Palästina - Der »Tag des Bodens« 01.04.2012 22:20
d.a. Bekanntlich hatte der UNO-Menschenrechtsrat in Genf am 22. März eine Resolution eingebracht, die sich kritisch mit Israels Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten beschäftigt.
Mit 36 Ja-Stimmen bei 1 Gegenstimme der USA und 10 Enthaltungen war
festgelegt worden, die Auswirkungen der international umstrittenen
Siedlungspolitik Israels auf die Palästinenser im Westjordanland
und im arabischen Ostteil Jerusalems zu untersuchen. Im Gegensatz zu früher
war dieses Mal eine ›Fact Finding Mission‹ beschlossen worden, die Israel
vehement ablehnt. Israel hatte bereits
am 25. 3. angekündigt, den Mitgliedern der Untersuchungskommission die Einreise
zu verweigern; man muss sich hier vor Augen halten, dass Israel hingegen fordert,
dass der Iran seine Atomanlagen von internationalen Experten untersuchen lässt.
Auf Grund des Stimmverhaltens Österreichs, dessen Vertreter für die Resolution
stimmte, war der österreichische Botschafter in Israel, Franz-Josef Kuglitsch,
Anfang der Woche vom 26. März vorgeladen
worden und bekam so die Verärgerung der israelischen Regierung über Österreichs
Haltung zu spüren. Wie Die Presse berichtete [1], ist Israels
Botschafter in Österreich, Aviv Shir-On, ›tief
enttäuscht‹. ›Es schmerzt sehr, dass Österreich da mitmacht‹. Österreich nehme in letzter Zeit gegenüber Israel keine
ausgewogene Position mehr ein. Das habe sich schon im Herbst gezeigt, als Wien
der Vollmitgliedschaft der Palästinenser in der UNESCO zugestimmt habe, sagte Shir-On
der Presse. Es sei ihm völlig
unverständlich, warum Österreich im Gegensatz zu Deutschland keine Solidarität
mit Israel zeige. Er betrachtet die Resolution als ›anti-israelisch und rein politisch motiviert‹. Lediglich zwei EU-Länder stimmten für die Resolution, nämlich
Belgien und Österreich, womit sie sich laut Shir-On ›außerhalb des europäischen Konsenses stellten‹. Mit Ja stimmten ferner die Schweiz und Norwegen. Auch deren
Botschafter wurden einbestellt. Der Stimme enthalten hatten sich Italien,
Spanien, Tschechien, Ungarn, Polen und Rumänien. Zu den Ländern, die die
Resolution gemeinsam mit arabischen und islamischen Staaten eingebracht haben,
zählen Griechenland, Portugal, Malta, Luxemburg, Irland, Finnland und Schweden.
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG),
Oskar Deutsch, seinerseits kritisierte
Österreichs Stimmverhalten als ›unerhört‹: Er wünscht sich ein ›neutrales‹ Vorgehen Wiens bei Nahost-Themen. [2] Nun ist die Siedlungspolitik Israels ein seit
langem debattierter Punkt. Gäbe man einer regelrechten Forderung wie die eines
neutralen Verhaltens statt, müsste man sich aus dem Gremium zurückziehen, denn
dies käme dem
Verbot des Aussprechens der eigenen Meinung gleich. »Deutsch,
seit Februar 2012 im Amt, sieht«, ähnlich wie Shir-On, »eine unheilvolle
›Kontinuität‹ am Werk, da Wien schon für die Aufnahme der Palästinenser, ›die noch kein Staat sind‹, in die UNESCO gestimmt hat.«
Inzwischen
hat Israel die Kooperation mit der Genfer Organisation eingestellt. Der Sprecher des Aussenministeriums in
Jerusalem bestätigte diese Entscheidung am 26. 3. Israel habe beschlossen, »alle Arbeitsbeziehungen zum UNO-Menschenrechtsrat
abzubrechen, weil der Rat keine konstruktiven Verbindungen mit dem Land
unterhält« und Aussenminister Avigdor Lieberman bestätigte das
verhängte Einreiseverbot wurde. Was nun den Fakt betrifft, dass die
Palästinenser noch keinen Staat bilden, so gilt der Ausbau von israelischen
Siedlungen in den 1967 im Sechs-Tage-Krieg besetzten Palästinensergebieten beispielsweise
aus Sicht der EU als eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu einer friedlichen
Lösung. Hingegen haben die Palästinenser die Wiederaufnahme von
Friedensgesprächen unter anderem von einem Siedlungsstopp abhängig gemacht.
