Zum Thema IWF

US-Finanzminister Geithner und andere, schreibt Helga Zepp-LaRouche, wollen den IWF durch eine 500-Milliarden-Dollar-Geldspritze zu einer globalen Finanzdiktatur aufbauen. Es ist Zeit, daß sie endlich eingestehen, daß ihre Ideologie der Shareholder-Values komplett gescheitert ist [1].

Wenigstens einer hat es eingesehen und auch den Mut, es öffentlich zu sagen: Jack Welch, Ex-Chef von General Electric und einer der Väter des Shareholder-Value-Konzepts. Er kritisierte jetzt gegenüber der Financial Times seine eigene, von ihm 1981 in die Welt gesetzte Idee, daß kurzfristige Profite und Aktienkurssteigerungen das vorrangige Ziel für Manager sein sollten, mit den Worten: »Genau betrachtet, ist Shareholder-Value die blödeste Idee der Welt.« Man kann Herrn Welch für seine späte Einsicht und Ehrlichkeit nur gratulieren. Genau daran mangelt es aber den meisten anderen Verantwortlichen in Regierungen und Firmenvorständen. Noch das Treffen der G-20 vom 15. 11. 2008 wurde bombastisch als Gipfel angekündigt. Es war damals kaum zu glauben, welche Leute auf einmal von einem neuen Bretton Woods-System sprachen. Jetzt ist davon kaum mehr die Rede. Im Vorfeld des G-20-Gipfels am 2. April in London, bei dem es um neue Regeln für den Finanzsektor gehen soll, jagt ein Treffen das andere. Doch diese Gipfel werden von denselben Personen vorbereitet, deren Politik für die gegenwärtige Systemkrise verantwortlich ist. Und im Unterschied zu Herrn Welch stellen sie ihre bisherigen Axiome nicht in Frage! Die Vorschläge, die für das Treffen der Finanzminister der G-20 vom 14.3.09 in Horsham gemacht wurden, richten sich jedenfalls nicht gegen die der Krise zugrunde liegenden Ursachen. Der Vorschlag von US-Finanzminister Geithner, den IWF zu einer globalen Superbehörde auszubauen und ihn mit weiteren 500 Milliarden Dollar auszustatten, und die Staaten der G-20 zu verpflichten, für die nächsten zwei Jahre 2 % ihres BIP für weitere fiskalische Stimuluspakete auszugeben, stieß zwar nicht auf die Begeisterung der Berliner Regierung. Aber der Vorschlag von Gordon Brown für einen neuen Global Deal, bei dem Institutionen wie das durch und durch monetaristische Finanzstabilitätsforum, der IWF und die Weltbank gestärkt werden sollen, bedeuten den gleichen unausführbaren Plan einer globalen Austeritätsdiktatur. Auf der Tagesordnung war auch der Vorschlag, den IWF mit Sonderziehungsrechten zu versehen. Es geht dabei um nichts anderes als das sogenannte ›global quantitative easing‹, sprich: Gelddrucken auf globaler Ebene. Der IWF soll so in die Lage versetzt werden, nicht nur Pakistan, die Ukraine und die Türkei ›zu retten‹, sondern auch Island, Lettland, Ungarn, Österreich, bzw. die westlichen Banken, die sich in diesen Ländern verausgabt haben. Zusätzlich soll auf die Länder, die »umfangreiche Währungsreserven akkumuliert haben«, besonderer Druck ausgeübt werden, wie Le Figaro schrieb. Im Klartext: China, das sich um die Integrität seiner rund zwei Billionen an Währungsreserven sorgt, die vorwiegend aus amerikanischen Papieren bestehen, soll dazu gebracht werden, das marode Bankensystem und den Giftmüll der Banken zu unterstützen [ein Fakt, der auch in »Verarmung als Ziel?« auf http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1157 angesprochen ist].  

