Dauerthema EU und anderes 16.12.2007 20:21
Der Widerstand einzelner Mitgliedländer gegen die immer diktatorischeren und unverständlicheren »Verwaltungsmassnahmen« der EU-Kommission nimmt zu 1. Nachdem der Oberste Europäische Gerichtshof in Luxemburg Österreich nach jahrelangem Rechtsstreit verboten hat, eine gentechnikfreie Zone in Oberösterreich einzurichten, hat die EU-Kommission nun auch Frankreich beim Anbauverbot gentechnisch veränderter Pflanzen einen Dämpfer erteilt.
Der
von Präsident Sarkozy angekündigte Anbaustopp für Genpflanzen verstosse gegen
europäisches Recht, sagte die für Umweltfragen zuständige Sprecherin Barbara
Helfferich in Brüssel. Frankreich droht damit ein Verfahren aus Brüssel, an
dessen Ende hohe Strafen stehen könnten. Sarkozy hatte Ende Oktober angekündigt,
den Anbau von Genpflanzen bis Anfang 2008 aussetzen zu wollen. Dann tritt ein
neues Gesetz mit schärferen Bestimmungen in Kraft. Nach starkem Druck aus der USA
erlaubt die EU den Anbau von Genpflanzen unter strengen Auflagen. Hat ein
gentechnisch verändertes Produkt die Zulassungshürden der EU-Kommission
genommen [wo hier die ‚Hürden’ sein sollen, ist schwer erkennbar, da sich die
Kommission im allgemeinen doch offensichtlich den Vorgaben der USA zu beugen
pflegt; Anm. von politonline], können
die EU-Staaten nach Sicht der Kommission den Anbau nicht mehr einseitig
untersagen. Und Brüssel verordnet, reglementiert, genehmigt und schreibt weiter
vor, auch die sinnlosesten Dinge, wie zum Beispiel die Beschränkung der
Lautstärke in Konzertsälen, Bekleidungsvorschriften für Kellnerinnen, bis
hin zu sinnlosen Subventionen ohne entsprechende Kontrolle. Manchmal
fragt man sich, mit welcher Unverfrorenheit EU-Politiker das Wort »Demokratie« im Zusammenhang mit der EU verwenden. Da wird
die von Frankreich und den Niederlanden eindeutig abgelehnte EU-Verfassung in
»Reformvertrag« umgetauft und - als ob nie etwas abgelehnt worden wäre - den
EU-Bürgern in einer Mogelpackung wieder angedreht. Es ist einfach unglaublich,
mit welcher Frechheit Politiker nun jede Mitbestimmung der Bevölkerung über die
Inkraftsetzung des Reformvertrags von vornherein ausschliessen, indem
sie lediglich die Parlamente »abstimmen« und ratifizieren lassen. Nun könnte
man sich über eine solche Vorgehensweise der bestens versorgten »Volksvertreter«
einfach nur ärgern und zur Tagesordnung übergehen, wäre da nicht die Tatsache,
dass dieser Reformvertrag eine weitgehende Entmachtung der nationalen
Parlamente vorsieht und konkrete Ansätze zu diktatorischen Massnahmen
beinhaltet. Der Reformvertrag wird von der EU-Kommission jährlich mit fast 30
Millionen € »beworben«. Allein seit 2004 gab die Kommission für
»Überzeugungsarbeit« mehr als 85 Millionen € an Steuergeldern aus. Die
EU-Bürger finanzieren also sozusagen die eigene Manipulation. Der Reformvertrag
umfasst mehr als 3000 Seiten, nach denen die EU-Bürger zu leben haben [und die
sie vermutlich überhaupt nicht kennen resp. nicht gelesen haben; Anm. von politonline]. Alle darin enthaltenen
Bestimmungen sind für sämtliche EU-Bürger verbindlich und können jederzeit von
allen EU-Behörden und Gerichten durchgesetzt werden, denn: EU-Recht geht vor
nationalem Recht. Über ein solches Konvolut, bei dem sich schon Experten kaum
noch auskennen, könne man den einfachen EU-Bürger nicht abstimmen
lassen, so die EU-»Volksvertreter«. Das mag schon stimmen, kennen sie sich doch
selbst kaum noch aus. Ehrlich: Würden Sie, der Leser, einen Vertrag, den Sie
nicht durchschauen, mit Ja unterzeichnen? Sicherlich nicht. Aber unsere
Politiker machen das, immer im Namen des Bürgers, und das fast einstimmig: alle
Parteien, fast alle Abgeordneten. Wer da wohl im Hintergrund die Fäden zieht?
