Die Bilderberger-Konferenz 2005

D.A. - Was ist das "Empire"? Das sind die US-Regierung, die G-7-Staaten, die internationalen Institutionen: Weltbank, IWF, WTO, OECD, NATO, die zusammen mit den Finanzakteuren der Wall Street und den multinationalen Konzernen die weltweiten Prozesse der sogenannten Liberalisierung und Privatisierung steuern. Die an den Schalthebeln der Macht sitzenden Vertreter dieses Empires, zu dem natürlich auch die Mitglieder des Council on Foreign Relations, der Trilateralen Kommission und des European Round Table gehören, trafen auch in diesem Jahr mit Spitzen aus Wirtschaft, Politik und Banken an der Bilderberger-Konferenz, die vom 5. bis 8. Mai still und unauffällig in dem am Tegernsee gelegenen Hotel Dorint Sofitel in Rottach-Egern über die Bühne ging, zusammen.

Obwohl  die Medien, darunter The Economist, Le Figaro, Der Standard, Burda, The Washington Post, Time Inc., Torstar Media Group, Hürriyet, International Herald Tribune, The Fiancial Times, in gewohnter Stärke vertreten waren, war nicht festzustellen, dass die Presse auf die Zusammenkunft eingegangen wäre. Man fügt sich offenbar willig in das dieser auferlegte Schweigeverbot. Eine Ausnahme hinsichtlich der Ankündigung des Treffens machte die Financial Times [FT] London am 1.5.05. Nachdem Tony Gosling die Daten der Konferenz im Internet bekanntgegeben hatte 1, erschien in der FT ein Artikel über die Konferenz. Dieser war unkritisch und darauf ausgerichtet, von der Berichterstattung über das Treffen abzuhalten. Der Autor, D. Dombey, interviewte lediglich solche Teilnehmer, die die Konferenz als privat bezeichnen; deren globaler Einfluss und die diesbezüglich weltweit vorhandene Kritik werden ganz einfach ignoriert. Kein Wort darüber, dass die FT ihren unabhängig berichtenden  preisgekrönten Kolumnisten C. Gordon Tether 1976 wegen seiner Kritik an den Bilderbergern entliess, nachdem man ihn bereits 1974 wissen lassen hatte, dass es der Herausgeber allein sei, der darüber zu entscheiden habe, was in der FT erscheine und was nicht. Der Brite Tony Gosling war zusammen mit James P. Tucker von der American Free Press einer der ersten, der es sich zum Anliegen machte, über die Bilderberger zu berichten. Wie dicht die Presse hält, kann man auch daran ablesen, dass Matthias Nass, stellvertretender Herausgeber der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT,  der von 2000 an anwesend war, dort nichts darüber erscheinen liess. Die  Suche nach dem Begriff "Bilderberger-Konferenz" bei der ZEIT ergab lediglich den Vermerk "Keine Treffer". Es ist im übrigen auffallend, dass dieses Jahr extrem wenig in die Öffentlichkeit gesickert ist und die  Informationen im Internet dementsprechend spärlich sind.
 
Die Zusammensetzung des vorbereitenden Ausschusses der Konferenz ist wie folgt:  Josef Ackermann von der Deutschen Bank, Jorma Ollila von Nokia, Richard Perle, Vernon Jordan von Lazard Frères & Co., Jürgen Schrempp von DaimlerChrysler, Peter Sutherland von Goldman Sachs International, der noch amtierende Präsident der Weltbank, James Wolfensohn sowie Daniel Vasella von Novartis.
 
Wie es heisst, führte Henry Kissinger, der sich durch seine Verbrechen gegen das vietnamesische und chilenische Volk schwere Schuld aufgeladen hat, den Vorsitz bei der Eröffnungsdiskussion. Thema war die Bedeutung von  "Freiheit", ein Begriff, der, seitdem Bush in seiner Antrittsrede mit diesem so "grosszügig" umging, hinsichtlich eines auf dem US-Programm stehenden weltweiten Regimewechsels offenbar Spekulationen auslöste. Man darf durchaus davon ausgehen, dass die von den Bilderbergern konzipierte Freiheit sich auch  nicht in im geringsten mit der unsrigen deckt, schon gar nicht mit dem, was vermutlich ein Henry Kissinger darunter versteht, insofern man diesem überhaupt zutrauen kann, je gewillt gewesen zu sein, zu erkennen, was diese für die Völker bedeutet. Es scheint mir geradezu absurd,  nach den grotesken Lügen, die den Terroranschlag gegen den Irak ermöglichten, ein solches Thema aufzugreifen. Letztere hielten Bush natürlich keineswegs davon ab, anlässlich des zweiten Jahrestags des Beginns der Irakinvasion, also der fortdauernden Unfreiheit der Iraker,  die bislang erzielten Fortschritte zu würdigen. «Weil wir gehandelt haben, ist die irakische Regierung keine Bedrohung mehr für die Welt und das eigene Volk». Natürlich nicht, insofern man die Verwüstung und Besatzung eines Landes einer Befreiung gleichsetzt und unterschlägt, dass die Iraker den Aufbau ihres Diktators weitgehend der CIA und der USA verdanken, die diesen für die ihm von Washington im Krieg gegen den Iran zugewiesene Rolle missbrauchten. Bush unterschlägt natürlich auch, dass die vor kurzem im Irak erfolgten Wahlen weder fair noch demokratisch waren und die den Irakern aufgezwungene Marionettenregierung der anhaltenden Zerstörung des Landes durch die vorangetriebene Privatisierung Vorschub leistet. In einem Artikel zum Gedenken an den 11. September sagte Bush am 12.9.02: Das Grauen von damals hat eine neue Klarheit über Amerikas Rolle in der Welt geschaffen. Amerika müsse auf eine neue  Weltordnung  hinarbeiten, in der die Freiheit in vielen Ländern blühe. Er erklärte, dass eine Welt möglich sei, in der die grossen Mächte kooperieren, anstatt sich ständig auf Kriege vorzubereiten. Bis dahin, machte er jedoch deutlich, seien allerdings noch entscheidende Schlachten mit den Feinden der Freiheit zu schlagen. Wie die USA diese Schlachten durchzuführen gedenkt, dürfte das Grauen des 11.9. weit in den Schatten stellen. Thomas P.M. Barnett, Professor am U.S. Naval War College und seit September 2001 Berater von Rumsfeld, hat bereits offen 19 Länder für mögliche US-Interventionen genannt.
 
