Zur Abstimmung vom 8. 2. 2009 über die Personenfreizügigkeit mit der EU

Wohin soll die Schweiz wachsen? Seit 2002 können EU-Bürger in der Schweiz vorerst kontingentiert, seit Juli 2007 neu ohne jede Kontingentierung arbeiten und wohnen. Folge: Die Bevölkerungszahl stieg von 7,2 Mio. (Ende 2001) auf 7,6 Mio. (Ende 2007, davon 1,6 Mio. Ausländer) um 400 000 Personen. Der stärkste Anstieg - um 84 400 Personen - erfolgte 2007 nach Einführung der vollen Personenfreizügigkeit; es handelte sich um die höchste Zuwanderung seit 1962! Und 2008 wanderten mit grösster Wahrscheinlichkeit noch mehr Leute ein, amtliche Ergebnisse liegen noch nicht vor. Demgegenüber bewohnten anno 1950 unser Land noch 4,7 Mio. Personen ? Nicht ein EU-höriger Bundesrat, sondern die Bürger unseres souveränen direktdemokratischen Staates sollen bestimmen, wie viele und welche Personen hier leben, in einem Land mit einer der weltweit höchsten Bevölkerungs- und Ausländerdichte.

Bezogen auf das bebaubare Land sind die Nachbarländer Frankreich und Deutschland sechs- bis siebenmal weniger dicht besiedelt, Italien und Österreich zwei- bis dreimal weniger. Die steigende Bevölkerungsdichte führt zu stetig wachsendem Flächenverbrauch durch Siedlungstätigkeit mit Landschaftsverschandelung, zu immer stärkeren Nutzungskonflikten und zu rasant steigendem Druck auf die verbliebenen Naturräume. Der Import
billiger Arbeitskräfte bewirkt Wohnungsnot und steigende Wohnkosten. All diese Folgen sind politisch nicht erwünscht. Gefragt ist eine Politik, wie sie CHance21 seit Jahren vertritt, indem sie der an Krebswucherung gemahnenden, oft götzenhaft angebeteten »Wirtschafts-Wachstums-Ideologie« entgegentritt. Die generell dem »Wachstum« (die geplatzte Finanzblase lässt grüssen) Grenzen setzt, wie auch der Erdkugel, der Fläche
der Schweiz, dem Alter und dem menschlichen Körper Grenzen gesetzt sind.
 
Wie kann man diese verheerende Wachstums-Orgie stoppen?
Weil das in der Schweiz seit Jahren ungebremste Bevölkerungswachstum eine reine Folge der Immigration ist, müssen wir die Immigrationspolitik mit Kontingentierungen so gestalten, dass die Bevölkerungszahl der Schweiz endlich stabil bleibt. Dabei sind Immigrations-Bewilligungen vorrangig nach den Bedürfnissen der Wirtschaft zu erteilen und mit den Entsender-Staaten Gegenrechtsvereinbarungen für auswanderungswillige Schweizer abzuschliessen. Weil sich solch flexiblen Kontingente mit dem System der Personenfreizügigkeit zur EU nicht vertragen, ist die Weiterführung des entsprechenden Abkommens mit der EU und noch viel mehr dessen Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien am 8. Februar 2009 abzulehnen.
 
Zur neuen »deutschen Welle« - Nein, wir sind nicht besser als die Deutschen
Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland fast viermal höher als in der Schweiz. Allein im Jahre 2007 zogen 50 000 Deutsche neu in die Schweiz, und im letzten Jahr waren es nicht weniger. Heute leben in der Schweiz 224 000 Deutsche, wovon gut 10 000 im Kanton Luzern. Sollte ein Immigrant hier (erneut) arbeitslos werden, sind die Arbeitslosengelder in der Schweiz deutlich höher als in Deutschland. Im Kanton Zürich waren per Ende Oktober 2008 schon 1023 Deutsche als arbeitslos gemeldet. Erstmals seit Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit mit der EU steht der Schweiz für das Jahr 2009 und für die Folgezeit eine schwere Rezession bevor. Das Seco rechnet mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote von derzeit 2,7 % auf 3,3 % (2009) bzw. auf 4,3 % (2010). Nationalbankpräsident Jean-Pierre Roth sagt schon für 2009 eine Arbeitslosenquote von 3,7 % voraus. Und der Geschäftsführer der Stiftung KMU Finance plus, Reto Kolb, erwartet, »dass im Januar Hunderte von Unternehmen Kurzarbeit eingeben werden.« Eine vom VBS bereits 1999 erstellte und geheimgehaltene »Risiko-Analyse Schweiz« berechnete die Folgen der damals vorausgesagten Bankenkrise auf 700 000 oder 15 % Arbeitslose ….
 
