In die Sicherheit der Schweiz investieren - Von Bundesrat Ueli Maurer

Sicherheit gibt es nicht umsonst. Sicherheit kostet. Mit unserer Armee stehen wir heute an einem Scheideweg: Es geht darum,

ob unsere Mitbürger, die unsere Sicherheit gewährleisten sollen, auch die Mittel bekommen, die sie für ihren Auftrag brauchen. Es gilt, die Konsequenzen zu bedenken. Wer nicht bereit ist, für die Ausrüstung die erforderlichen Mittel zu sprechen, der spielt mit dem Leben unserer jungen Frauen und Männer, die Militärdienst leisten.
 
Sicherheit kostet. Dieses Bewusstsein ist in den letzten Jahren verloren gegangen. Mit dem gefällten Entscheid zum TTE sind wir in der Realität angelangt, die viel zu lange verdrängt wurde. Darin liegt seine Bedeutung. Einerseits hat die Armee in den vergangenen Jahren grosse Sparleistungen erbringen müssen. Wenn man irgendwo von einer schmerzhaften Sparschraube sprechen kann, dann sicher bei der Armee. Die vermeintliche Friedensgewissheit nach dem Fall der Berliner Mauer liess viele glauben, Sicherheit sei ein Naturzustand und deshalb umsonst zu haben. Es fehlte das Bewusstsein, dass Sicherheit immer auch Anstrengung, Aufwand und Ausgaben bedeutet.
 
Andererseits hatten auch in der Armee Einzelne etwas gar ehrgeizige Ambitionen gehegt. Bildlich gesprochen: Sie wollten bei den ganz Grossen mitmarschieren und haben dabei einen viel zu schweren Tornister geschultert. Man orientierte sich an der NATO. Dementsprechend wurde vieles für viel Geld umgestellt; vieles wurde angeschafft, was für die Milizarmee eines Kleinstaates zu teuer ist. Auch da war das Kostenbewusstsein verloren gegangen. Wir leiden heute unter den Folgen dieser Illusion, Sicherheit sei gratis, und unter den Folgen des Wunsches, so zu sein wie die grossen Armeen. Illusionen waren für einige Jahre stärker als der Sinn für die Realität. Aber diese Realität hat uns jetzt eingeholt.
 
Wieviel Sicherheit wollen wir?
Nach der Euphorie kommt nun die Nüchternheit zurück. Aber wir sind daran, wieder mit klarem Kopf und ungetrübtem Blich die Fakten zu analysieren. Ein erster Schritt war der Sicherheitspolitische Bericht. Ein weiterer die Verschiebung der Flugzeugbeschaffung. Und der nächste Schritt ist nun der Armeebericht. Alle diese Schritte machen wir auf dem Weg zu einer Armee, in der wir Bürger für die Sicherheit unseres Landes sorgen. Und genau darum geht es.
 
Das Geld, das uns die Armee kostet, ist eine Investition; eine Investition in die Sicherheit und damit in die Zukunft unserer Schweiz. Wenn wir Waffen beschaffen, dann beschaffen wir damit Instrumente, um den Frieden zu wahren. Wenn wir Soldaten ausbilden, dann bilden wir sie zu Garanten unserer Sicherheit aus. Das alles kostet. Aber auf die Dauer zahlt es sich aus. Wir müssen deshalb jetzt die wichtige Frage beantworten: Wieviel Sicherheit wollen wir. Ich betone: wollen. Denn es ist nichts anderes als eine Willensfrage. Es ist ja nicht so, dass wir kein Geld mehr hätten. Vielmehr haben wir zu entscheiden, wofür wir es ausgeben. Die Verteidigungsausgaben betragen nur gut 8 % der Bundesausgaben, vor zwanzig Jahren waren es noch über 18%. Die Schweiz gehört bei den Verteidigungsausgaben nun schon zu den Schlusslichtern in Europa. Im Gegensatz zu andern Staaten vernachlässigen wir also die Investitionen im Bereich Sicherheit. Das heisst genau dort, wo wir heute die Grundlage für den Wohlstand von morgen schaffen. Denn Sicherheit ist für die Stabilität in Wirtschaft und Gesellschaft unabdingbar. Und Stabilität ist Voraussetzung für Wohlstand.
 
Konsequenzen bedenken
Bedenklich ist, dass wir in einem Ernstfall unsere Soldaten mit zu wenig und veraltetem Material und mit veralteten Waffen in den Einsatz schicken müssten. Es geht nicht nur um die Zahlen in der Buchhaltung. Es geht darum, wie sich die Schweiz auf die Zukunft einstellt. Es geht um die Grundlagen der Sicherheit und des Wohlstands. Und vor allem geht es auch um Menschenleben. Wer unseren Soldaten die bestmögliche Ausrüstung verweigert, der trägt letztlich die Verantwortung für unnötige Opfer.
 
Ich sage es nochmals: Wir stehen hier vor wichtigen und folgenschweren Entscheidungen. Wer nicht bereit ist, für die Ausrüstung die erforderlichen Mittel zu sprechen, der spielt mit dem Leben unserer jungen Frauen und Männer, die Militärdienst leisten. [1]
 
Anmerkung: »Der einzige Glücksfall in unserem Bundesratsseptett«, schreibt Rolando Burkhard, »ist Ueli Maurer, der seine Sache bisher ausgezeichnet gemacht hat. Ausgerechnet dieser so knapp gewählte Bundesrat, dem seine Gegner wenig zutrauten und a priori unkollegiales Verhalten unterstellten, ist derzeit unser einziger Hoffnungsträger in der Landesregierung. Als Sanierer des von seinem Vorgänger in chaotischem Zustand hinterlassenen VBS und gezwungenermassen als kollegialer Mitträger bundesrätlicher Mehrheits-Fehlentscheide wird er es als einziger SVP-Vertreter weiterhin nicht leicht haben. Wir wünschen ihm in seinem Wirken viel Mut und Erfolg.« [2]
 
 
1 Quelle: Erschienen in SVP-Klartext, Ausgabe vom September 2010
2 Quelle: DIE IDEE, Ausgabe 3/2010 Auszug aus Pech! von Dr. rer. publ. HSG Rolando Burkhard, Bern