Der Bilderberger Tony Blair ist selbstredend gegen eine multipolare Welt. In einer Pressekonferenz in London im April 2003 meinte er, dass Europa nur als enger Verbündeter der USA mächtiger werden könne.  <Die Werte Europas und Amerikas sind die gleichen>. Die Mehrheit der Europäer  dürfte die Gleichsetzung der Werte mit denen der anglo-amerikanischen Weltmacht empört zurückweisen. Bereits zu Beginn des ersten Golfkriegs, im Februar 1991, der u.a. deswegen geführt wurde, weil Saddam Hussein nicht gewillt war, seine Ölquellen zu privatisieren, liess uns George Herbert Walker Bush, der Vater des heutigen Präsidenten, in seiner "State of the Union"-Ansprache wissen: "Dies ist eine grossartige Idee:  eine neue Weltordnung, in der verschiedene Nationen in gemeinsamer Sache zueinander gezogen werden, um die universellen Bestrebungen der Menschheit, Frieden und Gesetzgebung, zu verwirklichen. (...) Nur die Vereinigten Staaten haben beides, das moralische Stehvermögen und die Mittel, sie zu unterstützen." Das moralische Stehvermögen ist nichts anderes als ihre militärische Übermacht, die jeglicher Moral entbehrt. Diese neue Weltordnung, die von einer global anzuwendenden UNO-Gesetzgebung gestützt wird, zeichnete sich schon früh ab. Der von der Tagespresse mit Vorliebe verbrämte Winston Churchill sprach in der Londoner Royal Albert Hall am 14. 5. 1947 vom Endziel einer zu errichtenden autoritativen allmächtigen Weltordnung. Als einen hierfür unerlässlichen ersten Schritt betrachtete er die Bildung eines vereinten Europas. Dieser Schritt ist heute mittels der EU-Verfassung und der Abtretung zahlreicher Souveränitätsrechte der Mitgliedstaaten an die Zentrale in Brüssel vollzogen. Am 17. 2. 1950 sagte Paul Warburg  vor dem US-Senat: <Wir werden eine Weltregierung haben, ob Ihnen das gefällt oder nicht. Die einzige Frage ist die, ob eine solche durch Eroberung oder durch Einwilligung zustande kommt.>  Auf dieser Linie liegt selbstverständlich auch Henry Kissinger, wie aus seinen Worten zum NAFTA (North American Free Trade Agreement) der Los Angeles Times vom 18.7.93 hervorgeht: <Das, was der Kongress vor sich haben wird, ist kein konventionelles Handelsabkommen, sondern die Architektur eines neuen internationalen Systems (....), ein erster Schritt in Richtung einer neuen Weltordnung.>  Wolfgang Petritsch, der vormalige Protektor Bosniens, scheute sich nicht, die neue Weltordnung, die sich im UN-Protektorat Bosnien ankündigt, als "aufgeklärten Kolonialismus" zu bezeichnen.
         
US-Senator Ernest F. Hollings legte bereits letztes Jahr dar, dass die USA durch ihre Militäraktionen mehr Terror erzeugt als eliminiert. Da die Freiheit der US-Bürger durch den Patriot Act I und II bereits entschieden ausgehöhlt ist, denkt die US-Regierung jetzt offenbar darüber nach, Terrorverdächtige auch ohne ausreichende Beweise lebenslang in Haft zu nehmen, wofür bereits neue Gefängnisse geplant sind. "Da der Krieg gegen den Terror eine Langzeitanstrengung ist, ist es für uns sinnvoll, auch nach Lösungen für Langzeitprobleme zu suchen", wird der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Bryan Whitman, zitiert. Unter diesen Umständen ist von der Freiheitsdebatte eines Gremiums, in dem, wie anzunehmen ist, die "Bosse der Bosse", die obersten Instanzen der eingangs genannten Institutionen, die strategischen Entscheidungen an die anwesenden Politiker und Wirtschaftsführer weitergeben, für die nach echter Freiheit, nämlich nach der Befreiung von der Hegemonie der USA strebenden Nationen, nichts zu erwarten. Eine Geheimkonferenz in einer, wie uns ständig suggeriert wird, blühenden Demokratie, müsste endlich zu der Erkenntnis führen, dass diese lediglich eine Scheindemokratie ist. Es steht zu befürchten, dass bei der Bilderberger-Diskussion des Themas "Freiheit" selbst das in Frage gestellt wird, was uns im Rahmen der durchzusetzenden Agenda 21 und der geplanten neuen Weltordnung an Freiheit vorläufig noch zugebilligt wird.
 
Mit all dem scheint der deutsche Aussenminister Joschka Fischer völlig einverstanden, liess er sich doch in der International Herald Tribune vom 14.5.04 wie folgt vernehmen: "We need the United States; we need the moral leadership of the USA. Wir brauchen die USA, wir brauchen die moralische Führung der Vereinigten Staaten." Wie die Saat dieser Moral im Irak und in Afghanistan aussieht, berührt ihn offenbar nicht. Ansonsten bot er der US-Administration in seiner Rede in der Princeton University am 19. 11. 2003 eine ,,gleichberechtigte" Partnerschaft an, um den Kampf für eine neue Weltordnung gemeinsam zu gewinnen. Die neue Weltordnung werde internationale ,,Ordnungsverluste" beseitigen und eine ,,positive Globalisierung" durchsetzen. Dabei müssten sämtliche Mittel zur Anwendung  kommen, so dass kriegerische Gewaltaktionen ausdrücklich nicht ausgeschlossen sind. Vielmehr gelte es, die militärischen Fähigkeiten Europas zu stärken. Ich denke, dass hierzu kein Kommentar nötig ist. 2 Es wäre an der Zeit, dass diejenigen, welche die neue Weltordnung gerne so nachsichtig belächeln resp. sie mit Vorliebe als Verschwörung abtun, erkennen, dass es hier um nichts anderes als um eine in aller Unverfrorenheit öffentlich proklamierte Strategie geht, die die totale Unterwerfung vorsieht. Daher auch das Bestreben, nationalistische Tendenzen als ungut zu brandmarken und diese weltweit zu bekämpfen. Den Konzernen hingegen kann eine Weltregierung nur recht sein, erweitert diese doch ihre Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Politik.
 
Teilnehmer
 
Die Liste der Teilnehmer zeigt weitgehend die gleiche Zusammensetzung wie die Jahre zuvor; aus der Schweiz waren erneut BR Pascal Couchepin und Daniel Vasella eingetroffen.
 
