Nicht alle sitzen im gleichen Boot - Von Christoph Mörgeli 15.04.2012 22:10
Heutzutage heissen Geheimnisverletzungen vornehm «Quellen».
Gleich zwei Informanten spielten neulich Zapfsäule für
die Sonntagszeitung: Aus dem Bankrat sickerte durch, die Revisorin KPMG
sei bei den Geschäftskonten von Kashya Hildebrand, Ehefrau des
Ex-Nationalbankpräsidenten, auf keine weiteren ›heiklen
Transaktionen‹ gestossen.
Der zweite Schwätzer aus dem Hildebrand-Umfeld bestätigte, Kashyas Konten seien
›unproblematisch‹. Es wurden nur jene Devisen- und Vermögensdeals geprüft,
die 100.000 Franken übersteigen. Seltsam. Bei Philipp Hildebrand
veröffentlichte die KPMG Summen, die weit tiefer lagen. Die Begründung stinkt
zum Himmel: ›Sonst hätte es
ordnerweise Belege zu prüfen gegeben. Dann wären wir noch monatelang mit dieser
Affäre beschäftigt gewesen‹. Sorry, aber
ein erfahrener Prüfer ackert sich problemlos durch einige Ordner – und zwar
innert Tagesfrist. Und er würde die folgenden Daten auflisten, deren Zeitpunkt
Rückschlüsse auf Interventionen der Nationalbank ermöglichte: das Gesamtvolumen
der Devisen- und Wertschriftentransaktionen im fraglichen Zeitraum. Die Anzahl
der Transaktionen in Cash und in Devisenderivaten. Das Gesamtvolumen dieser
Derivate. Gerade bei Termingeschäften, die eine erhebliche Hebelwirkung
entfalten, macht die Begrenzung auf 100.000 Franken pro Transaktion keinen
Sinn. Wenn die KPMG nicht genau diese Zahlen liefert, muss der Bankrat den
Revisionsbericht zurückweisen. Denn alles andere wäre unprofessionell und käme
einer Untersuchungsverweigerung gleich. Wer bei uns eine Bank gründen
will, muss der Finanzmarktaufsicht auf fünf Jahre zurück sämtliche
Bankunterlagen, Börsengeschäfte und Kreditkartenauszüge einreichen. Da findet
offenbar keiner diese ›ordnerweisen
Belege‹ unzumutbar.
Früher ging es noch anders zur Sache. Bundesrat Adolf Ogi
forderte im Fall von Ex-Oberst Friedrich Nyffenegger eine ›rasche lückenlose Aufklärung ohne Rücksicht auf Personen‹. SP und Grüne verlangten eine PUK. Generalstabschef Arthur
Liener trat zurück. Nyffenegger hatte einige CD-ROMs verlaueret. Er
erhielt sechs Monate Abstrafung. Philipp Hildebrand erhielt eine Million
Franken Abfindung. Den Grossen ergeht’s besser als den Kleinen. Die
Hildebrands steuern eben eine schnittige Jacht. Fritz Nyffenegger segelte bloss
in einem Böötli über den Thunersee.