Deutschen Immigranten ist es nicht zu verargen, wenn sie besseren Erwerbs- und Sozialversicherungsmöglichkeiten in der Schweiz nachgehen. Das ist ja genau das, was die
EU-Personenfreizügigkeit will, die sich keinen Deut um unterschiedliche  Arbeitsbedingungen, Bevölkerungsdichte und Sozialversicherungssysteme schert. Die Interessen deutscher Immigranten können aber mit den Interessen in der Schweiz ansässiger Einwohner kollidieren. Denn hier ist niemand an einer rekordhohen Arbeitslosenquote, an der Gefahr eines Stellenverlustes oder am Kampf um preisgünstigen Wohnraum gegen noch mehr Bewerber interessiert. Daraus folgt das berechtigte standort-politische Anliegen, das Ausmass (auch) der deutschen Einwanderung zu begrenzen, was ein NEIN zur Fortführung der Personenfreizügigkeit mit der EU erfordert. Nicht, weil Schweizer «besser» wären als Deutsche, sondern allein deshalb, weil eine schrankenlose Einwanderung eine Nivellierung des Lebensstandards in der Schweiz nach unten bewirkt. Höhere Mieten, tiefere Löhne, höhere Arbeitslosenprämien oder schlechtere Arbeitslosenleistungen sind die von einer überwiegenden Bevölkerungsmehrheit zu tragenden Folgen.
 
Die Gewinner und die Verlierer der Personenfreizügigkeit - Die seltsame Rolle der Gewerkschaften
Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage muss Personenfreizügigkeit, die das Angebot an Arbeitnehmern in der Schweiz bei gleichbleibender Nachfrage der Arbeitgeber deutlich erhöht, diskussionslos zu tieferen Löhnen führen. Das räumen indirekt selbst die Gewerkschaften ein: Gemäss einer Publikation der UNIA vom 18.4.2006 haben die Nettogewinne der Unternehmen im Zeitraum 2002 bis 2005 um über 14 % zugelegt, während die Lohneinkommen nur um ca. 1 % gestiegen sind. Analog sank der Anteil Arbeitnehmerentgelte am Bruttoinlandprodukt seit 2002 stetig von 63,8 % auf 62,3 %. Derweil stieg die Arbeitsproduktivität um 5,6%. In der Schweiz lag die Lohnquote im Jahre 2005 (62,3 %) wesentlich tiefer als 1992 (64,4 %). Gleich »segensreich« wirkt sich die EU-Personenfreizügigkeit auf die Einkommen der Angestellten im EU-Land Österreich aus: Dort ging der Anteil der Lohneinkommen von 1985 bis 2004 von 79 % auf 69 % zurück, während der Anteil der Gewinne von Unternehmen und Kapital von 21 % auf 31 % anstieg. Gewinner der Globalisierung und der damit verbundenen Personenfreizügigkeit sind also globale Konzerne und Kapitaleigner, Verlierer die kleineren Lohnbezüger und KMU. Dazu passt, dass gemäss einem Richtlinien-Entwurf der EU die Ausdehnung der wöchentlichen Arbeitszeit von Angestellten auf 78 Stunden (sic!) möglich werden soll … Obwohl gerade schlecht entlöhnte Arbeiter zu den Verlierern der Personenfreizügigkeit gehören, vertreten die von SP- und Grün-Funktionären mit EU-Beitrittswünschen beherrschten Deutschschweizer Gewerkschaften seit Jahren dieselbe Ja-Position wie die Economie-Suisse auf der Arbeitgeberseite. Die Gewerkschaften versuchen ihre Haltung mit (politisch kaum durchsetzbaren) Gesamtarbeitsverträgen und Kontrollen vor Ort gegen Lohn-Dumping zu rechtfertigen: wie die Lohnquoten-Entwicklung zeigt, ohne Erfolg. Erfreulicherweise regt sich nun in der Westschweiz erstmals organisierter Widerstand aus Gewerkschaftskreisen gegen das unsoziale Modell der Personenfreizügigkeit, die Menschen wie Gummipuppen weltweit um Arbeit antanzen lässt - und die auf dem amerikanischen Kontinent von den US-Gewerkschaften seit eh und je gegen südamerikanische Einwanderungswellen mit Erfolg bekämpft worden ist.
 
