Unsere Welt - Landkauf in Afrika

Ein Bericht des «Oakland Institute» prangert westliche Finanzkreise an - Ausländische Investoren haben im Jahr 2009 60 Millionen Hektar Land in Afrika aufgekauft. Hedgefonds und Pensionskassenfonds sind mitverantwortlich für die Volatilität der Preise für die Grundnahrungsmittel, und zwar nicht durch massive Eingriffe auf den Finanzmärkten, sondern durch den Kauf und die Pacht von riesigen Landflächen in Afrika. Dies ist das Ergebnis eines Berichts, der am 8. Juni publiziert wurde und im Rahmen einer ausgedehnten Untersuchung über in Afrika realisierte Investitionen ausgearbeitet wurde.

Frederic Mousseau, politischer Direktor des Oakland Institute in Kalifornien, erklärte anlässlich der Veröffentlichung des Berichts mit dem Titel «Understanding Land Investment Deals in Africa», dass 2009 nicht weniger als 60 Millionen Hektar Land in ausländische Hände gelangt seien, was etwa der Fläche Frankreichs entspricht. In den Jahren zuvor waren es im Durchschnitt weniger als 4 Millionen Hektar pro Jahr. Auch wenn zahlreiche indische und chinesische Firmen einen Teil dieser Landflächen erstanden haben, so sind es doch westliche Konzerne, reiche amerikanische und europäische Privatpersonen und Investitionsfonds mit Verbindungen zu den grossen Banken wie JP Morgan und Goldman Sachs, die den Grossteil dieser Böden aufgekauft haben. Im Bericht wird auch angeführt, dass grosse amerikanische Universitäten wie Harvard, Spelman oder Vanderbilt ihre Gelder im englischen Investitionsfonds Emergent plaziert haben und Besitzer eines Teils dieser Ländereien seien. Frederic Mousseau hielt auch fest, dass «die Verhandlungen mit den Staaten meist im völligen Dunkel stattfinden, zum grossen Nachteil von Millionen von Kleinbauern, die von ihrem angestammten Grund und Boden vertrieben werden- dies auf Kosten der Umwelt und der politischen Stabilität des Landes». Die neuen Besitzer ersetzen die traditionellen Kulturen durch industriellen Anbau, vor allem zur Produktion von Biotreibstoffen und Schnittblumen. Indem sie das Angebot reduzieren, haben sie einen direkten Einfluss auf die weltweite Nahrungsmittelproduktion und auf deren Preise. «Die gleichen Finanzunternehmungen, die auf Grund der amerikanischen Immobilienkrise und gefährlicher und undurchsichtiger Finanztransaktionen eine weltweite Rezession ausgelöst haben, beeinflussen mit einem ähnlichen Vorgehen die weltweite Nahrungsmittelproduktion», ergänzt Frederic Mousseau.

 

Wie solche skandalösen Transaktionen abgewickelt werden, berichtete Anuradha Mittal, Direktor des Oakland Institute: «Ein Investor erzählte, dass es sehr leicht sei, zu Land zu kommen, manchmal genüge eine Flasche Johnny Walker und das Versprechen der Schaffung von Arbeitsplätzen und positiven Entwicklungen, um mit einem Stammesführer ins Geschäft zu kommen. Diese Versprechen würden aber kaum je gehalten.» In dem Bericht werden auch Einzelheiten über zahlreiche Länder, namentlich Äthiopien, Mali, Sierra Leone, Mosambik, Tansania und Sudan aufgeführt. Oft werden die Landflächen für lange Zeiträume verpachtet, die bis 99 Jahre betragen können. Manchmal sind sie gratis wie in Mali oder sehr günstig. In Sierra Leone kostet ein Hektar 2 $ pro Jahr, in Äthiopien 6,75 $. In Brasilien oder Argentinien hingegen sind die Pachtkosten 5000 bis 6000 Dollar pro Hektar. [1]

 

Nun hat sich der tschechische Präsident Vaclav Klaus, ein bekannter Euroskeptiker, in einem Gastkommentar für die deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt vom 7. 2. 11 erneut gegen die globale Klimakabale gewendet: »Insbesondere der heutige ganz irrationale Kampf gegen die angebliche Aufheizung der Erdatmosphäre hat die europäischen Effizienzprobleme noch verstärkt. Ich würde sogar so weit gehen, dem für seine Klimapolitik weltweit gefeierten Al Gore und seinen Anhängern eine Mitverantwortung für die jüngsten Entwicklungen in Tunesien und Ägypten zu geben. Dort wird nicht nur für die Demokratie demonstriert, sondern auch gegen zu stark gestiegene Lebensmittelpreise. Und das liegt auch an der neuen Klimapolitik, die die Handschrift von Al Gore trägt. Wenn die Felder weltweit immer häufiger für Biotreibstoffe und nicht für Lebensmittel verwendet werden, dann hat das seine Folgen. Und die EU hat diesen falschen Umweltgedanken unkritisch aufgenommen.« Zwei Tage später veröffentlichte das US-Landwirtschaftsministerium neue Zahlen, die klar belegen, dass Biotreibstoffe eine von zwei Hauptursachen der akuten Welternährungskrise sind - die andere ist die Spekulation mit Nahrungsmitteln und anderen Rohstoffen.