Zur Frage der Gemeindefusion
›Klein aber fein: Lob
den Gemeinden‹ - Von Patrick
Freudiger Gemeinden haben es heute nicht einfach: Die Vorgaben von
Bund und Kantonen nehmen zu, ausgebaute Beschwerdemöglichkeiten fordern von
Gemeinden viel juristischen Sachverstand und gleichzeitig nimmt die
Attraktivität von politischen Ämtern auf Gemeindeebene ab. Die Schwierigkeiten schlagen sich in der abnehmenden Anzahl
von Gemeinden nieder: 1990 zählte die Schweiz 3021 Gemeinden, im Jahr 2000 noch
2899. Am 1. Januar 2011 gab es noch 2551 Gemeinden. Zwischen den beiden letzten
Volkszählungen 2000 und 2010 verschwanden ganze 312 Gemeinden
oder durchschnittlich 30 pro Jahr. In Erinnerung bleibt namentlich der Fall
Glarus, wo per Federstrich die bisherigen 25 Gemeinden zu 3
Gross-Körperschaften zwangsfusioniert wurden. Nicht
selten werden Gemeindefusionsprojekte noch zusätzlich von oben gefördert. Ein
Kanton kann eben einfacher regieren, wenn er mit weniger Gemeinden verhandeln
muss. Im Kanton Bern z.B. sollten mit finanziellen Anreizen die bestehenden
knapp 400 Gemeinden auf 300 reduziert werden. Das amtlich alimentierte
Fusionsfieber wollte indes nicht so recht Wirkung entfalten. Nach wie vor zählt
der Kanton Bern 382 Gemeinden. Das Kantonsparlament setzte deshalb kürzlich
nach: In Zukunft soll der Kanton unter bestimmten Umständen Gemeinden auch gegen
ihren Willen zwangsfusionieren können: Zwangs-Ehen für Gemeinden also. Wo nicht gleich solches Scharia-Gemeinderecht zum Zug
kommt, droht Berner Gemeinden ein Autonomieverlust durch regionale
Zwangskörperschaften, sogenannten Regionalkonferenzen, die gegen den Willen
einzelner Gemeinden errichtet werden können. Ein Austritt ist unmöglich. Das
Muster für die gemeindeübergreifende Aufgabenerfüllung ist bekannt: Politiker
verkünden die Binsenwahrheit, dass es gewisse Aufgaben gebe, welche eine
Gemeinde nicht selbst erledigen könne. Das Problem hierbei ist das, was nicht
gesagt wird: Dass nämlich nicht nur die Gemeinden entscheiden, welche Aufgaben
sie angeblich
nicht mehr selbst lösen können. So kann der Kanton den Regionalkonferenzen
durch Gesetz jederzeit neue Kompetenzen zu Lasten der Gemeinden übertragen, sei
es in Bereichen Ortsplanung, Bildung, Soziales oder Kultur. Schutzmechanismen
zu Gunsten der Gemeindeautonomie bestehen nicht. So werden im Kanton Bern seit
Jahren Infrastrukturen zentralisiert, ob Poststellen, öffentlicher Verkehr,
Gesundheitsversorgung, Gerichte oder Verwaltungsbehörden: Verlierer sind die
kleinen Landgemeinden. Die Regionalkonferenz leistet dieser Zentralisierung
Vorschub, wie ein Blick auf die bereits bestehende Regionalkonferenz
Bern-Mittelland zeigt. Vertreter aus Kleingemeinden beklagen sich, dass mit der
Regionalplanung die wirtschaftliche Entwicklung (Ansiedelung von Unternehmen,
Verkehrsverbindungen) einseitig in die Zentren gelenkt wird. Gleichzeitig werden
aber für
alle die Gemeindebeiträge erhöht.
Die Regionalkonferenz hat gravierende strukturelle
Mängel: Die Geschäftsleitung, die ›Regierung‹ der Körperschaft, wird nicht durch das Volk gewählt.
In der Konferenz fehlen zudem wichtige regionale Unternehmen. Nun sind autonome
und selbstverantwortliche Gemeinden weder Prinzipienreiterei noch Werte von
gestern. Mit ihnen stellt und fällt die Freiheit im ganzen Staat. Der
bekannte Schweizer Historiker Adolf Gasser hat es treffend formuliert: »Gemeinschaft in der Freiheit ist nur dort wahrhaft
lebensfähig, wo eine Organisation ein übersichtliches Gebilde darstellt, wo man
einander persönlich kennt und sich gewohnt ist, die Menschen und die
selbstgewählten Behördemitglieder nicht allein nach ihrer Parteizugehörigkeit,
sondern vorab nach ihren Fähigkeiten und mehr noch nach ihrem Charakter zu
beurteilen. Eine solche lebendige Bürgerschule, in der täglich verschiedene
Auffassungen und Sonderinteressen miteinander um einen vernünftigen Ausgleich
ringen müssen, ist immer nur in der freien kommunalen Selbstverwaltung gegeben«.
