Warnung an Obama 18.03.2012 20:29
Ein weiterer nicht vom Kongress autorisierter Krieg - und du bist gefeuert! In einer Stellungnahme vom 12. März erklärte
der republikanische Kongressabgeordnete Walter Jones von North Carolina,
der Hintergrund seiner Gesetzesvorlage ›H.R. 107
- Obama sei gewarnt‹ seien die Aussagen von
Verteidigungsminister Leon Panetta vor dem Verteidigungsausschuss zum Thema des
Verteidigungshaushaltes 2013 (NDAA) gewesen. ›H.R. 107‹ bedroht den Präsidenten mit einem
Amtsenthebungsverfahren, sollte dieser erneut ohne Zustimmung des Kongresses
einen Krieg beginnen. »Das Problem, dass ein Präsident ohne
Zustimmung des Kongresses das Land in einen Krieg verwickelt, erfüllt mich
schon seit langem mit Sorge«, führt Jones in seiner
Stellungnahme aus. »Gerade letzte Woche erklärte Obamas
Verteidigungsminister Leon Panetta vor dem Senat, dass er nur die internationale Zustimmung benötige, um einen
weiteren Krieg zu beginnen - dieses
Mal gegen Syrien. Der Kongress brauche lediglich informiert zu werden.
Dies wäre eine klare Verletzung von Artikel 1, Absatz 8 der Verfassung. Ich
habe deshalb Präsident Obama vor kurzem verklagt, wie ich es schon früher
gegenüber Präsident Clinton getan habe. Genug ist genug. Es ist Zeit, dass wir
die Verfassung und die Prinzipen, auf denen dieses Land gründet, verteidigen.«
In der angesprochenen Sitzung des Senats kam es, wie CNN berichtet, zu
folgendem Dialog zwischen Senator Jeff Sessions und Verteidigungsminister
Panetta. Sessions sagte, Panetta habe den Kongress ›umgangen‹, als man sich an den NATO-Operationen gegen Libyen
beteiligte und wollte von Panetta wissen, wie er gedenke, im Falle Syriens zu
handeln. Sessions: »Wir verbrachten unsere Zeit mit
Debatten über die Vereinten Nationen, die arabische Liga, NATO und viel zu wenig
mit dem Vorgehen der gewählten Repräsentanten der Vereinigten Staaten. Wenn Sie
jetzt weitermachen - werden Sie dieses Mal den Kongress der Vereinigten Staaten
konsultieren?« Panetta: »Wie Sie wissen, ist es unser Ziel, eine
internationale Erlaubnis zu bekommen. Und dann werden wir vor den Kongress
treten und Sie informieren und uns dann überlegen, ob wir oder ob wir nicht, eine Genehmigung
des Kongresses einholen wollen.« Sessions:
»Nun, das beunruhigt mich, denn ich glaube, dass dies
die Führungsfähigkeit der USA schwächt. Ich bin der festen Überzeugung, dass
Sie die legale Autorisierung der Vereinigten Staaten von Amerika benötigen und keine von irgendeiner
exterritorialen Gruppierung, die sich irgendwo versammelt.« Auch der Ausschussvorsitzende, der demokratische
Senator Carl Levin, meinte, dass das Wort ›Erlaubnis‹ in diesem Zusammenhang nicht angemessen sei. Sessions
sagte später in einem Interview, dass die Aussagen Panettas für die geistige
Haltung der Administration gegenüber der Verfassung entlarvend seien. Während sich die überwältigende Mehrheit von
Bürgern in Kommentaren zu Artikeln, die über Walter Jones Initiative berichten,
klar zur Verteidigung der Verfassung aussprechen, lässt das Obama
offensichtlich kalt. Er beschwörte gerade dieser Tage in der Washington Post in einem gemeinsamen
Artikel mit dem britischen Premierminister David Cameron die ›Sonderbeziehung‹ der USA
zum britischen Empire. Diese ›special relationship‹ sei genauso lebendig und aktiv wie zu Zeiten
Winston Churchills, als dieser erklärte, dass die Welt ›vom britischen Geist und amerikanischen Muskeln‹ regiert werden sollte. [1]