Israel lehnt jedoch alle Vorbedingungen ab und will strittige Fragen wie die Siedlungen
nur in direkten Verhandlungen erörtern. Berichten zufolge [3] erwägt
Israel auch »Strafmassnahmen« gegen die Palästinenser. Zur Diskussion stehe, »Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe erneut
einzubehalten und nicht an die Autonomiebehörde in Ramallah weiterzuleiten.« Wie nun am 20. 3. bekannt wurde, stellt die EU den
Palästinensern jetzt 35 Millionen Euro zur Verfügung, die ein Teil der
300 Millionen Euro starken Hilfsgelder sind, welche die EU Palästina für 2012 zugesagt
hat. Das Geld soll in eine Wasseraufbereitungsanlage in der West Bank und in
die Modernisierung eines Grenzübergangs zwischen Israel und dem Gazastreifen
fliessen. »Mit dieser Investition wird die EU erheblich zur
Verbesserung der Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung beitragen«, erklärte die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton.
Die Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern sowie die
zahllosen damit verbundenen Zerstörungen haben den
EU-Steuerzahler bislang Milliarden gekostet. Dies ist nicht der einzige
Fall, der uns zwingt, unausgesetzt für den Wiederaufbau sinnloser Destruktionen
zu arbeiten, was zur Zementierung der
Verschuldung beiträgt, ohne dass die Möglichkeit gegeben ist, sich gegen
diese Zahlungen zu wehren.
»Der
jetzt anläßlich des ›Tags des Bodens ‹ am 30. März unternommene globale
Marsch nach Jerusalem erinnert an den Tag, an dem sich die Palästinenser im
Kernland Israel gegen die Enteignung und Beraubung ihres Landes erhoben haben.
Er wird sei 1976 als Tag der Verteidigung ihres Landes gegen Landraub und
Enteignung durch den israelischen Staat begangen. Dadurch soll darauf
aufmerksam gemacht werden, was sich zur Zeit in Jerusalem abspielt. Die
Palästinenser werden aus ihren Häusern und von ihren Ländereien vertrieben. Die
Enteignung und Judaisierung von Jerusalem hat Methode. Es soll kein
Palästinenser mehr verbleiben, es werden alle möglichen Maßnahmen ergriffen,
die dazu führen, alle Palästinenser aus ihrer Hauptstadt zu verjagen. ›Um der Welt die Mißachtung der
Menschenrechte seitens des israelischen Staats zu zeigen, um das Gewissen der
Menschen auf dieser unser aller Erde wachzurütteln, um Druck auf Israel
auszuüben, um ein Ende der Besatzung herbeizuführen, haben die Initiatoren des
Globalen Marsches nach Jerusalem alle Menschen dazu aufgerufen, nach Palästina,
Kairo, Beirut oder Amman zu fliegen, um durch ihre Solidarität den Kampf des
palästinensischen Volkes für seine Freiheit zu unterstützen und auf die
rechtswidrigen Machenschaften des israelischen Machtapparates aufmerksam zu machen‹. Evelyn
Hecht-Galinski, die Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats
der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, hat hierzu folgendes erklärt: ›Als deutsche Jüdin unterstütze ich den
Globalen Marsch nach Jerusalem aus Solidarität mit dem besetzten und unterdrückten
palästinensischen Volk. Seit über 60 Jahren hat Israel als jüdischer Staat die Rechte
der Palästinenser mit Füßen getreten, sie vertrieben, enteignet und ihre
Existenz vernichtet, die Nakba verleugnet und das Rückkehrrecht der
Vertriebenen nicht anerkannt. Als Staat ohne Grenzen
und Verfassung wird Jerusalem systematisch ›judaisiert‹. Daher sollte es unser aller Pflicht
sein, diesen Marsch zu unterstützen, als moralischer Akt gegen das von Israel
unter den Augen der Weltgemeinschaft begangenen Unrechts. Diese ethnische
Säuberung muß gestoppt werden. Das Leid der Palästinenser darf nicht vergessen
werden. Ebenso müssen wir die Eingeschlossenen und Unterdrückten in Gaza in
diesen Marsch einbeziehen. Nur gemeinsam sind wir stark‹.«
[4]
Der
nachfolgende Auszug aus einem der ›Kommentare
vom Hochblauen‹ im hinteren Kandertal von Frau
Hecht-Galinski trägt die Überschrift »Israel mordet mit großer Vorsicht
und Präzision!«
Nach den
schrecklichen Anschlägen eines Einzeltäters in Toulouse kommen die durch nichts
zu belegenden Aussagen israelischer und jüdischer Organisationen. Immerhin
einmal hörte ich im DLF von dessen dort wiedergegebenen Äußerung der Polizei
gegenüber, daß er die jüdische Schule nur ›aus
Versehen‹ angegriffen habe, es aber
eigentlich nur auf Soldaten und Polizisten abgesehen hätte, die den
französischen Staat repräsentieren, der am Afghanistan-Einsatz beteiligt ist.
