Robert Kelley attackiert die Propaganda gegen den Iran 18.03.2012 20:35
Der frühere Chefwaffeninspektor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im Irak hat jetzt in einem ausführlichen Interview
mit der ›Executive Intelligence Review‹ EIR davor gewarnt, heute einen Krieg
gegen den Iran unter ähnlich falschen Vorwänden wie beim Krieg
gegen den Irak zu beginnen. »Wenn ein Land in den Krieg zieht, wie es die USA
2003 mit verheerenden Resultaten getan hat, sollten einige daraus zu ziehende
Lehren auf den Tisch kommen, von denen die wichtigste die »Peer
Review«,
die Überprüfung durch Fachleute ist: Die Anschuldigungen, die 2003 in Bezug auf
Kernwaffen gegen den Irak erhoben wurden, stammten weitgehend aus dem Mund eines
einzigen untergeordneten US-Analysten. Er überschritt bei weitem seine
Kompetenzen und erhob Anschuldigungen, die in den »Peer
Reviews«
von wesentlich kompetenteren Leuten völlig verrissen wurden. Aber seine
Ansichten gelangten bis nach oben, weil den Fachleuten ein Maulkorb verpasst
wurde und weil seine beängstigende Botschaft in hohen Kreisen sehr
willkommen
war.«
Der Bericht der IAEA vom November 2011 über den Iran wirkt Kelly zufolge wie
ein Déjà-vu. »Ich denke, der Gouverneursrat sollte eine Untersuchung und
eine unabhängige Prüfung verlangen, Zeile für Zeile: Woher kamen die
Informationen, und warum wurden sie so einseitig ausgelegt?« Am 21.
Februar sprachen Kelley, der seine Funktion im Irak von 2002 bis 2003 wahrnahm,
und der frühere IAEA-Generaldirektor und Leiter der UNO-Kommission für die
Waffeninspektionen im Irak (UNMOVIC), Hans Blix, bei einer Veranstaltung des
Nationalen Iranisch-Amerikanischen Rates (NIAC); beide machten deutlich, dass
es keine Beweise für ein iranischen Kernwaffenprogramm gibt und dass
ein Krieg eine Katastrophe für die Region und die Welt wäre. Sie forderten eine
sofortige Wiederaufnahme von Gesprächen mit dem Iran. In dem EIR-Interview
berichtet Kelley als Insider darüber, wie der Schwindel mit den angeblichen irakischen
Massenvernichtungswaffen 2003 organisiert wurde, und wie man heute dieselben Methoden
wieder anwendet. Am 14. Februar schlug der iranische Unterhändler Saeed
Dschalili der EU in einem Brief die Wiederaufnahme der seit mehr als einem Jahr
unterbrochenen ›5+1-Gespräche‹ vor, was am 6. März auf die
Zustimmung der 5 ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland stiess.
[1]
Am 11.
März sprach sich der Ex-Mossad-Chef Meir Dagan in einem Interview mit dem CNN
erneut gegen einen Angriff auf den Iran aus. Dagan gehört zu einem Kreis
israelischer Geheimdienst- und Armeevertretern, die ebenso wie ihre Kollegen in
den führenden Militärkreisen der USA, einen Angriff auf den Iran ablehnen. Dagan
erklärte, die Entscheidung, den Iran anzugreifen, sei »keine
militärische Frage. Es ist eine politische Frage, und es geht darum: Wie lange
kann man das Projekt aufhalten? Was werden die Konsequenzen sein? Welchen Preis
wird Israel als Resultat eines regionalen Krieges bezahlen müssen? Das sind die
Fragen, die man sich stellen muss, bevor man die Entscheidung trifft, Ziele im
Iran anzugreifen.« Dagan erklärte ferner, dass es mindestens drei Jahre
dauern würde, bevor der Iran eine Atombombe hätte. Ein israelischer Angriff
hingegen werde einen regionalen Krieg auslösen. Ein israelischer Schlag könne
dazu führen, dass der Iran mit Hunderten, möglicherweise Tausenden von Raketen zurückschlagen
werde, die eine ›verheerende Wirkung‹ auf die Fähigkeit Israels haben
würden, ein normales Leben zu führen. In der
Vorankündigung des Interviews hatte es geheissen, dass Dagan das
iranische Regime als ›rational‹ bezeichnet habe. Als die das
Interview führende Moderatorin Leslis Stahl Dagan darauf ansprach, ob dies auch
für Präsident Ahmadinedschad gelte, antwortete er: »Die Antwort lautet ja. Vielleicht nicht ganz nach unseren Begriffen, aber ich
denke, er ist rational.« Die iranische Rationalität sei eine andere als die der
westlichen Denkweise, aber: »Sie bedenken alle Folgen ihrer Handlungen... Sie
würden teuer dafür zu bezahlen haben... und ich denke, dass die Iraner zum
jetzigen Zeitpunkt sehr vorsichtig mit diesem Projekt sind. Sie treiben es
nicht voran.« [2]
Erfolgsaussichten?