Da die Politiker bei einer Volksabstimmung mit einem Nein rechnen, wird gleich
gar nicht abgestimmt. Das ist dann die gelebte Demokratie. Man ist erneut an
ein Zitat von Jean Claude Juncker, Ministerpräsident von Luxemburg, erinnert:
»Wir beschliessen etwas, stellen das in den Raum und warten einige Zeit ab, was
passiert. Wenn es dann kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die
meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter,
Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.«
In
Ergänzung zu den obigen Gedankengängen seien hier einige der in dem vom
Schiller-Institut herausgegebenen Informationsblatt Strategic Alert wiedergegeben Fakten zitiert 2. So heisst es hier, dass der neue Europäische Vertrag
die britische Herrschaft über die EU bedeute. Der neue Reformvertrag würde bei
Inkrafttreten jegliche Abwehrmassnahmen im Stile Roosevelts gegen den heraneilenden
Finanzkollaps und die Wirtschaftsdepression untersagen. Ohne die souveräne Macht der
Nationalstaaten [und die Aushebelung dieser Macht ist ganz klar im
Gange; Anm. von politonline] würden
die Europäer in einer elenden, von den Briten beherrschten finanziellen
Sklaverei leben. So behauptet auch der ehemalige französische Präsident Giscard
D’Estaing, dass der Text des Reformvertrags 95 % des Verfassungsvertrages, den
er selbst ausgearbeitet hatte, enthalte. Die schockierendsten Vorschriften des
letzteren wurden von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Unterstützung durch
Nicolas Sarkozy Satz für Satz in den jetzigen neuen Vertrag übernommen.
Mindestens 50 neue Befugnisse in den Bereichen Energie, Justiz, Polizei,
Einwanderung, Asyl, Umwelt, Aussenpolitik, etc., werden aus den Händen der
souveränen Staaten genommmen und in die der EU gelegt. Wie inzwischen bekannt, ist die
Grundrechte-Charta für Großbritannien nicht bindend, d.h., London kann die
Zusammenarbeit in Fragen der Justiz und des Strafvollzugs verweigern. Die
wichtigste Neuerung ist die Wahl eines Europäischen Präsidenten durch eine
qualifizierte Mehrheit der Regierungschefs für eine 30monatige Amtszeit. Dieser
Präsident wird die Macht haben, politische Massnahmen einzuleiten oder sein
Veto gegen diese einzulegen. Gemäss dem neuen Vertrag werden die Posten des
Hohen Repräsentanten und des Europäischen Kommissars für Auswärtige Beziehungen
zum »Hohen Repräsentanten der Union für Auswärtige
Angelegenheiten und Sicherheitspolitik« zusammengelegt; letzterer
wird durch eine qualifizierte Mehrheit bestimmt; ferner wird - unter
Umgehung der Mitgliedstaaten - ein einziger europäischer diplomatischer
Dienst geschaffen. Die höchst unbeliebte Vorschrift des »freien und fairen Wettbewerbs« wurde aus dem Hauptteil
des Vertragstextes sorgfältig herausgehalten, findet sich aber in einem »Wettbewerbsprotokoll«, das genau die
gleichen stark umstrittenen Formulierungen enthält, die schon im Artikel 3(1)(g)
des Verfassungsvertrages standen. Dieser Text wurde von Experten ausgekocht,
die weit entfernt von den Normalbürgern sind. Der jetzt in Lissabon unterzeichnete
Reformvertrag soll also in wenigen Wochen durch die nationalen Parlamente
gepeitscht werden, um Debatten über ihn möglichst zu vermeiden. Diese
Entscheidung enthüllt den wahren Charakter des Vertrages: Er ist eine Waffe gegen die
Völker und Vaterländer.
politonline: Angesichts all dieser
Umstände ist ersichtlich, dass die lange geplante Entnationalisierung der
Staaten, d.h. der Verlust der Souveränität der EU-Länder, fortschreitet. Es bleibt die bereits öfters
gestellte Frage, wieso die regierenden Spitzen der EU-Länder keinen wirklichen
Widerstand leisten und einen derartigen Vertrag dennoch unterzeichnet haben.