Also darf man sehr infrage stellen, ob der Täter tatsächlich antisemitische
Motive hatte. Als die ersten drei Opfer, Soldaten, deren Familien aus
Nordafrika stammen, ermordet wurden, hielt sich die Erregung noch in Grenzen.
Als aber die jüdischen Kinder und der jüdische Lehrer ermordet wurden, war die
Trauer grenzenlos. Nicht, daß Sie mich falsch verstehen: diese Morde, besonders
an den Kindern, sind grausam und schrecklich und durch nichts zu rechtfertigen.
Aber wenn Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte, in einer öffentlichen Rede
in Brüssel eine Verbindung zu dem Sterben unschuldiger Kinder - auch an anderen
Orten, wie in Gaza - zieht, dann kommt
sofort die Antwort der israelischen Regierung. Ministerpräsident Netanjahu und
Verteidigungsminister Barak - gerade in
Deutschland wegen Iran-Angriff, U-Booten und Waffeneinkauf, sowie auf
Verkaufstour - nannten den Vergleich ›empörend‹. Warum eigentlich? Empörend ist es, wenn Netanjahu die
Geschehnisse in Toulouse als Massaker bezeichnet, die Militäraktionen in Gaza
aber als Verteidigung gegen Terroristen, die sich hinter Kindern versteckten,
unwahr beschönigt. Beides sind Massaker, es gibt nur einen Unterschied: die
israelischen Massaker an Kindern finden unter Billigung der Weltöffentlichkeit
statt! Und ›Kriegsminister‹ Barak ergänzte noch, die israelische
Armee handele in Gaza mit ›großer
Vorsicht und Präzision‹. Die
Wortschöpfungen der israelischen Propaganda-Industrie sind immer wieder
bewundernswert. Empörend ist es auch, wenn der Grünen-Abgeordnete des deutschen
Bundestags, Volker Beck, der es sich übrigens auch nicht nehmen ließ, auf dem
Israel-Kongreß (ILI) 2010 zu sprechen und dort die israelische Siedlungspolitik
›schönredete‹, Catherine Ashton ›antisemitischer
Reflexe‹ bezichtigt, weil sie
angesichts der toten jüdischen Kinder von Toulouse auch daran dachte und daran erinnerte,
daß Kinder in Gaza sterben. SPD-Chef Gabriel hingegen wurde sofort angegriffen,
als er nach seinem Hebron-Besuch die Situation der Palästinenser als
rechtsfreien Raum bezeichnete und den Satz sagte: »Das ist
ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.« Die
Angriffe gegen ihn kamen von allen Seiten und den üblichen Protagonisten, von
Graumann bis zum Jüdischen Weltkongreß und von Maram Stern, der schon in einer ›Außenansicht‹ der Süddeutschen Zeitung
die Palästinenser als selbst schuld an ihrem Unglück bezeichnet hatte. Oder vom
›American Jewish Commmittee‹ und Direktorin Deidre Berger, die
Israel delegitimitiert sieht und als den ›Friedensprozeß‹ nicht voranbringend bezeichnet
(welchen Friedensprozeß?). Neben Philipp Mißfelder, der der SPD empfahl, ihre
Außenpolitik gegenüber Israel zu überdenken, forderte CDU-Generalsekretär
Hermann Gröhe Gabriel auf, sich »für seinen verbalen Totalausfall schnellstmöglich zu
entschuldigen«. Dieser wird nach solcher Kritik seine Aussagen sicher
relativieren, vor allem angesichts der Bedrohung des jüdischen Staates und als
treuer Freund Israels. Hatte er doch gegenüber Netanjahu noch eine ganz
gewählte Wortwahl betrieben und die Siedlungspolitik nur »mit
Befremden aufgenommen«.