Blick auf Italien Es sollte
als gegeben angenommen werden, dass einschneidenden Schritten jeweils
grundlegende Planungen vorausgehen, die nicht das Mindeste mit dem jeweils
argwöhnisch betrachteten Begriff Verschwörung zu tun haben. So ist dem
Aufruf von Liliana Gorini, der Vorsitzenden des ›Movimento Solidarietà‹ der
durchaus interessante Fakt zu entnehmen, dass Mario Montis Sparpakete und seine
Liberalisierungen Teil eines ›Britannia-II-Planes‹ sind, der nach dem Vorbild des
Ausverkaufs der italienischen Staatsindustrien und nationalen Banken im Kontext
der Schaffung von Finanzmärkten in Italien 1992 bei einem Geheimtreffen auf der
Jacht der britischen Königin Elizabeth II. vor der Küste von Civitavecchia
beschlossen worden war. An diesem hatte auch der jetzige EZB-Chef Mario Draghi teilgenommen.
Dies gab Claudio Giudici, Vorsitzender des Taxifahrerverbandes Uritaxi in der
Toskana und führendes Mitglied von ›Movisol‹ in verschiedenen Interviews im
nationalen Fernsehen bekannt. »Dieser Plan zielt darauf ab, alles zu verramschen,
was von den nationalen wirtschaftlichen Werten noch übrig ist, so dass eine
wirkliche Erholung der Wirtschaft unmöglich wird.« Corrado Passera, seit November 2011
neuer italienischer Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Infrastruktur und
Verkehr, gab dies in Davos auch offen zu, als er den versammelten Bankiers
versicherte, Italien werde bis 2014 selbst dann einen ausgeglichenen Haushalt
erreichen, »wenn
es sich in einer vollen Rezession befindet.«
Passera
hatte darüber hinaus kundgetan, dass es kaum eine Regierung geschafft hätte, in
nur drei Monaten soviel zu tun. Er hat recht: Sie hat es geschafft, den
Benzinpreis auf 1,80 € zu steigern, die Taxifahrer, die kleinen Läden, die
Lastwagenfahrer und Fischer zu ruinieren, kleine Unternehmer in den Selbstmord
zu treiben, weil sie von den Banken keinen Kredit mehr bekommen, und, als Folge
der Streiks, die Supermärkte und allgemeinen Märkte zu leeren. Und jetzt plant
sie eine Arbeitsreform, die u.a. die Beseitigung der automatischen Anpassung
der Löhne an die Steigerung der Lebenshaltungskosten vorsieht und behauptet,
dafür gebe es ›nicht genug
Ressourcen‹. Das sind wirklich
beispiellose Resultate. Es gibt also keine Mittel für die Anpassung der Löhne
an die Lebenshaltungskosten, aber mit Sicherheit sind stets Mittel
vorhanden, um die Banken und die Spekulanten zu retten. Und es war
sicher kein Zufall, dass Monti als allererstes zur Londoner City pilgerte, um
sich dort das ›Vertrauen‹ jener spekulativen Märkte zu
verdienen, welche die grosse Differenz zwischen den Zinsen für italienische
Staatsanleihen und deutschen Bundesanleihen provoziert haben und nicht nur die
italienische Wirtschaft ruinieren, sondern auch die transatlantische. Um den
Euro zu verteidigen, erwürgen sie überall in Europa die Realwirtschaft, wovor der
US-Ökonom Lyndon LaRouche immer wieder gewarnt hat. LaRouche hatte die gegenwärtige Krise schon in den neunziger
Jahren vorhergesagt.