Diese Idee des IWF als globale Superbehörde ist monströs und das genaue Gegenteil eines neuen Bretton-Woods-Systems. Sie liefe statt dessen auf die Einführung der faschistischen Politik Hjalmar Schachts auf globaler Ebene hinaus, also auf die drakonische Kürzung des Lebensstandards der Bevölkerung. So, wie die schwedischen Gewerkschaften bereits einer freiwilligen Lohnkürzung von 20 % zugestimmt haben, akzeptierte Lettland die Kürzung der Gehälter der Staatsbeamten um 15 %. Die Folge waren Massendemonstrationen und der Sturz der Regierung. Ungarn stimmte zu, das 13. Monatsgehalt zu streichen, und der irische Ministerpräsident Cowen gab gegen den Widerstand der Gewerkschaften bei der Kürzung der öffentlichen Löhne um 7% nach. Das brachte immerhin 120.000 Menschen in Dublin auf die Strasse. Nirgendwo ist der Konflikt zwischen den Anhängern Schachtscher Politik und den Verteidigern des Gemeinwohls deutlicher als in Italien. Fast täglich weist Wirtschaftsminister Tremonti auf das Scheitern der Globalisierung hin und verteidigt u. a. das Recht souveräner Staaten auf Nahrungsmittelsicherheit. Jetzt beauftragte er 130 regionale Präfekte, dafür zu sorgen, daß die Banken eine ihnen vom Staat zur Verfügung gestellte Kapitalaufstockung auch an den Mittelstand und die Industrie weitergeben. Dabei bezog er sich auf den Artikel 47 der Verfassung, der Sparguthaben und Kredite schützt. Prompt fuhr ihm der Zentralbankchef und Vorsitzende des schon erwähnten Finanzstabilitätsforums, Draghi, in die Parade. Der anglophile Draghi verschickte sogleich ein Memorandum an die Banken, in dem er sie aufforderte, keine Daten preiszugeben.
 
Aber auch in der USA sind die Gegensätze offensichtlich. Finanzminister Geithner stellt ein uneingeschränktes Desaster dar. Dagegen hat Präsident Obama während des Besuchs von Gordon Brown in Washington gezeigt, daß er eher bereit ist, in die Fußstapfen Roosevelts als in die Trumans zu treten. Er überreichte Brown nicht nur einige DVDs mit den Filmen Psycho und ET als Gastgeschenk, sondern weigerte sich auch, bei einer extrem kurzen Pressekonferenz die britische Flagge aufzustellen. Kurz vor Browns Besuch hatte er eine Büste Churchills aus dem Weißen Haus zurückgegeben, die Bush dort als Leihgabe des britischen Botschafters aufgestellt hatte. Obama hat also durchaus einen Begriff von der Bedrohung, die das Britische Empire derzeit für die USA darstellt. Diverse Artikel in den britischen Medien beschuldigten darauf hin Michelle Obama, Lady Macbeth zu sein, die ihren Ehemann gegen die Britten aufhetze. Man war in London über all das not amused! Auch das Wall Street Journal als Hausorgan der amerikanischen Dependance des britischen Empires hat einen Feldzug gegen Obama begonnen. Der Ärger der Finanzoligarchie über das Potential Obamas, der immer häufiger Lincoln und Roosevelt zitiert, ist groß. Seine Gegner wie Rush Limbaugh, Held der Wall Street, sowie gewisser Republikaner, sind absolut unverantwortlich und bösartig. Das verraten dessen eigene Worte: Er wünschte Obama alles erdenklich Schlechte und daß er scheitern möge. Was er dabei übersieht: Sollte Obama scheitern, scheitern wir alle.
 