Etienne B. Davignon, ehemaliger Vizepräsident der EU-Kommission und Vorsitzender von Suez-Tractebel, war zusammen mit dem CEO des Konzerns, Jean-Pierre Hansen, zugegen. Suez sah sich jüngst in Argentinien mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert. Die argentinische Regierung hatte sowohl Suez als auch der EDF (Electricité de France) diesen Januar Geldstrafen auferlegt, um Unterbrüche in der Versorgung zu sanktionieren. Ferner erging die Aufforderung, bedeutende Investitionen zu tätigen, was bei Nichteinhaltung zusätzliche Geldstrafen nach sich ziehen würde. Der argentinischen Filiale von Suez, Aguas Argentinas, der die Wasser- und Abwasserversorgung von Buenos Aires untersteht, droht der Entzug der Konzession. Bei seinem Besuch in Paris am 20.1.05 verteidigte Präsident Kirchner Chirac gegenüber die Interessen seines Landes und erklärte, dass die Konzerne ihre Versprechen einhalten müssten, d.h., angemessene Preise und die Versorgung zu gewährleisten hätten. Auf dem 3. Forum Europa-Lateinamerika hat Kirchner betont, dass die Haltung der industrialisierten Welt die Ungleichheiten und die Finanzkrisen in Südamerika verschärft habe. Er forderte von Europa eine neue Entwicklungsstrategie, was nicht im Interesse der Konzerne liegen dürfte, die nach Massgabe versuchen werden, ihre eigenen Strategien weiterzuführen. Von dem Geschäft mit dem Wasser erhofft sich Siemens in den nächsten Jahren einen kräftigen Zuwachs, was dessen CEO, Klaus Kleinfeld, jetzt in Rottach-Egern vermutlich nochmals deutlich machte. Die weltweite Kontrolle von Luft, Wasser und öffentlichem Gesundheitswesen war bereits Thema der Bilderberger-Konferenz 1996.
 
Bis jetzt hat sich das Europäische Parlament in Strassburg  mit knapper Mehrheit gegen die Liberalisierung des Wassersektors ausgesprochen. Nicht zu fassen ist, dass von den 45 deutschen CDU/CSU-Abgeordneten 40 und die der FDP geschlossen für eine Liberalisierung und damit für die Preisgabe der kommunal bestimmten Wasserversorgung gestimmt hatten. Im deutschen Bundestag sitzen die Befürworter einer Liberalisierung ebenfalls in den Reihen der CDU/CSU und FDP. Noch im April 2004 hiess es, dass die EU eine Liberalisierung des eigenen Marktes ablehne; sie hat aber unter der Hand mehr als 70 Länder dazu aufgefordert, ihre Wasserversorgung für Grosskonzerne zu öffnen. Man muss ferner wissen, dass anlässlich des "Weltwasserforums 2000" in Den Haag, wo laut Aussagen von Globalisierungskritikern die Weltbank und grosse Wasserkonzerne den Ton angaben, festgelegt wurde,  dass Wasser nicht länger ein "Menschenrecht", sondern eine "Handelsware" sein soll. Die endgültige Entscheidung wird der EU-Ministerrat fällen, was begreiflich machen sollte, dass der in der EU überstrapazierte Gebrauch des Ausdrucks Demokratie, also die Selbstbestimmung, eine weitgehend leere Worthülse ist, sofern man dies nicht als Belügen auslegen will.
 
Die Nordostwasserversorgung von Baden-Württemberg [NOW] forderte bereits 2004 von den Entscheidungsträgern in Berlin und Brüssel, die Wasserversorgung nicht preiszugeben und sie nicht den rein gewinnorientierten Grosskonzernen zu überlassen. Bei der Privatisierung wird bei den Kosten für Sanierung und Renovierung von Anlagen oft gespart, wenig investiert, die Wasserqualität verschlechtert sich, der Gewässerschutz wird vernachlässigt und die Wasserpreise steigen meist kräftig an. Die bisher demokratische Kontrolle über die Wasserversorgung würde verlorengehen und niemand weiss, wer dann die Macht über die kostbaren Wasserressourcen in die Hände bekäme. Die NOW befürchtet ausserdem, dass die wertvollen Entnahmerechte für Wasser meistbietend an kapitalkräftige Privatanleger versteigert werden könnten. [Medieninformation der NOW vom 21.5.04] Bei der Anwesenheit von Vertretern der CDU/CSU, Barrosos selbst und EU-Kommissaren in Rottach-Egern wird es massiven Widerstands bedürfen, um den zu vermutenden Einfluss der Konzerne zu kontern. 
 
Am Weltwasserforum in Genf wurden schwere Vorwürfe gegen Nestlé erhoben [Basler Zeitung 18.3.05]. Der Konzern wurde beschuldigt, den öffentlichen Zugang zum Wasser in Pakistan zu gefährden. Die Studie von Nils Rosemann legt folgendes offen: In der Region Lahore zum Beispiel gewinne die Nestlé-Fabrik Wasser aus einer unterirdischen Quelle und verursache dadurch eine Senkung des Grundwasserspiegels um mehrere Meter pro Jahr. Dadurch hätten Tausende von Menschen immer grössere Probleme, in ihren Brunnen Wasser zu finden. Millionen Liter «Pure Life» aus Lahore würden unter anderem an die US-Truppen in Afghanistan und im Irak geliefert. Der Schweizer Konzern nütze dabei die Tatsache aus, dass das pakistanische Gesetz keine Bestimmung zur Verwendung von unterirdischem Wasser enthalte. Nestlé kontrolliere in Pakistan über 50% des Marktes und produziere 35 Millionen Flaschen Wasser pro Jahr, aber lediglich 23% der 160 Millionen Pakistani hätten Zugang zu sauberem Trinkwasser, so Rosemann. Ein Pakistani verdiene im Durchschnitt zwei Franken pro Tag und eine Flasche Nestlé «Pure Life» koste fast 50 Rappen. Das abgefüllte Wasser sei damit für die meisten Menschen nicht erschwinglich. Nestlé-Sprecher Robin Tickle vom Unternehmenssitz in Vevey wies sämtliche Vorwürfe zurück. Eine Messung vom Februar habe keine Grundwassersenkung in der Region von Lahore festgestellt. Solche Messungen erfolgten regelmässig. Ausserdem existierten sehr wohl gesetzliche Bestimmungen in Pakistan zur Verwendung von unterirdischem Wasser. Und diese würden von Nestlé auch peinlich eingehalten; die Möglichkeiten würden vielmehr gar nicht voll ausgeschöpft, sagte Tickle auf Anfrage. Es steht also Aussage gegen Aussage. Zieht man jedoch in Erwägung, dass Pakistan ausserhalb der NATO der verlässlichste Verbündete der USA ist und seit Jahren durch den IWF, also durch die Steuergelder der Internationalen Gemeinschaft vor dem Bankrott bewahrt bleibt, kann ein solcher Zugang eines Konzerns zu Wasser nicht überraschen.

