Nein zu diesem EU-Verfassungsvertrag!

politonline: Da zu befürchten steht, dass die umstrittene EU-Verfassung mit nahezu unverändertem Inhalt, jedoch unter einem anderen Namen, in Kraft gesetzt wird, veröffentlichen wir nachstehend einen weiteren Abriss, der deren Nachteile und Ziele in aller Schärfe aufzeigt:

Der Ratifizierung des Vertragswerks stehen folgende Gründe entgegen:
 
Friedensgefährdend
Mit diesem wird die auch von ökonomischen Interessen geleitete Militarisierung der EU bis hin zur globalen Kriegsführungsfähigkeit vorangetrieben; der Verfassungsvertrag soll der EU die »auf militärische Mittel gestützte Fähigkeit zu Operationen« (Art I-41 Abs. 1) sichern. Eine zusätzliche kerneuropäische Militarisierung wird mit der »ständigen strukturierten Zusammenarbeit« (III-312) etabliert. Aufrüstung wird Verfassungsgebot: »Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern« (Art. I-41 Abs. 3). Die Petersbergaufgaben werden um vergrösserte militärische Interventionsmöglichkeiten erweitert - bis hin zu »Abrüstungskriegen« (III-309). Eine »Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung« wird die Aufrüstung der Mitgliedstaaten überwachen und zudem »zweckdienliche Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors« durchsetzen (III-311).


Neoliberal
Durch die Verfassung erhält der Neoliberalismus und dessen Prinzipien Verfassungsrang und die EU wird auf den »Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb« verpflichtet. Soziale Belange und Beschäftigungspolitik werden der Wettbewerbspolitik untergeordnet. Die Finanzmittel für die Um- und Aufrüstung der EU-Armeen sowie für neue Kriege werden auch durch den Abbau von Sozialsystemen in den EU-Mitgliedstaaten erkauft.   In den allgemeinen »Zielen der Union« ist zwar beschönigend von einer »in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität« die Rede (I-3). Im konkreten Politikteil jedoch wird dann Klartext gesprochen, nämlich, wie bereits vermerkt, von der Verpflichtung auf den »Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb« (III-177); Beschäftigungspolitik wird den »Grundzügen der Wirtschaftspolitik« untergeordnet (III-206, 179), die durch die einseitige Orientierung auf das »vorrangige Ziel der Preisstabilität« (I-30, III-177, 185) und den in Verfassungsrang erhobenen »Stabilitätspakt« (III-184) geprägt sind. In der Steuerpolitik sollen nur die indirekten Steuern harmonisiert werden (III-171). Nicht vorgesehen ist die längst überfällige Angleichung direkter Steuern, besonders der Unternehmenssteuern, womit der ruinöse »Abwärtswettbewerb« bei den staatlichen Einnahmen zu Lasten der Finanzierung öffentlicher Aufgaben aufzuhalten wäre. Die einzelstaatlich gewährleisteten Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, auch die beschworene Sicherung der »kulturellen Vielfalt«, einschließlich der künstlerischen (I-3), werden ganz im Sinne der WTO relativiert (III-166) und bleiben der Beihilfekontrolle unterworfen.
 
Antisozial
Das Vertragswerk schreibt eine antisoziale Ordnung in der EU fest, indem die sozialen und gewerkschaftlichen Grundrechte in der EU-Grundrechtecharta durch beigefügte Erläuterungen noch weiter ausgehöhlt und ihrer Wirksamkeit beraubt werden
. Die Aufnahme der Grundrechtecharta in den Verfassungsvertrag stellt zwar prinzipiell einen geringen Fortschritt bei der Verankerung demokratischer und sozialer Grundrechte dar. Zugleich wurde aber insgesamt eine Schieflage zuungunsten der sozialen Grundrechte verankert, die sich in der fehlenden Sozialbindung des Eigentums in Art II-77 und der verfassungsrechtlichen Hervorhebung der »unternehmerischen Freiheit« (II-76) ausdrückt. Anstelle eines »Rechts auf Arbeit« wird nur das »Recht zu arbeiten« gewährt (II-75). Auch andere soziale Grundrechte fanden keine Aufnahme oder nur eine Aufnahme in stark beschnittener Form. Durch die Herabstufung von Grundrechten zu »Grundsätzen« in den sogenannten Schlußbestimmungen (II-112 Abs. 5) und die nachträgliche Aufnahme eines Verweises auf aktualisierte Erläuterungen der Präsidien des Grundrechtekonvents und des Verfassungskonvents (II-112 Abs. 7) sind jedoch die sozialen und gewerkschaftlichen Grundrechte auf EU-Ebene noch weiter ausgehöhlt und de facto ihrer Wirksamkeit beraubt worden. Im Endergebnis ist beispielsweise auch weiterhin nicht von einem EU-Streikrecht oder einem grenzüberschreitenden Streikrecht die Rede, während nationalstaatliche Regelungen zur Aussperrung geschützt werden (II-88).

Imperial
Mit dem Vertragswerk wird imperiale Machtpolitik nach außen und innen festgeschrieben. Bei Abstimmungen im Europäischen Rat und im Ministerrat gibt es infolge der neu in den Verfassungsvertrag aufgenommenen maßgeblichen Berücksichtigung der jeweiligen Bevölkerungsgröße ein Übergewicht der großen Länder: vor allem Deutschlands, des bevölkerungsreichsten Lands. Die EU setzt damit ihren traditionellen Charakter eines Zusammenschlusses gleicher Staaten aufs Spiel. Nach außen fördert die EU zwar erklärtermaßen »ihre Werte und Interessen« (I-3 Abs. 4). Zugleich will sie sich aber mittels des Verfassungsvertrag die Ermächtigung verleihen, militärisch global zu intervenieren, um diese Interessen »mit geeigneten Mitteln« (I-3 Abs. 5) durchzusetzen. Statt ihre Politik auf eine Einhaltung der UN-Charta und des Völkerrechts sowie die Ächtung von Angriffskriegen zu verpflichten, wird im Verfassungsvertrag bewußt Interpretationsspielraum für globale Kriegseinsätze gelassen. So wird lediglich die »Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen« (I-3 Abs. 4) erklärt und auch die interventionistisch interpretierbare Formulierung der »Weiterentwicklung des Völkerrechts« (I-3 Abs. 4) gebraucht.


 
Die nachfolgend aufgeführten Organisationen rufen zum Protest und Widerstand auf und engagieren sich gegen den EU-Verfassungsvertrag:
Informationsstelle Militarisierung
Bundesauschuss Friedensratschlag
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
ATTAC / ATTAC EU-AG / ATTAC Stuttgart
['solid] - die sozialistische Jugend
AG Friedensforschung an der Uni Kassel
LabourNet Germany
http://euverfassung.blogger.de
Der konsolidierte EU-Verfassungsvertragstext (CIG 87/04 - 349 Seiten) sowie die Protokolle und Anhänge (CIG 87/04 ADD 1 - 382 Seiten) und die Erklärungen und Erläuterungen (CIG 87/04 ADD 2 - 121 Seiten) sind im Internet auf den Seiten des Amtsblattes der Europäischen Union abrufbar unter: http://europa.eu.int/constitution/index_de.htm
www.eu-verfassung.org Portal gegen den friedensgefährdenden, neoliberalen, antisozialen und imperialen EU-Verfassungsentwurf