Was den BRD-Verteidigungsminister ins Schwärmen bringt

d.a. Welchen Sinn der von Ralf Wurzbacher [1] geschilderte Ausbau der Rüstungsindustrie noch haben soll, ist schwer ersichtlich, es sei denn, die vollständige Vernichtung weiterer Regionen dieses Erdballs sei in den dafür ausschlaggebenden Kreisen, in denen uns die Mitsprache gewissermassen entzogen ist, endgültig programmiert. Es fragt sich ferner, ob angesichts der globalen Verschuldung der Nationen noch ein cent in den Kassen sein wird, um die mit den jetzigen und kommenden Waffen angerichteten Verwüstungen zu beheben.

Die Politik der deutschen Regierung, schreibt Karl Müller in Zeit-Fragen 2, ist »nicht besser als die der US-Regierung, nur noch viel verlogener«, worin ihm restlos beizupflichten ist. Letztlich wird ja wohl kaum jemand den »Krieg gegen den Terrorismus« noch als etwas anderes als einen »Ausbeutungskrieg des militärisch-industriellen Komplexes« betrachten. So haben die deutschen Waffenlieferungen an Pakistan in den zurückliegenden Jahren extreme Wachstumsraten verzeichnet und die offensiv hochgerüstete Armee des Stadtstaats Singapur wird seit Jahrzehnten mit deutschen Waffen ausgestattet; daneben liefert Deutschland seinem Militärpartner Algerien in erheblichem Umfang Kriegsmaterial, um nur einige Beispiele ins Feld zu führen. Beleuchtet man die mit der Rüstungsproduktion einhergehenden hohen Profite oder etwa die Absicht, »EADS für den Weltmarkt zu präparieren«, so liegt offen, daß der Steigerung der Perversität der Gedankengänge kein Einhalt geboten ist.
 
Ralf Wurzbacher - Killerdrohnen aus der BRD? Mit neuem militärischen Luftfahrtzentrum im bayerischen Manching macht sich die EU-Rüstungsschmiede EADS fit für die Kriege von morgen
Europas Kriegsindustrie rüstet sich für den Weltmarkt – und das ausgerechnet auf deutschem Boden. Soeben hat der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS im bayerischen Manching bei Ingolstadt sein neues Military Air Systems Centre eröffnet. Die Feierlichkeiten bildeten den Abschluß eines millionenschweren Ausbauprogramms für das süddeutsche Werk. Der Standort sei »auf dem Weg zum größten und bedeutendsten militärischen Luftfahrtzentrum in Europa«, schwärmte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in seiner Glückwunschrede.
 
EADS will Manching als Herzstück seines Militärflugzeuggeschäfts etablieren. In den Werkshallen neben dem örtlichen Militärflughafen sollen künftig bemannte und unbemannte Maschinen entwickelt, gefertigt, erprobt und zugelassen werden. Dazu wurden in den vergangenen zwei Jahren 100 Millionen € in Produktionsstätten und Infrastruktur investiert. Rund 2400 Stellen sollen von Ottobrunn bei München, dem bisherigen Sitz der EADS Military Air Systems (MAS), verlegt und bis zum Jahresende 5500 Mitarbeiter im neuen militärischen Luftfahrtzentrum tätig sein [Anmerk.: Vermutlich wird auch hier mit der  Arbeitsplatzbeschaffung argumentiert, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, daß, wie bereits oben angedeutet, die todbringenden Folgen dieser Produktion auf die Dauer gesehen auch nicht mehr mit den in die UNO und in die internationale Gemeinschaft fließenden Steuergeldern dieser und anderer Arbeitnehmer zu tilgen sein werden.] In Manching ist bereits seit längerem die Endmontage des Kampfjets Eurofighter angesiedelt. Zudem hat es EADS auf den Zuschlag für die Wartung des neuen Militärtransporters A400M abgesehen, bei Vertragsabschluß winken mehrere hundert Millionen €.
 