 Vandana Shiva aus Indien machte am GATS-Kongress 2003 in Köln folgende, leicht gekürzt wiedergegebene Aussage: "Der Staat Kerala ist einer der wasserreichsten Staaten der Welt, wo nie Wasserknappheit herrschte. Vor zwei Jahren jedoch kam der Coca-Cola-Konzern dorthin und durch einen geheimen Deal mit den regionalen Politikern begannen sie, das Grundwasser anzuzapfen, in Flaschen zu füllen und unter dem Markenamen Kinley zu verkaufen: bis zu 1,5 Millionen Liter Wasser täglich. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren begann der Grundwasserspiegel zu sinken. Jetzt gibt es in einem Radius von zwei Meilen keinen Tropfen Wasser mehr. Jeder Brunnen ist trocken, jede Zisterne ist leer, jeder Fluss ist ausgetrocknet." In Zeit-Fragen Nr. 31 vom 16.8.04 heisst es: In Indien, wo die Wasserversorgung des allergrössten Teils der Bevölkerung nicht durch ein ausgebautes Wasserleitungssystem der Kommunen, sondern weitgehend direkt durch die Flüsse gedeckt wird, ist der erste Fluss, der Sheonath in der Provinz Chattisgarh, privatisiert worden. Polizei auf Motorrädern fährt am Fluss auf und ab, um zu kontrollieren, dass niemand einen Eimer Wasser aus dem Fluss holt. Ein Kilometer von den Flussufern entfernt dürfen die Brunnen nicht mehr benutzt werden. In Bolivien durften im Zuge der Privatisierung ebenfalls die Brunnen nicht mehr genutzt und nicht einmal mehr Regenwasser gesammelt werden. Dort ist der Vertrag mit der die Wasserversorgung kontrollierenden Tochterfirma der französischen Lyonnaise des Eaux aufgelöst worden. Grund: Unzureichende Abdeckung der ärmeren Wohngebiete und zu hohe Preise. In Uruguay wurde die Privatisierung des Wassers im November 2004 abgelehnt. Zwei Jahre zuvor hatte der IWF Uruguay nur unter der Bedingung vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet, dass das Wassergeschäft dem Privatkapital erschlossen werde. Laut einer Verfassungsänderung kann Wasser nun als soziales Gut nicht länger zum Spielball kommerzieller Interessen werden. Die geschilderten Verhältnisse wären undenkbar, wäre die eigene Bevölkerung von ihrer Oberschicht, der sogenannten Elite, nicht völlig im Stich gelassen. Hierzu noch einige in Porto Alegre ausgesprochenen Worte Arundhati Roys: "Die globalen Konzerne wollen die Kommerzialisierung unserer Ernten, unseres Trinkwassers, unserer Atemluft und unserer Träume durchsetzen. Die Länder des Nordens, die die sogenannte zivilisierte Welt bilden, horten Massenvernichtungswaffen und führen ihre neuen Kriege im Rahmen des sogenannten Krieges gegen den Terrorismus. <Empire> bedeutet die obszöne Akkumulation von Macht, die permanent wachsende Distanz zwischen den Entscheidungsträgern und denen, die die Folgen der Entscheidungen tragen müssen." (Le Monde diplomatique, März 2003) Die Umweltorganisation Green Cross International, die ihre Kampagne für eine UNO-Wasserkonvention am 22.3.05, dem Weltwassertag, startete, hat sicher ihre Verdienste, aber solange Europa der "Konzern Europa" bleibt, wird man sie zwar gewähren lassen, aber sicherlich dafür Sorge tragen, dass sie nach Möglichkeit keinen Erfolg verbuchen kann.
 
Richard Perle, der als einer der profiliertesten Falken in Washington gilt und sich seit seiner Mitarbeit in der Reagan-Regierung gerne »Fürst der Finsternis« nennen lässt, war, wie in den zurückliegenden 3 Jahren, erneut anwesend. In seinem letzten Buch, "Wie man den Krieg gegen den Terror gewinnt", stellt er Frankreich auf die gleiche Ebene wie Saudiarabien (!). In einem mit Marie-Laure Germont in Washington geführten Gespräch, das in Le Figaro vom 16. 4. 05 erschien, bezeichnet Perle die zwischen der USA und Frankreich existierenden Probleme als durch die Regierung Chirac bedingt, räumt jetzt allerdings ein, dass die beiden Länder sicherlich nicht auf eine Stufe zu stellen seien, er hätte lediglich erklären wollen, inwiefern diese der USA Probleme bereiten. [Er lässt natürlich unerwähnt, dass die Probleme, die die Amerikaner in Saudiarabien haben, durch die USA selbst hausgemacht sind] Zu den Schwierigkeiten bereitenden Ländern zählt er die BRD und Russland, die der USA nicht nur beim Irakkrieg entgegentraten, sondern auch bei anderen bedeutenden Fragen wie die Klärung der Lage in Palästina oder die Planung der US-Beziehungen zum mittleren Osten. Für ihn besteht das Problem mit Frankreich darin, dass es sich gegenüber den extremistische Bewegungen alimentierenden Saudis sehr grosszügig gezeigt hat. Für ihn führt die Nachsicht gegenüber derartigen Regimes ohne Zweifel zu einer indirekten Unterstützung der Feinde der USA. Chirac, sagt er, versuche sowohl auf europäischer als auch globaler Ebene eine französische Identität zu entwickeln, die sich durch ihre Opposition zur USA negativ gestaltete; ebenso arbeite Chirac an einem Europa, das sich als Gegengewicht zur USA entwickelte. Laut Perle hat Europa bei einer  systematischen Konfrontation mit der USA nichts zu gewinnen. Eine solche betrachtet er als sinnlos, da sie letztlich auf eine Opposition hinausliefe, die für die gemeinsamen Ziele Europas und der USA im Prinzip schädlich sei. Das Ganze, so Perle, sei umso lächerlicher, <als unsere Absichten trotz unserer Uneinigkeit eine Gemeinsamkeit aufweisen und die transatlantischen Spannungen somit die Wirkung eines grossen Durcheinanders haben. (...) Dies insbesondere in einer neuen Weltordnung, welche die Straffung der Demokratien erfordert.> Was er unter Straffung versteht, legt er nicht näher dar, diese kann jedoch nichts anderes als die programmierte Einengung, sprich Verminderung unserer demokratischen Rechte bedeuten. Er fügt hinzu, dass er nichts gegen die Erweiterung und Einigung Europas habe, jedoch unter der Bedingung, dass Europa als Verbündeter und Partner und nicht als Feind agiere.
 