Wie kommt
es, fragt Gorini, dass die Regierung des früheren Goldman-Sachs-Direktors Monti
keine Massnahmen gegen die Finanzspekulation plant? Wie kommt es, dass die EZB
sich schon mehrfach gegen ein Trennbankensystem nach dem Vorbild des berühmten
Glass-Steagall-Gesetzes ausgesprochen hat? Dieses hatte Roosevelt 1933 durchgesetzt,
um der Macht der grossen Finanziers der Wall Street und der Londoner City eine
Grenze zu setzen. Wie kommt es, dass die Parteien, die die Regierung Monti
unterstützen - PdL, UDC und PD - »mehr Befugnisse für die EZB« fordern
und diese diktatorische Regierung im Stile Brünings unterstützen, anstatt die
berechtigten Forderungen der Demonstranten? Die italienische
Solidaritäts-Bewegung ›Movimento
Solidarietà‹ unterstützt daher die
berechtigten Forderungen der Taxifahrer, Lastwagenfahrer, Fischer und aller
Gewerkschaften, die gegen dieses ungerechte Sparpaket kämpfen und schlägt vor, auf
der Grundlage einer gemeinsamen Protestfront folgende Programmpunkte zu bilden:
1. Die
sofortige internationale Einführung des Glass-Steagall-Gesetzes, also eines Trennbankensystems,
wie es die Abgeordnete Marcy Kaptur im US-Kongress beantragt hat. Die Trennung
der Banksparten würde dem Bankensystem die unbegrenzten Garantien entziehen,
die die Regierung ihm gegeben hat, und den spekulativen Sektor seinem Schicksal
überlassen. Das würde den ständigen Rettungs- und Sparpaketen ein Ende setzen
und Ressourcen für Investitionen freisetzen. Präsident Obama ist zwar gegen ein
Trennbankensystem, aber Italien muss sich energisch dafür einsetzen und damit
drohen, es zur Not auch alleine einzuführen. Derivate, Leerverkäufe, CDS etc.
sollten nicht besteuert, sondern verboten werden, und die Banken müssen wieder
Kredite an Industrie, Landwirtschaft und die Realwirtschaft vergeben.
2. Einen
Plan für den Ausstieg aus dem Euro und die Rückkehr zu einer nationalen
Währung, wie er in Deutschland und Frankreich bereits existiert. Niemand kann
uns zwingen, für den Euro zu sterben. Die argentinische Präsidentin Cristina
Fernandez de Kirchner hat demonstriert, dass es ein Leben nach dem
Weltwährungsfonds und seinen Konditionen gibt: Im Gegensatz zu Europa hat
Argentinien ein Wirtschaftswachstum von 7 %.
3. Grosse
Infrastrukturprojekte wie NAWAPA, die Eurasische Landbrücke und das
Transaqua-Projket 1,
welche die reale Wirtschaft und Beschäftigung wieder in Gang bringen.
4. Einen
Marshall-Plan zur Entwicklung des Mittelmeerraums; ferner die Rückkehr zur
Politik Enrico Matteis, direkte Beziehungen zu den ölexportierenden Ländern
aufzubauen, um den Ölpreis, der durch die Spekulationen auf dem Spotmarkt und
die Steuern auf Treibstoffe in die Höhe getrieben wurde, zu reduzieren.
Wie Friedrich
Schiller in seinem Drama Wilhelm Tell sagt: »Eine Grenze hat Tyrannenmacht«. Es ist
Zeit, der Diktatur der EZB in Italien ein Ende zu setzen.
Quelle: http://www.bueso.de/node/5380 31. 1. 12 -
auszugsweise Liliana
Gorini, die Vorsitzende des Movimento Solidarietà, des italienischen Arms der
LaRouche-Bewegung, veröffentlichte ihren Aufruf am 27. Januar
1
http://bueso.de/news/transaqua-projekt-afrikas-zukunft-im-21-jahrhundert 14. 9. 2010
Das Transaqua-Projekt: Afrikas Zukunft im 21. Jahrhundert
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