Fall Kurnaz - Bundeswehr vernichtet Geheimdaten - Die Bundeswehr hat wichtige Daten zu Auslandseinsätzen verloren, auch zum Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz - Von Katharina Koufen

Die Bundeswehr vernichtet Geheimdaten - Computerabsturz, Daten gelöscht: vor diesem Übel scheint auch die Bundeswehr nicht gefeit zu sein. Wichtige Daten wie Geheimdienstberichte aus der Zeit zwischen 1999 und 2003 seien unwiederbringlich verloren, haben ARD-Mitarbeiter recherchiert. Laut Verteidigungsministerium ist daran das Computersystem »Jasmin« schuld. Der Staatssekretär im Ministerium, Peter Wichert, schrieb am 12. Juni an den Verteidigungsausschuss des Bundestags, der » Datensicherungsroboter« habe nach der Archivierung der Daten einen technischen Defekt erlitten und sei deshalb Ende 2004 durch ein Austauschgerät ersetzt worden. Danach habe man festgestellt, dass ein Teil der Dateien »nicht mehr lesbar« war. Davon betroffen ist auch der Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz, der mehrere Jahre lang im US-Gefängnis in Guantánamo gefangen gehalten wurde. Kurnaz beschuldigt zwei Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit KSK, sie hätten ihn im Januar 2002 im Gefangenenlager im afghanischen Kandahar misshandelt. Mit dem Fall befassen sich seit vergangenem Winter zwei Untersuchungsausschüsse. Abgeordnete hatten bereits mehrfach moniert, dass wichtige Unterlagen fehlten. Gemäss ARD-Recherchen handelt es sich um sämtliche geheimen Berichte über die Auslandseinsätze, unter anderem des Bundesnachrichtendiensts sowie von den Militärattachés im Ausland, ferner um Mitteilungen ausländischer Nachrichtendienste. »Jasmin«, heisst es in Abgeordnetenbüros spöttisch, breche immer dann zusammen, wenn es um politisch brisante Themen gehe - so auch schon 2005, als Soldaten, als Journalisten verkleidet, Menschen in Bosnien zu Terroristen befragt hatten 1.

Wie der SPIEGEL online am 26. Juni 2007 schrieb 2, wird die versehentliche Datenlöschung von Experten bezweifelt. Fachleute und Politiker hätten auf die Angaben des
Verteidigungsministeriums, die geheimen Berichte seien aufgrund einer Panne gelöscht worden, empört reagieret: Spezialisten, argumentieren sie, hätten selbst beschädigte Datenträger noch retten können,. Zweifel äusserte auch der Leiter der Datensicherung im Hochschulrechenzentrum der Freien Universität Berlin, Bernd Melchers. »Alles, was fehlerfrei auf Bandkassetten geschrieben wurde, kann man innerhalb von 20 Jahren auch wieder auslesen«, zitiert ihn Report Mainz auf seiner Website. Zudem sichere jeder Profi in zwei Kopien. Verschwunden sein sollen der Berliner Zeitung zufolge auch Berichte, die
das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr aus einem US-Geheimgefängnis im bosnischen Tuzla erhalten habe. An Verhören in Tuzla seien zumindest im Jahr 2001 auch Offiziere des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) widerrechtlich beteiligt gewesen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf einen BND-Bericht. Mit Hilfe der verschwundenen Bestände hätte sich klären lassen, wer beteiligt war und wer davon wusste, zitierte die  Berliner Zeitung einen Sicherheitsexperten. »Dass die Informationen weg sind, dürfte einige
Verantwortliche von damals erleichtern.« Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom sagte der Zeitung, es wäre nicht nötig gewesen, die beschädigten Datensätze zu zerstören: »Es gibt das Bundeskriminalamt und einige hochspezialisierte Firmen, die seit langem in der Lage sind, beschädigte Datenträger zu retten und zu rekonstruieren.« Dass dies offenbar nicht geschehen sei, »riecht nach Vorsatz«.
 
Diese Geschehnisse veranlassten Christoph R. Hörstel am 26. Juni dazu, unter dem Titel »BND-Datenskandal erschüttert Bundesrepublik« den folgenden Brief an den Deutschen Bundestag sowie an die Medien zu richten:  
 
Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Deutschen Bundestages,
sehr geehrte Mitarbeiter/Innen in den Medien, 
 
sollten die BND-Daten von 1999-2003 tatsächlich nicht mehr verfügbar sein, wäre dies der Hinweis auf den größten Fall von amtlicher Korruption seit Bestehen der Bundesrepublik. Denn, wie eine stattliche Anzahl von Insidern wissen (müßten), geht es hier eher zuletzt  um den bedauernswerten und tapferen ehemaligen Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz aus Bremen, es geht hier darum, dass die Bundesregierungen auf Grund des Datenmaterials informiert sind, daß
 
- das Attentat vom 11. September 2001 unter Mitwirkung bestimmter kleiner Zirkel in den Spitzen bestimmter US-Institutionen durchgeführt wurde,
 
- der angebliche »Anti-Terror-Krieg« nichts Anderes als ein schmutziges Morden ist, das nach dem Motto läuft: Die Kleinen fängt man, die Großen läßt man laufen. Die CIA-Spitze weiß, wo die Top-Terroristen sind; die ganze Schwierigkeit der Operation besteht darin, daß das mittlere Management das nicht mitbekommt,
 
- der »Anti-Terror-Krieg« der Versuch der US-Administration und ihrer Komplizen im In- und Ausland ist, die (zu Recht) bestehende Wut unterdrückter Moslems weltweit wunschgemäß zu kanalisieren, während nicht wunschgemäße Aktionen blutig unterdrückt werden,

- der » Anti-Terror-Krieg« nichts Anderes als der Versuch ist, mit Hinweis auf terroristische Aktivitäten unsere Demokratien zu untergraben, um die kriminelle Gier von Großkonzernen (auch im Mediensektor!), Spitzenpolitikern und Spitzenpersonal anderer beteiligter Institutionen zu befriedigen.    
 
Irgendwo haben Sie diese Dinge schon einmal gelesen oder gehört, vorzugsweise in kleinen Randgruppen-Postillen oder Webblogs. Ich habe sie von hochrangigen frustrierten Geheimdienstmitarbeitern im In- und Ausland. Jawohl, jemand vom BND war auch dabei. Der Skandal ist also grundsätzlicher Natur - und sollte das Material verschwunden bleiben, wären eine Menge Herren bei uns reif für saftige Gefängnisstrafen: bei Hanning und Uhrlau fängt es an. Aber wo sind die unabhängigen Gerichte, die das durchführen müßten, wo die unabhängigen Ankläger? Und wo die Medien, die jetzt zuschlagen, wo die noch ehrlichen Prominenten, die sich öffentlich erklären und einsetzen?
 
Wir sind ein widerlich stinkender, fauliger Haufen korrupter Komplizen geworden, jämmerlich in unserer ewigen Feigheit. 
 
Mit besten Wünschen und Grüßen
Christoph R. Hörstel
Managing Director
Hörstel Networks
Government & Public Relations - Business Consulting chris.hoerstel@t-online.de
 
1 Quelle: taz - Die Tageszeitung Berlin
http://www.taz.de/index.php?id=start&art=1187&id=442&cHash=3c4 26.6.07
 
2 http://www.taz.de/index.php?id=start&art=1187&id=442&cHash=3c4 26.6.07
2 URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,490787,00.html