Anläßlich
des Begräbnisses der jüdischen Opfer von Toulouse, die interessanterweise
direkt nach Jerusalem geflogen wurden, weil gläubige Juden nur im ›Heiligen Land‹ beerdigt werden möchten, um als erste den noch zu erwartenden
Messias zu erleben, ließ es sich Außenminister Juppé nicht nehmen, die Särge in
der El Al Maschine zu begleiten und auf der Beerdigung zu sprechen. Ist
jemals ein europäischer Politiker nach Gaza, oder in die besetzten Gebiete
geflogen, um ermordete Palästinenser zu betrauern? Zentralrats-Präsident
Graumann zeigte sich zutiefst schockiert und konnte seine Trauer über die
getöteten Kinder kaum in Worte fassen. Worte des Verständnisses hingegen findet
er immer, wenn die israelische Armee sich und den jüdischen Staat verteidigt
und dabei unschuldige palästinensische Kinder getötet werden. Auch der
Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, weinte wie alle Juden
auf der Welt und bezeichnete den Angriff von Toulouse als einen Angriff gegen
Juden in aller Welt. Auch ihn habe ich niemals ein Wort des Bedauerns sagen
hören, wenn die israelische Armee unschuldige palästinensische Kinder tötete. Und
wer regt sich schon auf, wenn in Afghanistan, oder Pakistan, oder in anderen
Kriegsgebieten – zum Teil auch mit unserer Mithilfe – Massaker unter der
Zivilbevölkerung angerichtet werden und unschuldige Menschen, Frauen und Kinder
sterben? Wann sind deutsche Politiker schon einmal auch wegen durch deutsche
Soldaten verursachten Massakern nach Afghanistan zur Beerdigung der Opfer
geflogen? Nein, wir besuchen zwar die Truppen, um sie zum Durchhalten und
Weitermachen zu motivieren, und wir setzen israelische, geleaste Heron-Drohnen
in Afghanistan ein, aber ›Morde‹ werden immer nur untersucht und das war’s
dann. Amokschützen haben ›Gedächtnislücken‹ und werden schnell außer Landes
gebracht. Siehe Oberst Klein, der ja nach seinem Massaker-Befehl noch von
oberster deutscher Stelle gestützt wurde.
Interessant
war es, daß bestimmte Medien und der Korrespondent der ARD, die jede Empathie
gegenüber ermordeten palästinensischen Kindern vermissen lassen, die Worte des
Knesset-Parlamentspräsidenten Reuven Rivlin so selbstverständlich wiedergaben.
Zitat: »Das
jüdische Volk in Israel und der Diaspora sieht sich wilden Tieren gegenüber,
die unersättlich von Haß getrieben werden.« Dazu passen Sätze von Theodor Herzl
aus seinem Buch ›Der Judenstaat‹, Kapitel ›Der Plan‹: »Kämen
wir beispielsweise in die Lage, ein Land voll wilder Tiere zu säubern, würden
wir es nicht in der Art der Europäer aus dem 5. Jahrhundert tun. Wir würden
nicht einzeln mit Speer und Lanze gegen Bären ausziehen, sondern eine große
fröhliche Jagd veranstalten, die Bestien zusammentreiben und eine Melinit-Bombe
unter sie werfen«. Soviel zu zionistischen Vorläufern des jüdischen Staates
und wilden Tieren. Merke: Der jüdische Staat mordet »chirurgisch
präzise um sich zu verteidigen«. Im Umkehrschluß morden die ›wilden Tiere‹ - wen
meint Rivlin damit wohl? Palästinenser, Muslime (?) - nur aus blindem Haß. In israelischen Medien
las man nach dem Bekanntwerden des Massakers von Toulouse sofort, die
Antisemiten in Europa, der Kontinent des Holocaust,
haben nichts aus ihrer Vergangenheit gelernt. Solche Aussagen plus die
Aufforderungen israelischer Politiker an Diaspora-Juden, in das Heilige Land
zurückzukehren, sollen natürlich die Auswanderungswellen beflügeln. Haben doch
amerikanische Millionärs- und Milliardärsjuden schon viele Luxuswohnungen in
Jerusalem aufgekauft, um damit den Anspruch des jüdischen Staates auf das
ungeteilte Jerusalem für immer zu zementieren.
[5]
In einem
Interview mit dem im ›Muslim Markt‹ erschienenen Interview erklärt die
Autorin u.a.:
»Meinem Vater wäre es als deutscher Jude und
Ehrenbürger von Berlin niemals in den Sinn gekommen, in Israel beerdigt zu
werden. Er brauchte auch nicht ständig zu betonen, daß er ein
deutscher Jude sei, er war es! Er war als säkularer Jude, in guter
deutsch/jüdischer Tradition ein gut in das Berliner Leben integrierter Mensch,
gerade auch in diesem Sinne wuchs ich auf. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin war
sein Leben und er leitete sie 43 Jahre lang, bis zu dem Tag, als er zu einer
Bypass-Operation ins Krankenhaus ging und dort fünf Wochen später verstarb.