Zu den unverbesserlichen Betonköpfen, die nicht einsehen wollen, daß das neoliberale Paradigma für die jetzige Zusammenbruchskrise verantwortlich ist und unwiderruflich gescheitert ist, gehören die FAZ und die ehemalige kurzfristige Generaldirektorin des IWF, Anne Krüger. Die FAZ veröffentlichte am 13. März einen Artikel dieser Dame, der ein Lehrstück für den typischen Sophismus der Freihändler ist. Unter der Unterschrift Die zerstörerische Kraft des Protektionismus warnt Frau Krüger, wenn es jetzt zu protektionistischen Maßnahmen der verschiedenen Staaten käme, dann wäre das erst die wirkliche Gefahr für künftiges Wachstum. Die Argumente, die Frau Krüger anführt, sind selbstenthüllend. So führt sie China als Erfolgsmodell des Freihandels auf - und dies gerade jetzt, da das Scheitern der Politik des Outsourcing in Billigproduktionsländer nicht deutlicher sein könnte. Und ihre Milchmädchenrechnung über Stahlpreise in Kanada und der USA als Folge protektionistischer Maßnahmen verrät bestenfalls ihr lineares Denken innerhalb eines fiktiven geschlossenen Systems. Sie lügt ganz einfach darüber, welches die Vorteile des Aufbaus eines produktiven Binnenmarktes in der USA und Kanada durch eine moderne Infrastruktur wäre. Die flachen Argumente der Frau Krüger sind längst durch Friedrich List, Henry C. Carey oder den Wirtschaftsberater Bismarcks, Wilhelm von Kardoff, widerlegt. 

Regierungen handelten erst dann ehrlich, wenn sie dem Beispiel Jack Welchs folgten und zugäben, daß die Globalisierung und das neoliberale Paradigma der letzten 40 Jahre aus einem ganzen Sammelsurium von blödesten Ideen bestanden hat. Dazu müssen Shareholder Value, Outsourcing, Just in Time, Benchmarking, Derivatkredite, SIVs, Freihandel, Global Warming, nachhaltige Entwicklung, angemessene Technologie, Bevölkerungskontrolle, usw. gerechnet werden, um nur einige der angeblichen Wundermittel zu nennen. Die Einnahme dieses Medikamentenmixes ist für die heutige beispiellose Krise verantwortlich. Aus der Krise herauskommen werden wir nur, wenn wir dieses Gift falscher Ideen verwerfen und zu den Prinzipien der physischen Ökonomie in der Tradition von Leibniz, Hamilton, List, Carey, Roosevelt und LaRouche und dem Prinzip des Gemeinwohls zurückkehren. Wenn wir dies nicht sehr rasch tun, wird unsere Republik zugrunde gehen, wie bereits viele Staaten der Welt Opfer der Globalisierung geworden sind. Das gilt nicht nur für die Finanzpolitik: Die Greueltat von Winnenden hat in den letzten Tagen viele Menschen erschüttert. Aber seit spätestens 1972 liegen wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang von Gewalt in den Medien, der Wirkung von Killer-Videos und der realen Gewalt bei Jugendlichen vor. Zu viele Regierungen haben unter sträflicher Vernachlässigung des Gemeinwohls versäumt, sich zu wirksamen Maßnahmen zum Verbot dieser Dinge durchzuringen. Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinwohl war es auch, die die rotgrüne Regierung dazu veranlaßte, den Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften in Deutschland Tür und Tor zu öffnen. Noch ist es Zeit, ›blöde‹ Ideen durch vernünftige zu ersetzen. Aber dazu ist es nötig, wie der mexikanische Präsident Lopez Portillo bereits 1998 sagte, »daß die Welt jetzt auf die weisen Worte Lyndon LaRouches hört.«  Oder, wie der italienische Senator Oskar Peterlini es am 24. Februar in seiner Senatsrede formulierte: »Unsere Warnung und die Warnungen von Lyndon LaRouche  und seinen damaligen Mitstreitern in Italien wurden nicht befolgt... Hätte man auf uns gehört, hätte die Krise vermieden werden können.«

http://www.bueso.de/artikel/ehe-es-zu-spat-ist-weg-mit-blodesten-ideen-welt  14.3.09 »Ehe es zu spät ist: Weg mit den blödesten Ideen der Welt‹!« Von Helga Zepp-LaRouche