Schon jetzt macht sich das Geschäft mit dem Krieg bezahlt. Die EADS-Rüstungssparte war in den ersten 9 Monaten des Jahres mit einer Umsatzrendite von 6,3 % der zweitrentabelste Bereich nach der Tochterfirma Airbus mit 7,7 %, vermeldete dieser Tage die Financial Times Deutschland. Noch mehr Profite erhoffen sich die Konzernstrategen offenbar vor allem vom Bau und Verkauf unbemannter Flugzeuge. Wie German Foreign Policy  berichtete, sollen in Manching auch sogenannte Killerdrohnen produziert werden. Diese mit Raketen bestückten, ferngesteuerten Flugobjekte kommen unter anderem im Irak- und im Afghanistankrieg zum Einsatz und sorgen gerade in der Zivilbevölkerung immer wieder für Tote und Verletzte. Gegenüber der Onlineausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 18.11.08 kündigte der Entwicklungsleiter für Militärflugzeuge in Manching, Peter Gutsmiedl, einen »dramatischen Wandel« der Firmenpolitik an. »Wir präparieren uns für den Weltmarkt, das ist für uns absolut neu.« Während EADS als europäisches Konsortium bis dato fast ausschließlich für die Streitkräfte Deutschlands, Frankreichs, Spaniens und Italiens produziert, sollen nun auch die Märkte außerhalb Europas, allen voran der US-amerikanische, erschlossen werden.
 
Nach Angaben Gutsmiedls will EADS schon im Jahr 2010 eine Drohne für die Bundeswehr gefertigt haben. Bei dem Projekt namens Euro Hawk greifen die Ingenieure auf ein Fluggerät des US-Herstellers Northrop Grumman zurück und versehen es mit EADS-Elektronik. Mittelfristig sollen Unmanned Aerial Vehicles (UVA) jedoch komplett in Eigenregie entwickelt und verkauft werden. Entsprechende Experimente laufen derzeit mit dem Eigenbau Barracuda. Zudem arbeitet die MAS gemeinsam mit einem israelischen Unternehmen am Programm SIDM. In beiden Fällen geht es zunächst um Aufklärungsdrohnen. Bewaffnete Kampfdrohnen wären dagegen laut Gutsmiedl vorerst kein Thema. Wie die Sueddeutsche.de anmerkte, sei dies nur eine Frage der Zeit, und verwies auf den französischen Konkurrenten Dassault, der an einer Tarnkappenkampfdrohne Neuron tüftle.
 
Bei seinen Geschäften mit dem Krieg kann EADS auf die freundliche Unterstützung durch die deutsche Politik bauen. Dem neuen Militärluftfahrtzentrum in Manching liegt eine Kooperation mit der Luftwaffe und der benachbarten Wehrtechnischen Dienststelle 61 zugrunde. Das Konzept ziele, so Verteidigungsminister Jung beim Festakt zur Einweihung, auf die Bewahrung »wesentlicher industrieller Kernfähigkeiten« und liege »ganz im rüstungspolitischen Interesse der Bundesrepublik«. Soweit Ralf  Wuzbacher.
 
Rainer Rupp von der jungen Welt hat festgehalten, daß Luehr Henken vom Kasseler Friedensratschlag bereits 2004 erklärte, daß alle Hemmungen beim Waffenexport abgelegt worden seien. Henken hatte auf die besondere deutsche Rolle beim Rüstungsexport hingewiesen 3. Zwar hätte dieser schon unter der Kohl-Regierung einen kräftigen Anschub bekommen, aber erst mit der SPD und den Grünen seien »alle Hemmungen« gefallen, besonders beim Export von Kleinwaffen, der sich seither fast verdoppelt habe. Und gerade mit diesen wird in Afrika vorzugsweise gekämpft.
 
