat, dass Länder in die EU eingetreten sind, die proisraelischer sind. Dann die Wende in der französischen Politik zugunsten Israels. Dann die innere Spaltung der EU. All das trägt zur Marginalisierung der Politik der EU bei.
 
Hat der Boykott der palästinensischen Regierung die Eskalation beschleunigt?
Ja. Denn die Suspendierung der Direkthilfe hat die materiellen Verhältnisse der Palästinenser verschlechtert und so die Extremisten gestärkt.
 
Sie sprechen von einer Wende in der französischen Nahostpolitik. Aber aus Paris sind am Montag der Premierminister und der Außenminister doch in den Libanon gereist.
Es gibt eine besondere französische Beziehung zum Libanon. Frankreich hat ziemlich viel beim Wiederaufbau des Libanons finanziert. Frankreich hat auch eine Rolle beim Zustandekommen der UN-Resolution 1559 (die Auflösung der bewaffneten Milizen im Libanon, A. d. Red.) gespielt und bei dem Rückzug der syrischen Truppen. Paris will zeigen, dass es präsent ist. Aber man spürt kein echtes Engagement mehr. 1996, als Israel unter Schimon Peres den Süden des Libanons bombardiert hat, ist der damalige Außenminister Hervé de Charette hingefahren, hat den Angriff klar verurteilt und gesagt: Ich bleibe bis zum Waffenstillstand. Er war zwei Wochen in der Region. Hat Verhandlungen zwischen Syrien, der Hisbollah und Israel geführt. Heute haben wir keinen Kontakt mehr mit Syrien. Und nur noch sehr wenig zur Hisbollah. Auch Frankreich betrachtet jetzt die Hamas und die Hisbollah als Hauptverantwortliche der Eskalation. Und hat auch der Suspendierung der Direkthilfe für die palästinensische Regierung zugestimmt.
 
Was hat die Wende in der französischen Nahost-Politik ausgelöst?
Es gibt viele Gründe. Zuvorderst die Krise der französischen Politik, die nichts mit dem Nahen Osten zu tun hat, aber jede Politik schwierig macht. Dann gibt es die Sorge vor den Konsequenzen der französischen Position des Jahres 2003. Frankreich will auf jeden Fall die Beziehungen zu den USA wiederherstellen. Bezogen auf den israelisch-palästinensischen Konflikt waren viele französische Spitzenpolitiker schwer durch den Vorwurf getroffen, Frankreich sei "antisemitisch". Heute fährt keiner von ihnen mehr in die USA, ohne die amerikanischen jüdischen Organisationen zu treffen.
 
Man darf also aus Paris keine Alternative zur Nahostpolitik der USA erhoffen?
Ich glaube es nicht.
 
Was muss geschehen, um diesen Krieg zu beenden?
Ich befürchte, die EU und die USA sind so stark auf der israelischen Linie, dass es noch weitere Eskalationen geben muss, bevor es zu einer klaren Verurteilung durch diese Gemeinschaft kommt.
 
Das ist hart.
Sehr hart.
 
Quelle: taz [Tageszeitung]  vom 20.7.2006; das Interview führte Dorothea Hahn
* http://www.voltairenet.org/fr  25. 7. 06