Damit wären wir in aller Offenheit wieder bei der neuen Weltordnung angekommen, die sich zu einer amerikanischen Obsession auszuweiten scheint. Auf die Frage, warum er sich für einen Beitritt der Türkei zu Europa ausspricht, meint er u.a., dass die Türkei heute eine weltliche Demokratie sei, laizistisch, sowie ein Ort, der für seine Bürger insgesamt eher tolerant ist. Die Debatte über die Türkei, die Europa erhitzt, decke eine der Schwächen Europas auf; diese bestehe darin, dass die harmonische Integration der Moslems in die europäische Gesellschaft ein Problem darstelle. Womit er den Nagel auf den Kopf trifft, zumal seine Sicht der Beschaffenheit des türkischen Staates hochgradig undifferenziert ist.
 
Perle ist dafür bekannt, dass er viele Jahre lang als graue Eminenz an der Kriegshetze im Hintergrund beteiligt war und mit dem neokonservativen Netzwerk zusammen seit Jahren auf den Krieg gegen den Irak hingearbeitet und diesen vehement befürwortet hatte. Doch seine masslose Gier, seinen politischen Einfluss auch in überhöhte Beraterhonorare und Schmiergelder umzusetzen, wurde ihm zum Verhängnis. Ende März 2003 war er gezwungen, wegen allzu übler Verquickung von Politik und Geschäft vom Vorsitz des Defense Policy Board, dem Beratergremium des Pentagons, zurückzutreten. David Frum, der Koautor seines Buches, hat den Begriff "Achse des Bösen" geprägt. Perle schreibt ferner, dass es ihm missfällt, dass die Tendenz, einen allgegenwärtigen Überwachungsstaat aufzubauen, in der USA auf zunehmende Kritik stösst. In Analogie zum Zweiten Weltkrieg müssten die islamischen Länder zunächst militärisch unterworfen und besetzt werden, damit dann eine kontrollierte »Demokratisierung« durchgeführt werden könne. Der Krieg gegen den Terrorismus sei die grösste Aufgabe der jetzigen Generation. Frankreich sei zum Gegner zu erklären und mit politischen und wirtschaftlichen Mitteln massiv zu bekämpfen. »Wir sollten die europäischen Regierungen zwingen, zwischen Paris und Washington zu wählen«. Die Annäherung Englands an Kontinentaleuropa ist zu verhindern, beispielsweise durch Sonderkonditionen für britische Waffenexporte in die USA und das Angebot einer engen Militärkooperation. Deutschland als Gegner nimmt Perle nicht ernst, weil er davon ausgeht, dass eine auf Schröder folgende CDU-Regierung zur strikten Unterordnung unter die Politik der USA zurückkehren wird, worin er sich kaum irren dürfte. Perles Vorschläge erstrecken sich auch auf die UNO. An diese ergeht die ultimative Aufforderung, ihre Charta so zu ändern, dass den USA vorbehaltlos jede Art von präventiver Kriegführung gestattet wird. Wird dies nicht akzeptiert, soll sich die USA vollständig aus der UNO zurückziehen. Man darf annehmen, dass jede Art der Demokratisierung, wie sie Perle resp. Bush planen, zugunsten der wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA erzwungen wird.
 
Bundeskanzler Schröder, der nicht auf der Teilnehmerliste figuriert, und sein Innenminister Schily waren ebenfalls eingetroffen. Schily, der sich das Schlagwort Terrorismus so recht ans Herz gelegt hat, dürfte mit Abstand der ideale Gesprächspartner in der Runde gewesen sein, was einige Auszüge aus seinem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2004 unschwer belegen. Wie Ulla Jelpke unter dem sinnigen Titel "Von Feinden umringt" in der Jungen Welt vom 18.5.05  schreibt, beschwor Schily bei der Vorstellung seines Berichtes die "Gefahr durch Islamisten", was zum alljährlichen Ritual gehört, denn wer eine Gefahr besonders drastisch ausmalt, versucht damit auch die schon beschlossenen "Otto-Kataloge", die Terrorismusbekämpfungsgesetze Schily I und II sowie weitere geplante Einschnitte in die Bürgerrechte zu legitimieren. Wie man erfährt, vergass Schily auch nicht, sich selbst zu loben. Die von ihm "durchgesetzten Gesetzesverschärfungen hätten Schlimmeres verhindert". Was, lässt er offen. Hierzu muss man wissen,  dass Schily die Junge Welt, die in der Regel darum bemüht ist, die "versiegelte" Hintergrundpolitk etwas zu durchleuchten, als linksextremistisch eingestuft hat. Generell werden Printmedien, die sich der Zensur entziehen, dem linksextremistischen Bereich zugeordnet. Wenn erst eine flächendeckende Überwachung steht und die "Sicherheit" die Freiheit sozusagen kassiert hat, wird erstere dem Rechtsstaat kaum mehr zuträglich sein. Objektiv gesehen ist die "Terrorlage" längst nicht so gross, wie uns die Politiker das glauben machen möchten. Der 11. 9. wird ganz einfach dazu benutzt, um vieles durchzusetzen, was zuvor abgelehnt wurde. Schilys Pläne, so scheint es, gehen von einem Generalverdacht gegen jeden Bürger aus, wie sonst wäre eine Telekommunikations-Überwachungsverordnung erforderlich. Der big brother dringt langsam überall ein. "Wir haben jetzt eine Rasterfahndungsbestimmung in unserem Polizeigesetz, die selbst die Polizei seinerzeit bei der Verabschiedung des Polizeigesetzes gar nicht für notwendig gehalten hatte", sagt Dr. Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. Grosskonzerne wie IBM, Hewlett Packard und Rank Xerox arbeiten an der Realisierung von miniaturisierten und miteinander kommunizierenden Mikrochips in Kleidung, Brillen, Haushaltsgeräten, anderen Einrichtungsgegenständen und dem menschlichen Körper, was bei genauerer Betrachtung das Instrument zur totalen Kontrolle werden kann. Seit vielen Jahren versuchen Politiker aller Parteien den Datenschutz einzuschränken und die staatliche Kontrolle zu steigern. Leistungsfähige Technik, riesige Datenbestände und die allgemeine Terrorismusangst machen heute das möglich, wovon die staatliche Neugier bisher nicht zu träumen wagte. Die Bürger akzeptieren laut aktuellen Umfragen fast jede Überwachungsmassnahme. Die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, das Ausspionieren der Flugreisenden und die Fingerabdruckpflicht für Ausweisdokumente führt zu keinerlei öffentlichen Proteststürmen. 4


Mathias Bröckers* verdanken wir einen in seinem Buch zum 11.9. festgehaltenen Ausschnitt aus dem Werk von Robert Shea und A. Wilson' [Kritische Konspirologen, 1975]: "Beim derzeitigen Stand werden die Illuminaten das amerikanische Volk innerhalb der nächsten paar Jahre unter eine strengere Aufsicht stellen, als es Hitler mit den Deutschen machte. Und das Schönste daran ist noch, dass die Mehrzahl der Amerikaner durch die von Illuminaten gedeckten Terroranschläge so weit in Angst versetzt sein werden, dass sie darum betteln werden, kontrolliert zu werden, wie der Masochist nach der Peitsche wimmert." Diese Aussage lässt sich durchaus als eine Insiderinformation werten, denn nichts, was in der grossen Politik über die Bühne geht, geschieht ohne Vorausplanung.
 