Gut, daß er es
nicht mehr erleben mußte, was seine vielen Nachfolger aus dieser Gemeinde gemacht
haben. Ein Skandal reiht sich an den anderen, es ist eine Schande! Wir lebten
nie auf ›gepackten Koffern‹, wie
viele, gerade auch Ostjuden, die nach ihrer Befreiung in Berlin oder
Deutschland mehr oder minder gestrandet waren. Mein Vater hatte es sich nach
seiner Befreiung aus den Konzentrationslagern als Lebensaufgabe gestellt,
wieder jüdisches Leben in Berlin und Deutschland aufzubauen. Dies ist ihm auch
gelungen, ohne ständig das Sprachrohr der israelischen Regierung zu sein, oder
deren deutsche Vertretung zu spielen. Im Gegenteil, der spätere
Ministerpräsident Begin (ehemals Irgun) wollte ihm, als in Deutschland lebendem
Juden, nicht einmal die Hand geben. Daraufhin zeigte ihm mein Vater wortlos
seine tätowierte KZ Nummer. Andere israelische Politiker nahmen es meinem Vater
übel, daß er die
russischen Kontingent-Flüchtlinge mit einem unter Altkanzler Kohl mit der
damaligen Regierung geschlossenen Abkommen nach Deutschland holte, da er der
Meinung war, daß jeder verfolgte Jude sich dort niederlassen sollte,
wo und wie er es möchte. Israel aber wollte, wie heute auch wieder, daß alle
Juden nach Israel ›heimkehren‹ sollten. Vielleicht hat der damalige Kanzler Kohl
bei dem Staatsbegräbnis für meinen Vater 1992, diesen deshalb als ›deutschen Patrioten‹ bezeichnet.
In diesem Jahr würde mein Vater 100 Jahre alt werden, ich bin gespannt, was
sich Berlin und der deutsche Staat für seinen Ehrenbürger einfallen lassen«. Auf die Frage, welches Argument am
wirkungsvollsten sei, um in Deutschland zu erklären, daß
Antizionismus nicht gleich Antisemitismus ist, antwortete Frau Hecht-Galinski: »Für mich, da ich mich als Anti-Zionistin bezeichne,
ist Zionismus seit der Gründung des israelischen Staates ein Landraub und
Vertreibung und Mißachtung der nativen Ureinwohner. Man muß sich nur
mit der Geschichte des Zionismus und seiner Ur-Väter und Schriften befassen - Theodor
Herzl (der Judenstaat), Ben Gurion,
Golda Meir und allen anderen folgenden Politikern. Ich empfehle dazu immer das
Buch von Prof. Ilan Pappe: ›Die ethnische Säuberung
Palästinas‹. Zionismus heißt eigentlich, daß man im
Land Israel wohnt. Aber interessanterweise haben wir die glühenden Zionisten in
der Diaspora, die andere Juden dafür bezahlen, daß sie im jüdischen Staat siedeln
und die Stellung halten. Gleichfalls die christlichen Zionisten: diese sind die
Steigerung und unterstützen die Verbrechen, die Israel gegenüber den
Palästinensern begeht, gnadenlos. Ein Beispiel: Einer der
US-Präsidentschaftskandidaten, nämlich Newt Gingrich, bezeichnet die Palästinenser
als ›erfundenes‹ Volk. Ich
frage mich, wer hat dann die US-Amerikaner erfunden, die Indianer etwa? Sehr
gefährlich in diesem Zusammenhang ist auch die immer stärker werdende Stimme der
Siedler und Fanatiker-Rabbiner, die die Palästinenser töten wollen, auch ihr
Vieh und ihre Babys. Das alles im mißbrauchten Namen des von Gott ›auserwählten‹ Volkes
Israel. Zionismus heißt auch ein Staat, der bis heute keine Grenzen hat und der
auch noch keine Verfassung hat. Das ist Zionismus wie er sich heute auswirkt,
ein System des Unrechts. Antisemitismus
ist eine schlimme Sache und zeugt von großer Dummheit und Rassismus. Durch die
ständige Vermischung der Begriffe Antisemitismus und Antizionismus versucht die
Israel-Lobby die Kritik an der israelischen Politik unmöglich zu machen. In
Deutschland gelingt es leider wegen der unsäglichen Vergangenheit, diese auch
gerade in der Öffentlichkeit zu unterbinden. Das halte ich für falsch und
gefährlich, da damit der wirkliche Antisemitismus zu einer Floskel wird und durch
den inflationären Gebrauch gegen alles und jeden schon fast lächerlich wirkt.