Man lasse sich von den Schalmeien-Klängen der Vertreter der globalen Konzerne und EU-höriger Politiker über die angeblichen Vorzüge der Bilateralen Verträge nicht beirren: Nur ein NEIN am 8.2.2009 macht den Weg für unerlässliche Neuverhandlungen mit der EU frei, wo nicht nur gegenseitige Immigrations-Kontingente, sondern auch eine überfällige Beschränkung des LKW-Transitverkehrs (Stichwort »LKW-Transitbörse«) neu ausgehandelt werden sollen.
 
Referendum zum Gemeindegesetz - Gemeinde-Fusionen am Volk vorbei?
CHance21 hat zusammen mit andern Parteien/Organisationen das Referendum gegen die Revision des kantonalen Gemeindegesetzes vom 28.4.2008 ergriffen, weil vor der Gesetzes-Revision alle Gemeindefusionen dem fakultativen Kantons-Referendum unterstellt waren und dies auch so bleiben soll. Haben die Fusions-Gläubigen Angst vor dem eigenen Volk?
 
- Weil bei der vergleichbaren Fusion von zwei Kantonen die Bundesverfassung aus staatspolitischen Gründen gar die obligatorische Zustimmung von Volk und Ständen verlangt.
 
- weil die Mitsprache der Kantonsstimmberechtigten gerade beim von der Regierung
angepeilten GrossLuzern besonders wichtig ist: Das politische Gleichgewicht zwischen Stadt und Land steht in Gefahr.
 
- weil mit der Gesetzesrevision gar Zwangsfusionen gegen den Willen einer direkt betroffenen Gemeinde vom Kantonsrat verfügt werden können!
 
Mit einem NEIN schieben Sie einem bedenklichen Demokratieabbau bei Gemeindefusionen den nötigen Riegel!
 
Unsere Stimm-Empfehlungen:
NEIN zur Personenfreizügigkeit mit der EU
NEIN zur Revision des kant. Gemeindegesetzes
 
CHance21 Postfach 2408, 6002 Luzern
Verantwortlich:
Viktor Rüegg, Gross-Stadtrat
Wir danken für Unterstützung auf PC 60-75151-6 
 
 
Das nachfolgende Schreiben von Hanny Haidvogl erschien zunächst auf http://www.haidvogls-sperberauge.ch/
 
Sehr geehrte Partei- und Fraktionspräsidenten, Experten der Economie Suisse
 
Am 8. Februar stimmen wir über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit ab. Weil Sie zwei verschiedene Probleme in eine einzige Abstimmungsfrage verpackt haben, gibt es nun auch nur eine Antwort: Weiterführung der Personenfreizügigkeit: JA oder NEIN. In diese Grube haben Sie sich selbst manövriert.
 
Als Hauptargument für die Personenfreizügigkeit führen Sie an, dass die Wirtschaft auf Gedeih und Verderb von ausländischen Arbeitskräften aus der EU abhängt, weil die Wirtschaft nur dank der Personenfreizügigkeit genügend gute Fachkräfte rekrutieren kann.
Ich möchte hier nicht darauf eingehen, um welche Wirtschaft es sich da handelt. Aber mir sind folgende Fragen dazu eingefahren:
 
Seit dem 2. Weltkrieg hat sich einerseits die schweizerische Bevölkerung verdoppelt und andererseits wurde in allen Betrieben auf Teufel komm raus rationalisiert, so dass heute viel weniger Leute viel mehr produzieren bzw. leisten können. Folgerichtig sind die Löhne auch entsprechend gestiegen. Das war auch nötig, denn wie hätte man all die Produkte, die seither auf den Markt kamen, kaufen können. In der gleichen Zeit ist die ausländische Wohnbevölkerung auf rund ein Drittel angestiegen, dies obwohl vorher noch nie so viele Ausländer eingebürgert wurden.
 
