Rechtsanspruch auf Einbürgerung?! - von Patrick Freudiger, Stadtrat SVP

Die Einbürgerungen an der letzten Stadtratssitzung haben viele, teils kontroverse Reaktionen ausgelöst. Die SVP hat hier endlich etwas thematisiert, was die Bevölkerung schon lange beschäftigt. Sie hat sich nämlich erlaubt, zu den Einbürgerungen einige kritische Bemerkungen anzustellen, die sich aus fundiertem und genauem Aktenstudium ergaben. Bereits greift die politische Gegenseite wieder zur Moralkeule: Als "geschmacklos" wurde das Vorgehen der SVP bezeichnet.

Für Linke und Verbündete ist die Einbürgerung offenbar eine Frage des guten Geschmacks. Wie man mit einer solchen Haltung seine Aufsichtsfunktion als Stadtrat glaubwürdig  wahrnehmen kann, ist mir unklar. Die SVP jedenfalls macht bei solchen Spielchen nicht mit! Sie wird die Einbürgerungspraxis weiterhin kritisch überwachen. Dies ist insbesondere deshalb nötig, weil der Schweizer Pass nach wie vor begehrt ist und sich auch in Langenthal in den letzten Jahren die Zahl der Einbürgerungsgesuche stark erhöht hat.
 
Die SVP wird sich auch nicht auf die sehr eng gefassten gesetzlichen Kriterien einengen lassen. Vielmehr beurteilt die SVP einen Einbürgerungskandidaten auch aufgrund eines Gesamtbildes, bei dem unter anderem Sittlichkeit, Anstand und Korrektheit eine Rolle spielen. Denn wer einen Einbürgerungskandidaten nur aufgrund enger gesetzlicher Kriterien beurteilt, gesteht ihm im Endeffekt - wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind - einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung zu. Das verneint jedoch selbst das Bundesgericht. Auf eine Einbürgerung besteht nach Schweizerischer Auffassung kein Anspruch. Wer eingebürgert wird, wird Bestandteil unserer Wertegemeinschaft und beeinflusst als Wähler und Stimmbürger das politische Geschehen mit. Die Einbürgerung ist deshalb ein politischer, demokratischer Akt, ähnlich einer Wahl. Oder müssen Sie sich etwa dafür rechtfertigen, wen Sie als Parlamentarier wählen?
 
Der Stadtrat ist für die abschliessende Beurteilung einer Einbürgerung die geeignete Instanz. Nur das Damoklesschwert des Stadtrates als Aufsichtsbehörde garantiert eine sorgfältige Einbürgerungspraxis der Vorinstanzen. Wenn das Bundesgericht nun für einen ablehnenden Entscheid eine Begründung verlangt, so muss eben auch öffentlich über die Persönlichkeit der Einbürgerungskandidaten diskutiert werden. 

Anmerkung zum Artikel:
Die obige Stellungnahme erschien in gekürzter Form in der Berner Zeitung sowie im Langenthaler Tagblatt.  Sie bezieht sich auf die Verhältnisse in Langenthal, wo im Moment darüber diskutiert wird, ob die Einbürgerungskompetenz vom Parlament (Stadtrat) weg an die Exekutive (Gemeinderat) oder an eine Kommission delegiert werden soll. Deshalb wird der Stadtrat und nicht der Souverän selbst als geeignete Beurteilungsinstanz bezeichnet