Ich lasse mich durch diese unlautere Vermischung nicht einschüchtern und hoffe
durch meine Artikel auch anderen deutschen Bürgern mehr Mut für ihre
Zivilcourage mitzugeben.«
»Das im Palmyra Verlag erschienene Buch
von Frau Hecht-Galinski ›Das elfte Gebot, Israel
darf alles‹ - dieses hat die Autorien vor wenigen Tagen auf
der Leipziger Messe vorgestellt - wirft die Frage auf, warum Deutschland so uneingeschränkt
jedes Verbrechen Israels sowohl moralisch als auch durch massive Waffenverkäufe
und zuweilen Waffengeschenke mitträgt.« Die Antwort: »In der
Tat, das ist schon erstaunlich, weil es sich in den letzten Jahren in noch
schlimmerer Weise entwickelt hat, als ich es mir je vorstellen können hätte.
Der Austausch und die uneingeschränkte Solidarität mit Israel war ja seit eh
und je sehr eng und zog sich durch Parteien, Verbände, Gewerkschaften, Kirchen
und Politik. Im Falle Israels wurde im Namen der Vergangenheit jedes Unrecht an
den Palästinensern kritiklos hingenommen. Das beschreiben die vielen Kommentare
in meinem Buch. Es wird die traurige Wirklichkeit beschrieben. Diese Gehirnwäsche
trägt jetzt auch insofern Früchte, als daß die heutige
Jugend gegenüber der israelischen Politik fast noch kritikloser ist. Aber eine
ganz neue Dimension hat die Rede von Kanzlerin Merkel vor der Knesset eröffnet.
Da hat sie sich nämlich über alles hinweggesetzt, was unser Grundgesetz uns
lehrt, und hat die Sicherheit Israels eben einmal, so nebenbei, zur deutschen
Staatsräson erklärt. Dafür bekommt Israel dann mit Atomwaffen bestückbare
U-Boote, oder andere schöne Waffen, die wir eigentlich gar nicht in
Krisengebiete liefern dürfen. Aber Israel ist kein Krisengebiet, es bedroht
andere Länder nur zum Zwecke der Selbstverteidigung! Nach diesem Versprechen
und Aushöhlung des Grundgesetzes, bleibt den deutschen Politikern nur die
Hoffnung, und die stirbt ja bekanntlich zuletzt, daß Israel
nicht den Iran angreift, damit dieser keine Atomwaffen bauen kann, die Israel
ja schon hat und mit keinem anderen teilen will. Denn dann, ja dann, sind wir
in der Klemme, dann müssen wir laut unserer Staatsräson dem ›armen, kleinen (von wem eigentlich) bedrohten‹ Israel bei seiner Selbstverteidigung
helfen, um es vor einem ›neuen Holocaust‹ zu bewahren. Die Wahrheit
ist, nicht der Iran bedroht Israel, sondern umgekehrt. Der Iran hat schon seit
Jahrhunderten keinen Krieg begonnen, wurde aber selbst angegriffen. Kann man es
da nicht verstehen, daß er dann auch nach Atomwaffen strebt, um sich
im Falle eines Angriffs zu verteidigen? Lassen Sie mich ganz klar feststellen,
ich bin prinzipiell gegen Atomwaffen und gegen Aufrüstung, aber entweder
gleiches Recht für alle, also daß auch der Iran Atom nutzen darf, oder aber Dimona
und Israels Atomwaffen müssen auch weg! Ich sehe die große Gefahr, daß Israel
durch seine Drohungen, auch mit Hilfe der USA, einen Flächenbrand anrichten
würde. Käme es denn zu einem israelischen Präventivschlag. Was nun Frau Merkel?« [6]
Wie einem Bericht der Basler
Zeitung zum ›Tag des Bodens‹, an dem
Zehntausende von Palästinensern und
Sympathisanten aus dem Ausland friedlich gegen die israelische Siedlungspolitik
demonstriert haben, zu entnehmen ist, hat die israelische Tageszeitung Haaretz ausgerechnet am Tag der Kundgebung neue
Erkenntnisse zur israelischen Siedlungspolitik veröffentlicht, denen zufolge Kartenmaterial
des israelischen Verteidigungsministeriums neues Licht auf die Siedlungspolitik
wirft. Auf diesem sollen Siedlungen eingezeichnet sein, die es noch gar nicht
gibt. Wie Haaretz schreibt, »musste das Verteidigungsministerium bisher geheim
gehaltene Karten veröffentlichen, auf denen freies Land im Westjordanland
kartografiert wurde. Insgesamt seien 569 Parzellen mit einer Gesamtfläche von
knapp 630 m2 markiert. Auf den Karten seien auf
palästinensischem Boden zahlreiche jüdische Siedlungen vermerkt, die noch gar
nicht existierten. Deren Benennung lasse darauf schliessen, dass Israels
Regierung die Parzellen vorgemerkt habe, um bestehende Siedlungen auszubauen.