Es bleibt
unbegreiflich, wie bei der tödlichen Brandspur, die die jüngsten Kriege
hinterlassen haben, überhaupt noch jemand für ein weiteres Inferno eintreten
kann. Von einem geradezu ungeheuren Zynismus mutet daher die Meldung von ›German Foreign Policy‹ an, dass es in konservativen Medien
heisst, »Luftangriffe
auf iranische Atomanlagen seien zwar riskant, hätten jedoch ›gute
Erfolgsaussichten.‹«
Wenigstens haben jetzt zwei
einflussreiche Politiker aus den inneren Zirkeln des transatlantischen
Establishments, Wolfgang Ischinger und Horst Teltschik, entschieden gegen einen
Irankrieg Position bezogen. Ischinger, dessen Karriere den Posten des
Staatssekretärs im Auswärtigen Amt und eine fünfjährige Tätigkeit als
Botschafter in der USA beinhaltete, und der heute als Nachfolger von Teltschik
die Münchner NATO-Sicherheitskonferenz leitet, warnt vor einem Militärschlag: »Jeder
sollte inzwischen gelernt haben, dass Kriege immer anders verlaufen als geplant«; für
den Fall, dass der Iran eine Atombombe entwickeln sollte, rät er zu einer
Politik der Eindämmung, selbst wenn sie teuer sei und keine Patentlösung biete.
Besser als ein militärische Angriff gegen Teheran wäre das aber allemal. Teltschik,
der die Sicherheitskonferenz von 1999 bis 2008 leitete, sagt für den Fall eines
Krieges gegen Iran - wie viele andere auch - einen Flächenbrand im Nahen und
Mittleren Osten voraus, ein Alptraum; er hält eine militärische
Intervention für völlig falsch und fordert, dass der Westen alles tut, um die
Gespräche mit dem Iran erneut in Gang zu bringen. [3]
Gänzlich verschieden
hinzu verhält
sich das Pentagon, wie dies erschreckenderweise aus den nachfolgenden
Darlegungen von Michel Chossudovsky und Finian Cunningham hervorgeht. [4]
Der
stellvertretende Operationschef der amerikanischen Air Force, Generalleutnant
Herbert Carlisle, erklärte vollmundig, der stärkste konventionelle Sprengkopf, die
bunkerbrechende Bombe ›GBU-57A/B,
Massive Ordnance Penetrator‹, MOP [5]
sei bestens für einen Militärschlag gegen den Iran geeignet. Diese
leichtfertige und oberflächliche Aussage über eine Massenvernichtungswaffe
erfolgte in der gleichen Woche, in der sich US-Präsident Barack Obama gegen
»leichtfertiges
Gerede« über einen
Krieg im Persischen Golf aussprach. »Der MOP mit einem Gewicht von 13.6 Tonnen ist eine
großartige Waffe«, erklärte Carlisle, die Bombe
werde wahrscheinlich bei einem von Washington befohlenen Angriff auf den Iran
zum Einsatz kommen; er soll bis zu 60 m dicken Stahlbeton durchschlagen können,
bevor der Sprengkopf detoniert. Er gilt als die stärkste konventionelle
nichtnukleare Waffe im US-Arsenal: was die Zerstörungskraft angeht, so kann man
mit Fug und Recht behaupten, daß es sich um den fürchterlichsten Sprengkörper
der gesamten Reihe extrem schwerer Bomben handelt, die vom Pentagon in den
letzten zehn Jahren entwickelt wurden. Sie ist eine ›hervorragend geeignete Waffe‹,
die von den amerikanischen Streitkräften eingesetzt werden könnte, sollte es im
Streit um das iranische Atomprogramm zu einem militärischen Schlagabtausch
kommen, erklärte ein Luftwaffengeneral am 13. März.