Nun stelle ich mir diverse Fragen:
 
1. Warum sind wir nun plötzlich trotz Rezession auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. War die Wirtschaft bisher nicht fähig, die richtigen Leute zu rekrutieren und bildete der Staat in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft falsch aus? Die ausländische Bevölkerung produziert doch zur Genüge Nachwuchs.
 
2. Da gab es vor vielen Jahren einen Herrn Schwarzenbach, der fand, wir hätten zu viele Ausländer im Land. Als Folge hat die Schweiz zwar Arbeitsbewilligungen autonom restriktiver erteilt, konnte aber Ausländer stets autonom rekrutieren.  
 
3. Im Zuge der Finanzkrise und der Rezession nimmt die Arbeitslosigkeit zu - auch weltweit;  viele Betriebe müssen Kurzarbeit verordnen. Glauben Sie im Ernst, dass wir weiterhin an Mangel von Fachkräften leiden? Bis die Steuerzahler weltweit alle faulen Wertpapiere der Banken bezahlt haben, dürfte es noch einige Jahre dauern.
 
4. Wenn Ihre Argumente wahr sind, muss ich daraus schliessen, dass wir in der
Wirtschaft und der Politik mehrheitlich Flaschen haben, die nicht fähig sind, den richtigen Nachwuchs in den richtigen Berufen auszubilden. Dies kann man nicht der SVP anlasten, da diese nur ein Wählerpotential von rund einem Drittel stellt. Zwei Drittel gehören den »fähigen« Parteien an. Es ist wirklich peinlich, dass die Rezession Sie um Ihre Argumente für die Personenfreizügigkeit gebracht hat! 
 
Ich erwarte von Ihnen schlüssige Stellungnahmen. Dieser Brief wird auf verschiedenen Homepages publiziert, auch Ihre Stellungnahmen dazu, ebenso keine Antworten oder solche die nicht plausibel sind.  
Mit freundlichen Grüssen
Johanna Haidvogl, Gelterkinden, den 12. 1. 09
 
Als Ergänzung fügen wir noch einen kurzen Auszug aus einem mit Nationalrat Lukas Reimann geführten Gespräch an:

Die Medien stiften Verunsicherung, schüchtern das Volk ein und tolerieren keine sachlichen Diskussionen - schon gar nicht in der Arena. Die EU wird die bilateralen Verträge bei einem Nein zur Personenfreizügigkeit am 8. Februar 2009 nicht ersatzlos kündigen. Die Befürworter der Personenfreizügigkeit machen den Bürgern Angst, ohne sich selbst über die rechtlichen Grundlagen genau zu informieren. Journalisten stellen dumme Fragen, weil sie sich nicht mit dem Inhalt der Vorlage befassen. Es braucht einzelne Bürger, die jetzt Verantwortung übernehmen. Nur so können Kampagnen der Medien und der sogenannten »Wirtschaft« in die Knie gezwungen werden. Siehe http://geistige-landesverteidigung.ch/podcast/index.htm

Dem St. Galler Tagblatt vom 9. 1. 09 war folgendes zu entnehmen: »Mehrere EU-Länder, darunter unsere vier grossen Nachbarn, haben die Zugangsbeschränkung für Bulgarien
und Rumänien verlängert, und dies bis zum Jahresende 2011.« Bekannt ist im übrigen, dass die EU auf Grund der dort noch immer herrschenden Korruption vor kurzem Subventionen für Rumänien und Bulgarien gestrichen hat, da die Gelder vielfach in Kanälen verschwinden, für die sie nicht bestimmt waren.