90 % des betreffenden Gebietes liege östlich der Mauer und damit ausserhalb des
hauptsächlichen israelischen Siedlungsgebietes. Zudem wirft das Kartenmaterial auch
ein neues Licht auf die Grenzmauer, mit der sich Israel vor gewalttätigen
Palästinensern schützt. Der Mauerbau steht international in der Kritik, weil er
das Westjordanland nach und nach in unzusammenhängende Landflecken teilt.
Bisher lautete die Argumentation der Regierung, etwa vor dem Internationalen
Gerichtshof in Den Haag, der Verlauf der Mauer orientiere sich an den
Sicherheitsbedürfnissen Israels. Die veröffentlichten Karten zeigten aber nun,
dass die Mauer streckenweise mit den vorgemerkten Landstücken übereinstimme.
Zudem seien seit Ende der 90er Jahre 23 illegale Siedlungen auf Landstücken
errichtet worden, die in der Karte markiert seien. Die Regierung versucht,
einige dieser Siedlungen zu legalisieren. Ein israelischer
Anti-Siedlungs-Aktivist, der die Herausgabe des Kartenmaterials erwirkt hatte,
äusserte gegenüber Haaretz den
Verdacht, Siedler hätten von der Administration Informationen über verfügbares
Land erhalten. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, wäre die Regierung weit
stärker in den international umstrittenen Siedlungsbau involviert als bisher
bekannt. Die Behörden erklärten gegenüber Haaretz,
es handle sich bei dem Kartenmaterial lediglich um eine Datenbank. Im
Westjordanland und in Ost-Jerusalem leben rund eine halbe Million jüdischer
Siedler inmitten von gut 2,5 Millionen Palästinensern. Die Palästinenser wollen
den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt, für die Juden ist Jerusalem unteilbar. [7]
Haneen
Zoabi, die 2009 als erste Palästinenserin auf einer arabischen Liste in das
israelische Parlament gewählt wurde, legt in einem Interview mit der jungen Welt dar, dass die Frage des
Eigentums am Grundbesitz noch immer das Hauptthema des Streits mit dem
israelischen Staat sei. »Es ist nach wie vor ein Hauptanliegen des zionistischen
Projekts, palästinensisches Land zu beschlagnahmen und israelischen Juden zu
überschreiben. Dazu gehört, daß Plätze, Kreuzungen, Dörfer, Straßen oder gleich
ganze Landstriche umbenannt werden. Auch das ist ein Mittel, um unsere
historischen Bindungen zu unserer Heimat zu zerstören. Genau das war auch mit
dem Ausspruch des früheren Ministerpräsidenten Ariel Sharon gemeint, der 2002
im Parlament gesagt hatte, die in Israel lebenden Palästinenser hätten
lediglich ein zeitweiliges Nutzungsrecht für das noch nicht beschlagnahmte Land
– alle Besitzrechte auf israelisches Territorium lägen aber in jüdischer Hand. In
den 63 Jahren seit 1948 hat Israel 85 % unseres Landes konfisziert. Es wurden
dort rund 1000 Städte und Dörfer gebaut, exklusiv für Juden. Wir müssen heute
auf
2 % der Fläche leben, die wir ursprünglich hatten. Uns ist es nicht
einmal erlaubt, auf eigenem Grund und Boden ein Haus zu bauen – das
heißt also, daß wir nicht einmal über das Land verfügen können, das noch nicht
beschlagnahmt ist. Der Staat erklärt mich zu einer Ausländerin in
diesem Land, obwohl ich genau das Gegenteil bin: Ich wurde hier geboren! Nicht
ich bin in Israel eingewandert, sondern Israel kam zu mir. Der Staat behauptet
zwar, er sei jüdisch und demokratisch zugleich – als ob es zwischen beiden
Attributen keinen Widerspruch gäbe. Jede Debatte darüber wird als »strategische
Bedrohung« gebrandmarkt. Wenn wir keine Juden sind und uns weigern,
auf unsere Rechte zu verzichten, dann fühlt dieser Staat gleich seine ganze
Legitimation in Frage gestellt: den Zionismus. Unser Kampf hat zwei
Komponenten: Bürgerrechte und Nationalität. Im Unterschied zum Staat können wir
nicht erkennen, wieso Staatsangehörigkeit und Nationalität nicht vereinbar sein
sollten. Meine Bürgerrechte werden jedoch durch die Privilegien der jüdischen
Mitbürger beeinträchtigt sowie durch die Forderung, diese zu akzeptieren. Man
kann daher nicht für Gleichheit und volle Bürgerrechte streiten, ohne das
Konzept des »Jüdischen Staates« in Frage zu stellen: In Israel ist der Kampf
für Demokratie zugleich auch der Kampf gegen den Zionismus. Das ist es, was uns
mit den anderen, nichtisraelischen Palästinensern verbindet. In
Israel selbst leiden wir unter Rassismus, Apartheid und Unterdrückung –
in der Westbank und im Gaza-Streifen ebenso. Hinzu kommt, daß es vertriebenen
Palästinensern verwehrt wird, in ihre Heimat zurückzukehren. All diese Maßnahmen dienen demselben ideologischen Projekt:
»Zionismus«. [8]
Für mich nicht nachvollziehbar
Diese
Siedlungspolitik trägt bekanntlich auch das Merkmal der Vernichtung von
lebenswichtigen Gütern. So riss die israelische Armee am 4.