Das
Pentagon hat damit begonnen, die militärischen Optionen auszuarbeiten,
sollten die Sanktionen und die diplomatischen Bemühungen den Iran nicht davon
abhalten, Atomwaffen zu bauen. Verteidigungsminister Leon Panetta erklärte ebenfalls
am 13. 3. in einem Interview mit dem ›National
Journal‹, man habe mit den Planungen
bereits vor geraumer Zeit begonnen. Im Pentagon bediente man sich dieser
aggressiven Rhetorik, obwohl sich Präsident Barack Obama in der gleichen Woche im
Zusammenhang mit einem möglichen militärischen Vorgehen gegen dieses
›leichtfertige Gerede‹ und waffenklirrende ›Getöse‹ ausgesprochen und
hervorgehoben hatte, es gebe noch Spielraum und Chancen für eine diplomatische
Beilegung. Carlisle erklärte darüber hinaus vor der Credit-Suisse-McAleese-Sicherheitskonferenz
[am 8. 3. in Arlington, Virginia], im Falle eines militärischen Konflikts mit
Syrien oder dem Iran könnte eine neue militärische operationelle Vorgehensweise
der USA zum Tragen kommen, die durch eine neue taktische Denkweise des Pentagons,
die sogenannte ›Air-Sea-Battle‹, geprägt sei. Bei dieser setzt man
auf die Vorteile stark vernetzter und aufeinander abgestimmter Streitkräfte.
Die neue Taktik, so Carlisle, lege das Schwergewicht darauf, gleichzeitig in
vielen unterschiedlichen Bereichen [Luftraum, Meer, aber auch Weltraum und Cyberspace,
kybernetischer Raum resp. Datenraum] zu operieren, während man gleichzeitig
Informationen aus verschiedensten Quellen wie Satelliten oder Mess- und Aufzeichnungsgeräte von
Tarnkappenflugzeugen und Drohnen vernetzt und aufeinander abgestimmt verarbeite.
›Hier geht es um einsatzfähige
weltraumgestützte Systeme, Cyberspace-Systeme und um Systeme der fünften
Generation, die vom Radar nicht erfaßt werden können‹, sagte er ferner. ›All diese Systeme werden im Rahmen dieser
operationellen Planungen in die Überlegungen einbezogen‹, ergänzte Carlisle und wies darauf hin, daß Syrien und der Iran
ihre Verteidigungsmöglichkeiten erheblich ausgebaut hätten, um mögliche
Angreifer auf Distanz zu halten. ›Air-Sea-Battle‹ sei genau deshalb entwickelt worden,
um darauf zu reagieren. Carlisle fuhr fort, der Cyberspace könnte zu einem wichtigen
Faktor werden, sollte es zu einem [militärischen] Konflikt mit diesen beiden
Ländern kommen. ›Die ganze Führung hat erklärt, keine Option sei vom Tisch,
wenn es darum gehe, was eingesetzt werden könnte‹, meinte er.« [Reuters, 9.
März 2012]
Bereits 2009
hatte Michel Chossudovsky in einem Artikel in ›Global Research‹ auf
die Entwicklung und den möglichen Einsatz von MOPs hingewiesen. Was die ›GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast‹
MOAB [6] angeht, die auch als ›Mother of all Bombs‹, die ›Mutter aller Bomben‹
bezeichnet wird, so wurde diese 2003 Anfang März getestet, bevor sie in die
Kriegsregion Irak verlegt wurde. Berichten aus amerikanischen Militärkreisen
zufolge hatte der Vereinigte Generalstab die Regierung Saddam Husseins vorab
darüber in Kenntnis gesetzt, daß die MOAB
gegen den Irak zum Einsatz gebracht werden sollte. [Es kursieren unbestätigte
Berichte über den tatsächlichen Einsatz der MOAB im Irak] Das amerikanische
Verteidigungsministerium bestätigte im Oktober 2009, es beabsichtige, die MOAB
im Iran einzusetzen. Diese eigne sich ›ideal für den Einsatz
gegen die tief unterirdisch verborgenen Nukleareinrichtungen etwa in Natanz
oder Ghom im Iran‹ [7]. Angesichts
der gewaltigen Sprengkraft ist allerdings damit zu rechnen, daß ein Einsatz zu extrem
hohen Verlusten unter der Zivilbevölkerung führen würde. Schließlich
handelt es sich um eine konventionelle ›Killermaschine‹, die bei ihrer Explosion sogar einen
einer Atombombe ähnlichen Atompilz hervorruft. Im Oktober 2009 wurde die
Beschaffung von 4 MOABs zum stolzen Preis von 58,4 Millionen $ netto [14,6 Millionen
für jede einzelne Bombe] beschlossen. In diesem Preis sind die Kosten für die
Entwicklung und den Test der MOAB-Bomben durch B-2-Tarnkappenbomber eingeschlossen
(a.a.O.).