 

Nach dem jetzigen Stand wird ein Rekordanteil von 40 % der nächsten US-Maisernte der Ethanolherstellung dienen. Die Unmoral der Biotreibstoffe zeigt sich bei Mais besonders deutlich, aber bei Weizen, Reis, Zucker und anderen Grundnahrungsmitteln ist das Bild ähnlich schlecht. Nationen und Grossverbraucher (so Viehzüchter und Lebensmittelindustrie) versuchen inmitten der allgemeinen Spekulation und Knappheit dringend an Getreide, Zucker und andere Lebensmittel heranzukommen. In der USA, auf die 30 % der Weltmaiserzeugung entfallen, werden die Lager zum Ende des Maishandelsjahres am 31. 8. 11 fast leer sein. Der Anteil der Reserven gegenüber dem Verbrauch wird damit bei 5 % liegen, während sonst über 13 % üblich sind. Die massenmörderischen Folgen der Klimapolitik, die wir in Strategic Alert immer wieder angeprangert haben, lassen sich nicht länger ignorieren.

 

Umso grotesker war der Auftritt von Prinz Charles vor Europaparlamentariern in Brüssel am 7. 2. 11, wo er Kritikern der mörderischen Klimaschutzpolitik vorwarf, sie betrieben ein verantwortungsloses Roulettespiel mit dem künftigen Erbe derer, die nach uns kommen und unterhöhlten die öffentliche Meinung. [2]

 

Die jüngsten Zahlen bezüglich der von chronischem Hunger betroffenen Menschen sind alarmierend: sie nähern sich einer Milliarde. Das letzte Mal wurde diese Grenze bei der Hungerkrise 2007/2008 erreicht. Die Preise für Getreide, vor allem für Mais, Soja und Weizen sind teilweise bereits über dem Niveau dieser Jahre. Damals hatte dies in verschiedenen Entwicklungsländern blutige Hungerrevolten zur Folge. Auch die aktuellen Unruhen im arabischen Raum sind teilweise auf rasch gestiegene Lebensmittelpreise zurückzuführen. Die Basler Zeitung [3] nennt für diese Entwicklung die nachfolgenden Gründe: In Schwellenländern wie China, aber auch Brasilien, ist die Wirtschaft schneller gewachsen als erwartet, so dass die Menschen besser essen wollen, vor allem mehr Fleisch. Die Getreideproduktion stagniert: so ist beispielsweise in Asien in den letzten Jahren kaum mehr Reis geerntet worden. Nahrungsmittel werden zunehmend als Treibstoffersatz missbraucht. Die Menge Mais, die in der USA für Ethanol verwendet wird, könnte rund 240 Millionen Menschen ernähren. Europa seinerseits importiert massenhaft Palmöl, das für Biodiesel gebraucht wird. Rekordernten in den 80er und 90er Jahren hatten darüber hinaus dazu geführt, dass viel zu wenig in die Modernisierung und in die landwirtschaftliche Forschung investiert wurde.  

 

Es gibt verschiedene Massnahmen, so die Basler Zeitung ferner, die zu einer Linderung der Krise beitragen könnten. Kurzfristig wäre ein Mechanismus sinnvoll, der dafür sorgt, dass bei sich anbahnenden Preisexplosionen wertvolles Getreide nicht mehr für Biotreibstoff verwendet werden darf. Gleichzeitig muss die Wertschöpfungskette der Landwirtschaft auf allen Stufen verbessert werden. In Afrika, aber auch z.B. in der Ukraine, wird pro Hektar Ackerboden immer noch ein Vielfaches weniger geerntet als in der USA oder in Westeuropa. Die Forcierung der industriellen Landwirtschaft ist keine gute Idee, es müssten vielmehr die Kleinbauern  gefördert werden. Erstere Form der Landwirtschaft hat dazu geführt, dass heute rund 40 % des fruchtbaren Ackerlandes zum Teil schwer beschädigt sind. Die St. Galler Ökonomin Linda Karrer führt hierzu aus: »Nicht die Agrokonzerne, sondern die Kleinbauern müssen gefördert werden. Die Regierungen der armen Länder müssen die Bedeutung der Landwirtschaft für ihre  Entwicklung erkennen und die Kleinbauern konsequent unterstützen«, so Karrer. [3]

 

 

 

1 http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=273  Zeit-Fragen  Nr. 26 vom 27.6.2011 jpv

Quellen: Le Temps und Les Echos.fr vom 9. Juni 2011

2 Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 7 vom 16. Februar 2011 Al Gore, der Wahnsinn der Biotreibstoffe und Nahrungskrisen in Nordafrika

3 http://bazonline.ch/wirtschaft/konjunktur/Eine-Milliarde-Menschen-hungern/story/26819182

19. 2. 11  Eine Milliarde hungert – Von Philipp Löpfe