Bezüglich des gegenwärtig ebenfalls im Brennpunkt stehenden Pakistan schreibt Kai Raven 4: »Wir haben hier also alle Merkmale und Bestandteile eines schmutzigen Krieges, der auf Grund geheimer, stillschweigender Vereinbarungen zwischen der USA und Pakistan mit neuen Mitteln der Überwachungs- und Kriegstechnik geführt wird und bei dem die Bevölkerung auch als Versuchtiere für den Einsatz der Technik herhalten muß, wie sie in Zukunft in anderen Konflikt- und Kriegsgebieten zu sehen sein wird – das alles nur, um eine Handvoll zu ersetzender Taliban und Al Qaida Kommandeure auszuschalten? Daß es in der restlichen Presse, insbesondere der deutschen Presse, keine ähnlichen Berichte und Artikel gibt, kann ich mir nur noch mit dem stillschweigenden Einverständnis erklären, daß diese Handvoll es wert ist, daß in Pakistan der neue Typ des »Globalen Krieges gegen den Terror« durchexerziert wird und er auch deshalb legitim ist, weil er den Sicherheitsinteressen Deutschlands dient.«
 
Und deutlicher als es auch die folgenden Worte von Raiven darlegen, kann man den Irrsinn der Waffentechnologie gar nicht mehr brandmarken 5: »Als Gewinnewerden sich an der Heimatfront die Militärstrategen, militärischen Forschungseinrichtungen, Rüstungskonzerne und Hersteller von Killer-Drohnen und Drohnen-Rüstung die Erfahrungen mit Schwächen und Stärken, die Messungen der Kill-Effekte und die Vermerkung der Optimierungspotentiale gutschreiben, die man durch die Vernichtungseinsätze der ferngelenkten Roboter-Drohnen einheimsen kann. Der Irak, Afghanistan und die pakistanischen Stammesgebiete bieten geeignetes menschliches Testmaterial zum Killen und passende Testumgebungen im Überfluß. …… Zugleich bieten die alltäglich aufs neue in den Medien und der Presse aufbereiteten Bedrohungskulissen und Terrorgefahren den praktischen Schleier, hinter dem es sich gut massakrieren läßt. Wie man diesen Schleier am effektivsten für die aktuellen Zwecke und Strategien nutzen kann, ist ein weiterer Zugewinn. Sind eigentlich alle Leute, die ich fast täglich als Terrorexperten ….  über den Krieg gegen die Terroristen und Islamisten in den terroristischen Rückzugsgebieten der Stammesverbände schwätzen höre, wirklich so strunzdumm? Ich muß das annehmen, denn außer raren Ausnahmen und ein paar kritischen Meinungen, die man ins Feuilleton oder in die Kommentarspalten abschiebt, lese und höre ich von dem oben Gesagten im Fernsehen, im Radio und in den deutschen Zeitungen - nichts, absolut nichts.«
 
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1 http://www.jungewelt.de/2008/11-21/012.php  Killerdrohnen aus der BRD? Mit neuem militärischen Luftfahrtzentrum im bayerischen Manching macht sich die EU-Rüstungsschmiede EADS fit für die Kriege von morgen - Von Ralf Wurzbacher
2 Zeit-Fragen Nr. 22 vom 4.6.2007
3 http://www.jungewelt.de/2005/07-01/004.php 1.7.04 Alle Hemmungen beim Waffenexport abgelegt
4 http://blog.kairaven.de/archives/1762-Geheime-Deals-und-Technik-fuer-den-schmutzigen-Drohnen-Krieg-in-Pakistan.html 16. 11. 08 Von Kai Raven sowie http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/11/15/AR2008111502656.html
16. 11. 08 Pakistan and U.S. Have Tacit Deal On Airstrikes  By Karen DeYoung and Joby Warrick
5 http://blog.kairaven.de/archives/1658-Zum-Global-War-on-Terror-und-dem-roboterisierten-Tod-in-Stammesgebieten.html   4. 10. 08Von Kai Raven