Die
Anschaffung steht in direktem Zusammenhang mit den Kriegsvorbereitungen gegen
den Iran. Ein Beleg dafür findet sich in dem 93seitigen ›Memorandum zur Neuprogrammierung‹, das die folgenden Vorgaben und Anweisungen enthält: ›Das Ministerium verweist auf den dringenden
operationellen Bedarf an einsatzbereiten
[bunkerbrechenden Waffen], um gegen massiv
geschützte und tief im Untergrund versteckte Ziele an Örtlichkeiten mit einem
hohen Bedrohungsgrad vorgehen zu können. Der MOP ist bestens dafür
geeignet, diesen dringenden operationellen Bedarf zu decken.‹ Weiter heißt es, diese Forderung werde auch von den [US-Regionalkommandos]
Pacific Command [das für
Nordkorea verantwortlich ist] und Central Command [in dessen Zuständigkeitsgebiet
der Iran fällt] unterstützt. (ABC News, a.a.O.,
Hervorhebungen vom Verfasser) Den gesamten Text des Memorandums finden Sie hier
Das Pentagon plant die
umfassende und ausgedehnte Zerstörung der iranischen Infrastruktur und nimmt im Rahmen des
kombinierten Einsatzes taktischer Atomwaffen und dieser monströsen
konventionellen Bomben mit ihren atompilzähnlichen Erscheinungen, zu denen der
MOP ›GBU-57A/B Massive Ordnance
Penetrator‹ sowie die MOAB ›GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast‹ gehören, den Tod zahlloser Zivilisten in
Kauf. Der MOP wird dabei als »eine starke neue Bombe« bezeichnet, die
»direkt für den Angriff auf die unterirdischen Nukleareinrichtungen des Irans
und Nordkoreas gedacht ist. Diese riesige Bombe überragt mit ihrer Länge von
mehr als 6 m noch elf Schulter an Schulter stehende Menschen.«
Hier
handelt es sich um Massenvernichtungswaffen im strikten Sinne des Wortes. Die
unschwer zu erkennenden Ziele hinter dem MOP und der MOAB, wie sich auch aus
der amerikanischen Bezeichnung »Mutter aller Bomben« ablesen läßt, sind »massive
Zerstörung auf breiter Ebene« und hohe Verluste und Opfer unter der
Zivilbevölkerung, um so Angst und Verzweiflung zu verbreiten.
[1] Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 11 vom 14.
März 2012
[2] http://www.bueso.de/node/5508 14. 3. 12
[3] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58290 14. 3. 12
Ende im
Gemetzel (II)
[4] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/michel-chossudovsky-und-finian-cunningham/die-mutter-aller-bomben-eine-fuer-den-einsatz-im-irak-hervorragend-geeignete-bombe-meint-der-c.html 17. 3. 12 Die »Mutter aller Bomben« für den Angriff auf den Iran
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Massive_Ordnance_Penetrator
[6] Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/GBU-43/B_Massive_Ordnance_Air_Blast
[7] http://abcnews.go.com/Politics/us-preparing-bomb-iran/story?id=8765343#.T2W72tnEaSo
6. 2. 2009 Is
the U.S. Preparing to Bomb Iran?
By Jonathan Karl
Siehe auch
Edwin Black »Super Bunker-Buster Bombs Fast-Tracked
for Possible Use Against Iran
and North Korea
Nuclear Programs«
in Cutting Edge, 21. September 2009
http://www.thecuttingedgenews.com/index.php?article=11609
»Towards a World War III Scenario? The Role of Israel in Triggering an Attack on Iran,
Part II The Military Road
Map«, in: Global Research, 13. August 2010
http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=20584
|