Verantwortungslose Finanzpolitik! - von Patrick Freudiger, Stadtrat in Langenthal

"Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein und die Schulden verringert werden, wenn der Staat nicht bankrott gehen will", so Cicero, römischer Philosoph, Staatsmann, Anwalt und berühmtester Redner Roms.

Diese Aussage ist ebenso zeitlos wie unpopulär. Denn immer wieder gingen in der Geschichte Reiche und Imperien an ihrer Ausgabenpolitik innerlich zugrunde. Das römische Kaiserreich, das Ancien Régime oder Nazideutschland konnten ihre verantwortungslosen Ausgaben (vor allem für Angriffskriege) sowie die monströse Bürokratie nicht mehr finanzieren und wurden von ihrer eigenen Schuldenlast erdrückt. Trotzdem macht man sich nicht viele Freunde, wenn man auf eine verantwortungsvolle Ausgaben- und Finanzpolitik pocht. Denn jede staatliche Ausgabe kommt irgend jemandem zu Gute und sei es nur dem Heer von Bürokraten, die vom administrativen Aufwand staatlicher Dienstleistungen leben. Diese Personen oder Interessengruppen haben ein entsprechendes Interesse daran, dass „ihre“ Beiträge nicht gekürzt werden. Geschieht es doch, hat man sich als Politiker Feinde gemacht, und Feinde sind in der Politik immer schlecht. Schliesslich will man ja wiedergewählt werden.
 
Der international renommierte politische Philosoph Anthony de Jasay hat dieses Politikversagen wie folgt erklärt: Wenn ein Bürger ein öffentliches Gut nutzt bzw. eine staatliche Leistung in Anspruch nimmt, zieht er daraus einen Nutzen. Die Kosten dafür jedoch werden der Allgemeinheit über Steuern belastet. Netto hat damit der Leistungsempfänger ein Plus. Wenn der Leistungsempfänger jedoch auf seine Leistung verzichtet, wird die entsprechende Steuerentlastung (eventuell sogar Gebührenentlastung) - wenn überhaupt - kaum fühlbar sein. Denn die Entlastung verteilt sich auf die ganze Bevölkerung und ist für den Einzelnen entsprechend gering. Politik hemmt also durch ihre alleinige Existenz jedes Streben nach einem verantwortungsvollen Umgang mit den vorhandenen Mitteln. Denn Politik trennt Freiheit von Verantwortung. Man verteilt (als Politiker) bzw. erhält (als Empfänger) Geld, ohne selbst dafür aufkommen zu müssen. Politik ist sozusagen die institutionalisierte Verantwortungslosigkeit.
 
Die Staatsausgaben und daraus resultierend der Schuldenberg (wenn sich die Staatsausgaben heute nicht mehr finanzieren lassen, schiebt man die Finanzierung auf künftige Generationen ab) sind letztlich Spiegelbild der Anspruchsmentalität der Menschen und Interessengruppen dem Staat gegenüber. Diese egoistische Anspruchshaltung grassiert wiederum überall dort, wo ein ausgebauter Versorgungsstaat dazu erst einlädt.
 
Auch die Schweiz bildet hier keine Ausnahme: Ein noch nie dagewesener Schuldenberg von mittlerweile 240 Milliarden Franken lastet auf unseren Schultern. Allein auf Bundesebene haben sich die Bruttoschulden seit 1990 von 38,5 auf 130 Milliarden mehr als verdreifacht! Parallel zum Anstieg der Schulden vergrösserte sich aber auch der staatliche Entmündigungskoeffizient. Der Bürger wird zum Gefangenen in den Klauen des Staates. Wenn man alle Zwangsabgaben miteinrechnet, wie es gemäss OECD international üblich ist, arbeiten wir heute während mehr als der Hälfte des Jahres für den Staat. Erst danach können wir wieder selbst über unser verdientes Geld verfügen. In keinem anderen OECD-Staat ist die Steuerlast derart markant gestiegen wie in der Schweiz. Dieses monströse Anwachsen des Staates hat auch entsprechende Auswirkungen auf die Wirtschaft: Mehr Abgaben an den Staat bedeuten immer weniger Privatinitiative, weniger Investitionen und damit auch weniger Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.
 
Am 26. November stehen nun zwei Abstimmungsvorlagen an, wo sich wieder die Frage stellt, ob die Schweiz ihre Finanzpolitik der immer steigenden Ausgaben und Schulden weiterführen will: Bei der Abstimmung über das Osthilfegesetz geht es um die rechtliche Grundlage für Kohäsionszahlungen an die neuen EU-Staaten. Gleichzeitig enthält das Gesetz einen Freipass für weitere Zahlungen an künftige EU-Staaten. Bundesrat und Parlament würden (vorerst) eine Milliarde verteilen und sich im Image der solidarischen kosmopolitischen Gutmenschen sonnen. Der Co-Präsident der Grossgewerkschaft Unia, Vasco Pedrina, will sogar, dass ein Teil der Milliarde in den Aufbau von Gewerkschaften im Osten ‚investiert’ wird. Dafür zahlen müsste der Steuerzahler. Dabei hat man es versäumt, die Zahlungen budgetneutral zu halten. Wieder würden die Staatsausgaben steigen. Wieder würde sich der Schuldenberg höher türmen.
 
Mit dem Gesetz über die Familienzulagen (FamZG) würde das heute eigentlich bewährte System kantonaler Familienzulagen auf eidgenössischer Ebene uniformiert. Es entstünde auf Bundesebene quasi eine neue Sozialversicherung nach dem Giesskannenprinzip mit gegenüber dem heutigen Durchschnitt erhöhten Zulagen, obwohl im internationalen Vergleich die Familienzulagen in der Schweiz schon heute überdurchschnittlich hoch sind. Dabei würde auch die Mehrzahl der heute ins Ausland bezahlten Kinder- und Familienzulagen erhöht. Gleichzeitig kämen die im Ausland wohnenden Kinder hiesiger ausländischer Nichterwerbstätiger in den Genuss dieser Zulagen. Diese Regelung lädt geradezu zum Sozialmissbrauch ein. Rund 600 Millionen Franken Mehrkosten entstünden durch das FamZG, obwohl schon die bestehenden Sozialversicherungen (AHV, IV, ALV etc.) kaum mehr finanzierbar sind.
 
Wir alle haben am 26. November die Wahl: 2x Ja zu noch mehr Staatsausgaben, noch mehr Schulden, noch mehr Umverteilung auf Kosten der Allgemeinheit oder 2x Nein für eine verantwortungsvolle, faire Finanzpolitik.