Nahostkonferenz in Annapolis am 27. 11. 07 Nach Aussage mehrerer hochrangiger
Washingtoner Politiker ist eine der wichtigsten Errungenschaften von Annapolis,
dass US-Vizepräsident Dick Cheney und andere Falken in der Regierung Bush auf dieser
Konferenz keine Gelegenheit erhielten, auf einen sofortigen Krieg gegen den
Iran zu drängen 3. Cheney
habe darauf gesetzt, dass die Gespräche erfolglos bleiben und die Aussenministerin
Condoleezza Rice dadurch diskreditiert würde. Nun aber, wie es einer
formulierte, »ist
Annapolis nicht gescheitert, und Cheney schäumt vor Wut«. Darüber hinaus machte der saudische Aussenminister
in einem weithin veröffentlichten Interview am Vorabend der Konferenz deutlich,
dass
sein Land an einem neuen Krieg in der Region, auch gegen den Iran, nicht
interessiert ist. Insofern sollte man nicht überrascht sein, wenn Rice,
die auch an ihrem eigenen »Erbe«
interessiert ist, beträchtliche Rückendeckung einiger Vertrauter von Bush sen. erhielt,
so von Brent Scowcroft und Ex-Aussenminister James Baker III. Gleiches gilt
dafür, dass die russische Regierung unter Wladimir Putin eine Schlüsselrolle
bei der Vermittlung des Friedensvorstosses spielte. Aussenminister Sergej Lawrow
kündigte in Annapolis an, Russland habe mit der US-Regierung über eine
Nachfolgekonferenz in Moskau Anfang 2008 verhandelt, dabei solle ein
syrisch-israelisches Friedensabkommen im Vordergrund stehen. Ein kleiner, doch
vielleicht wichtiger Schritt ist getan. Entwicklungen der letzten Woche
bestätigen die Einschätzung, dass die Anwesenheit Syriens in Annapolis die
Dynamik in Südwestasien entscheidend verändert hat 4. Bei den israelisch-palästinensischen Verhandlungen
kann Syrien als Brücke zwischen Palästinenserpräsident Abu Masen und »Hardlinern« dienen, die - wie die Hamas - Büros in Damaskus haben. Dem Libanon hilft Syrien
wesentlich, aus der politischen Sackgasse herauszugelangen, und es dient als
Brücke zum Iran. Derweil wächst die Unterstützung für eine Folgekonferenz in
Moskau mit einer syrisch-israelischen Einigung als Hauptthema. Der syrische
Vizeaussenminister Faisal Migdad flog nach der Rückkehr aus Annapolis am 2.12. nach
Teheran, um die iranische Staatsführung zu informieren. Er traf sich mit Aussenminister
Manouchehr Mottaki und übergab einen Brief von Präsident Baschar Assad an den
iranischen Präsidenten Ahmadinejad. Die arabische Zeitung Asharq Al-Awsat zitierte iranische Quellen, wonach in dem Schreiben
die Gründe für Syriens Teilnahme an dem Gipfel erläutert werden und die
allgemeine Lage in Südwestasien, besonders im Libanon und im Irak, behandelt
wird. In einer anschliessenden Pressekonferenz forderte Migdad die
Wiederaufnahme arabischer Friedensgespräche mit Israel. Sein Besuch widerlegte
die Spekulationen über einen möglichen Bruch zwischen dem Iran und Syrien wegen
dessen Beteiligung in Annapolis. Später verschob Teheran eine »Anti-Annapolis-Konferenz« mit palästinensischen Oppositionsgruppen wie
Hamas, Dschihad und PFLP auf unbestimmte Zeit. Am 3.12. traf der frühere
palästinensische Regierungschef Ahmed Kurei in Damaskus Aussenminister Walid Al
Moallem sowie Nadschef Hawatmeh von der Volksfront zur Befreiung Palästinas,
einen Anführer der »Anti-Fraktion«. In einer gemeinsamen Erklärung sagten beide
eine koordinierte Friedensanstrengung mit Syrien und anderen arabischen Ländern
zu und unterstützten den Plan einer Konferenz in Moskau.