Anwesend war ferner der ehemalige israelische Minister Natan Sharansky. Er ist der Autor von Präsident Bushs derzeit bevorzugtem Buch über Demokratie. Hierzu schreibt  Marek Tysis 1: Wie der Israeli Barry Chamish glaubt, war Sharansky, der Held des Kalten Krieges, auf dessen Mut und Schriften sich Bush bezieht, nicht etwa ein früherer russischer Widerstandskämpfer, sondern in Wirklichkeit ein Informant des KGB. Ob Bush selbst kurz anwesend war, war nicht in Erfahrung zu bringen, es fällt jedoch auf, dass er wie letztes Jahr in Italien, auch dieses Jahr zum Zeitpunkt einer Bilderberger-Konferenz in Europa weilte. Das Hotel war im übrigen von CIA-Agenten geschützt, was speziell vertrauenserweckend ist, wenn man weiss, dass Porter Goss, der neue CIA-Direktor, erklärte, dass er sich stets die Möglichkeit offenhalte, auf tödliche Gewalt zurückzugreifen; es ist also damit zu rechnen, dass die CIA weiterhin ungestraft töten wird. Dies ist doppelt erschreckend ist, wenn man bedenkt, dass die Verdächtigung, ein Terrorist zu sein, heute extrem schnell ausgesprochen wird. 5  Für Tysis beinhalten alle bei einem Bilderbergertreffen getätigten Aussagen Verpflichtungen für die Europäer und Amerikaner. Für ihn ist die Konferenz der perfekte Schalthebel, um "Aufträge krimineller Elemente in Washington an den europäischen Feudalismus zu übermitteln, wozu auch die Regierung Blair gehört." 
 
Ein Portrait des ebenfalls erschienenen Chefs des Versicherungskonzerns Axa, Henri de Castries, der auch in 2002 anwesend war, erschien in der Neuen Zürcher Zeitung Nr.195 vom 23.8.04. Er wird als einer der wichtigsten Unternehmerchefs in Frankreich und damit als Mitglied der Elite und als von erfrischend unverblümter Art bezeichnet. Als besondere Katastrophe empfindet dieser die 35-Stunden-Woche. Sie sei ein wirtschaftlicher Unsinn, denn sie habe nicht nur die Arbeit verteuert, sondern auch die Arbeitsmentalität und die "Wertphilosophie" beeinträchtigt. Vor allem habe sie keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen, gleichzeitig aber Restrukturierungserfolge von Unternehmen wieder zunichte gemacht und zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins billigere und attraktivere Ausland beigetragen. De Castries weiss, wovon er spricht. Das Verwaltungszentrum im indischen Bangalore für das englischsprachige Geschäft von Axa wird dieses Jahr auf 3 000 Mitarbeiter ausgebaut, von denen ein jeder nicht nur 40% billiger, sondern auch 20% produktiver  ist.

Wenn die Sicht de Castries zuträfe, hätte Europa zu keiner Zeit den Aufschwung gehabt, der es einmal auszeichnete. In der Folge war es dann die zitierte "Wertephilosophie" der Industrie, die dazu beitrug, die Möglichkeit der  Beutezüge durch die Billiglohnländer zu eröffnen, die in die heutige Situation mündete. Die 35-Stundenwoche wäre durchaus tragbar, blieben die Arbeitsplätze im Land. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der bei den Bilderbergern versammelten "Elite" in etwa die gleiche Haltung einnimmt, sonst hätten wir andere Verhältnisse. Es überrascht, dass noch keiner den Vorschlag zur Rückkehr zum Taglöhnerdasein ausgesprochen hat.
 
Geladen war CDU-Chefin Angela Merkel, die zusammen mit zwei  CDU/CSU-Bundstagsabgeordneten eingetroffen war, mit Friedbert Pflüger und Matthias Wissmann. Aus welchem Grund erfahren wir nicht. Vielleicht als späte Anerkennung für ihre vehemente Unterstützung des Irakkriegs? "Egal was passiert, wir stehen an der Seite von Amerika!" war damals die Position von grossen Teilen der CDU, vor allen  Dingen aber die von Angela Merkel. Sie bekräftigte wiederholt, Deutschland solle sich im Falle eines Irakkriegs nach seinem Vermögen mit ABC-Spürpanzern, Awacs-Flugzeugen und Patriot-Raketen beteiligen. Gedanken, was solche Einsätze für die Iraker selbst bedeuten, pflegt man sich bekanntlich nicht zu machen. Am 23. 1. 2003 liess sie verlauten: "Niemals würde eine unionsgeführte Bundesregierung einen deutschen Alleingang machen." In der Bundestagsdebatte vom 14. 2. 2003 überbot sie sich auf einmalige Art und Weise, indem sie erklärte, Schröder hätte die Gefahr für einen Irak-Krieg erhöht, da er den Druck auf Saddam erniedrigt habe. Es ist daher nicht überraschend, dass Bush schon bei seiner Rede am 23. 5. 2002 im deutschen Bundestag, die insbesondere auch die Einstimmung der Deutschen auf die Teilnahme am Krieg zum Inhalt hatte und  bei der Bush etwa mit Blick auf den Irak nicht von harten Positionen abrückte und klarmachte, dass den  Feinden der Freiheit eine "starke Abfuhr erteilt werden müsse", stehende Ovationen erntete. Was veranlasst deutsche Bundestagsabgeordnete dazu, einer Einstellung Beifall  zu zollen, die eher einem kolonialistischen Konzept gleicht und nur dazu dient, Macht auf Kosten des Lebens anderer Menschen durchzusetzen?
 