Oktober letzten Jahres in dem nordwestlich von Hebron gelegenen palästinensischen
Dorf Beit Ula - ein palästinensisches
Autonomiegebiet - 500 Pfirsich- und 10 Olivenbäume
aus. Gleichzeitig zerstörte sie ein ebenso lebensnotwendiges Element: 2
Brunnen. Als Begründung hierfür wurde erklärt, dass in den Brunnen illegal
Grundwasser angezapft worden sei. Am Wochenende 1. 10. 11 hatte es bereits
Übergriffe israelischer Siedler auf Olivenhaine bei Nablus und Hebron gegeben.
Trotz internationaler Proteste haben sich im Westjordanland rund 310.000
israelische Bürger angesiedelt. [9] Schon Ende September 2011 hatte sich eine alarmierende Zerstörung
von Wasserzugängen abgezeichnet. Wie die Neue
Zürcher Zeitung vom 27. 9. 11 schrieb, hatte Israel seit Jahresbeginn mindestens
20 Zisternen und 12 Brunnen zerstört, mit Folgen für den Wasserzugang von
Zehntausenden von Palästinensern. Die Zerstörung von landwirtschaftlichen
Gebäuden verschärft zudem die Ernährungsunsicherheit der Palästinenser im Westjordanland. [10]
Man sollte meinen,
dass der Zeitpunkt gekommen ist, dass die verantwortlichen Politiker diesen
Tatbeständen endlich ins Auge sehen.
Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1390
»Es
ist schlimmer denn je« Der Publizist Alfred
Grosser über israelische Siedlungspolitik, den Zentralrat der Juden in
Deutschland und das Gedenken an den Holocaust
[1] http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/744160/Israel-tief-enttaeuscht-von-Oesterreich?_vl_backlink=/home/index.do 27. 3. 12
Wiens Vertreter stimmte bei der UNO in Genf für eine Israel-kritische
Resolution
[2] http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/744493/IKG_Stimmverhalten-Oesterreichs-ist-unerhoert?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do 28. 3. 12
IKG: Stimmverhalten Österreichs ist ›unerhört‹
[3] http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Israel-bricht-Beziehungen-zum-UNOMenschenrechtsrat-ab-/story/20045901 26. 3. 12
[4] www.jerusalem-marsch.de kontakt@jerusalem-marsch.de
[5] http://www.politaia.org/israel/israel-mordet-mit-groser-vorsicht-und-prazision-von-evelyn-hecht-galinski/ 24. 3. 12
Israel mordet mit großer Vorsicht und Präzision! — Von Evelyn
Hecht-Galinski – auszugsweise; alle Hervorhebungen durch politonline
[6] http://www.muslim-markt.de/interview/2012/hecht-galinski.htm 25. 3. 12
Muslim-Markt interviewt Evelyn Hecht-Galinski -
auszugsweise
[7] http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Brisante-Erkenntnisse-am-Tag-des-Bodens/story/18959063 30. 3. 12
Brisante Erkenntnisse am «Tag des Bodens»
[8] http://www.jungewelt.de/2012/03-31/050.php
»Wir leben
heute auf zwei Prozent unserer Fläche« Interview: Elsa Rassbach; auszugsweise;
alle Hervorhebungen durch politonline
[9]
http://www.jungewelt.de/2011/10-05/059.php
Israels Armee zerstört Bäume und Brunnen
[10] http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/nahost_uno_1.12687620.html
27. 9. 11 Scharfe
Kritik an Israel - Regierung lässt laut
Uno-Experten immer mehr Häuser von Palästinensern zerstören
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