Wir sind wieder
soweit
So äussert
sich der italienische Philosoph und Publizist Domenico Losurdo in seinem
Internetblog über »die Industrie der Entrüstung und die Kriegsvorbereitungen«
im Falle Syriens: Die ganze sogenannte Nachrichtenpresse ist heute voller
schauerlicher Einzelheiten über Zivilpersonen, über Frauen und Kinder, die in
Syrien vom Regime Baschar Al-Assads – so wird versichert – zerstückelt worden
seien. Das Verschwinden der historischen Erinnerung ist der Vorbereitung des
Krieges dienlich. Obama und seine Verbündeten haben es eilig, ihre
Bombardements zu entfesseln und auch dem syrischen Präsidenten das Schicksal
des Lynchens, der Folter und des Todes vorzubehalten, das schon Ghaddafi
erlitten hat. Und die »Nachrichten«-Presse? Im ›Corriere della Sera‹
vom 13. März kann man auf der ersten Seite lesen: »Grauenvoll, Präsident
Baschar Al-Assad! Grauenvoll!« Der Autor des Artikels, Antonio Ferrari, täte
gut daran, den Artikel eines Kollegen, Alex de Waal, zu lesen, der in der ›International Herald Tribune‹ vom 10./11. März veröffentlicht
worden ist: Welche Folgen haben die ständigen Appelle an eine militärische
Intervention? »Bei den Rebellen erregt das einen perversen Anreiz, die
ethnische Gewalt zu verschärfen, um eine internationale militärische
Intervention auszulösen«. Dies ist natürlich gerade das Ziel, das die
westlichen Regierungen und in erster Linie der Bewohner des Weissen Hauses, der
durch die Verleihung des Friedensnobelpreises in seinem Zynismus übermütig
geworden ist, verfolgen. Und diejenigen – Journalisten und andere – die
wirklich an einer Vermeidung von Blutvergiessen interessiert sind, täten gut
daran, zu bedenken: Die hysterischen Schreie zugunsten des humanitären Krieges
tragen dazu bei, gerade die Massaker hervorzurufen, die sie angeblich
verurteilen. [2]
In einem
Interview mit der Frankfurter Rundschau
warnt Peter Scholl-Latour, dass sich die Syrer überlegen sollten, ob einem
Umsturz etwas Besseres folgen würde. Ob sich Assad behaupten kann, stehe dahin:
Syrien ist von Feinden umgeben, die geschworen haben, ihn zu Fall zu bringen.
Es ist ja bezeichnend, dass die Hochburgen der Aufständischen in der Nähe der
Grenzen liegen, über die Waffen ins Land kommen. »Das Regime in Damaskus«, so Scholl-Latour
ferner, »ist
eine abscheuliche Diktatur. Aber es ist auch nicht schlimmer als andere.
Darum verstehe ich auch die Einseitigkeit im Westen nicht. Ist Saudi-Arabien
denn ein demokratisches Regime? Ein Land, in dem jeden Freitag Köpfe
abgeschlagen und Frauen gesteinigt werden, was in Syrien nicht passiert!
Ähnliches gilt für andere Länder. Wer redet über die blutige Unterdrückung der
Schiiten in Bahrain? Wer redet darüber, dass die Saudis die Freiheitsbewegung
in Bahrain mit Panzern niedergewalzt haben? Kein Mensch! Diese Tugend-Attitüde
gegenüber Syrien ist deshalb blanke Heuchelei.« Auf die Frage, ob es besser wäre, wenn
das Regime Assad an der Macht bliebe, antwortet Scholl-Latour: »Es ist
zumindest das letzte säkulare System in der islamischen Welt. Da sollten sich
nicht nur die Syrer überlegen, ob sie nach einem etwaigen Umsturz etwas
Besseres bekämen. 70 % der Syrer sind sunnitische Muslime, die sich seit langem
gegen die Alleinherrschaft Assads auflehnen, der zur Minderheit der Alawiten
gehört, einer bei den Muslimen verhassten und verketzerten Gemeinschaft.