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Sicher dürfte die Annahme der EU-Verfassung, die in Zukunft den offiziellen Rahmen für die zukünftige europäische Verteidigungsstreitkräfte bildet, zur Sprache gekommen sein. Deren "Vater", der Kissinger sehr nahestehende Bilderberger Valéry Giscard d?Estaing, erhielt für sein Werk am 29. Mai 2003 den Karlspreis. War dies vielleicht der Anstoss dafür, dass die Abstimmung der Franzosen auf das gleiche Datum fällt? Hierzu eine verkürzte Aussage von d'Estaing: "Wir dürfen träumen und den Traum von Europa vermitteln! Sollten wir scheitern, so würde jedes Land zu einer Logik des freien Warenverkehrs zurückkehren. Niemand von uns, nicht einmal die grössten Länder, hätte ein ausreichendes Gewicht gegenüber den Weltmächten. Wir würden alle isoliert dastehen, in trübsinnigem Grübeln über die Ursachen unseres Niedergangs und unserer Beherrschung durch andere..  ... Wenn die Aufgabe (die Verfassung zu verankern) gelingt, wird sie die Zukunft Europas in neuem Licht erstrahlen lassen." Angesichts der Militarisierung der EU und die von der USA für Europa konzipierte Strategie, die in Wahrheit nichts anderes als die zitierte Beherrschung durch andere darstellt, ist eher eine Finsternis zu erwarten. Man kann nur hoffen, dass sich dieser Traum nicht in einen Alptraum der Unfreiheit für die EU-Bürger entwickeln wird. Unter den wenigen ehrlichen Stimmen findet sich die von Jean-Claude Juncker, Ministerpräsident Luxemburgs, der sich von der Arbeitsweise des Konvents 'tief enttäuscht' zeigte. Er habe 'noch nie eine derartige Untransparenz, eine völlig undurchsichtige, sich dem demokratischen Wettbewerb der Ideen im Vorfeld der Formulierung entziehende Veranstaltung erlebt. Man habe den Konvent als grosse Demokratie-Show angekündigt, er habe jedoch noch keine dunklere Dunkelkammer gesehen als diesen.
 
Den angekündigten Niedergang sehe ich als Drohung. D'Estaing dürfte das eigentliche, im unverrückbaren Willen der USA liegende Ziel, Europa zum unverzichtbaren geopolitischen Brückenkopf auf dem eurasischen Kontinent zu machen,  kaum verkennen. Die EU hat bislang nicht viel mehr als die Vasallenrolle im US-Reich gespielt. Das Aufkommen einer dominierenden gegnerischen EU-Macht ist nicht erwünscht und die Bestrebungen der USA sind darauf ausgerichtet, eine solche nach Massgabe zu verhindern. Als Instrument zur Einbindung der EU unter die US-Herrschaft dient die NATO, die die Funktion hat, dem Einfluss der USA zum Durchbruch zu verhelfen und die EU-Länder zu zwingen,  ihren eingegangenen Verpflichtungen zur Kriegsführung nachzukommen. Das neue strategische Konzept der NATO, das 1999 unter dem Druck der USA zustande kam, legt im Artikel 24 bereits vorbereitend fest, dass die NATO nicht nur gegen Terrorakte einzusetzen ist, sondern auch dann, wenn lebensnotwendige Rohstoffe nicht mehr an den neuen Imperator, die USA, geliefert werden. Die Umsetzung dieses Ziels ist an der fortschreitenden Militarisierung der EU abzulesen. Jedenfalls ist anzunehmen, dass der NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer jetzt auf der Konferenz neue Instruktionen erhielt. Pepe Escobar meint hierzu in der Asia Times vom 10. 5. 05, dass die EU-Verfassung die gesetzliche  Bestätigung dafür ist, dass Europa ausserhalb der NATO und der Kontrolle der USA keine eigene Militärmacht zur Verteidigung haben kann.
 
Es wird ferner angenommen, dass auf dem Treffen in Erwägung gezogen wurde, wie ein Angriff auf den Iran im Licht des Ausgangs der englischen Wahlen durchgeführt werden könnte. So verlangt Washington gerade von der BRD eine härtere Gangart gegenüber dem Land. Es geht um die Vorherrschaft im Persischen Golf. Washington liess bereits mehrfach verlauten, dass es einen Angriff auf den Iran befürworte, dass sein Handlungsspielraum jedoch begrenzt sei, da andere Nationen nicht bereit seien, das Land unter Druck zu setzen. Marek Tysis deutet die triumphale Reise Bushs auf dem alten Kontinent und die Tatsache, dass Rumsfeld die Europäer im Februar dieses Jahres in Nizza dazu bringen konnte, die Ausbildung Tausender neuer irakischer Polizisten zu finanzieren und die NATO-Truppen erneut in Afghanistan einzusetzen, dahingehend, dass die  massgebenden europäischen Politiker Europas ihre "Opposition" gegen die USA lediglich vorgeben (American Free Press, 15.2.05). Die von Frankreich zu eröffnenden Polizeischulen in Qatar und Frankreich kosten den französischen Steuerzahler allein ca. 15 Millionen Euro. Ein eklatanter Widerspruch zu der Aufforderung an die Franzosen, in Zukunft den Pfingstmontag zu opfern, um durch diese zusätzlichen Arbeitsstunden mehr Geld in die Kassen zu spülen. Weitere Länder werden sich an dem Trust zur Finanzierung des Aufenthalts irakischer Armeeangehöriger in den Militärschulen der NATO beteiligen. Wie de Hoop Scheffer mitteilte, beabsichtigt die Allianz, jährlich etwa 1 000 irakische Instrukteure auszubilden, selbstverständlich auf unsere Kosten. Wir werden trotz unserer nie mehr abzubauenden Verschuldung kontinuierlich "ausgebeutet", obwohl die steuerbefreiten Stiftungen dieser Welt über Milliarden verfügen, die für diese Aufgaben eingesetzt werden könnten.
 
Die Verteidigungsminister kamen überein, die Aktivitäten der ISAF-Truppe, die sich derzeit auf Kabul und den Norden des Landes beschränkt, dank zusätzlicher 500 Soldaten aus Spanien, Italien und Litauen auf den Osten auszudehnen, was eine Erhöhung  auf  8 900 Mann ergibt. Ferner werden Waffen und Ausrüstungen für die neue irakische Armee geliefert. Schon Mitte Dezember 2004 drang die USA nicht nur auf eine grössere Rolle der NATO in Afghanistan, sondern verlangte von all ihren NATO-Bündnispartnern bis Anfang 2005 Pläne zur Übernahme  a l l e r  militärischer Operationen.
 