Wird das »Grosse Spiel« der Briten den 3. Weltkrieg auslösen? Zu keinem Zeitpunkt seit dem Zweiten
Weltkrieg wurden so viele Regionen der Welt zur gleichen Zeit von Chaos,
Kleinkrieg und Wirtschaftszerfall erschüttert wie jetzt 5. Da das Weltfinanzsystem gleichzeitig faktisch schon
funktionsunfähig ist, wächst die Gefahr, dass diese Kombination scheinbar
isolierter regionaler Konflikte und Destabilisierungen in einen allgemeinen
asymmetrischen Dritten Weltkrieg mündet. Wie die Ermordung von Erzherzog Ferdinand
in Sarajevo 1914 den Ersten Weltkrieg auslöste, so kann heute jeder dieser
regionalen Konflikte einen Weltkrieg auslösen. Doch damals wie heute sind britische
geopolitische Operationen die eigentliche Kriegsursache. Ein wesentlicher
Unterschied ist nur, dass die USA heute viel weiter unter der Kontrolle der
geopolitischen britischen Drahtzieher steht und der kulturellen Krankheit des
anglo-holländischen liberalen Denkens viel mehr verfallen ist. Agenten wie der
britische Arabienexperte Bernard Lewis, der synarchistische Bankier George Shultz
und der Apparat der Neokonservativen verwandelten die Regierung Bush in ein
beinahe perfektes Werkzeug für den langjährigen britisch-oligarchischen Plan,
die USA zur Selbstzerstörung zu verleiten und damit das Ende der im
Westfälischen Frieden von 1648 begründeten Weltordnung souveräner Nationen
einzuleiten. Gut positionierte US-Geheimdienstquellen beschreiben die gegenwärtige
britische Strategie als »verwaltetes
Chaos« - d. h. als Ziel, immer mehr Länder
des Entwicklungssektors in »gescheiterte Staaten«
zu verwandeln, gleichzeitig aber den Ausbruch eines grossen Krieges auf
Weltebene zu vermeiden. Daneben verstärken britische Energie- und
Rohstoffkartelle ihren Griff nach Hegemonie, was durch den Dollarfall und die
relative Stärke des britischen Pfunds gefördert wird. Doch solche vermeintlich
sorgfältig austarierten Spiele können auch leicht zum Weltkrieg führen, so wie
1914. Vom Horn von Afrika und dem Nahen Osten bis nach Süd- und Mittelasien und
dem Kaukasus brechen scheinbar »lokale«
Krisen mit nie dagewesener Wucht auf: Grenzüberschreitende Angriffe der
kurdischen Terrorgruppe PKK von Basen im kurdischen Nordirak aus auf die
türkische Armee schüren einen Krieg an der Grenze zwischen der Türkei und dem
Irak. Militär und Regierung der Türkei sind davon überzeugt, dass
die PKK-Operationen von der USA und der NATO gedeckt werden, weil die
PKK auch grenzüberschreitende Angriffe im Iran ausführt, was von der Regierung
Bush-Cheney im Rahmen ihrer Politik für einen »Regimewechsel«
in Teheran unterstützt wird.Das Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan
steht in Flammen, und beide Länder laufen Gefahr, zu »gescheiterten Staaten« zu werden. Gleichzeitig hat sich Afghanistan
zu einem Drogenstaat entwickelt, dessen Opiumbarone zwischen 75 % und 90 % des
Heroins auf der Welt liefern. Die ganze Region am Horn von Afrika steht kurz
vor der Explosion, wobei die kleinste Instabilität im Sudan automatisch nach Ägypten
überschwappt. […..] Die grösste Gefahr bildet jedoch der Vorstoss von
US-Vizepräsident Cheney für einen Krieg gegen den den Iran. Militärschläge der
USA könnten einen regionalen Flächenbrand auslösen, der sich wahrscheinlich zu
einem jahrzehntelangen weltweiten Religionskonflikt ausweiten würde.
Blick auf Frankreich Sarkozy steht unter starkem Druck, etwas
gegen den enormen Rückgang der Kaufkraft im Land zu unternehmen, weil die
vielen verschiedenen sozialen Proteste sich unter diesem Banner vereinigen
könnten. Immer wieder werden in der Öffentlichkeit die untragbaren
Preissteigerungen bei Dingen des täglichen Bedarfs wie Nahrung, Miete und
Dienstleistungen angeprangert. Aber der Präsident machte in seiner
Fernsehansprache zu den beiden Themen am 29.11. deutlich, dass er den Franzosen
nichts mehr anzubieten hat, weil nach den Steuergeschenken von 13 Mrd. €
an die Reichen, die er gleich nach der Wahl verteilte, die Kassen leer sind.
1 Interinfo Linz, Folge 347, November 2007 2 Jahrg.
21, Nr. 44 vom 1. November 2007; http://www.schiller-institut.de/ 3 Jahrg. 21, Nr. 49 vom 6, Dezemer 2007 4 Jahrg. 21, Nr. 50 13. Dezember 2007 5 Jahrg.
21, Nr. 46 15. November 2007
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