Trotzdem liegt ein Bürgerkrieg nicht im Interesse der meist recht gut
situierten Sunniten. Und für die christliche Minderheit, sie macht 10 % aus,
wäre ein solcher die Katastrophe. Viele müssten fliehen. Es wundert mich schon,
dass sich die Christen im Westen offenbar keinen Deut um das Schicksal ihrer
syrischen Schwestern und Brüder scheren. ….. Beim besorgten Blick auf Syrien allein verliert man leicht
den
geheimen Masterplan aus dem Auge: Der grosse Drahtzieher ist Saudi-Arabien.
Es will das Regime der Alawiten, dieser ›abscheulichen
Ketzer‹, zu Fall zu bringen. Den
Türken, die die Alawiten früher massakriert haben, käme das auch zupass.
Regionalstrategisch wollen die Saudis eine schiitische Achse vom Iran über die
schiitisch dominierten Provinzen des Iraks bis zur Hisbollah im Libanon
zerschlagen – und dem Iran so den Zugang zum Mittelmeer abschneiden. Diesem
Ziel wären sie mit einem von ihnen gelenkten Salafisten-Regime in Damaskus sehr
nahe. Letztlich geht es also gar nicht um Syrien selbst, sondern um den
Konflikt mit dem Iran.« [3]
Der Berliner
Tagesspiegel führte Anfang März mit Gregorios III., der seit dem Jahr 2000
Patriarch von Antiochien und damit der höchste Vertreter von schätzungsweise
1,7 Millionen griechisch-melkitischen Katholiken im Nahen Osten ist und seinen
Amtssitz in Damaskus hat, ein Interview. Wie dieser erklärte, sei die Lage inzwischen
völlig unübersichtlich. Anfangs stand auf der einen Seite die Opposition, auf
der anderen die Regierung. Und die Armee, da bin ich mir ganz sicher,
hatte den Befehl, sich nur zu verteidigen, nicht anzugreifen. Aber vor
einiger Zeit sind noch weitere Kräfte aktiv geworden. Wer konkret hinter diesen
stecke, wisse er nicht. Aber es seien wohl zumeist Kriminelle, die das Chaos für
ihre Zwecke ausnutzen. Es gebe Überfälle, Entführungen und Plünderungen und viele
Christen hätten deshalb Angst. [4]
Wie Rüdiger
Göbel am 9. März berichtete, werden in Libyen offensichtlich Syrer für den
nächsten gewaltsamen »Regime change« trainiert, worauf Russlands UNO-Botschafter
Witali Tschurkin am 7. 3. im Weltsicherheitsrat verwiesen hatte. Ihm lägen
Informationen über ein von den libyschen Behörden geduldetes Lager vor, in dem
»syrische Aufständische« geschult und für Angriffe gegen die Regierung von
Präsident Baschar Al-Assad nach Syrien geschickt würden, erklärte der Moskauer
Spitzendiplomat. Dies sei »vollkommen inakzeptabel«. Sein Land sei ausserdem
besorgt über die »unkontrollierte Verbreitung von libyschen Waffen in der
Region«. Der medial wenig beachteten Sitzung des Sicherheitsrats wohnte auch
der Chef der libyschen Übergangsregierung, Abdel Rahim Al-Kib, bei, der sich zu
den russischen Vorwürfen allerdings ausschwieg. Indessen hatte er wenige
Stunden zuvor in einer Rede am Internationalen Friedensinstitut in New York erklärt,
sein Land unterstütze die syrische Opposition finanziell. [5]
[1] http://www.bueso.de/node/5509 14. 3. 12
[2] http://www.jungewelt.de/2012/03-14/017.php Wir sind wieder soweit - Ohne historische
Erinnerung
[3]
http://www.fr-online.de/aufruhr-in-arabien/peter-scholl-latour-ueber-syrien-und-saudi-arabien-assad-regime--ist-auch-nicht-schlimmer-als-andere-,7151782,11803188.html 14. 3. 12
Peter
Scholl-Latour - Assad-Regime ist auch nicht schlimmer als
andere
[4] http://www.jungewelt.de/2012/03-12/040.php 12. 3. 12
[5] http://www.jungewelt.de/2012/03-09/053.php 9. 3.
Spezialcamp
in Libyen - Von Rüdiger Göbel
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