Wenn Europa seinen politischen Anspruch geltend machen wolle, so BRD-Verteidigungsminister Struck, müssten die militärischen Fähigkeiten, bei denen noch etwelche Lücken bestünden, ausgebaut werden. Die Finanzierung der  Kriegsfolgekosten, der "Friedenstruppen", der Waffengeschäfte, usw., ist für die EU keine Frage. All diese "Händel" werden über den Kopf des Bürgers hinweg entschieden. Für diesen sind dagegen harte Reformen, Einschränkungen, Entsagungen sowie im Rahmen der Steuerentlastung für die Unternehmen gegebenenfalls eine erhöhte Mehrwertsteuer programmiert. Es wäre durchaus nicht abwegig, eine grössere Anzahl der sich selbst so grosszügig versorgenden Parlamentarier in die Billiglohnländer auszulagern, wo sie uns nicht nur einen Bruchteil ihrer Gehälter kosten würden, sondern dort auch einmal mit der Wirklichkeit konfrontiert wären, die sie in meinen Augen in ihrem eigenen Land gar nicht wahrnehmen wollen.
 
Mit welcher Unverfrorenheit vorgegangen wird, belegt eine Aussage de Hoop Scheffers, der sich im Juli 2004 von der Schweiz ein grösseres Engagement in Afghanistan erhoffte. Denn die Aufgabe der NATO bestehe auch  darin, ihre Werte zu verteidigen. Die Wiederaufbauteams sind seiner Ansicht nach als Kombination von ziviler und militärischer Zusammenarbeit auch für Staaten ohne NATO- Mitgliedschaft ein interessantes Konzept. Damit hätte die USA für meine Begriffe allseits grünes Licht, nach Belieben jeden Staat zusammenzubomben, in der Gewissheit, dass wir, von unseren Regierungen preisgegeben, die Rolle der Zahlstelle erfüllen. Allein schon dies betrachte ich als ein Indiz für eine sich schleichend etablierende Weltregierung. Hier noch von Werten zu sprechen, ist glatter Hohn.
 
Mit Blick auf die Ukraine erinnert Marek Tysis daran, dass deren vielgepriesene neue  Demokratie ihre Entstehung vor allem der Soros Foundation, dem vom ehemaligen CIA-Direktor Woolsey geleiteten Freedom House sowie dem mit der CIA verbundenen National Endowment for Democracy  und den von diesen dorthin geleiteten Geldströmen verdankt, ein Umstand, dessen Einzelheiten die Tagespresse nur ungern erwähnt. Der gelungene Coup brachte Juschtschenko natürlich einen warmen Empfang beim diesjährigen WEF in Davos. Früher, so Tysis, sah die ukrainische Plutokratie wie ein Mafiamob aus, heute trüge sie das Gesicht eines westlichen Mobs.
 
Solange die Einflussnahme der Konzerne auf die Politik unvermindert stark bleibt, die wahren Entscheidungen auf undemokratische Weise in den eingangs erwähnten Gremien fallen und Parlamentarier ganz offenbar nicht begreifen wollen, was mit der Privatisierung und einer EU-Verfassung auf dem Spiel steht, sind Debatten generell nur noch als ein uns vorgeführtes armseliges Manöver zu betrachten. Die "Globalisierung von oben" bedeutet die absolute Freiheit der multinationalen Konzerne, in allen Ländern der Welt zu tun, was sie wollen. Für diese schuften in weltweit über 800 Freihandelszonen Millionen von Menschen, vor allem Frauen, unter zum Teil unbeschreiblichen Arbeitsbedingungen. Nichts deutet darauf hin, dass dies die Verantwortlichen aufrütteln würde. Sicherlich spielt der Faktor der wachsenden Überbevölkerung eine nicht zu unterschätzende Rolle, da eine Überzahl an Arbeitskräften und das Fehlen von Gegenmassnahmen auf politischer Ebene der Industrie die Möglichkeit in die Hände spielt, ihre Konditionen zu diktieren. Was die Allparteienkoalition der BRD betrifft, so sagt auch Oskar Lafontaine, ehemaliger Vorsitzender der SPD,  in einem Gespräch mit der Weiler Zeitung vom 20. Mai, dass dieser die Politik von den Wirtschaftsverbänden vorgegeben werde. Die bisherige Politik habe den "Heuschreckenschwärmen" vor allem durch Steuerfreistellung der Beteiligungsveräusserungen und Zulassung der Hedge-Funds in 2004 den roten Teppich ausgerollt.. Bereits 1996 erklärte Prof. Martin Baethge vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen, "dass die Erpressbarkeit der Politik deutlich grösser geworden sei und dass es sehr gute Daten dafür gäbe, dass das Hauptmass der Produktionsverlagerung gar nicht kosten-, sondern marktbedingt sei. Was die Arbeitsplatzverlegung ins Ausland beträfe, so läge hier fraglos ein schwer kalkulierbares  Erpressungspotential der zunehmenden Globalisierung". Mit der Annahme der EU-Verfassung soll nun die neoliberale Wirtschaftspolitik Verfassungsrang erhalten und mit den ebenfalls geplanten Bolkestein-Richtlinien im Binnenmarkt setzt die EU-Kommission auf eine vollständige Deregulierung der gesamten Dienstleitungswirtschaft, was durchaus das Ende unserer sozialen Errungenschaften bedeuten könnte.
 
Ich lasse abschliessend Hans Jürgen Krymanski, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Münster, zu Wort kommen:  "In genau diesem Sinn hat sich ein bestimmtes Zusammenspiel von privatem Reichtum mit 'Direktoraten' aus Konzernwelt, Politik, Militär, Kultur usw., heute zu einem schwarzen Loch, zu einem Gravitationszentrum der Macht verdichtet, das die Institutionen der Demokratie und die checks and balances der Zivilgesellschaft nicht nur in der USA mit unheimlicher Gewalt aufzusaugen droht. Die korrumpierten Nationalisten um Bush und ihre Kumpane in Europa sowie weltweit sind auf einem Entwicklungsweg, der, um mit Al Pacino zu reden, an den des Arturo Ui erinnert. Nur: Die Übertölpelungsversuche sind nicht mehr auf eine einzige Stadt wie Chicago oder München oder gar auf ein einzelnes Land gerichtet. Sie beziehen sich auf den globalen Raum insgesamt und letztlich auf die Weltgeschichte." 
 
Was muss noch geschehen, bevor der Bürger begreift, dass er die Politiker direkt konfrontieren muss, um sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen?
 
 
1  http://www.americanfreepress.net/html/bilderberg_found_.html
   Diese website enthält auch das Teilnehmerverzeichnis
 
http://www.german-foreign-policy.com/de/news/article/1069375556.php
 
3  http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,333324,00.html
 
http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,333328,00.html  28.12.04
 
http://www.reseauvoltaire.net/flagrant-delit.html   5 avril 05
 
* Mathias Bröckers "Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die
   Geheimnisse des 11.9.", Verlag Zweitausendeins, ISBN 3-86150-456-1